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Essen und Trinken

Ein Sommersonnetag am Meer

Ist das der Zug nach Shumen?

Kopfschütteln, ,,Шумен! „

Kurze Verzweiflung meinerseits, während ich an diesem einsamen, dunklen Bahnhof, mitten im Nichts Bulgariens stand. Ohne Anzeigetafeln oder genaue Kennzeichnungen der Züge, war ich auf die Hilfe des Bahnpersonals angewiesen, meinen Umstiegszug richtig zu finden.

Also probierte ich es nochmal. Ich deutete auf den Zug. Shumen? Wieder kopfschütteln und ein freundliches Lächeln.

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Das vehemente Kopfschütteln ist äquivalent zum Nicken bei uns, was ich schon von anderen Berichten aus Bulgarien gehört und wieder völlig vergessen hatte! Ich bedankte mich glücklich und stieg in den Wagon. Knappe vier Stunden, nachdem ich Pyce verlassen hatte, kam ich endlich in Shumen an.

Der Schaffner, der mein Dilemma beim Umstieg miterlebt hatte und wohl ein wenig an meinen Reisekompetenzen zweifelte, kam persönlich zu mir, um mich an meinen Ausstieg zu erinnern, als wir im Bahnhof einfuhren. Ein ziemlich guter Service!

Hier kam mir auch sogleich die freudestrahlende Karla entgegen, um mich abzuholen und ich war überglücklich sie wiederzutreffen! Wir hatten uns das letzte Mal im Sommer gesehen und schon die ganze Zeit geplant uns gegenseitig zu besuchen. Fast schon ein bisschen surreal, dass das nun Realität wurde!

Fynn, der am Goethe Institut in Bukarest eingesetzt ist und das Zwischenseminar ebenfalls in Bulgarien verbracht hatte, war auch vor Ort und wir ließen den Abend entspannt zu dritt ausklingen. Dabei durfte natürlich das traditionelle Bier Shumens, ,,Shumensko“ und das allseits verpönte, fermentierte Weizengetränk ,,Boza“ nicht fehlen. Letzteres schmeckt ein bisschen nach einer Mischung aus dem Wasser, in dem weiße Bohnen liegen und der Hafermilch von Lidl und hat eine ziemlich dicke, schleimige, dabei aber komischerweise sämige Konsistenz.. Auf keinen Fall zu empfehlen ist es, unseren Unfall von einer Shumensko-Boza-Ingwerteemischung nachzuahmen, dabei treffen einfach zu viele gegensätzliche Geschmäcker aufeinander. Für abendliche Bespaßung ist es jedoch einen Versuch wert. Wird wohl insgesamt nicht mein go to-Getränk, aber sicherlich nochmal ausprobiert. Bei Gelegenheit.

Boza wurde mir nun schon mehrere Male erwartungsvoll vorgesetzt, mit der Hoffnung, dass ich es auch sehr eklig finden werde. Ich war selbst überrascht, wie gut es eigentlich ist! So gut sogar, dass in den folgenden Tagen gleich mal ein Porridge damit gekocht wurde. Etwas gewöhnungsbedürftig, durch den getreidigen Geschmack, aber mit viel Erdnussbutter und Apfelmus durchaus lecker!

In Karlas Wohnung wurde ich abends von den Nachbarn mit einem Feuerwerk begrüßt, das direkt vor unseren Fenstern gezündet wurde. Shumen heißt übersetzt wohl auch laut, also alles ganz normal. Der Wurstkalender, über den Karla in ihrem Blog (https://kulturweit.blog/dieshumenshow/) berichtet hat, hängt obwohl Weihnachten rum ist, immer noch am Balkon gegenüber. Wir trotzen dem kalten Boden der Wohnung neben einem sehr effektiven Heizstrahler, noch mit guter bulgarischer Musik, wie dem Baniza-Song, der damit den Ohrwurm der Woche begründete (https://www.youtube.com/watch?v=EX05noO1zFU).

Am nächsten Morgen ging es schon sehr früh los, als Fynn und ich den Zug nach Warna nahmen.

Zugfahren ist jedes Mal wieder schön. Außer einer Frau mit Katze waren wir alleine und konnten sogar den Sonnenaufgang auf dem Weg bestaunen.A propos, bei mangelnder Orientierung am Bahnhof kann man einfach den bulgarischen Weg wählen und die Abkürzung über die Schienen nehmen, wenn man schnell zum anderen Gleis kommen muss. Unterführungen sind eher pro forma zu finden.

Ca. zwei Stunden später kamen wir bei strahlendem Sonnenschein an der Küste an.

Die Altstadt ist wundervoll restauriert, mit lauter bunten Gebäuden und ganz vielen Ornamenten in den Fassaden. Überall kann man Säulen, Gesichter und Figuren entdecken, die entweder aufs Meer oder je nach Botschaft, auch gerne mal gen Westen blicken.

Mein liebstes Gebäude der Stadt, bei dem ich ganz pathetisch feststellte, dass es wirkt, als würde sich der Himmel in der Fassade spiegeln.

Mit grimmigem Blick und Handgranate ist die Statue im Primorski-Park definitiv einschüchternd. Allerdings nicht so sehr, als dass sie Familien mit Kindern, vom Spielen und Picknicken abhalten würde.

Es hat einiges an Arbeit gekostet, auf diese Mauer zu gelangen. Nicht zuletzt wegen der Möwenüberbleibsel, die überall hinterlassen werden. Mit ziemlich guter Wahrscheinlichkeit steht auf dem Schild davor, dass es untersagt ist, die Mauer zu betreten, aber was soll man tun, als ahnungslose Touristen.

Im strahlenden Sonnenschein hatten wir fast schon sommerliche Temperaturen und konnten sogar ohne Jacken am Meer sitzen und die Aussicht genießen. Auf dem Weg zum Leuchtturm des Hafens, bieten sich die Wellenbrecher wunderbar an, um eine Pause einzulegen und sich zu sonnen. Mit guten Gesprächen über Musik, unsere Zeit im FSJ und vielem mehr, verging der Vormittag wie im Flug und wir liefen dabei noch den größten Teil der Küstenpromenade ab.

Der heilige Niko wacht als Schutzpatron über das Meer und die Seefahrer, die von Warna aus in See stechen.

Mit tollem Ausblick auf das schwarze Meer picknickten wir später an einer Klippe, eine bulgarische Zacusca und Reis in Weinblättern, bevor wir uns auf den Rückweg durch die Innenstadt, zum Bahnhof machten. Sehr zu Fynns Freude ist ganz Warna besiedelt von Katzen, weshalb wir neben tollen Aufnahmen der Gebäude, Unmengen an Tierbildern am Ende des Tages auf seiner Kamera fanden.

Insgesamt stammen ein Großteil der Fotos dieses Eintrags von Fynn, der auch einen sehr lohnenswerten Blog schreibt, in dem er sehr viel Spannendes von seinen zahlreichen Reisen durch Rumänien berichtet! (Immer mit ziemlich coolen Fotos!) (https://kulturweit.blog/notizenausderwalachei/)

Zurück in Shumen gab es wieder ein Bisschen Shumensko (Boza sparten wir uns an dem Abend) und nach gemeinsamen Kochen ein paar Runden Rommé.

Der Ausflug nach Warna ist wirklich sehr lohnenswert gewesen und die Stadt außerhalb der Tourisaison zu besuchen wohl auch ein echter Geheimtipp! Ein sehr schöner Tag am Meer, der mir einen schönen neuen Einblick, in eine weitere Facette Bulgariens, gewährt hat.

Alle Jahre wieder!

Da basteln Johanna und ich an einem Abend noch fröhlich Schneeflocken, dekorieren unsere Wohnung feierlich und hören uns durch die Weihnachtshits der letzten 70 Jahre und schon hat sich Brasov am nächsten Morgen ins Winter Wonderland verwandelt.

Noch bevor unser wöchentlicher Sprachkurs beginnen konnte, sind wir nach draußen, zur Promenade unter der Zinne, haben einen Mini-Schneemann gebaut und den frisch gefallenen Schnee genossen.

Die Dächer der Stadt unter einer weißen Decke und die immer weiter fallenden Flocken haben die erste Weihnachtsstimmung schon so richtig aufkommen lassen!

Nachmittags haben wir uns deshalb gleich noch mit einer Freundin aus der Schule getroffen und sind auf die Zinne gewandert. Die Stadt selbst hatte den ganzen Tag unter einer dicken Wolkendecke gelegen, weshalb der Nebel im Wald umso dichter hing, je höher wir kamen. Der Boden schon leicht angefroren, wurde auf den Serpentinen nach oben abschnittsweise wirklich abenteuerlich, doch wir genossen die Wanderung und vertrieben uns die Zeit mit dem Spiel ,,Wer bin ich?“, Blackstories und einem interessanten Austausch über die Weihnachtsbräuche von Rumänien und Deutschland.

Das Land ist stark von der orthodoxen Kirche geprägt, jedoch scheint das Weihnachtsfest, wie wir es beispielsweise in Deutschland kennen, trotzdem sehr ähnlich hier in den Familien gefeiert zu werden. Besonders das Essen spielt -wie bei uns- eine zentrale Rolle und setzt sich anscheinend typischerweise aus den traditionellen Krautwickeln und Kuchen des Landes zusammen.

Sehr verbreitet ist es außerdem, dass während und kurz vor den Feiertagen Kinder, in kleinen Gruppen, von Haus zu Haus ziehen und rumänische Volks- und Weihnachtslieder vortragen.

Weiter auf unserer Wanderung wurde der Weg immer glatter und die Bäume umso tiefer verschneit, bis wir plötzlich die Wolkendecke durchbrochen hatten und die Sonne mit voller Kraft durch die Zweige glitzerte.

Die Aussicht erinnerte uns beinahe schon an den Ausblick aus einem Flugzeug und als wir ganz oben angekommen waren, wurden wir mit einem traumhaften Panorama über die Karpatenzüge unserer Umgebung belohnt. Hier pausierten wir eine Weile und tranken mitgebrachten (Weihnachts-)Tee und aßen einige Plätzchen, bevor wir uns wieder an den Abstieg machten.

Diese Einstimmung auf die anstehende Weihnachtszeit war wunderschön und auch wenn der Schnee in der Innenstadt inzwischen nur noch vereinzelt auf Dächern liegt, hoffe ich doch sehr, dass wir spätestens, wenn Jojo und ich erneut Schneeflocken basteln, wieder so eine schöne Überraschung erleben!