Generell alles was Spaß macht-keine Arbeit!

Ich habe schonmal angefangen diesen Eintrag zu schreiben, aber er ist todlangweilig geworden. Wahrscheinlich hätten sogar die Familienmitglieder, die mir am nächsten stehen, das Lesen abgebrochen. Trotzdem werde ich wohl weiter versuchen müssen dieses Thema hier mal anzuschneiden. Das Beste an diesem Beitrag wird aber wohl der Titel bleiben.

Letzte Woche habe ich das erste Mal nach der Arbeit mein Fahrrad den Berg hochgeschoben und mich schon auf den nächsten Tag gefreut um wieder in die Schule zu fahren. Und da habe ich gedacht es ist jetzt wirklich mal Zeit über meine Einsatzstelle zu schrieben. Auch, weil das Thema hier noch nicht besonders viel vorkam und es ja irgendwie ein wichtiger Teil des Ganzen ist. Außerdem habe ich das Gefühl, dass sich meine Arbeit an der Schule sehr stark von der unterscheidet, die andere Freiwillige machen.


In dem bräunlichen Gebäude mittig-rechts, der „Unidade Saguacu“ des Colégio BONJA, halte ich mich vom Montags bis Freitags drin auf.

Fünf Uhr:
Dienstagmorgen, der Wecker klingelt.
Zu meinem Leid wurde die erste Stunde auf 7.15 Uhr vorverlegt, so habe ich jeden Morgen jetzt noch weniger Zeit „Die ZEIT“ auf meinem Kindle zu lesen. Drei Ausgaben hänge ich schon hinterher.  Um kurz vor sieben verlasse ich das Haus.
Jeden Morgen freue ich mich über das viele Grün überall. Wenn ich wegen meiner Yogastunden nicht so ausgeglichen wäre würde ich mich wohl über der die Autofahrer ärgern, die das Fahrrad nicht als gleichwertigen Verkehrsteilnehmer wahrnehmen.

7.15 Uhr
Die Schulglocke klingelt nicht, sie dröhnt. Einzelstunde Deutsch mit Paul*. Seine Eltern sind Expats aus Deutschland, er ist also Muttersprachler und bekommt von mir drei zusätzliche Deutschstunden pro Woche. Zusammen üben wir lesen und schreiben. Mir macht der Unterricht total Spaß, weil wir ein richtig freundschaftliches Verhältnis aufgebaut haben und er merkbar Fortschritte macht.

8.05 Uhr
Auch Pauls älteren Geschwistern Elisabeth* und Katja* begleite ich mit einer Deutschlehrerin beim Unterricht. Wie ergänzen uns total gut und verstehen uns auch prima. Sie ist auf jeden Fall auch ein Grund dafür, dass ich mich mittlerweile so wohl fühle an der Schule. Wir verbringen die meiste Zeit des Tages zusammen, und wenn das nur heißt, dass wir arbeitend im selben Raum sitzen und uns zwischendurch nach Tipps fragen.

*Die Namen habe ich geändert und meiner Kreativität keine Grenzen gesetzt.


Ich auf dem Flur.

9.55 Uhr
Elisabeth gebe ich auch Unterricht in BWR (Betriebswirtschaftslehre und Rechnungswesen). Die Familie wird Im Juni zurück nach Deutschland gehen und zusammen erarbeiten wir uns ein bisschen den Stoff, den sie in Deutschland verpasst hat. Den größten Teil meiner Zeit verwende ich darauf alles erstmal selber zu verstehen. Dann erstelle ich Arbeitsblätter und überlege wie auch Elisabeth alles verstehen kann.
Heute hatten wir eine besondern gute Stunde und am Ende waren wir beide richtig glücklich, dass wir so gut verstanden haben wie bestimmte Geschäftsfälle in die Bestandskonten in T-Form eingetragen werden müssen.

*Die Namen habe ich geändert und meiner Kreativität keine Grenzen gesetzt.

12.30 Uhr
Zu den üblichen Krankenhauszeiten gibt es auch bei mir in der Schule Mittag essen.

Es gibt ein kleines Büffet, ab dem man sich immer bedienen kann. Jeden tag eine frische Salatbar, Reis und Bohnen und einige wechselnde (Fleisch)gerichte. Letzte Woche hat die Kantine eine Umfrage zu Essens-Qualität und Wünschen gemacht, seitdem schmeckt es merklich besser. Zum Nachtisch gibt es jeden Tag frisches Obst (Banane, Apfel, Papaya). Reis und Bohnen schmecken mir langsam auch  wirklich gut.

13.30 Uhr


„Unser“ Alemão Aplicado Raum, in dem ich wohl die meiste Zeit verbringe, weil dort sonst keiner unterrichtet.

Endlich fängt meine Lieblingsstunde der Woche an. Alemão Aplicado mit den Mädels (Elisabeth und Kaja und zwei andere). Diese Gruppe von Schülern besteht aus Schülerinnen, die alle ein (fast) perfektes Deutsch haben, weil sie aus Deutschland kommen, ein Elternteil aus Deutschland kommt oder sie eine lange Zeit dort gelebt haben. Die Hälfte der gemeinsame Stunden machen wir immer ein Projekt, dessen Stunden ich eigenverantwortlich vorbereiten darf. So haben wir uns schon drei Wochen lang mit dem ökologischen Fußabdruck oder uns mit Fast vs. Fair Fashion beschäftigt. Diese Stunden machen mir besonders Spaß, weil ich in der Vorbereitung tiefer über Themen recherchieren kann, die mich sowieso schon interessieren. Und ich kann in den Schülerinnen ein erstes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und verantwortungsvollen Konsum wecken.

15.15 Uhr

Instituições – Rede Sinodal de Educação
Die „Undidade Centro“

Nachdem Alemão Aplicado geschafft ist schwinge ich mich möglichst schnell aufs Fahrrad um ins Zentrum von Joinville zu fahren. Dort hat das Colégio Bonja eine zweite Einheit. Hier verbringe ich meine Dienstag- und Donnerstagnachmittage.
Dort bereite ich die etwas älteren Schüler auf ihre mündliche Deutsches-Sprach-Diplom Prüfung vor. Manchmal proben sie mit mir ihre Kurzvorträge, in anderen Stunden stelle ich ihnen fragen über ihre Familie, Feiertage oder Freizeitgestaltung. Die Fragen werden von der Prüfungskommission des DSDvorgeschrieben. Am Anfang habe ich mich noch unwohl dabei gefühlt mir vollkommen fremde Schüler zu fragen was ihre Eltern beruflich machen oder wo ihre Großeltern wohnen. Aber mittlerweile kenne ich sie schon besser und finde die Antworten super interessant. Für mich ist das ganze ein bisschen wie eine kulturelle Studie.

16.30 Uhr
Mit der Arbeit in der Schule bin ich jetzt fertig. Aber bevor ich nach Hause radle habe ich noch meine Portugiesisch-Stunde. Meine Sprachschule hat Ende letztes Jahres zugemacht, muss aber meinen Vertrag und den von ein paar anderen noch zu Ende führen. Ich treffe mich mit meiner Lehrerin jetzt immer in einem Hinterzimmer einer Anwaltskanzlei. Um dort hinzukommen muss man einmal durch die Büros der Angestellten laufen. Der Qualität des Unterrichts hat das keinen Abbruch getan. Und die Anwaltskanzlei ist nur 200 Meter von der Schule entfernt.
Wenn die Leute mich verstehen macht es mir unheimlich viel Spaß Portugiesisch zu reden und so freue ich mich auf jede Stunde.

17.30 Uhr
Das Pflichtprogramm des Tages ist erledigt. Weil ich sowieso schon im Zentrum bin gehe ich auf dem Heimweg meistens noch einkaufen und bin dann um 18.30 Uhr zuhause.

22.00 Uhr
Damit ich meine 7 Stunden Schlaf bekomme gehe ich ins Bett (manchmal auch früher).
Boa noite.