Ich und die Wunder dieser Welt

Der Platz neben mir im Bus bleibt auch nach dem Stopp in Curitiba frei. „Meine Reise zu einem der Naturwunder unserer Erde beginnt gut“, denke ich. Nach wenig Schlaf wache ich am nächsten Morgen 11 Busstunden westlich von Joinville auf. Nachdem ich mein Ticket für die Rückfahrt gekauft habe fahre ich zum Hostel, das ich gebucht habe.

In der Vorbereitung habe ich mir relativ lange überlegt wann ich welchen Programmpunkt abarbeite, damit ich auch bloß alles sehen kann, was auf den ganzen Reiseblogs und mir in der Schule so empfohlen wurde.

Freitag: argentinische Seite der Iguaçu-Wasserfälle (dafür braucht man angeblich einen ganzen Tag)
Samstag: am Morgen brasilianische Seite und danach den Parque das Aves
Sonntag: Itaipú, das (zweit-)größte (so genau weiß das ja keiner) Wasserkraftwerk der Welt

Im Hostel angekommen beginne ich also meinen Plan in die Tat umzusetzen. Mit dem Shuttle des Hostels überwinde ich die Landesgrenze Brasilien-Argentinien erfolgreich und stehe nach ca. 1,5h vor den  Toren des Nationalparks. Besonders in der Schule wurde mir immer wieder ans Herz gelegt die angebotene Bootstour zu machen. Alle waren begeistert davon wie viel Spaß es macht mal so richtig nass gemacht zu werden. Am Anfang war ich eher skeptisch, weil ich oft nicht verstehe warum man die Natur so kommerzialisieren muss. Die Wasserfälle sind sicher auch so schön genug, ohne, dass man daraus nur eine weitere freizeitparkartige Attraktivität macht. Natürlich habe ich mich trotzdem dazu hinreißen lassen und soooooo schlecht war es dann auch gar nicht. Eigentlich sogar ganz gut..Da ich auf der argentinischen Seite des Nationalparks war wurde leider nur spanisch gesprochen und so habe ich mich mit dem brasilianischen Paar hinter mir darüber austauschen können, dass wie leider gar nichts verstehen.

Nachdem dann alle (auch ich ↓) ein Foto machen konnten, wurden wir mal so richtig nass gemacht. Mit dem Boot sind wir direkt unter die Wasserfälle gefahren und wurden vom heiligen Wasser der Iguaçu-Wasserfälle getauft. Zitternd vor Kälte und Wind haben wir uns auf den Rückweg gemacht.

Die Hauptattraktion, da der größte Wasserfall, ist der Garganta del Diabolo. Um zu diesem zu kommen kann man entweder einen Pfad entlang der Bahnschienen laufen oder eben die Bahn nehmen, die zu den Schienen gehört. Aufgrund von schon fortgeschrittener Zeit habe ich mich für Letzteres entschieden.
Um zum „Teufelsschlund“ zu kommen muss man nach der Bahnfahrt nochmal 20 min. über den Rio Iguaçu laufen. Der Fluss an sich ist sehr ruhig. Ich bin gemütlich über den Holzsteg geschlendert, habe Schmetterlinge, eine Schildkröte und Vögel beobachtet. Um so beeindruckender war es als ich plötzlich vor dem Schlund stand, wo die Wassermassen des Flusses mit einer enormen Kraft in die Tiefe fallen.  Im ganzen Park konnte man das in die Tiefe stürzende Wasser hören.

 

Man hat schon Meter vorher kleine Wasserspritzer auf der Haut gespürt. Auf der Plattform, die direkt über dem Schlund ist, wurde man dann richtig nass.

Mein Highlight des Tages kam aber noch. Es gibt zwei Hauptwege, die man durch den Park gehen kann. Sehr gut ausgebaut und man hat einen tollen Blick auf die Wasserfälle aus verschiedenen Perspektiven. Erst auf diesen Wegen ist mir klar geworden was für ein Paradies das Ganze eigentlich ist. Wenn es Adam und Eva wirklich gegeben hat, dann muss es hier gewesen sein.

So habe ich mir den Ort, indem der Regenbogen entsteht, immer vorgestellt!

 

Müde von der Busfahrt, vom vielen Laufen und von der Schönheit komme ich am Abend wieder im Hostel an. Ich habe mich nicht für ein Hostel in der Stadt -Foz do Iguaçu- entschieden, sondern eines außerhalb, direkt am Eingang zum Nationalpark auf der brasilianischen Seite. Dementsprechend weit war es zur Innenstadt, weswegen ich im Hostel Abend gegessen habe. Außer mir waren in dem Hostel noch eine Gruppe von Finnen, zu denen ich mich gesetzt habe. Im Leute ansprechen bin ich mittlerweile Profi! Zusammen haben wir nach dem Essen noch einige Runden UNO (Make UNO great again!) gespielt und uns vor dem zu Bett gehen dazu entschieden den nächsten Tag gemeinsam zu verbringen.

Um 9.30 Uhr haben wir uns dann beim Frühstück wieder gesehen. Gemeinsam wollen wir die brasilianische Seite der Wasserfälle erkunden. Das Hostel ist zwar weit weg von jeglichen Restaurants, aber dafür in fußweite des brasilianischen Nationalparkeingangs. Nachdem man die Karten gekauft hat wird man durch den Gift-shop zum Bus geleitet, der einen näher an die Wasserfälle bringt. Wir sitzen oben und ganz hinten, das machen cool Kids so.

Ich muss sagen, dass ich ab dem ersten Blick auf die Wasserfälle etwas enttäuscht war. Auf der brasilianischen Seite der Wasserfälle gibt es nur einen Wanderpfad, der deutlich besser ausgebaut ist als der argentinische. Deshalb fühlt sich alles weniger nach abenteuerlicher Naturerkundung an, sondern mehr nach Freizeitpark. Es sei weniger „Hands on“ sagen meine finnischen Bekannten, und damit haben sie völlig recht. Weil das Gelände kleiner ist, verteilen sich die Leute weniger.

Unsere Enttäuschung machen wir wett mit einem entspannten Mittagessen auf der Terrasse überhalb des Rio Iguaçu und mit Blick auf den Teufelsschlund. Wir tauschen uns aus über Alter (ich bin IMMER (!) die Jüngste), Berufe, Gedanken und Wünsche.

Irgendwann muss man aber eben auch vom schönsten Mittagessen aufstehen, der Nachmittag wartet! Nachdem genügend Magneten für Mamas Kühlschrank (oder in meinem Fall Waschmaschine) gekauft wurden, ging es auf dem coolsten Platz des Busses wieder zurück.

Laut Plan (s.oben) wäre ja jetzt eigentlich der Parque des Aves (für alle, die kein portugiesisch sprechen: Vogelpark) dran. Ich wurde aber in der letzten Nacht von einer Moskito oder etwas ähnlichem am Knöchel gestochen und das sorgt bei mir (seit ich hier in Brasilien bin) dafür, dass  die Stelle stark anschwillt, ganz fest und heiß wird. Absolut kein schöner Anblick. Um meinen Fuß nicht noch mehr zu strapazieren entscheide ich mich also für einen Nachmittag am Pool. Sorry Vogelpark.

Nachdem wir den Nachmittag mit Nichts verbracht haben, wollen wir am Abend nicht wieder UNO spielen (jedenfalls nicht nur). 

Die Wasserfälle sind doch touristischer, als ich es gedacht hatte. Diesem Fakt verdanken wir es wohl, dass wir den Abend am folgenden Ort verbringen. Der „Rafain Churrasceria Show“, ein Ort, der sich schwer beschrieben lässt. Stellt euch eine große Halle vor mit vielen Tischen gedeckt wie für eine Hochzeit. Im Zentrum stehen mehrere runde Tische auf denen ein riesiges Büffet aufgebaut ist. Von Sushi, Hummus, Feijoada, Lasagne bis Tiramisu, Schokokuchen und Eis findet sich dort alles. Dahinter stehen riesige Grills, auf denen das Fleisch frisch gebraten wird. An den Seiten links und rechts befinden sich zwei riesige Bühnen, auf denen ab 10 Uhr die Post abgeht. Dieser Ort wurde vom Guinness Book ausgezeichnet für „the largest number of national dances presented at a dinner show“, also dafür, dass es während des Essens eine Show anbietetet, bei der die Meisten traditionellen Nationaltänze präsentiert werden. Und die haben wir uns alle angeguckt (Mexikanisch, Bolivianisch, Peruanisch, Argentinisch, Brasilianisch…). Ich war während der gesamten Show so perplex, dass ich (leider) kein einziges Foto gemacht habe.
Ein bisschen überrumpelt von dem, was wir gerade gesehen haben bleiben wir noch sitzen und trinken unser Bier aus. Wir alle wären alleine nie zu so einer Show gegangen, freuen uns aber doch, dass es soweit kommen konnte. Dass ich Reisen liebe habe ich sicher schon gesagt, oder?

 

Nachdem wir den Abend mit UNO spielen ausgeklungen haben lassen verabschieden wir uns voneinander. Ich will morgen früh aufstehen um den letzten Teil meines Plans in die Tat umzusetzen, die Finnen fliegen weiter nach Buenos Aires und wollen ausschlafen.

Früh am Morgen checke ich aus dem Hostel aus und wäre eigentlich gerne noch ein bisschen im Bett geblieben. Meine Tasche schließe ich am Busbahnhof ein und mache mich auf den Weg zur menschengemachten Version der Iguaçu-Wasserfälle: dem Itiapú Staudamm, laut T-shirts der Mitarbeiter der größte Staudamm der Welt. Wikipedia betrachtet das Ganze etwas differenzierter.
Mein Motto in letzter Zeit ist: wenn ich schonmal da bin, nehme ich alles mit. Also habe ich mir am Vortag im Internet einen Platz in der Spezialtour gebucht. Dabei besichtigt man den Staudamm nicht nur von außen, sondern man geht auch innerhalb die Staumauer und besichtigt den Kontrollraum.

Es war sehr beeindruckend zu sehen wie schnell sich die Turbinen drehen, zu Spüren wie das Wasser durch die Rohre rauscht und sich der Masse des Betons bewusst zu werden. Nur rein ästhetisch muss ich sagen: nature does it better. Anstatt euch jetzt länger mit Fakten und Daten über Baus, Größe, Kapazität, Auslastung zu langweilen empfehle ich euch einfach die Tour auch zu machen. Vale a pena!

Traurigerweise hatte ich damit auch den letzten Punkt meiner To-See Liste hinter mir gelassen. Mit finnischem Rap in den Ohren sitze ich am Busbahnhof, warte bis die Sonne untergeht und mein Bus kommt.

Até a próxima!