Sind echt schon 6 Monate vergangen? Diese Frage stelle ich mir öfters. Eigentlich kann es gar nicht sein und ist so unreal. Doch es stimmt. Zumindest wenn ich auf das aktuelle Datum schaue. Heute ist der 2. April und spätestens am 26. August werde ich zuhause vor dem Computer sitzen und Zeit haben, über alles nachzudenken. Aber an zuhause und das Ende des Freiwilligendienst will ich jetzt noch nicht nachdenken. Ich möchte eher an die letzten 6 Monate denken und an die Erinnerungen, die ich in Athen sammeln durfte.
Zu Beginn, als ich im Oktober ankam, war alles neu, es war warm und wir Freiwilligen sind quasi aus dem kalten, regnerischen Deutschland ins warme Griechenland geflogen. Es war noch ein Sommerfeeling und war total cool. Schon nach ein paar Tagen allerdings die eiskalte Realität und eine Woche Quarantäne, weil eine Freundin als Kontaktperson ermittelt wurde. Im Nachhinein nur ein paar Tage, die schnell vergangen sind. Allerdings war es noch so eine freie und uneingeschränkte Zeit, die nicht mehr zurückgekommen ist. Nach der Quarantäne haben wir die ersten Ausflüge gemacht und uns kennengelernt. Auf einer Insel, der Akropolis, dem Ymittos und dem Lykabettos. Ich konnte zum ersten Mal die Größe der Stadt von oben sehen und war schwer beeindruckt. Ich durfte gegen Ende Oktober nach einem negativen Corona Test auch endlich in die Schule und die Kinder kennenlernen. Ich hatte nicht so viel zu tun, aber trotzdem war alles neu und sehr ungewohnt. Alle sprechen Griechisch und es gibt kaum Lehrer, die mich verstehen. Ich bekam Namensschilder, um die Kinder kennenzulernen und gab mein Bestes.
Doch schon etwa 2 Wochen später begann der erste harte Lockdown. Aus mit der Freiheit und rein in den tristen, langweiligen Alltag mit Online-Unterricht. In den ersten Tagen und Wochen wussten wir nicht so genau, was wir dürfen und sind vor allem zu Hause geblieben. Plötzlich musste man sich Zettel schreiben, wenn man das Haus verlässt und den Personalausweis immer dabei haben. Damals dachte ich natürlich, dass das nur kurzfristig ist und man diese Zettel nicht lange braucht. Doch auch jetzt im April braucht man sie immer noch.
Ich habe angefangen kleine Ausflüge auf Hügel in meiner Nähe zu machen wie den Philopappou. Das lag daran, dass ich online nur zwei Stunden täglich hatte und damit so viel Freizeit. Ich wusste nicht, was ich mit der ganzen freien Zeit anfangen sollte. Besonders im November, da ich die Stadt noch nicht so gut kannte und auch nicht die anderen Freiwilligen, war mir oft langweilig und mir ist die Decke auf den Kopf gefallen.
Im Dezember ging es so weiter, dass wir zusammen hin und wieder am Wochenende einen Ausflug gemacht haben, zum Beispiel zum Stavros in der Nähe oder zum Strand. Zu dieser Zeit war das Wetter aber nicht so schön, es war meistens relativ warm (bis zu 20 Grad zum Teil) aber viele, dicke Wolken. Der Online-Unterricht hat mich total genervt und ich konnte einfach sehr wenig machen und habe deswegen weiterhin viele kleine Ausflüge unter der Woche gemacht.
An Weihnachten war dann unser Ziel wegfahren zu können. Die Regeln waren stabil und wir gingen ein kleines Risiko ein und buchten eine Wohnung etwa eine Stunde von hier entfernt. Dort verbrachten wir schöne Weihnachtstage am Meer, gingen mehrmals baden und konnten wunderschöne Sonnenuntergänge bestaunen. Es waren nur ein paar Tage, aber in diesen kochten wir was das Zeug hielt und hatten viel Spaß zusammen.
Die Weihnachtsferien waren nach Weihnachten noch nicht vorbei und wir machten einige Ausflüge, zum Beispiel wanderten wir 700 Höhenmeter bis auf den Gipfel des Ymittos. Das war ein Erlebnis und diesen Blick werde ich nicht so schnell vergessen.
Das neue Jahr begann mit einer sehr guten Nachricht: die Schulen öffneten am 11. Januar nach etwa 2 Monaten wieder. Wir alle freuten uns unglaublich und gingen mit viel Freude in die Schule. Es gab Neujahrskuchen und jeder freute sich über die neu gewonnene Freiheit. Wieder rausgehen, etwas zu tun zu haben und die Kinder zu sehen. Am 18. Januar hat sogar der Einzelhandel wieder geöffnet und ich war in dieser ersten Woche viermal in der Stadt und habe mir ein paar neue Sachen gekauft. Das Gefühl wieder einkaufen zu gehen war richtig krass. Ich konnte es kaum glauben und habe es natürlich ausgenutzt.
Was uns da schon ein Dorn im Auge war: das Zwischenseminar vom 25-29. Januar. Wir alle wussten, dass es eine Woche sein kann, die wir verpassen, wenn die Schulen bald wieder schließen sollten. Das war Anfang Januar bereits klar, dass es wenige Wochen sein werden, bis die Schulen schließen. Deswegen habe ich vom Zwischenseminar keine so guten Erinnerungen, da ich raus wollte und die letzten Wochen genießen. Stattdessen saßen wir alle zuhause und hörten den ganzen Tag zu und redeten hin und wieder mal. Es war ein bisschen enttäuschend, dass es so blöd lag.
Diese Vorahnung bestätigte sich dann auch. Am 10. Februar war unser bis dahin letzter Schultag. Auch wenn es doch irgendwie klar war, dass die Schulen bald schließen, so kam es doch so plötzlich. Erst wenige Tage zuvor kamen die ersten Gerüchte auf und dann wurde schon entschieden, dass die Schulen übermorgen zu sind. Das war erstmal sehr schade, denn schon damals war nicht klar, wann die Schulen wieder öffnen werden. Am Anfang dachte ich, dass sie spätestens Anfang April wieder öffnen, doch daran ist bisher immer noch nicht zu denken.
Der weitere Online-Unterricht war der gleiche wie im November/Dezember. Ich hatte wieder nur zwei Stunden täglich und hatte ein bisschen das Gefühl, dass ich mich nur schwer einbringen kann. Egal was ich versucht habe, bekam ich nur wenige Aufgaben. Deswegen war ich sehr an dem Projekt interessiert.
Wir haben Anfang Februar mit unserem Freiwilligenprojekt begonnen. Dafür haben wir eine Stellenausschreibung gemacht und schließlich Gruppen von Schülern aus vielen Ländern zusammengemischt. Mit diesen sprechen wir jetzt jede Woche über ein bestimmtes Thema. Die meisten hatten ihre Prüfungen (D1-Prüfung) mittlerweile auch schon, Ende März etwa und dafür haben wir sie vorbereitet. Wir selbst haben auch viele neue Erfahrungen gemacht, neue Leute und Länder kennengelernt. Das hat viel Spaß gemacht und war zum Teil sehr lustig.
Diese zweite Lockdownphase in Griechenland war anders als die erste. Zuerst hat es Mitte Februar geschneit und es gab überall in Athen Schnee, die Busse und Metros sind nicht mehr gefahren und es war sehr chaotisch. Vereinzelnd haben die Menschen Schneeketten auf die Sommerreifen gemacht oder den Gehweg mit Wasser (!!!) abgespritzt. Schneeschaufel oder Winterreifen sind hier Fehlanzeige. Das hat dazu geführt, dass die meisten Menschen ihre Autos stehen gelassen haben oder einfach zuhause geblieben sind. Wir sind an einem Tag in den Norden gefahren, der noch viel schneereicher war und dort hatten wir unseren Spaß in den Schneemassen. So viel hat es selbst in Deutschland bei mir zuhause lange nicht geschneit.
Ansonsten war das Wetter schnell wieder warm und besser als noch im November. Wir Freiwillige kannten uns untereinander besser, wir kannten die Stadt besser und so fuhren wir oft an den Strand, der nur etwa 30 Minuten entfernt ist. Da konnte man sich schon im März sonnen und schwimmen gehen. Das Wasser war sehr kalt, aber gerade deswegen machte es viel Spaß. Ansonsten sahen wir wunderschöne Sonnenuntergänge beim Panathinaiko-Stadion oder auf dem Philopappou. Die eine oder andere Fahrradtour war auch dabei, denn mit den Fahrrädern sind wir sehr schnell am Meer und mit den neuen Corona-Regeln ist das zumindest legal. Denn seit Mitte Februar darf man sich eigentlich nicht mehr wirklich bewegen, aber das ist mir eigentlich egal. Ich bin schließlich nicht hier, um in meiner Wohnung zu sitzen und nichts zu machen. Das könnte ich in Deutschland machen, aber nicht in Athen.
Ende März hat uns auch leider eine Mitfreiwillige nach den 6 Monaten verlassen, wir sind an den Flughafen gefahren und haben sie dorthin gebracht. Das ist sehr schade. Wir haben auch an einem Morgen den Sonnenaufgang angeschaut, dafür sind wir um 6 aufgestanden, um zu sehen wie die Sonne aufgeht und es langsam heller wird.
Mein Gefühl sagt mir, dass es sich anfühlt, als wären erst wenige Wochen vergangen, andererseits haben wir so viel erlebt, obwohl Griechenland die meiste Zeit im scharfen Lockdown war. Es ist schwer das alles zu bewerten, denn 6 Monate sind eine lange Zeit. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass ich nicht nur 6 Monate gewählt habe und noch ein paar Monate hier bleiben werde. Ich hoffe für die nächsten Monate sehr, dass ich die Kinder noch einmal in echt sehen kann und im Unterricht dabei sein kann. Dass die Schulen am besten so bald wie möglich öffnen sollen (noch im April). Ansonsten würde es sich nicht anfühlen, als würde ich so wirklich in einer Schule arbeiten. Wir haben auch so noch sehr viel geplant, was wir für Ausflüge machen und was wir alles in Griechenland sehen wollen. Ich hoffe, dass das alles klappt, da die Corona-Lage momentan in Griechenland schwierig ist.