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Zwischen Melonen und Vertretungsunterricht

IMG_9599Erster Oktober, die Sonne scheint, ich musste heute nicht arbeiten, weil ich mit anderen deutschen Freiwilligen einen weiteren Schritt in Richtung Aufenthaltsgenehmigung gehen musste. Schreib‘ ich doch zwischendurch mal was für meinen Blog..

Eben war ich auf der Cancha, einer der größten Märkte in ganz Lateinamerika. Es gibt viel, es gibt mehr, es gibt eigentlich alles. Von Zahnbürsten über Rinderzungen bis zu selbstgestrickten Wollmützen ist für jeden Einkaufenden etwas dabei. Frisches Gemüse, Mango und Papaya, Lamafleisch und Gewürze: In den zwei Wochen habe ich schon einiges gekauft. Nein, natürlich nicht das Lamafleisch.
Ich habe noch keinen Überblick über das Wirrwarr der Stände und das Handeln der Verkäufer*innen. Es sind überwiegend Frauen, die dort zwischen Paprika und Tomaten sitzen oder Armbanduhren und Handys verkaufen.

Einige traditionell gekleidete Frauen tragen Kinder oder Lebensmittel in großen, bunten Schultertüchern. Sie werden Cholitas genannt, was ursprünglich ein abwertender Ausdruck für Kinder von spanischen und indigenen Eltern war. In einigen Regionen wird der Begriff als rassistisch empfunden, in anderen gehört er meines Wissens zur Eigenbezeichnung. Ich glaube, die Tradition der Hüte sind beeinflusst von den spanischen Kolonialherren.  Im 19. Jahrhundert war der „Sombrero Madrid“ für eine solche Frau in Mode, heute ist es die Melone. Moment mal, was? Ist die Melone nicht etwas urbritisches?

Kleine Stände am Straßenrand kündigen den Anfang der Cancha an.

Kleine Stände am Straßenrand kündigen den Anfang der Cancha an.

Eine Geschichte lautet, dass ein italienischer Hutmacher eine Lieferung Herrenhüte nach Bolivien exportierte, aber unter den Männern keine Abnehmer finden konnte. Wenig später wurden die Hüte als letzter Schrei aus Italien an Frauen der Quechua und Aymara verkauft. Bis heute tragen viele Frauen hier einen solchen Hut, wobei das in La Paz noch üblicher sein soll als in Cochabamba. Hier tragen auch viele den leichten, weißen Strohhut (wie auf dem Bild). Hüte sind wegen der Sonne von Nutzen, aber gehören eben auch zur Kultur. Ich habe Hüte für etwa 40€ gesehen, ganz schön viel Geld für viele Frauen auf dem Markt, denke ich mir.

Zurück zum Einkauf: Wir haben eingekauft, was wir brauchten und haben danach eine leckere Gemüsereispfanne gekocht. Von unserem Haus aus fährt man etwa eine halbe Stunde zum Markt.
Übrigens: Man kann auch Brot kaufen, also wenn man will. Sogar Körnerbrot, natürlich kein Pumpernickel, aber mehr als Weißbrot. Man muss nur bereit sein etwas Geld auszugeben, aber das verdiene ich ja schließlich. Ich lebe hier ziemlich gut, kann mir also nicht nur Alkohol sondern auch Käse und Brot leisten. Einige deutsche Sparfüchse leisten sich so etwas nicht. Ich will aber einfach nicht am Essen sparen.

Gestern hatte ich das erste Mal Sprachkurs. Die Sprachlehrerin Evelyn ist eine liebe Frau, die mir mit Geduld und Spaß die spanische Grammatik beibringen möchte: Gerne, ich gebe mir Mühe! Aus ihrem Unterricht kann ich bestimmt sogar einige Dinge in meinen Unterricht mitnehmen, ich schreibe also fleißig in meinem kleinen Büchlein mit. Auf die anderen Seiten schreibe ich nämlich mittlerweile auch die Dinge, die ich in den anderen Klassen versucht habe zu unterrichten.
Wo wir gerade bei der Schule sind, es gibt da einen Trick: Wenn ich die Kinder bitte, etwas von der Tafel abzuschreiben und dabei Musik anmache, sind sie ruhig, konzentrieren sich aufs Abschreiben und quatschen nicht, sondern hören die Musik. Fettes Brot oder Die Ärzte sind dafür nicht so geeignet, Mighty Oaks und Tonbandgerät schon 🙂 Sobald die Musik aus ist, wissen alle, dass es weitergeht und sind ruhig. Ansonsten habe ich gerade viel zu tun, weil diese Woche eine Deutschlehrerin auf einen Kongress in Chile unterwegs ist und ich sie vertrete. Komplett. 22 Stunden. Klingt jetzt erstmal gar nicht so viel, aber wenn du Unterricht für mehrere Klassen und die Nachhilfestunden vorbereiten sollst, dann sind diese 45-min-Onemanshows anstrengend. Also, ich lasse auch die Schülerinnen und Schüler zu Wort kommen, aber so ganz ungezwungen kommt das selten vor. Ich werfe den Redeball durch die Klasse und genieße die ruhigen Minuten, wenn sie sprechen. „Am Montag habe ich in der 4. Stunde Sport. Was hast du am Mittwoch in der 2. Stunde?“

Eine Wiese, nahe der Schule.

Eine Wiese, nahe der Schule.

Im nächsten Post erzähle ich mal was von meinem Salsakurs, warum ich eigentlich nicht in Deutschland bin und wie meine Wanderung auf 4000m war.

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