Kindheitserinnerung reloaded. Wir sind im Wald, Mama, Papa und ich – eine der wenigen Erinnerungen, in denen wir alle zusammen sind, und die ich vermutlich habe, weil wir zusammen sind. Der silberne Ford Focus steht mit geöffnetem Kofferraum am Waldrand. Wir laufen über zerzaustem Waldboden, ein Schlachtfeld an wüst umherliegenden Ästen und gekappten Bäumen. Wie Arbeiterwespen schwärmen wir aus, um Brennholz für unser Nest zu suchen, für unsere Nestwärme. Wir machen das öfter. Mehrmals im Jahr fahren wir in den Wald, um Holz zu sammeln, das im Garten gesägt, dann gespalten und schließlich im Schuppen aufgeschichtet wird, um dort zwei Jahre lang zu trocknen. Meine Aufgabe ist es, kleine „Käsestücke“ einzusammeln, die Enden von dicken Stämmen, die ich (als vielleicht Zehnjährige?) tragen kann. Ich erinnere mich an das Gefühl, beschäftigt zu sein, schwer zugange zu sein. An einsetzenden Hunger. Ich rieche Waldluft, erdigen Boden, der unter meinen dicken Profilschuhen nachgibt, leicht sinke ich ein und drücke mich von dem organischen Material wieder ab; der federnde Boden und die sperrigen Schuhe geben mir das Gefühl von Trainingscamp, zum Aufbau von Kondition und Durchhaltevermögen. Wir machen eine Pause, setzen uns in den Kofferraum. Mama öffnet eine Thermosflasche, die heiße Wienerwürstchen enthält. Ich empfinde Belohnung, die haben wir uns verdient, diese superleckeren Wienerwürstchen. Dann später Sättigung, Geborgenheit.
Erinnerung
El memoria
Erinnerst du dich noch? An deinen Blick? Du hast ihn ja nicht gesehen. Wenngleich bei dir wohl ungewiss ist, was du siehst. Wer weiß, wo dir überall Spiegel stehen. Bestimmt vielerorts. Jedenfalls hast du so betont bedächtig, so lauthals nachdenklich geschaut, dass es ja doch kein Nachdenken sein konnte, was in dir stattfand. Vielleicht verriet dich bloß dein Mundwinkel, dein intensiv zuhörender Blick. Er war herrlich, dein Blick. Ich sah Opa in dir. Wie verwunschen. Und dann riefst du mich von weit weg. Und ich antwortete. Welche Farben hörten deine Ohren? Sie hallten nach, deine Frage, meine Antwort. Und als ich schließlich kam, da begrüßtest du mich, obwohl der Tag doch schon seit vielen, vielen Stunden angebrochen war. Du sagtest etwas Verspieltes, Musikalisches. Und ich antwortete. In genau demselben Duktus. Ich hab’s erst überhört, das abermals nachschwingende Echo, die Süße. Du hast sofort gelacht. Ich dann auch, konnte gar nicht mehr zu Ende atmen, prustete die Luft heraus. Vorbei. Flüchtig. Niedlich und sanft. Erinnerst du dich noch?