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Moin. Das wird ein spitzen Tag.

IMG_4030Ich habe gut geschlafen. Dummerweise ein wenig zu gut, sodass mir um 7 Uhr mein Wecker nichts anhaben konnte. Ich bin also unentspannt aufgewacht. Wurde sauer. So sauer, dass sich mir glatt die Milch während des Frühstücksmüslis anschloss und ebenfalls sauer wurde. Sauer auf die Tatsache, dass all meine Anziehsachen in der Wäsche sind, ich es aber nicht geschafft habe, sie seit einiger Zeit abgeholt zu haben. Aber bald soll unsere eigene Waschmaschine ihren Jungfernwaschgang haben. Kaputt ist sie, seitdem ich angekommen bin. Und jede Woche glaube ich meinem Vermieter denselben Satz aufs Neue: Nächste Woche funktioniert sie wieder! Seit dem und bis dahin wasche ich bei Freunden.

Das Ende vom Lied war, dass ich in die schlechtsitzende, schwarze Anzugshose steigen musste, um nicht am vierten Tag hintereinander die gleiche, dreckige Jeans anzuziehen. Ich hatte den Fetzen Stoff mit zwei Löchern für die Beine und eins für den Bauch für eine Hochzeits-Einladung als Schnäppchen geschossen: Fünf Euro können schließlich auch nicht perfekt sitzen.

Weiter im Text: Sauer war ich auf die Mofafahrer, die knatternd und stinkend durch die Straßen eierten. Sauer auf mich, weil mir auffällt, dass es das leckere, vegane Mittagsessen in dem Hippie-Laden in den ich versuche donnerstags essen zu gehen, gestern gab und nicht heute. So sauer, dass ich sogar über ein passendes, wenn nicht eigens entworfenes Substantiv darüber nachdenke. Säure? Säuernis? Säurenismus? Letzteres war dann das eigene Substantiv. Ismus-Kreationen sind immer aussagekräftig!!! Jetzt habe ich mich kurz gehen lassen, Entschuldigung.

IMG_0647Ich bin so sauer darauf jetzt meine Arbeit machen zu müssen, dass ich sie einfach nicht mache, dafür einen Blog-Artikel über’s Sauer-Sein schreibe. Bin so sauer, dass ich mir eben auf dem Weg einfach vier Pastels gekauft habe, um meinen Hunger und Genuss, den mir die saure Milche beim Frühstück kurzfristig genommen hatte, zu beschwichtigen. Nicht wichtig, was es ist, man isst das hier zum Frühstück, wenn man sich selbst keins machen konnte.
Heute ist der vierte Tag mit dem Titel:  „Inventur der Lehrmittelbücherei“

Konversation mit meiner Chefin:
„Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Ich bin liegengeblieben.“

– „Mit dem Auto?“

– „Nein, im Bett.“

 

Mein kleiner, heißer Kaffee, steht vor mir aufm Tisch, holleri holleri hollero.
Nur noch 6 Stunden Bücher suchen, editieren, eintragen, umsortieren, einsortieren.
Mein kleiner, heißer Kaffee, steht vor mir aufm Tisch, holleri holleri hollero.
Nur noch 5 Stunden Bücher suchen, editieren, eintragen, umsortieren, einsortieren.
Mein kleiner, heißer Kaffee, steht vor mir aufm Tisch, holleri holleri hollero.
Nur noch 4 Stunden Bücher suchen, editieren, eintragen, umsortieren, einsortieren.
Mein kleiner, heißer Kaffee, steht vor mir aufm Tisch, holleri holleri hollero.
Nur noch 3 Stunden Bücher suchen, editieren, eintragen, umsortieren, einsortieren.
Mein kleiner, heißer Kaffee, steht vor mir aufm Tisch, holleri holleri hollero.

Jetzt reicht es mit dem Kaffee, ich will nicht mehr.
Und mit den Büchern auch, ich will nicht mehr.

IMG_0614Aber es ist natürlich schön hier zu sein. Also, so im Ganzen betrachtet. Ich bin da schon auch dankbar für und trete dem mit Demut entgegen. Klappt meistens besser als heute.
Aber in zwei Stunden ist ja Wochenende.

Noch eine Stunde.. Schaue Karl, der Büroklammer von Word 2007 beim Zwinkern zu. Oder vielleicht „Harry Potter und ein Stein“? Hach, Coldmirror. Oder Rio Reiser, http://bit.ly/1SWuqRo 🙂 Witzig.

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Hui, das ging ja schnell: WOCHENENDE!

 

 

 

 

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Helau oder Alaaf auf bolivianisch

12715207_10153528440716478_2319313598506590903_nOder auch, wie ich den Karneval erlebt habe.

Nach unserer theoretischen Unterrichtseinheit „De Kölsche Karneval“, habe ich nun Praxiserfahrungen im bolivianischen Karneval gesammelt. Was für ein Erlebnis!

Die Strecke Cochabamba/Oruro kann man eigentlich in 4-5 Stunden hinter sich bringen.
Das „Eigentlich“ in diesem Satz steht dafür, dass wir es leider nicht in in 4-5 Stunden geschafft haben.

Hintergrund-Info zum Wort „Eigentlich„: In Bolivien muss man alle seine Ausgaben am Ende des Jahres mit Quittungen belegen können. Das Geld, was man verdient, wird nachweislich in Bolivien wieder ausgegeben. Bei jedem Einkauf im Supermarkt, jedem Autokauf oder jeder anderen Anschaffung, werden fleißig die Kassenzettel gesammelt. Das ist für die normale Bevölkerung wahrscheinlich ein wenig lästig, aber eine Gewöhnungssache. Für die fahrende Bevölkerung, also die LKW- und Busfahrer ist es schwieriger, Belege für ihre Ausgaben zu sammeln. Sie arbeiten auf den Straßen Boliviens und bekommen selten eine schriftliche Bestätigung ihrer Ausgaben, müssen diese aber dennoch vorweisen. Warum ist es schwieriger? Kleine Essens-Stände und Märkte geben keine Quittungen aus. Okay, das klingt jetzt nicht nach so viel? Dann nun ein wirklich interessanter Grund: Die Steuern für diesen Arbeitsbereich sind gerade um 300% erhöht wurden. Also, es gibt wahrscheinlich jeden Grund zu streiken.

Und wann sind die Transportmöglichkeiten und ihre Fahrer*innen besonders wichtig? An dem Wochenende, an dem alle mehr als sonst auf sie angewiesen sind, an dem Wochenende, an dem sich Halb Bolivien in Oruro trifft.

orurocarnaval1Mit 20.000 Tänzerinnen und Tänzern ist dieser Umzug buchstäblich der tanzende Höhepunkt der Karnevalsfeste der Welt. Hoppla, ein Superlativ: Auf 3700m tanzen die verschiedenen Tanzgruppen etwa 9 Stunden durch die fünftgrößte Stadt Boliviens. Nach Rio soll es der bekannteste Karneval Lateinamerikas sein. Die 20-stündige Fahrt war am Ende „vale la pena“ (es wert sein), wie man hier sagt. In dem gebuchten Angebot waren auch Rumflaschen und Cola inbegriffen, so dass die Fahrt also dann doch recht schnell rum ging. Ich hatte die nächsten Tage auf der Parade gar nicht mehr so kräftigen Durst, was auf verwunderte Ablehnung durch einige Mitfahrer quittiert wurde („Sei doch ein Mann“) – Huihuihui, das hatte ich nicht erwartet. Aber enttäuscht werden kann man ja schließlich so gut wie an jeder Ecke. Schade!
12662624_10153528443221478_3130071645832887821_nAuf der Fahrt mussten öfter mal aussteigen, damit der Bus die matschige Alternativroute durch das Hinterland schaffte. Meine Schuhe könnten eine Wäsche gebrauchen und mein Gesicht hat wohl auch ganz gut ausgesehen, als es wieder hieß: „Alle raus, sonst stürzen wir ab oder sinken ein!“

Beim Karneval selber wurden folgende Tänze getanzt: Morenada, Diablada, Caporales, Kullawada, Llamerada, Tobas, Saya, Tinku, Bachata, undwiesiealleheißen. Diese großartige Tanzkultur, geschmückt mit ihren Kostümen, wird von vielen begeisterte Tanzgruppen an Karneval auf die Straße getragen. Besonders die Männerschritte des Caporales machen wirklich Stimmung. Das hat Spaß anzusehen. Da braucht man übrigens gar keinen Alkohol.
Stimmung kann man sich in etwa so vorstellen. Wir hatten gute Plätze und meistens nette Leute um uns herum und tanzten am Abend sogar mit den Tänzer*innen auf der Straße.
Wirklich ein Erlebnis, wie das erste Bild zeigt 🙂

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Nachtrag: Achso, „Helau oder Alaaf“ sagt man hier übrigens gar nicht.

 

 

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(Gute-) Nachtgeschichte

Victoria riss sich eine Wimper aus. Ich sah es nur von der Seite. Sie blies sie in die Luft. „Was?“, fragte ich. „Ich habe mir etwas gewünscht“, sagte sie. Ich war mir nicht sicher, ob das mit dem Wimpern-Wünschen je geklappt hat, aber mit absichtlich ausgerissen Wimpern hat es bestimmt noch nie geklappt. „Ich möchte, dass du mich küsst.“ Jetzt hatte sie es auch noch laut ausgesprochen …

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2. Halbjahr

Seit einigen Tagen hat das zweite Halbjahr an der Fröbelschule wieder begonnen. Unser Kollegium hat sich ein wenig verändert, jetzt arbeiten hier nur noch Lehrerinnen und ich. Aber ich dachte mir, besser mit nur Frauen zusammen zu arbeiten als mit nur Männern. Vielleicht liege ich auch falsch – das Jahr wird es zeigen. Gestern waren wir gemeinsam in einem Café und haben bei bolivianischem Bier und alkoholfreien Cocktails nett zusammen gesessen. Mit der Ansage: Wer über die Arbeit spricht, zahlt die Rechnung. 

Bilder gibt es jetzt nicht. Wer für die Bilder gekommen ist, sollte hier klicken. Ansonsten folgt jetzt ein 380 Worte Text 😛

Theater

Momentan schreibe ich ein Theaterstück um, damit es die 10köpfige Theatergruppe bald einstudieren kann. Dabei habe ich schon Ankündigungen gehört, dass noch weitere Schüler im deutschen Theater mitspielen wollen. Vielleicht schreibe ich noch neue Charaktere.. Einige Wörter lassen sich nicht leicht aussprechen, die habe ich versucht auszutauschen und den Plot ein wenig zusammen zukürzen. Die eigentliche Version hat 80 Minuten Spielzeit, das war dann doch etwas viel. Nun beginnt die Situation im Flugzeug (ich weiß schon, wer das Bühnenbild malen darf..) und endet an einem Strand mit abgestürzten Flugzeug. Na gut, das Inselleben habe ich dann eben auf eine baldige Rettung zusammengeschnitten. Hätte man sicherlich auch weitere 60 Minuten mit ansehen können.

Welche Wörter ich gestrichen habe? Nach einem „Praxistest Pronunciacíon“ mit einem der Kurse der Sekundarstufe wurde schnell klar, dass hier etwas geändert werden musste. Also, nicht das Niveau der „Bald-Abschluss-Klasse“, sondern das Sprachniveau des Textes musste auf höchstens B1 abgesenkt werden. Alle Wörter, die weder auf Anhieb, noch nach dem dritten Anlauf problemlos über die Lippen gingen, mussten raus. Kabinendruck, gestrandet, Flughöhe, Lankabel, Gebetsteppich, Echtzeit, Schnapsidee und nervenraubend.

Karneval

Gestern haben wir, jetzt in der 5. Jahreszeit, mit dem jecken Thema Karneval in den Kursen angefangen. Dabei war es nicht immer ganz einfach für mich, die Traditionen zu erklären oder die kölsche Wörter zu übersetzen. Zum Glück war ich Teil eines Dreiergespanns, in dem auch eine fast waschechte Kölnerin mitgearbeitet hat. Die Schüler sollten rausfinden, was Strüßjer, Kamelle und Dreigestirn denn eigentlich sind und dann Bildern zu ordnen.

Am Freitag fahre ich übrigens auch zum Karneval nach Oruro, das wird bestimmt spannend! Es ist der größte Karneval Boliviens, wenn nicht sogar der zweitbekannteste in Lateinamerika. 2014 kamen etwa 350.000 Besucher nach Oruro, dieses Jahr werden noch mehr erwartet. Und übrigens ist es eines der immateriellen Weltkulturerbe Boliviens. Was es mit der Jungfrau des Berwerkstollens und der Pachamama zu tun hat, liest einfach mal bei Wikipedia weiter. Hoffentlich werden die Straßen nicht gesperrt, ich habe etwas um einen Protest der Transportistas auf der Verbindung zwischen Cochabamba und Oruro gehört. Angeblich wegen der Steuern. Aber in der Politik kenne ich mich noch zu wenig aus, um wirklich zu ahnen, was hier gerade vor geht. Ich versuche bald einen Artikel darüber zu veröffentlichen, also nicht mit meiner Meinung, sondern mit Meinungen der Anderen #reelecion #cochabambadiceno #evosi usw..

Übrigens müssen meine Mitbewohner ausziehen, ich werde bald alleine in dem großen Haus wohnen. Mal sehen, ob ich da wohnen bleibe.
Und noch eine Neuigkeit gibt es: Die Direktorin hat sich ausgedacht, dass das gesamte Kollegium Deutsch lernen sollte. Bald habe ich also Deutschkurse für andere Lehrer, die ich gerade anfange zu planen.

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Intuitiver Genitiv

IMG_1198Ferien. Wofür sind die eigentlich da? Okay, vielleicht eine etwas fatale Frage. Reisen – Gut. Feiern – Gut. Vieles mehr – auch gut. Frage beantwortet, stimmt 🙂
Ich arbeite schon eine ganze Weile nicht mehr (wie lange genau erwähne ich hier mal nicht, sonst könnte Neid aufkommen..) und werde dafür auch noch bezahlt. Merkwürdig schöne Situation muss ich zugeben. Aber ich komme schon damit klar, danke der Nachfrage 🙂 Andere würden sagen: Läuft!

Ich freue mich aber ehrlich gesagt auch auf meine Arbeit – das soll schon was heißen, oder? Meine Unterrichtsvorbereitung hat angefangen, Wortschatzspiele und Ideen zur Vermittlung des Unterschieds zwischen Dativ und Akkusativ. Wie zum Teufel ist man eigentlich auf diesen Genitiv gekommen? Und, viel interessanter, wie werde ich rechtfertigen, dass lernen zu müssen, wenn in Deutschland die Personen, die ihn wirklich unterbewusst benutzen, langsam aussterben? Lehrer müssen nichts rechtfertigen. Oder geht es um die bewusste Benutzung? Also klar, wenn ich mir Mühe gebe, kann ich die Funktion des Genitivs schon nachvollziehen. Aber ich konzentriere mich als Muttersprachler schließlich auch nicht auf der/die/das Artikelwahl. Also außer bei Nutella, da muss es natürlich die heißen. Oder das.
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So, jetzt für die Leute, die mal ein bisschen Deutsch lernen wollen (der Rest kann getrost abschalten).

Der Genitiv, ist neben dem Nominativ, dem Dativ und dem Akkusativ einer der vier Fälle in der deutschen Sprache. Er wird verwendet, um eine Zugehörigkeit anzuzeigen. Außerdem steht der Genitiv nach bestimmten Präpositionen, Verben und Adjektiven. Die Kontrollfrage nach dem Genitiv lautet „Wessen?“. Im bairischen beispielsweise wird der Genitiv jedoch gegen den Dativ ausgetauscht.

Beispiel hochdeutsch: Das Bier des Vaters.
Beispiel bairisch: Dem Vater (ihm) sein Bier.

Eine handvoll Verben kommen nicht ohne den Genitiv aus, viel wichtiger sind aber die Präpositionen, die den Genitiv verlangen:

  • anstelle/an Stelle, aufgrund/auf Grund, während, wegen
  • außerhalb, oberhalb, unterhalb, innerhalb
  • beiderseits, diesseits, jenseits, unweit, entlang …, links, rechts
  • nördlich, östlich, südlich, westlich
  • trotz, ungeachtet

Auch wichtig ist die Deklination bei Artikeln, Nomen und Adjektiven. Hier wird unter den Wortgeschlechtern unterschieden. 
Maskulin: des netten Vaters, eines netten Vaters
Feminin: der netten Mutter, einer netten Mutter
Neutral: des netten Kindes, eines netten Kindes
Und jetzt im Plural: der netten Eltern, meiner netten Eltern

Ja, das sollte dann reichen. Die Pronomen üben wir ein anderes Mal 🙂
Jetzt muss ich nur noch ein tolles Spiel für die 7. Klässler erfinden.

 

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Tranquilo, oder stiller Alltag

Schrieb ohne Pointen

IMG_1215Mit einem lauten Klingeln und Hupen kündigt sich der Avocado-Mango-Bananen-Zwiebel-Verkäufer mit seinem Auto in unserer Straße an. Es ist kurz vor 9 in Cochabamba. Um zehn kommt die Müllabfuhr, wir haben von unserer letzten Geburtstagsparty noch einiges an Plastikmüll. Schnell raus, ich bin ja wegen dem fahrenden Frucht-Gemüse-Angebot sowieso schon wach. Heute habe ich das Bad geputzt. Ich habe nicht viel geschafft, wollte das auch gar nicht. Ist schon ganz okay so. Ich genieße das, um ehrlich zu sein. Gestern war eine Party, das war schön und wir hatten viele liebe Gäste. Morgen fahre ich auf die Cancha zum Einkaufen und zeige ein paar anderen Freiwilligen den Markt. Heute ist nicht viel los, ich genieße das. Hatte ich vielleicht schon erwähnt. Aber das macht ja nichts, ist schließlich wichtig und wahr.

Guerra del Agua

20_-guerra_aguaMittags habe ich mit Alberto ein Pansen-Reis-Kartoffel-Gericht mit Suppe und Taquina (Bier aus Cochabamba) gegessen, es war unglaublich heiß in den Straßen, und so wirklich geschmeckt hat es leider nicht. Dann erzählte er mir noch von seiner Teilnahme an den Protesten gegen die Wasserprivatisierung in den Nullerjahren. Er zeigt mir die Narben von den Gummigeschossen und erzählt von Straßenaktionen gegen die Polizei und wie dann auf einmal das Militär aus La Paz kam. Kurz zurück zu den „Straßenaktionen“: Es wurde Stacheldraht zwischen zwei Motorräder gespannt. Dann fuhren sie auf die Polizeibeamten zu. Das Militär schoss mit scharfen Patronen, aber das konnte ihren Protest nicht brechen, meint Alberto. Zum Glück kamen die Menschen aus dem „Campo“ dazu, ohne sie hätten sie nicht durchgehalten. Das „Campo“ bezeichnet das Hinterland von Bolivien, die Pueblos, die nicht nur geografisch weit entfernt von den Städten leben. Dort trinkt man übrigens Chicha. Das trinkt Alberto auch sehr gerne, also haben wir dass dann abends auch gemacht.
Google beantwortet übrigens viele offen gebliebene Fragen.
Ich werde auch in nächster Zeit noch einen Blogbeitrag darüber schreiben, ist gerade in Arbeit 🙂 Ah, übrigens: Es gibt immer mehrere Darstellungen, nicht nur das, was man mir hier erzählt oder was ich hier aufschreibe.

Hundescheren und Hamburguesa

IMG_1300Mit Miriam habe ich entspannt bei Zigaretten und später bei Kerzenschein über unsere allgemeine Zufriedenheit gesprochen, die Hunde haben sich einen Sessel neben uns geteilt. Konnte nicht umhin zu bemerken, wie schön Lulu sein kann, wenn sie mal kein so zotteliges Fell hat. Dennis hat sie heute geschoren, wie ein Schaf. Mit der Menge an Fell könnte man ein Kissen füllen, gute Idee vielleicht? Vielleicht erstmal ein Mangomüsli, das ist lecker. Noch schnell eine Milch und Erdbeeryoghurt eine Straße weiter gekauft. Sitzen im Sessel, Musik hören, Sonne auf der Haut genießen. Langeweile wird überall als negativ aufgefasst, komisch. Ich kann es gerade ganz gut zulassen oder, wie man sonst sagt, aushalten. Dann haben wir uns noch IMG_1298Hamburger von der Verkäuferin an der Ecke geholt, die Christoph und ich vor zwei Wochen entdeckt haben. Dabei haben wir uns bloß ein bisschen verlaufen auf dem Rückweg von der Linie 7, die uns stadtauswärts gebracht hatte. Die Hamburger waren günstig und lecker, da gehen wir jetzt öfter hin.

Filmkritik

Und mit unseren Gästen (übrigens aus kulturweitler*innen) haben wir Inception noch geguckt. Ich schaue den Film jetzt zum 14.Mal (ja, ich habe genau mit gezählt) und kann ihm immer wieder etwas abgewinnen. Ein toller Film, mit einem tollen Soundtrack. Demnächst schaue ich auch Schulz und Böhmermann wieder. Die ersten Folgen haben mir gefallen, kann ich sehr empfehlen. Es kommt so schön ehrlich und besonders nicht-relefant rüber. Auch die Til-Schweiger-Tatorte habe ich in der Mediathek nachgeschaut – gute Filme – der arrogante Mann dort beherrscht die Craft einfach. Für Facebook-Posts hingegen sollte er hingegen zusammen mit Jan Leyk doch besser ein Aufbauseminar besuchen. Oh man, jetzt habe ich doch ein Pointe versucht. Naja, wer sich durch meinen lahmen Alltag bis hier hin durchgekämpft hat, muss auch mal kurz belohnt werden.

Gute Nacht

Jetzt regnet es und ich schaue zufrieden aus dem geöffneten Fenster. Die Luft ist feucht und der Duft von nasser Erde zieht in mein Zimmer. Der Regen prasselt stärker als am Anfang und das mag ich. Ich lasse das Fenster auf und lege mich in mein Bett und lausche den Tropfen. Einer davon bin wohl ich.
Da fällt mir ein Cloud Atlas Zitat ein:
tropfenfotografie-bannerHaskell Moore: „Ganz gleich was du auch ausrichtest, es wird nie mehr sein als ein einzelner Tropfen in einem unendlichen Ozean.“
Adam Ewing: „Was ist ein Ozean, wenn nicht eine Vielzahl von Tropfen?

 

Bildquellen
Guerra del Agua: www.aguariosypueblos.org
Tropfen: http://www.objektive24.de/blog/wp-content/uploads/2013/05/tropfenfotografie-banner.jpg

 

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Vielen Dank für die Einladung

Alkohol hat mir dann die Angst vor misslungenen Sätzen genommen. Halt, das ist nicht richtig. Ich habe auch sonst keine Angst vor fehlerhaften Sätzen, ich plappere einfach drauf los. Nicht, dass ich mir keine Gedanken über die Grammatik oder Verständlichkeit mache. Doch der Alkohol verschafft meiner Zunge einen Vorteil von Sekunden und noch ehe ich darüber nachdenken kann, wie richtig oder falsch die Grammatik sein wird, habe ich sie schon ausgesprochen.

So war es jedenfalls auf der Hochzeit, auf der ich kürzlich eingeladen war.
Vorweg: Es war sehr schön!

In den Tanzpausen habe ich dann etwas Grammatik-Lockerer zu mir genommen und meinen Energietank auffüllen können. Und mit neuen Freunden von der Tanzfläche Geschichten am Festtisch ausgetauscht. Dann setzte die Musik wieder ein und ich war so wunderbar glücklich, mit meiner Tanzpartnerin in den Armen, mittendrin. Wir haben die Schritte nicht immer ernst genommen, und trotzdem ernsthaft fröhlich getanzt. Mir zwinkerten viele Leute anerkennend oder aufmunternd zu, nicht immer ganz leicht zu unterscheiden.

Verständnisvoll

12606940_10152824125939567_1391999947_nSie hatte mich eingeladen auf diese Hochzeit lauter Fremder, auf der eigentlich ich der Fremde war. Ich bin ihr dafür sehr dankbar, denn wir hatten unglaublich viel Spaß. Unter all den Leuten habe ich mich sehr wohl gefühlt. In einer Tanzpause antwortete sie mir auf meinen Halbsatz „ … jaja, mein spanisch ist echt nicht so gut, wird schon noch…“ Es wäre schon okay, sie würde schließlich verstehen, was ich meinte. Aber ich könne eben nicht wirklich sagen, was ich meinte, wie könne sie dann verstehen, was ich meinen würde?
Den Satz hat sie dann nicht verstanden. War grammatikalisch auch echt knifflig. Ein einleuchtendes Nicken erhielt ich nach zwei Minuten der Versuche mich auszudrücken dann aber doch: Die Hauptsache wäre doch, dass ich jetzt hier sitzen würde, nach 4 Monaten mich in einer neuen Sprache verständigen könne und dabei Spaß hätte. Oder Spaß machte, da war ich mir nicht sicher.
In diesem Moment wurde mir klar, dass ich, solange ich mich nicht anständig ausdrücken können würde, hier keine ernsthafte Beziehung aufbauen konnte. Aber fürs Gespräch zwischen dem Tanzen reichte es zum Glück und wir verstanden uns – im wahrsten Sinne des Wortes „verstehen“ – tatsächlich erfreulich ausgezeichnet.
Nachdem Fünfzehn Minuten um waren und die Phase des Tanzens erneut begann, waren wir wieder auf der Tanzfläche. Diesmal sehr schnell, ja sogar Polka spielte die Live-Band.

Auf ein Bier

Leicht verschwitzt und mittlerweile ohne Krawatte wurde ich auf der Toilette angesprochen. Ein älterer Herr, ebenfalls verschwitzt vom Tanzen, aber noch mit Krawatte, fragte mich, wie ich denn „so“ tanzen könne. Das habe er ja noch nie gesehen. Tja, was soll man darauf antworten. Ich entschied mich verlegen für ein schlichtes „gracias“ und stellte mich vor. Und wenn ich also aus Deutschland komme, ob ich denn aus Alemania Occidental oder Alemania Oriental käme? Na gut, also Ost und West ist Geschichte in Deutschland, eigentlich komme ich aus der Nähe von Hamburg. Und ja, er dürfe mich sehr gerne auf ein Bier einladen. Deutsche lieben Bier, verkündigte ich vollmundig. Schnell schob ich nach: „Das gilt vor allem erstmal für mich, vom Tanzen bekomme ich so einen schrecklichen Durst.“
Wir sprachen über die Vertrauenswürdigkeit der Nord-Amerikaner, den Kapitalismus, die Olympia-Bewerbung und Fußball in Deutschland, den Bergbau und das Alkoholproblem der bolivianischen Gesellschaft. Große Themen für mich. Immerhin hatte ich keine grammatikalischen Bedenken mehr. Wobei ich nach 20 Minuten zugeben musste, dass ich mich schriftlich sicherlich besser ausdrücken könne, wir könnten per Mail in Kontakt bleiben. Das nahm er gerne an und konnte sich die Frage nach meinem Alter anscheinend doch nicht verkneifen. 20, sagte ich. Mit erstauntem Blick verabschiedete er sich auf die Tanzfläche. Heute hat er das erste Mal geschrieben. Gegen den Kapitalismus, gegen die Amerikaner. Für das Grundeinkommen, für Freiwilligendienste im Ausland. Mal sehen, was da noch so kommt.

Ja, so eine Hochzeitsfeier ist etwas Schönes. Der kirchliche Part der Trauung war recht ähnlich wie bei der letzten Hochzeit bei der ich war, nur katholischer, aber das macht ja nichts.

Das Ende vom Lied

Als um halb drei das Gasthaus schließen wollte und wir die Tanzfläche räumten, wurde ich eingeladen mit der restlichen Familie, die noch nicht ausreichend zu Ehren des Ehepaars getanzt hatte, in die Zona Sur zu fahren. Dort gäbe es einen Onkel und mehr Bier. Mit den Cousins meiner Tanzpartnerin ging es mit dem Auto (wer auch immer das noch fahren durfte) los quer durch die Stadt und eine halbe Stunde später wurde die erste Bierdose am Sofatisch geöffnet. Zu lauter Cumbia-Musik haben wir bis in den Morgen gefeiert und um acht, als das Frühstück aufgetischt wurde, verabschiedete ich mich. Ich sei bald wieder willkommen und es sei eine gute Entscheidung gewesen mich eingeladen zu haben. Sowas hört man gerne 🙂
Das gute am langen Feiern, abgesehen von dem langen Feiern, ist, dass man morgens einfach mit den Öffentlichen zurück fahren kann und sich das Taxi spart.

Ein langer Text für eine lange Nacht <3

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50€ Freiheit oder die Rad-Poesie

Achtung, die Toten Crackhuren im Kofferraum haben ’ne Ansage zu machen:

Ich und mein Fahrrad
Sein Name ist Konrad
Wir fahren Richtung Sonnenuntergang
Es ist fast wie schweben
Ich fühle das Leben
Durch meine Extensions weht der Sommerwind

Mein Fahrrad und ich, wir sind die besten Freunde
Wir halten immer zusammen
Auch wenn irgendwann mal die ganze Welt gegen uns ist
Auf den Konrad, da ist immer Verlass
Da könnt ihr sagen, was ihr wollt

Fickt euch!

Ich und mein Fahrrad
Sein Name ist Konrad
Wir fahren Richtung Sonnenuntergang
Es ist fast wie schweben
Ich fühle das Leben
Durch meine Extensions weht der Sommerwind

So viel also erstmal lyrisch zum bisher besten Kauf des noch jungen Jahres.
Aber es ist wahr, ich mag mein neues Rad, ein Mountainbike, dass ich gebraucht und günstig auf dem Markt gekauft habe.
Ich kann an den Ampeln mich durch die Autoschlange schlängeln und durch die eingebauten Brems-Schwellen durchfahren, wenn alle anderen Bremsen müssen. Kein lästiges Warten auf Sammeltaxis oder Suchen nach der günstigsten Verbindung. Einfach aufsteigen und losfahren. Okay, die Vorteile eines Fahrrads in einer Großstadt sollten damit eingänglich behandelt und erklärt sein, den Rest kann man sich sicherlich denken.
Ich freu‘ mich wie ein Honigkuchenpferd und schraube jetzt die Schutzbleche und den Gepäckträger dran 🙂

Da sind wir :)

Konrad vor Lukas. Charmante Unschärfe durch Selbstauslöser

 

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Judo-Training

Nach fast drei Jahren Pause habe ich gestern in Cochabamba wieder mit meinem alten Sport Judo angefangen. Schon vor meiner Reise durch Peru und Bolivien hatte ich mir das vorgenommen, aber tatsächlich keinen Antrieb dafür gefunden. Vielleicht hat mir auch ein wenig die Zeit gefehlt. Mein Salsa-Kurs endet nämlich wahrscheinlich jetzt bald und ich habe abends wieder Zeit für Neues. Von einem Schüler ist mir die Turnhalle, die etwa 10min mit dem Rad von unserem Haus entfernt liegt, zum Trainieren empfohlen. Sehr nett von ihm. Es gibt 7 Tage die Woche abendliche Judo-Angebote. Ich kam gerade, als das eine Training aufhörte und kurz bevor das andere Training beginnen sollte. Der Trainer hat 6 Jahre in der Schweiz gelebt und antwortete mir in fließendem Deutsch, nachdem ich mich und mein Anliegen vorgestellt hatte. Überraschung! 🙂

Dann hab ich mir ’ne Dose Bier zum Warten gekauft und mich auf die Tribüne gesetzt. Es sollte noch ein anderer Trainer kommen, man wisse aber nicht, ob er heute pünktlich sein werde. Nach einem schwülwarmen Tag war das eiskalte Pacena genau das was ich brauchte. Dazu ne Tüte Oreos. Der Trainer kam überraschend schnell, jedenfalls stürzte ich mein Bier herunter und stellte mich vor. Ich könne direkt mittrainieren, einen Braungurt könnten sie gut gebrauchen. Und es würde etwa 12€ im Monat kosten, dafür könne ich jeden Abend in der Woche trainieren. Gesagt, getan.
Nach dem Warmlaufen schwappte mir das Bier ein wenig im Bauch herum, aber das härteste sollte erst noch kommen: Heute stand Kampftraining auf dem Plan. Das Techniktraining wurde sehr kurz abgehandelt. Und so musste ich ganz schön nach Luft schnappen, als ich aus dem Kampf mit einem 20 Kilo schweren Schwarzgurt mit einem Unentschieden herauskam.

Photo by Giuseppe Broccolo

   Photo by Giuseppe Broccolo

Glücklicherweise war dann die Zeit um, denn ich war kurz davor schlapp zu machen. Aber immerhin ein guter Wurf ist mir gelungen.
Mit ein bisschen Training mehr, werde ich vielleicht zu alten Formen auflaufen. Wobei die auch schon wirklich ’ne Weile her sind (2012). Aber das dauert noch. Und mein Schnaufen konnte ich zum Glück mit einem Hinweis auf die Höhe überspielen – „..la altura, la altura..“

Einen Tag später kann ich sagen: Mir tut ziemlich viel weh, ich habe sogar Muskelkater und ich war sehr erledigt nach den 2 Stunden Training. Endlich mal wieder. Der einzige Sport aus den letzten Monaten in Bolivien (und auch in Deutschland habe ich 2015 hart trainiert) war für mich „Tanzen und Trinken“, wobei mal das eine T, mal das andere T höhere Priorität hatte.

Zum Glück ist die Sporthalle etwas höher gelegen als unsere Straße und so konnte ich an meiner Wasserflasche sippend entspannt die Strecke zurück rollen. Mehr wäre auch nicht drin gewesen an diesem Abend.
Donnerstag gehe ich mal zu dem anderen Training. Dann entscheide ich mich, was ich wähle.

 

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Yungas, No. 2

Wir liegen deutlich tiefer als La Paz. Auch ist es hier ein paar Grad wärmer. Das Klima ist ein komplett anderes. Hitze. Die Geräusche der Großstadt sind abwesend.

IMG_1393Kein Kindergeschrei, kein Hundegebell, keine Autohupe. Die Luft ist schwül, aber sauber. Ruhige Atmosphäre in den Bergen, auf denen der Nebel noch hängt. Graue Wolken kündigen den Regen an. Viel Grün erstrahlt in den einzigen Sonnenstrahlen am Himmel, die sich durch die dichte Wolkendecke gekämpft haben.

Ich trage das Armband von Luisa an der Hand, schaue drauf und grinse. Erinnere mich an die Zeit im Nachtbus und in der Hängematte. Denke an Cochabamba und was mich dort erwartet. Wische die Gedanken an Visumsangelegenheiten und Kostenabrechnungen weg.

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  v.l.n.r.: Christoph & Lukas

Ich lasse den Blick über die Berge schweifen, sie sind grünbedeckt, wie mit Moos bewachsen, so sieht es von Weitem aus. Ein Schmetterling schwebt durch die Szenerie. Weiß mit gelben Punkten. Große Punkte auf einem großen Schmetterling. Denke an andere Orte, mir fallen keine ein. Kann nur auf die Berge schauen und die Luft einatmen. Raus aus dem Alltag. Dazu ist der Regenwald genau der richtige Ort. Ich will nirgends lieber sein.
Die Sonne geht unter, der Tag wird mit einem gemeinsamen Feierabendbier beendet. Romantik off.

 

 

 

Nächster Artikel handelt von der Tiahuanaco-Kultur. Eine interessante Prä-Inka-Kultur am Titicacasee. Aber jetzt nochmal ein paar Bilder. Von der Wanderung mit 10kg auf dem Rücken und einem Ara 🙂

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