Gedichte
eingeholt
Im Raffer der Zeit:
Reinszenierung Reinszenierung Reinszenierung
einer Tragödie
die Vergangenheit rannte schneller
als die Zukunft
Großwerden
Opa spielte auf den Bühnen
der glorreichen Dreißiger
Papa wurde Börsenmakler
und ich schreib und denk
den Beginn
zu vieler Bücher
Werden entsteht
aus Not und Überschuss
nackt
aufgebahrt unterm Skalpell öffnet die Ärztin Hirn und Herz und verspricht mir sichere Führung ihrer passgenauen Fingerspitzen im Moment der größten Nacktheit hört die Fremde mich entblößter als jeder Nahestehende
Die Suggestion
Manchmal zieht mich die Musik
In einen blendenden Tunnel
Oberkörperfrei
Erfasst mich die Kälte
Und die Haut soll ihr trotzen
Unter schepperndem Bass
Bis die Wände vibrieren
Und nur der Gesang
Den Rausch kontrolliert
Den Kopf
Den Tanz
Die springenden Füße
Und sich der Oberkörper
Zur grellen Deckenwölbung neigt
Let me go blind tonight
Let me just lose lose lose
All bonds to reality
Let me be free
From load
From fuming thee
Singt die Stimme
In die Venen meines Körpers hinein
Volle Dröhnung ohne Schuss
Alles gut, alles bestens
Je länger der Tunnel
Desto größer der Abstand
Leere
Ist der Preis für die Suggestion
Tür zum Schmerz
Schützen heißt nicht
Mauer aufbauen
Schützen heißt
Rückzug
Still
Und ohne Beschluss
In ein verriegeltes Versteck
Hinter dieser Türe
Gibt’s kein Ego
Kein Lob, kein Schmerz
Nur Taubheit
Die Seele
Weit entfernt, tief verborgen
Unangreifbar
Jedes Mal eine Errungenschaft
Wenn das Ich dorthin verschwindet
Doch dieses Mal
Zerbrach der Riegel
Zum ersten Mal
Ohne
Verschluss
Der Fallschirmsprung
I.
Eigentlich fühlt sich das Fallen
Nicht nach Freiheit an
Der Flug nicht nach Rausch
Zu schnell
Trifft man auf den Boden
Erschüttert
Betäubt
II.
Das Bodenlose:
Kaum zu erkennen
Schon als der Atem verschwindet
Im Geschwindigkeitswahn
Und das Bewusstsein verfliegt
Kündigt sie sich an
Die Härte des Asphalts
III.
Der Fallschirm selbst:
(Sofern er vorhanden)
Zwei einfache Hände
Die sich behutsam
Um die Schultern legen
Tragen
Und dämpfen
IV.
Am Boden:
Steht die Zeit still
Das Gehör ist benebelt
Reset.
Und beruhigend ist nur
Dass man einmal am Boden
Nicht noch tiefer fällt
Das Kätzchen
Schmiegt sein Köpfchen in die Kuhle meiner Hand
Ungeduldig, fast begierig
Als wollt es sich verbuddeln
Immer tiefer ins Gewölbe
Und schaut mir plötzlich in die Augen
Ein paar Sekunden lang
Als es unerwartet
Eine Träne abbekommt
Stille
Jedes Vogelgezwitscher Jedes Kräuseln des Windes Jedes Miauen Jeder Gedanke dreifach so laut Jedes Atmen doppelt so hörbar Jedes Außeratemsein ein Segen Jedes Gefühl unmittelbar Sprengt die Stille, füllt den Raum Stößt auf Resonanz Auf die Katze, die Großmutter, den Vater Hingabe Ans Dasein