So ein Blog ist ja auch was gefährliches: Man verbringt Stunden mit der Selbstdarstellung, während man eigentlich auch andere Dinge tun könnte. Das habe ich nun wieder gemacht. Also beides. Andere Dinge und Selbstdarstellung, aber nacheinander, damit es sich besser liest.
Für Interessierte und Liebhaber. Eigentlich zu lang zum Lesen.
„Ich bin dankbar dafür, dass es mir so geil geht“ Zitat eines kulturweit-Freiwilligen*
Sprachcamp in Coroico
Vor zwei Wochen haben Lehrerinnen und Freiwillige aus Oruro, Sucre, La Paz und Cochabamba ein Sprachcamp für etwa 60 Schülerinnen und Schüler aus den unterschiedlichen Städten veranstaltet. Wir Freiwilligen waren für das Rahmenprogramm wie Energizer, Party und den Pool zuständig, während der Rest der Gruppe sich zum Glück um den sprachlich-pädagogischen Aspekt des Wochenende kümmerte. Lustig war es in der Tat, wir hatten eine schöne Zeit und es sind sicherlich alle mit einem Erfahrungsgewinn nach Hause gefahren. Sei es nun andere Deutschlernende aus anderen Orten kennengelernt zu haben, seine Sprachkenntnisse verbessert zu haben, bei der Open Stage seine Lehrer das erste Mal bolivianische Folklore tanzen gesehen zu haben, am Pool den ersten Kuss bekommen zu haben oder vieles mehr. Wir hatten einen sehr schönen Lagerfeuerabend mit guten Gitarrenspielern und vielen Sängern, auch ansonsten ein wirklich gelungenes Sprachcamp. Auch wenn die Vorbereitung gelinde gesagt kaum existent war unsererseits haben unsere Theaterstücke oder Spielvorbereitungen immer Anklang gefrunden.
Immer wieder schön, nach Coroico zurück zu kommen. Einfach diese grünen Berge, dahinter die schneebedeckten Spitzen der 6000er Gebirge von La Paz, und Sonnenschein und leichter Nebel in den Tälern.
Neues andinisches Jahr
Am letzten Montag war das andinische Neujahr. Am Tag der Sonnenwende versammeln sich Einheimische und Touristen in den Ruinen der bolivianischen Anden-Stadt Tiahuanaco, um den Schamanen bei ihrem Ritual zuzusehen. Für die indigenen Aymara beginnt mit der Sonnenwende das neue Jahr, nach ihrem Kalender hat das Jahr 5524 begonnen. Tausende Menschen versammeln sich bei eisigen Temperaturen jedes Jahr in der antiken Tempelstadt der Aymara auf knapp 4000 Meter Höhe und erwarten den Aufgang der Sonne, deren erste Strahlen genau durch das „Tor der Sonne“ im vor-inkaischen Tempel von Kalasasaya fallen. In dieser Kultur der Aymara, die vor der gewalttätigen Ankunft der Spanier hier sehr viel Einfluss hatte, werden am Morgen die ersten Sonnenstrahlen nach der Wintersonnenwende begrüsst. Dazu steigt man nachts auf einen höheren Berggipfel und wartet dann mit anderen Begeisterten auf den Sonnenaufgang. Da man sehr müde wäre, wenn man dafür extra um 3 Uhr aufstehen würde, sehr müde wäre, haben wir die halbe Nacht also noch für eine dicke Party genutzt. Ich hatte an dem Wochenende das letzte Mal Besuch von Danielita, die ich nun schon ziemlich lange und sehr gut kenne. Mit den anderen Freiwilligen fuhren wir aufs Dorf um unter einem klaren und bitterkalten Sternenhimmel am Lagerfeuer zu sitzen, leckere Knödel mit Gulasch zu essen oder drinnen Trinkspiele zu spielen. Um 3 machten wir uns dann an den Aufstieg unter erschwerten Bedingen, nämlich Alkohol und Zigaretten, sodass wir kurz vor dem Sonnenaufgang verschwitzt und fix und alle oben an den Inka-Ruinen ankamen. Zum Glück hatte ich mir noch ein Gipfelbierchen mitgebracht, was dank der Temperaturen auch gut gekühlt oben angekommen war. Um 6.30 kamen dann die ersten Sonnenstrahlen des Neuen Jahres hervor und ein Lama wurde unter Gesängen geopfert. Das Blut wurde in die Menge verspritzt, was mir dann doch sehr eklig vorkam, ich beobachtete die Zeremonie nur von Weitem. Die ersten Sonnenstrahlen waren nicht nur angenehm warm, sondern verbreiten auch eine besondere Atmosphäre und bringen eine Energie mit sich, die in der Kultur der Aymara sehr wichtig ist. In dicke Decken eingemümmelt saßen wir noch eine Weile da, aßen Schokoladen und machten uns dann an den Abstieg von knapp 4000m Höhe. Der anbrechende Tag war für die meisten dann auch schon vorbei, nach einem Frühstück und der Rückfahrt in die Stadt schliefen wir alle sehr gut und müde in unseren Betten. Seit 2009 ist der Tag ein offizieller Feiertag in Bolivien, also konnten wir gut ausschlafen.
San Juan
Am Donnerstag war der statistisch kälteste Tag des Jahres. Und ja, die Statistik musste sich natürlich beweisen und hat sich in dieser Nacht selbst übertroffen. In den letzten Jahren wurde die Tradition sogenannte Fogatas, also Lagerfeuer in den Strassen mit einer Festgemeinschaft drumherum, immer strikter verboten. Der Spruch ist: Den Feiertag mit einem sauberen Himmel begehen. Denn das ist wahr, die unendlichen Feuer tragen zur st¨dtischen Luftverschmutzung wahrscheinlich erheblich dazu, denn es werden bei solchen Gelegenheiten nicht nur Brennholz und Äste angezündet, sondern auch beispielsweise Autorreifen oder Plastikmüll. Zwei Jungs, deren Eltern wohl bereits betrunken waren, haben das Auto der Nachbarn angezündet, das war dann gross in den Nachrichten. Wir haben bei einem Kaminfeuer in dem Haus von Freunden bei Leche tigre zusammengesessen. Leche tigre ist warme Milch mit Singani (Schnaps) und Zimt-Zucker-Geschmack. Dazu gab es die drei wichtigen Ws: Würstchen, Wein und Weltanschauung. Oder waren es Wanderlust, Wortspiele und Wunschträumen? Ich hab mich jedenfalls gefreut wie Bolle, ein schöner Abend.
Schule
Am Freitagabend trafen wir uns als Deutschkollegium, schnackten bei Bier und Lasagne über alles andere als die Schule und versprachen uns, am nächsten Morgen für die Simulation der DSD-Prüfungen um 8 Uhr in der Schule aufzuschlagen. Wohlgemerkt an einem Samstag. Da ich mir den Freitagabend trotzdem nicht nehmen lassen wollte, traf ich mich noch mit Freunden auf Caipirinha, Jägermeister und Tanz. Als ich ins Bett ging und meinen Wecker auf in drei Stunden stellte, war ich mir unsicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Um halb acht bin ich dann vor meinem Wecker aufgewacht, wie auch immer so etwas möglich sein sollte und habe mich in einen der Prüfungsräume als Aufsicht gesetzt. Mehr will ich dazu nun auch nicht mehr sagen, ich habe immerhin noch Zähne geputzt und mich ansonsten hinter meinem Buch versteckt. Abgeschrieben hat sicherlich keiner. Und Emil und drei Zwillinge ist eine recht leichte, aber schöne Lektüre. In der Pause teilte meine Chefin Nutella-Brötchen aus, was kann es besseres geben. Dann noch eine heisse Schokolade in der Stadt trinken und noch Einkäufe für die After-Simulacro-Party besorgen.
Fiesta
Am Abend hatten mein Mitbewohner Dennis und ich dann zu einer Party eingeladen. Das ist insofern erwähnenswert, als dass es sehr gut war. Es wurden etwa 20 Liter Chicha besorgt und später auch nicht wieder angefunden. Ein Cousin von Dennis meinte auf meine Anweisung zum Kotzen doch bitte raus zu gehen und zwar dalli dalli, mit den Worten: Carajo, ich will aber drinnen kotzen. Worauf ich nichts mehr zu sagen wusste.
Schlussendlich hat mich dann auch noch der beste Freund Rolando auf den Mund geküsst, nachdem er mir erzählt hatte, wie schön ich tanzen kann. Gut, hätte schlimmer kommen können, aber hoffentlich verändert es nichts 😉
Danke fürs geduldige Lesen, falls jemand tatsächlich die 1111 Wörter geschafft hat, bis zu diesem Punkt.