Kultur:gerächt

Ein Museum, so rund wie Kreis, sollte heute meine Nachmittagsbeschäftigung sein. Dem Begriff Kulturweit bin ich diesbezüglich also recht nahe gekommen, auch wenn das Museum nicht wirklich weit entfernt lag. Punkt 16 Uhr öffneten sich die hyper neuen Glasdrehtüren für die Film- und Schreibwütigen des ganzen Landes. Für mich war aber leider vorher am Gitter schon Zwischenstop, da die Securitydame durch mein Genuschel nicht verstehen konnte, dass ich ebenfalls zur Delegation der Häppchenabfasser und nebenbei noch zur Deutschen Welle gehöre. Und sowieso, deutsch gäbe es im Museum eh nicht. Mit Hilfe meiner, sich übrigens hier herausbildenden penetranten Art, habe ich ihr dann alles nochmal erklärt und zack – Level zwei erreicht. Doch hinter dem Glasdrehmonstrum ging die Fragerei weiter. Ich also wieder das selbe gestammelt, coole englische Worte nebenbei einfliessen lassen und letztendlich kam aber auch hier wieder der Verweis, dass es nur russisch gibt. Zum Glück hat mir das die nette Fau nochmal gesagt, sonst wäre ich glatt enttäuscht gewesen, immerhin ist doch hier in dieser Stadt ALLES zweisprachig ;o) Aber wie sollte ich ihr erklären, dass es mir eigentlich nur ums Buffet und auch ein bisschen um die Bilder ging? Letztendlich hat sie mich nach der Klärung meiner Daseinsberechtigung nicht weiter angesprochen und so konnte ich durch das Museum und sicher auch durch Dutzend Aufnahmen der unterschiedlichsten Kameramänner- und Frauen schlendern. Ein blauer Kapuzenpulli im Fernsehen bin mit großer Wahrscheinlichkeit ich!

Zu sehen gab es im Museum viele Bilder aus dem Russlandfeldzug Napoleons, hier und da ein paar sehr wichtige Männer (die ich meistens eher weniger kannte) und eine Menge hübscher Schwerter, Uniformen und Keramik. Ziemlich beeindruckend war auch ein Wandgemälde, welches im Panaromastil dem Museum letztendlich auch seine runde Form verleiht. Dazu hat ein Kammerorchester noch mit entsprechender Musik für ein passendes Ambiente gesorgt – ich konnte Russland durch die Bilder schon so um 1812 vor mir sehen. Am Besten fand ich jedoch die Illustrationen zu Tolstois „Krieg und Frieden“ – das ging mehr unter die Haut als die riesigen Schlachtgemälde. Aber auch hier hat letztendlich der Klang des Streichens seinen Beitrag geleistet.

Geplant wie ich selten bin, hab ich mir natürlich das Buffet für das Ende aufgehoben – ziemlich unclevere Idee. Abgegrasst wie ödes Savannenland standen die Teller vor mir, so dass ich mir das letzte Glas Sekt schnappte und mich irgendwo vor der gierigen Büffel…ähhh Journalistenhorde versteckte. Sie hätten mich wahrscheinlich sonst noch angesprochen und als nicht kommunikationsfähig geoutet. Nö nö nö, die Rache des leeren Buffets hat mir vorerst gereicht gehabt.

Nach Kultur Inside wollte ich noch ein bisschen Kultur Outside und bin wagemutig, ganz einfach so, eine Straße lang gelaufen ohne zu wissen wohin das eigentlich führen wird. An sich ist das in einer großen Stadt auch kein Problem, da Metrostationen überall auf dem Weg liegen, nur heute war Ausnahmetag. Zufällig war es dann auch noch Minus+Minus kalt und ich, ja genau ICH, habe gedanklich nach einem Pelz geschrien. Aber da sich nichts gerührt hat und kein Pelzmantel badmanmässig mir zum Schutze zugeeilt kam, hab ich die Mission „zu Fuß um die Welt“ abgebrochen, bin in den nächsten Bus gestiegen und habe mich survivalmässig in den Moskauer Feierabendverkehr begeben.

Mehr Fotos meinerseits wären sehr nett, ich weiß, aber leider lass ich meinen Fotoapparat immer Zuhause liegen und bei der Kälte heute hätte mich keine Kulisse der Welt zum Ausziehen meiner Handschuhe bewegt, zumindest fast keine. Das russische Vancouver, was ich bei meinem Sparziergang gesehen habe und was angeblich Moscow City heißt, hat mich doch schon ein bisschen fasziniert – gläserne Wolkenkratzer, die im Licht der Sonne reflektieren. Das hat schon einen gewissen Reiz, auch auf mich. Aber wenn dies Moscow City ist, was ist dann der Rest?

Übrigens, Monis unnütztes Wissen verrät heute, dass das Privatleben (hierbei meine ich besonders die Zweisamkeit) der Moskauer auf den endlos langen Metrotreppen stattfindet. Die armen Autofahrer…und das Meuseum heißt „Бородинская битва“.