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Freunde, eine Momentaufnahme

Freundschaften, die ein Leben lang halten, gab es schon immer. Vom einen zum anderen Sandkasten. Oder von einer zur anderen Schulstunde. Von einem zum anderen Training. Von einem zu anderen Bier.

Die meisten Freundschaften halten viel länger als die Lieben, die wir gemeinhin als Liebe unseres Lebens bezeichnen. Die zwei ernsthaften Beziehungen, die in denen ich gewesen bin, haben insgesamt knapp 5 Jahre überdauert. Davon ist nicht sehr viel geblieben. Freundschaften hingegen sind anders. Sie bleiben. Sie überdauern mit ein bisschen Disziplin auch die weitesten Distanzen, weil wir von unseren Freunden nicht so viel Aufmerksamkeit erwarten wie von unseren Partnern und mit ihnen auch nicht so hart ins Gericht gehen, weil wir nicht jede Verfehlung als Angriff verstehen, was in meinen Liebesbeziehungen vielleicht zu den meisten Missverständnissen geführt hat.
Das einzige, das fehlt, ist die Körperlichkeit. Bedeutet das aber auch, dass das einzige, das es in Beziehungen zusätzlich gibt, die Körperlichkeit ist?
Das ist insgesamt vielleicht schon falsch. Die Annahme, es fehle etwas, passt mir nicht.

Sex ist Sex, ist Sex. Aber mehr auch nicht. Das schreibe ich so nüchtern, wie es zur Zeit ist. Auslandserfahrungen nenne ich das jetzt mal. Werde ich auch später in meinen Lebenslauf so aufnehmen, nur anders meinen.
Ich wünschte mir eine Beziehung, in der wir auch Freunde wären. Mittlerweile sind wir weniger als Freunde und mehr als Bekannte. Es gibt keine Gründe zu kommunizieren, niemand möchte vom anderen etwas wissen. Alte Geschichten blitzen für Sekunden auf und verlieren ihren Glanz im Regen. Es fühlt sich an, als müsste man mal wieder fragen, wie es geht und ob es läuft, aber es interessiert keinen von beiden.

Das ist bei Freunden grundsätzlich anders. Ich spüre ein ehrliches Interesse auf beiden Seiten, einen Spaß in und an der Kommunikation.
Wie schon erwähnt, weniger Aufmerksamkeit bei gleichbleibendem Interesse. Weniger Goldwaage bei gleichzeitiger Detailverliebtheit. Nur noch das kommunizieren, was einem selbst gefällt, nicht um einen Eindruck beim anderen zu hinterlassen, der einem Vorteile verschaffen könnte.

Zwei Verliebten erscheint ihre Beziehung als etwas Individuelles und Intimes. Fernbeziehungen sind eine Liebe ohne Sexualität, eine Liebe ohne Alltag. Fernliebe ist wie Essen ohne Abwasch. Und sie bleibt abstrakt, geliebt wird per E-Mail, Facebook oder Skype. Das kann reizen, das kann zermürbend sein. Ich habe es genossen und verachtet.
Immer wieder Schmetterlinge im Bauch auf Zugfahrten, gemeinsame Abschiede und das Gefühl: altbekannt aber neu.
Wenn man eine Beziehung in Gleichheit und Freiheit führt, muss man auch Situationen akzeptieren, in denen der andere gegen einen entscheidet.

Vielleicht sind Beziehungen und Freundschaften ja auch ganz anders oder ähnlich.
Im Moment fühle ich so. Vielleicht fühle ich später anders. Eine Momentaufnahme.

Ob eine Freundschaft hält, das entscheidet sich nicht in durchzechten Nächten und an harmonischen Kinoabenden, das entscheidet sich in den Durststrecken.

In Liebe,
Lukas

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