Cristina

Schwarz – weiß, rechts – links, oben – unten, vorne – hinten…

Es gibt so viele verschiedene Meinungen zur und Sichtweisen auf die Welt, da verschiedene Interessengruppen, Überzeugungen und Prägungen, Erfahrungen, Einkommensschichten, …

Ein Punkt zum Beispiel: Die Regierung.

Momentan ist Cristina Fernández de Kirchner, zum zweiten Mal, Präsidentin. Von 2003 bis 2007 war schon ihr Ehemann, Nestor Kirchner, Präsident.

Neulich beim Friseur hat meine Sitznachbarin mich aufgeklärt: „Mit dieser Regierung geht das ganze Land den Bach runter. Das ist ein Haufen Verbrecher!“ Immer wenn ich mit dem Zug ins Zentrum fahre, dann lese ich Graffitis wie: „Los Kirchner a la cárcel.“ Also: Die Kirchners ins Gefängnis.
In meinem Lonely Planet steht: „Im März 2008 setzte Kirchner die Ausfuhrsteuer für Sojabohnen herauf; Farmer demonstrierten aufgebracht gegen dieses Handelshindernis und blockierten Autobahnen. Die Steuererhöhung wurde kurz darauf stillschweigend zurückgenommen. […] [Sie erließ] eine höchst umstrittene Verfügung zur Zerschlagung der Medienholding Clarín; Journalisten aus diesem Haus hatten sich besonders oft kritisch über ihre Amtsführung ausgelassen.“ (Lonely Planet (2010): Argentinien, S. 43f.)

Schon von mehreren Leuten habe ich gehört, dass die Regierung was gegen die Berichterstattung der Zeitung Clarín hat. Mir wurde gesagt, dass Clarín kritisch berichtet. Es sei manchmal auch zweifelhaft, ob alles exakt so stimme, wie es in Clarín stehe, aber immerhin hinge die Zeitung nicht wie andere an den Lippen der Regierung, sondern hinterfrage auch bestimmte Aspekte kritisch. Ich persönlich will dazu gar keine Meinung abgeben. Kann ich auch nicht, dafür bin ich noch nicht lange genug hier.

Das krasse Gegenteil dazu ist die Meinung eines Markthändlers, mit dem ich mich bestimmt über eine halbe Stunde unterhalten habe. Hier folgt, wie er das Ganze sieht… Eins gleich vorab: Er ist ein absoluter Fan von Cristina.

Endlich geht es mit diesem Land voran. Endlich tut eine Regierung auch etwas für die Armen. Endlich setzt sich jemand für Bildung und Gesundheit ein. Endlich…

Der Mann kam vor 15 Jahren aus Peru. Er sagte, er hat zuvor auch schon in Japan und in Holland gearbeitet. In Argentinien ist er dann hängen geblieben. Er lebt in einem sehr armen Viertel. Am Anfang, als er dorthin zog, gab es kein Abwassersystem, keinen Strom, nichts. Die vorigen Regierungen haben sich immer nur um die Reichen in der Hauptstadt gekümmert, bei den Armen kam nie etwas an. Frühere Regierungen hätten einfach das Land der Menschen verkauft, so dass diese von heute auf Morgen nicht mehr Herr des Bodens waren, auf dem sie wohnten und den sie seit zig Jahren bebauten.

Jetzt mit Cristina sei alles anders. Sie hat das Kindergeld eingeführt. [Ich habe übrigens nichts nachgeprüft, ich gebe alles so wieder, wie er es mir erzählt hat.] Bereits wenn man schwanger ist, kann man monatlich eine Unterstützung von  180 Pesos bekommen. Wenn das Kind dann da ist, hat es bis zu seinem 18ten Geburtstag Anspruch auf dieses Kindergeld. Er meinte, dass Viele sagen, dieses Kindergeld sei falsch, weil die Väter damit Wein kauften. Er sehe das anders, weil ja schließlich die Mütter das Geld bekämen. Und zwar müssten sie nachweisen, dass sie während der Schwangerschaft regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung gehen und später dann, dass ihr Kind alle Impfungen hat und dass es zur Schule geht. Und erst dann bekämen sie das Geld. Also könne der Vater das Geld nicht einfach für Alkohol hernehmen.

In armen Vierteln, wie dem seinen, zahle die Regierung die Hälfte der Gas-, Strom- und Wasserkosten. Wenn man sehr bedürftig ist, baue die Regierung einem sogar ein Haus: Man habe Anspruch auf zwei Zimmer, mit Bad und Küche. Er als Markthändler, ohne festes Geschäft, hat einen kostenlosen Stand, denn die Regierung bezahlt alles, was er braucht: Strom, Licht (Die Stände sind ja auch spät abends noch offen.)

Seit Cristina Präsidentin ist, sagt er, ist das Land viel offener geworden. Anders als in anderen südamerikanischen Ländern dürften nach Argentinien alle kommen, seien es Chilenen, Bolivianer, Peruaner,… Und alle hätten Anspruch auf staatliche Hilfen. Das Land sei außerdem liberaler geworden. Homosexuelle Partnerschaften seien akzeptiert, wenn jemand sich eine Geschlechtsumwandlung machen lassen wollte, dann zahle dafür sogar die Regierung…

Cristina bringe Argentinien voran. Endlich gebe es grundlegende soziale Veränderungen. Und die Leute, also, die Armen, wie er, seien zufrieden mit ihr, nicht umsonst hätte sie bei der letzten Wahl 53 Prozent der Stimmen erhalten.
Diese Meinung wird auch von den – übrigens deutlich mehr – Graffitis wie „Vamos Cristina“ in etwa: „Auf geht´s, Cristina“ unterstützt. [Was aber auffällt: All diese Schriftzüge sehen immer ziemlich gleich aus. Mal von den Farben abgesehen – hellblau und weiß, wie die argentinische Flagge, sind sie alle – ist die Schrift immer gleich.]

Hay mucha humedad

Ay, siiiii, ¿viste?

Ja, das musste heute auf jeden Fall einmal bei jeder Begegnung erwähnt werden. War ja auch echt so: Irgendwie alles ein bisschen feucht. Ich zieh´s nicht ins Lächerliche. Ich mein, ich kenn das schon, wenn die Klamotten ein bisschen klamm sind. Kann mal vorkommen, im Sommer, wenns schwül ist, oder in Costa Rica, wenn das Klima halt einfach so IST.

Aber ich bin doch gerade nicht in den Tropen?!? Hier ist doch momentan Herbst/Winter… Letzte Woche hatte es irgendwas zwischen zwei und sieben Grad, ungefähr die Hälfte der Leute an der Schule ist irgendwie angeschlagen, hat Schnupfen und/ oder Husten. Gestern hat es mich auch noch den ganzen Tag in unserem kleinen Deutsch-Kabuff gefroren, so dass ich schon nen Artikel über estufas in Planung hatte und HEUTE macht mir diese blöde humedad nen Strich durchd Rechnung!

Was soll´s. Dann kriegt die humedad halt erst ne Schlagzeile. Die estufas müssen auf einen passenderen Zeitpunkt warten.

Heute Morgen hab ich mich noch ein bisschen wärmer angezogen als gestern, weil unser Büro der wahrscheinlich kälteste Raum der ganzen Schule ist und mir ja immer so kalt war. Raus ausm Haus. Da denk ich mir schon: „Oh, irgendwas ist heute komisch. Irgendwie voll warm. Naja, dann trag ich meine Jacke halt mal mit – man weiß ja nie.“ In der Schule angekommen, seh ich lauter alte Kartons in den Gängen auf dem Boden ausgelegt. „Naja, wer weiß, was die da wieder rumbauen oder anstreichen.“ Dann geh ich die Treppen hoch. Alles irgendwie total rutschig. Ganz nass. „Oh, heute haben die Putzfrauen aber früh angefangen rauszuwischen.“ Schau ich auf den Hof in der Pause: Rennende, schreiende Kinder. „Ah, alles wie immer.“

DOING.

Doch nicht! „Was machen denn die Deppen? Rennen andauernd einfach zusammen, wie so ein paar belämmerte Zeichentrickfiguren!? Naja, solang sie sich nichts tun… Is halt überschüssige Teenager-Energie… Die preceptores stehen ja auch auf dem Hof, die werden schon aufpassen.“

Am Mittag hab ich dann meine Obsttüte, die ich mir in der Früh geholt hab, aufgemacht. Stofftüte – nicht zugeknotet oder sonstwie verschlossen – mit Äpfel, Birnen und Mandarinen drin. Wollte eine Mandarine schälen. Die Schale war nass. Ich schau mir das genauer an: alles wie mit Wasser bestäubt. Das Obst frisch, nicht angeschlagen, seit ein paar Stunden in der Tasche, IN EINEM GEBÄUDE drin. Ja, ok, da hatte ich dann was zum Essen, da hab ich mir eigentlich – ehrlich gesagt – gar keine weiteren Gedanken mehr dazu gemacht…

Nach der Schule war ich einkaufen. An der Kasse hol ich meine Geldscheine aus dem Gelbeutel. KLAMM. „Hehe, jetzt fühlen sich die Scheine noch witziger an.“

Dann bin ich heim. Erst mal Lüften in meinem Zimmer. Und bei dem Aus- bzw. Anblick, ERST DANN, raff ichs…

Das Fenster war von AUßEN beschlagen

Dann hab ich die ganzen Sachen, die mir heute irgendwie komisch vorkamen den ganzen Tag über, nochmal durchdacht. „Stimmt, heut wars überall so feucht, weils überall so feucht war… Und die Kinder haben einfach nicht mehr bremsen können :).“

Auf einmal ergab alles Sinn! OK, ich hab ein bisschen gebraucht, bis ichs gecheckt hab… =) Aber, hey, wer hat sowas bei uns daheim schon mal erlebt bzw. gesehen: Die Feuchte hat sich ÜBERALLHIN gesetzt. NICHTS war trocken…

Dann bin ich auch nochmal raus und habs mir bewusst angeschaut. Hab versucht, den Dunst in der Luft irgendwie zu fotografieren. Hat nicht geklappt. Aber auf dem Boden sieht man´s ganz gut.

Es hat nicht geregnet. Der Boden ist normalerweise so, wie die paar hellen Flecken

Eigentlich müsste ich…

… jeden Tag einen Artikel schreiben, damit ich das alles hier halbwegs festhalten kann. Stattdessen ist hier ein bisschen der Schludrian reingekommen. Naja, aber ich bin weiterhin am Lernen, Schauen, Gucken, Beobachten, Staunen, mich Wundern – aber ich gelobe Besserung und will mal versuchen, ein bisschen regelmäßiger zu schreiben.

Heute gibt´s mal wieder einen kleinen Einblick in den Schulalltag, und zwar in all die Dinge, die es bei uns – meines Wissens nach – nicht so gibt:

  • porteras: Das sind die Frauen, die Pförtner, Putz- und Aufräumdienst, Aufsicht und Schlüsselservice in Einem sind. Sie haben ihr Büro am Schuleingang. Jeden Morgen sind sie ganz am Anfang da und lassen die Schüler rein. Das Tor muss nämlich immer geschlossen sein. Man kann nicht einfach ein- und ausgehen. Morgens stehen die porteras also an der Türe und warten geduldig, bis alle Schüler gekommen sind. Dann machen sie das Tor zu. Wer dann ein und aus will, muss klingeln. Mittags bzw. abends, wenn der Unterricht vorbei ist, dann wieder dasselbe Spiel.
  • preceptores haben auch Aufsichtspflicht. Sie sind dafür da, dass die Schüler in der Pause auf den Hof gehen und nicht im Klassenzimmer bleiben, sie kontrollieren die Anwesenheit am Anfang jeder Stunde und sie haben die libretas der Schüler. Libretas sind Bücher, über die die Schule mit den Eltern kommuniziert. Wenn es also irgendetwas gibt, was die Eltern wissen müssen, dann wird das in der libreta vermerkt und die preceptores sind dafür zuständig, dass der Schüler seine libreta auch mit heim nimmt. Wenn die Schüler eine Freistunde haben, dann kommt ein preceptor zu ihnen ins Klassenzimmer und sie schauen z. B. einen Film mit ihm an.
  • Schuluniformen: In ganz Argentinien haben die Schüler Uniformen an. An den staatlichen Schulen sind das schlichte weiße Schürzen. Die Escuela Técnica Alemana de Moreno, kurz ETAM, allerdings ist eine private Schule. Unsere Farben für die Uniformen sind grün-gelb für T-shirts und Pullis und grün-rot für Röcke. Hier sind ein paar Fotos, auf denen man die Uniformen sieht: http://deutscheschulemoreno2011.blogspot.com.ar/
  • Stundenpläne sind in unserer Secundaria, also siebte bis zwölfte Klasse, ganz individuell. Das heißt, die Stunden gehen nicht wie bei uns immer gleich lang, sondern können irgendwas zwischen 50 Minuten und zwei Stunden dauern. Ich weiß nicht, woran das liegt… Aber dementsprechend sehen die Stundenpläne halt auch kunterbunt aus. Ein Lehrer fängt z. B. um 13.05 Uhr an, der Andere um 13.10Uhr und der Nächste um 13.20 Uhr. Beim Einen dauert der Unterricht eine Stunde, beim Anderen 70 Minuten, beim Dritten 110. Und in Deutsch zum Beispiel sind auch nicht alle Schüler, die eigentlich in der gleichen Klasse wären, in der gleichen Gruppe, weil sie verschiedene Niveaus haben… was das Ganze dann auch nochmal komplizierter macht. Ich kann mir das auch bis heute noch nicht merken, wann was losgeht, sprich  ich muss immer wieder nachschauen.
  • Sehr viele Lehrer arbeiten außerdem an mindestens zwei Schulen. Das heißt, sie kommen zum Beispiel Dienstag und Donnerstag an die ETAM und sind an den anderen Tagen an einer anderen Schule.

Ja, so isch des. Scho mea was glernt!

Zum Schluss noch was völlig ausm Kontext Gerissenes: ICH VERMISS MEIN FAHRRAD! Und dementsprechend hab ich schon seit ner Woche oder so nen Ohrwurm =)

Voll der Müll!

Es ist mal wieder Monatsanfang, aber die Story vom Anstehen am Geldautomat usw. wiederholt sich langsam, also fass ich mich kurz: Same Precedure as every year, oder so! =)
Daran hab ich mich schon gewöhnt. Aber es gibt andere Neuigkeiten. Und zwar habe ich am Wochenende mal wieder meinen Foto in Buenos Aires dabei gehabt und ein bisschen rumfotografiert. Am Samstag hab ich ja immer an der UBA (Universidad de Buenos Aires) meinen Portugiesisch-Kurs (Daumen hoch!!! Nur Samba tanzen kann ich noch nicht ;))…Hier eine kleine Kostprobe, was wir so in Portugiesisch machen bzw. wie wir lernen: http://www.youtube.com/watch?v=czDA0EH0Q4A&feature=youtu.be

Und nachmittags spazier ich dann immer durch die Gegend und schau mir was an. Dieses Mal war ich am Überlegen, ob ich mir an der Reserva Ecólogica am Río de la Plata (von der hatte ich am Anfang schon mal geschrieben, als wir nen Sonntagsausflug dahin gemacht haben) ein Radl ausleihen soll und bissl rumfahr. Hab ich dann aber nicht gemacht. Hatte mehr Lust, einfach ein bisschen zu fotografieren… und zwar die tausend Gegensätze, die diese Stadt ausmachen: alt-neu, jung-alt, schön-hässlich, toll-traurig, groß-klein,…

Hier also einfach ein paar Fotos.

Blick auf die Reserva

A Vogerl

Da hinten liegt La Boca

Der schiefe Blick

Imbiss-Buden gibt´s wie Sand am Meer

Hoch hinaus...

A anders Vogerl

An der Promenade sitzen und irgendwas mit FLEISCH essen =)

A schattigs Platzerl

achja, einkaufen...

Die Orangen angefahren?

Autos I

Schnell noch was essen...

Autos II

wie gesagt: Sand/Meer und sooo

Der is doch noch grün hinter den Ohren

Wenn der Benz bremst, brennt das Benz-Bremslicht.

Und mit Fotos mach ich auch weiter. Nämlich mit einem Nachtrag zu den Fotos aus Moreno, von denen es ja letzte Woche schon mal ein paar gab. Das soll dann gleichzeitig Überleitung zum eigentlichen Grund sein, warum ich schreibe: Moreno und meine Schule…

Auf meinem Weg zur Schule

Beide brummen...

Noch ein Haus

Hier ist der Gehweg befestigt. Da, wo ich wohne, nicht.

Bunter Herbst

Wenn er noch ein bisschen zunimmt...

Ich hatte ja neulich einen ziemlichen Durchhänger. Da hab ich ja von der Müllsituation hier geschrieben und meine Gedanken dazu geäußert.
Da will ich jetzt was anfügen, denn die letzten Tage sind wir mit unserem Müllprojekt in der Schule doch ein bisschen vorangekommen und ich hab vieles gelernt, was ich hier nicht verschweigen will… So muss man das, was ich in dem Artikel meines Tiefs geschrieben habe, vielleicht nochmal in einem andern Licht sehen.

Mit einer Lehrerin, der das Thema Müll und Umwelterziehung auch am Herzen liegt, habe ich ein Interview mit den Putzfrauen („porteras„) der Schule geführt. Hintergrund: Wir hatten mit den verschiedenen Parteien an der Schule (Schüler, Lehrer, Rektoren, Eltern und Reinigungspersonal) eine Umfrage gemacht und sie zu ihrer Meinung und ihrem Wissen zum Thema Müll befragt, um mehr oder weniger eine Ahnung zu haben, was der aktuelle Stand ist und wo wir ansetzen können.

Die Putzfrauen hatten die Fragen so beantwortet, dass sie uns nicht weiterhalfen, weil sie alle voneinander abgeschrieben hatten und wir so im Endeffekt eine einzige Meinung hatten. Daher haben wir beschlossen, direkt mit ihnen zu reden. Sie sind immerhin diejenigen, die am meisten vom Müll, der in der Schule produziert wird, wissen.
In diesem Gespräch ist herausgekommen, dass das wichtigste Problem, das wir lösen müssen, gar nicht direkt in der Schule ist, sondern draußen. Und deswegen schreibe ich hier auch drüber: Die Putzfrauen bringen abends, wenn die Schule rum ist, die Müllsäcke raus, weil die Müllabfuhr – wenn sie kommt – nachts kommt.

Jetzt gibt es aber Leute, die mit Müll ihr Geld verdienen. Das heißt, diese Menschen kommen dann und leeren die Säcke aus, um im Müll nach Plastikflaschen, nach weißem Papier (ist viel mehr wert als Zeitungspapier) oder was auch immer, zu suchen. Manche haben auch schlicht Hunger. In einer Schulkantine landet halt schon mal ein halbes Sandwich oder eine halbe Flasche Cola im Müll. Andere wiederum wollen einfach nur die großen schwarzen Müllsäcke haben… Diese Menschen warten abends – so die Putzfrauen – teils schon darauf, dass die Müllsäcke auf die Straße gelegt werden, damit sie sie durchsuchen können.

Und am nächsten Morgen schaut es dann vor Schule aus, wie wenn eine Bombe eingeschlagen hätte. Das heißt: Alles nochmal zusammenkehren, in Säcke packen, damit der Eingang wieder sauber ist. Das ist sehr undankbar. Aber was sollen die Putzfrauen machen? Sie können die Müllsäcke ja nicht in der Schule stapeln…

Und jetzt kommt das, was ich eigentlich sagen will: Bei uns an der Schule gibt es jemanden, der den Müll, der über Nacht in der Gegend verteilt wurde, wieder einsammelt. Aber an den meisten anderen Orten, wo der Müll auch durchsucht wird, macht das keiner. Und genau deswegen liegt so viel rum…

Wie wir das Ganze an der Schule lösen? Das kommt auf. Wir wollen ja die Mülltrennung einführen und bemühen uns gerade darum, Unternehmen zu finden, die den Müll getrennt abholen können. Momentan landet alles in einem Sack, alles gemischt. Wie auch immer, es wird nicht einfach. Am Donnerstag haben wir jetzt mal Termin bei so einer Firma hier in der Nähe. Mal schauen, welche Art Müll die uns abnehmen würden. Hoffentlich können die morgens kommen, so dass man den Müll vom Vortag direkt rausbringen kann und die porteras nicht immer doppelte Arbeit haben. Allerdings ist das Ganze ein höchst komplexes Thema, denn man muss ja auch bedenken, dass manche Menschen (die sog. „cartoneros“, die oft mit einem Pferd und einem kleinen Anhänger unterwegs sind) auf den Müll angewiesen sind. All das sollte man auch nicht vergessen.

Am Donnerstag kann ich leider nicht dabei sein, denn mein kulturweit-Zwischenseminar geht ja schon am kommenden Mittwoch an. Aber ich bleib am Ball. Zum Zwischenseminar muss ich übrigens nach Villa General Belgrano, sowas wie Little Germany/Austria/Switzerland. Aber dazu dann ein anderes Mal!

Einfach abgedrückt…

… in Moreno.

Inzwischen hat mein Handy nun den Kampf gegen den Wackelkontakt endgültig verloren: Ich kann den Akku nicht mehr aufladen, denn, wenn ich das Netzteil anschließe, passiert gar nix. Das heißt ich bin ohne subtile Fotografier-Möglichkeit (übrigens auch ohne Wecker). Ich wollte aber gerne noch ein paar mehr Alltagsfotos machen, denn bisher gab´s ja größtenteils Fotos von anderen Orten/ Ausflügen.

Also hab ich letzte Woche doch (gewagt?!) meinen normalen Foto mit in die Arbeit genommen und auf meinem Weg zur Schule einfach mal hier und da abgedrückt. Mit dem Handy ging das immer Ruck-Zuck: Zack, Handy gezückt, abgedrückt und Handy zurück in die Jackentasche. Hier in Moreno gibt es nicht so viele Touris wie in Bs As, die ständig alles fotografieren. Dementsprechend bin ich mit meinem Foto in der Hand dann auch aufgefallen =)

Auf dem Weg zu meiner Bushaltestelle

Autowerkstatt nebenan

An der Kreuzung vorne rechts: Meine Bushalte

Moreno in der Früh

Asphalt-Deko "Zebrastreifen"

Baustelle

Nachschub! ALFAJOOOORES!

noch alles dicht

Links in der Panchería gibt´s Hot Dogs

Einer der Gründe, warum ich zum Teilzeit-Vegetarier mutiert bin...

Im Land der "galletitas": Kekse en masse

In die Apotheke rein fotografiert

Schaut überall gleich aus

(Bus-)Bahnhof

Sportläden gibt´s total viele

Und Alle so: "Was bitte fotografiert die?"

Zu den Gleisen (Bahnhof)

Hinten (Mitte), wo der Bus steht: Meine Bushalte im Zentrum, um wieder heim zu kommen

Hab ich schon erwähnt, dass ich ein bisschen aufgefallen bin? =)

Bahnschranken

O´gmauld

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Tage wie dieser sind nicht für Blogeinträge gemacht. Warum ich trotzdem einen schreibe?
Ich hab ein dringendes Mitteilungsbedürfnis, kein Mensch ist in Skype und mit der Wand reden ist irgendwie auch komisch. Außerdem soll das hier ja auch kein Blog voller aufgehübschter Erzählungen und Reiseberichte werden. Ein möglichst authentisches Bild von meiner Zeit hier entsteht erst aus der Summe einer Vielzahl unterschiedlicher Erlebnisse und Eindrücke. Dazu gehören auch die weniger tollen.

Heute also der Durchhänger.

An Tagen wie diesem sieht man die Dinge in anderem Licht. Was an guten Tagen, wenn ich selbst glücklich und zufrieden bin, wie die Leichtigkeit und die Unbekümmertheit des Lebens wirkt, kann mir an anderen Tagen, an denen ich mich irgendwie neutral fühle, wie Machtlosigkeit und Bescheidenheit vorkommen. An miesen Tagen, an denen mich alles einfach nur nervt, kommt es mir wie pure Gleichgültigkeit und noch irgendetwas anderes, das ich nicht definieren kann, vor.

Manchmal denke ich, es ist so schön und bewundernswert, so unbekümmert zu sein, das Leben leicht zu nehmen, sich nicht so viele Sorgen um Kleinigkeiten zu machen und vor allem im Hier und Jetzt zu leben. Manchmal denke ich, dass viele Menschen sich wohl teilweise machtlos fühlen und daher mit dem zufrieden sind, was sie haben. Manchmal aber kommt es mir so vor, wie wenn sich alle einfach nur in einem Sud aus Gleichgültigkeit, Abgeschlagenheit, Faulheit und Desinteresse an allem und der Welt treiben lassen. Ich weiß, das klingt böse, aber ich verstehe Manches einfach nicht.

Der "Gehweg" auf meinem täglichen Weg zur Bushaltestelle

Auf dem gleichen "Gehweg", 100 Meter von meinem Haus entfernt. Hier gehen täglich zig Menschen vorbei. Nebenan spielen kleine Kinder. Mein bisher grausigster Anblick: Eine stinkende Hunde-Leiche, die von anderen Straßenhunden gefressen wird. Aber auch dieser Anblick gehört zur Realität.

Wieso werfen die Menschen ihren Müll weg, wo sie stehen und gehen?

Wieso scheint es so vielen schlicht EGAL zu sein, dass es rund um sie herum dreckig ist und stinkt?

Da kommt keiner und räumt auf! Das Naherholungsgebiet hier in der Nähe heißt Grünstreifen an der Autobahn. Da herrscht vor allem am Sonntagnachmittag reges Treiben: Picknick, Fußball spielen, Radfahren, Drachen steigen lassen, was man halt am Sonntagnachmittag so macht – und alles inmitten vom Müll. Wenn ich an einem Ort sein möchte, wieso passe ich dann nicht auf ihn auf? Wieso lerne ich meinem Kind nicht, dass man Müll nicht einfach wegschmeißt, sondern lache es an und gebe ihm auch noch meinen Müll, damit es ihn aus dem Fenster werfen kann?

Weil ich es selbst nie gelernt habe?

Ist das wirklich ein Argument? Wenn der Mensch nie mehr gelernt hätte als die jeweilige Elterngeneration von ihren Eltern vermittelt bekommen hat, wären wir dann da, wo wir heute sind?

Oder wären wir noch in der Steinzeit?

Die Konstruktion der hiesigen "Mülltonnen", der Wind und die hungrigen Straßenhunde, die immer auf der Suche nach etwas Essbarem sind und deswegen die Müllsäcke aufreißen, tun ihr Übriges, dass überall Müll verstreut liegt.

Das Ergebnis sieht dann so aus.

Das Thema Müll beschäftigt mich. Deswegen mache ich an meiner Schule bei dem Projekt Usá la Basura, das wir zusammen mit der Stiftung Manos Verdes aus Buenos Aires aufziehen wollen, mit. Ziel ist es, den Müll in unserer Schule zu trennen und die Umwelterziehung als festen Bestandteil in die Lehrpläne zu integrieren. Wir stehen noch ganz am Anfang, haben erst im März angefangen, aber es liegt mir echt am Herzen. Dazu habe ich auch im kulturweit-Newsletter einen kleinen Beitrag geschrieben… Hoffentlich geht da was!

PS: Ich habe doch länger überlegt, ob ich diesen Artikel veröffentlichen kann. Am Ende habe ich mich dafür entschieden. Da dieser Beitrag ja doch recht persönlich und emotionsgeladen ist, zum Schluss noch ein kleiner Hinweis: Es geht um MEINE Erlebnisse, in Moreno (ARG), die ICH gerade (April/Mai 2012) in MEINER Gastfamilie und in MEINEM Alltag mache. Es geht nicht um Verallgemeinerungen a là die Argentnier-die Deutschen. Es geht lediglich darum, dass manche Sachen, die ich erlebe und beobachte, nicht mit meinem Grundverständnis übereinstimmen. Ich will hier niemanden angreifen. Ich schildere aus MEINER Perspektive – auch ein Stück weit, um das Ganze ein bisschen zu verdauen.

Karl, Paul, Puchi oder Tomás?

Der Tag war lang, die Nacht wird kurz… Trotzdem muss ich das hier loswerden: Er kann bleiben. Nach einigen Gefühlshochs und- tiefs scheint das Problem gelöst:

In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag hab ich mir den Kopf zerbrochen über den kleinen Hund. Was hab ich denn da gemacht? Ich kann doch jetzt keinen Hund hier aufnehmen…. Und wenn ich im August dann wieder heimfliege? Oh Gott… Ich Depp. Ich hab das alles nicht geplant, nicht über die Konsequenzen nachgedacht. Ich habe es einfach gemacht, weil es in dem Moment für mich die einzige Option war, ihn nicht auf der Straße zu lassen.

Mit einem flauen Gefühl im Magen beginne ich den gestrigen Tag.

Am Nachmittag dann in der Schule: Ich laufe gerade so über den Pausenhof (Catwalk?!?)… „Hola Corina.“ „Hola Corina.“ „Hola Corina.“ „Hola Corina.“ Naja, normal, eben…

„Coriiiina, Coriiiiiiiiina, Coriiiiiiiiiiiiiina.“

Der Enkel meiner Vermieterin kommt auf mich zugeflogen. „Der Hund ist weg.“ – „Wie, der Hund ist weg?“ – „Ich bin aufgestanden und da war er nicht mehr da. Wir haben ihn im ganzen Garten gesucht, aber er ist weg.“ – „Ähm, ja…. Sicher?“ – „Ja, wir haben alles durchsucht.“

Ja, da hab ich mir den ganzen Vormittag den Kopf zerbrochen, was ich mit dem kleinen Hund anstellen soll. Und dann ist er weg. Obwohl ich mir hier in Argentinien sicher keinen Hund anlachen wollte, bin ich traurig und hege innerlich schon schlimmen Graul gegen alle potentiellen Verdächtigen: Einer muss ihn ja dann wohl rausgelassen haben. So viel Angst wie der hatte, wäre er nie mehr selber auf die Straße zurückgegangen.

Ich fahre nach der Schule mit dem Bus heim, bin ganz aufgewühlt und genervt. Je weiter ich mich daheim nähere, umso schneller will ich jetzt endlich sehen, ob er wirklich weg ist…. Da mach ich das Tor auf und er liegt in seinem Verpackungskarton für den Küchenmixer. Als er mich sieht, springt er auf mich zu und begrüßt mich wild, als würde er immer schon hier wohnen. Mhm =)

Kurze Freude, dann wieder die Frage: Und jetzt?

Ich kann ihn doch nicht mit nach Deutschland nehmen im August… Aber ob er hierbleiben kann? Meine Vermieterin kam am Mittwochabend nicht heim, weil sie bei ihrem Freund blieb. Ich hab ihr an dem Abend nur kurz am Telefon von meiner neusten Errungenschaft erzählt und sie hat gelacht. Wie deutet man ein Lachen am Telefon? Ich wusste nicht so recht, was sie von dem Ganzen hält.

Gestern Abend ist sie dann so gegen sieben Uhr heimgekommen. Da habe ich den Hund gerade eingeseift und gewaschen.  Und sie hat mich schon fast geschimpft. Dass ich ihn ja umbringe, den armen Kerl. Der erfriert doch, wenn ich den jetzt so nass mache. =)
Wir haben dann geredet und sie meint, das ist kein Problem. Ich soll mich nicht verrückt machen. Er soll da bleiben. Ihr Sohn mag Hunde eh so gerne, er hat früher in einer Tierarztpraxis gearbeitet und er wollte immer schon einen eigenen. Hier auf dem Grundstück gibt es schon zwei Hunde. Die gehören aber der Tochter (die mit ihrer Familie im Haus nebenan wohnt).
Ja, gut, wenn das scheinbar alle so locker sehen…. Dann sehe ich das auch so lässig 🙂 Ich versuch´s zumindest. Der Hund kann dann dableiben, wenn ich gehe. O-Ton meiner Vermieterin: „Als Andenken an dich.“ Jetzt müssen wir nur noch klären, wie er heißen soll. Aktuelle Vorschläge wären Karl, Paul, Puchi (Sprich: Putschi) und Tomás. Ich bin auch offen für andere Anregungen, aber ich befürchte, er wird wohl von Jedem hier einen anderen Namen bekommen. Bei mir bleibts vielleicht einfach bei Buzale.

Cosita

Heute nach der Arbeit hab ich ihn direkt zum Tierarzt gebracht: Erste von drei Impfungen, Tabletten gegen Parasiten und eine Ampulle gegen Ungeziefer…

Ich konnte das tollerweise in bar bezahlen *lol*. Gestern Früh bin ich nämlich gaaaaaaaaaaaanz früh zur Schule. Ich hab gewartet, bis es ein bisschen hell ist und – zack – bin ich in den Bus gesprungen. Um die Uhrzeit waren wohl noch recht viele andere im Bett: Unglaubliche NULL Personen vor mir am Geldautomat. YES! Dann konnte ich auch endlich meine Miete für April bezahlen…

(K)ein Tornado

Das Thema bleibt der Sturm. Heute war ich in der Schule und es war wieder Unterricht. Zwar nicht normal, aber es waren – wenn auch nicht alle – Schüler und Lehrer da. Alle hatten enormen Redebedarf. Vielen geht es gut, viele sind sehr müde, weil sie am Wochenende aufgeräumt haben, viele haben kein Licht, Wasser, Internet, Telefon, Fernsehen und bekommen daher nichts von außen mit.

Jeder hat seine Geschichte und DIE Frage heute war: „Und bei dir daheim?“ Ja, heute wurde hauptsächlich geredet, denn alle wollen sich austauschen, sind verunsichert, verärgert, verzweifelt, traurig – manche auch lustig und unbeschwert, weil sie nach Bariloche auf Abschlussfahrt gehen.
Es ist schwer, alles zu beschreiben. Ich will aber auf jeden Fall ein bisschen von meinem Tag erzählen, die Fotos vom Ostertrip müssen warten!

Heute Morgen schien alles mehr oder weniger normal. Es waren weniger Schüler gekommen, aber es fand Unterricht statt. Alle Prüfungen für diese Woche waren abgesagt und die Lehrer haben auch mit den Schülern gesprochen, wenn Redebedarf war. Manche Kinder kamen ganz besorgt in den Unterricht: „Ich hab meine Hausaufgaben nicht machen können, unser Dach fehlt und ich schlafe gerade bei meinem Opa.“ So oder so ähnlich. Dafür hatte heute jeder Verständnis. Von den Lehrern sind ja auch manche recht betroffen.
Nicht alle, die hier arbeiten und zur Schule gehen, wohnen auch in Moreno. Manche kommen aus Ituzaingó, Merlo… Dort war es teils auch wirklich schlimm. Wie schon beschrieben, gab es einzelne Straßen, in denen nicht passiert  ist, außer ein paar umgeknickten Zweigen. Aber in anderen Teilen muss es wie im Film gewesen sein. Teilweise haben die Leute anscheinend ihre Stühle und andere Dinge, wie Waschmaschinen, auf den Bäumen wieder gefunden.
Viele Häuser hier haben Dächer aus einer Art Wellblech, das sich der Wind geholt hat. In Ituzaingó waren davon viele betroffen. Die Menschen sind dann losgezogen und haben ihr (rotes oder grünes oder wie auch immer) Dach gesucht. Teilweise haben sie es wieder gefunden, teils nicht.

Ob es nun ein Tornado war oder irgendein anderes komisches und seltenes Wetterphänomen, sei dahingestellt. Ich bin kein Metereologe und ich hab das alles hier auch nicht selber erlebt. Es war auf jeden Fall wild für das, wie die Häuser gebaut sind.
Zu den meist gehörten Sätzen heute gehörte auch: „Dieses Land ist auf so etwas nicht vorbereitet.“ Die Menschen wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen und befürchten, dass es Jahre dauern wird, bis sie sich wieder davon erholt haben, vor allem aus finanzieller Sicht, denn es ist sehr teuer, alles zu reparieren.

Das mit den Preisen ist eine andere Geschichte: Alle horten Wasser und Kerzen, es gibt dann kein Wasser und keine Kerzen, warum auch immer. Die Preise sind verrückt. Die Leute brauchen die Dinge und bezahlen welchen Preis auch immer. Bei uns hier ist das Wasser auch etwas teurer als vorher, aber manche sagen, dass die sechs Liter Wasser, die normal zwischen 10 und 12 Pesos kosten, bei ihnen 50 Pesos kosten. Genauso mit den Kerzen (20 statt 2 Pesos) und den Generatoren (3000 oder mehr Pesos statt 1500).

Ich erzähle hier Ausschnitte von dem, was ich heute gehört habe. Ich bezweifle nicht, dass das ein oder andere Detail im Laufe wiederholter Erzählungen oder aufgrund des Schocks dazu erfunden wurde. Ich selbst habe es nicht erlebt, finde es aber wichtig, dass darüber gesprochen wird. Die Leute hier fühlen sich nämlich auch im Stich gelassen. Eine Frau hat zum Beispiel einen Kameramann vom Fernsehen bei ihr in der Nähe gesehen, der irgendwas Unbedeutendes gefilmt hat, während nebenan Chaos pur herrschte. Auf die Frage, wieso er nicht da drüben filmt, meinte er, er habe die Anweisung, den kleinsten Schaden zu zeigen. Die Leute denken, dass man die Nachrichten am Anfang zurückhalten wollte, damit man nicht sieht, wie groß das Ausmaß ist.

Das sind alles Spekulationen, aber wenn man das hört, dann fragt man sich schon Sachen… Genauso auch, dass viel gestohlen und eingebrochen wird. Ich selbst habe nichts mitbekommen, aber alle sind verunsichert und vorsichtig. Deswegen war der Unterricht heute Nachmittag auch schon nicht mehr ganz so normal. Nach und nach kamen immer mehr besorgte Eltern und haben ihre Kinder direkt aus dem Unterricht geholt, um sie mit nachhause zu nehmen. Im Zentrum von Moreno, so hieß es, haben sie nämlich die Straßen abgesperrt und protestiert, damit ihnen Wasser gebracht wird und ihr Licht gerichtet wird. Ich habe nichts gesehen. Normalerweise nehme ich den Bus in der Nähe vom Bahnhof. Aber mir wurde empfohlen, lieber nicht allein heim zu gehen… und nicht den Bus zu nehmen, weil er bestimmt nicht ankommt, weil die Straße gesperrt wurde. Ich hab mich dann umgehört und eine Frau, die auch in der Schule arbeitet, hat uns mit dem Auto mitgenommen und ganz Nähe von unserem Haus abgesetzt.

Mittlerweile ist es ganz ruhig auf der Straße. Irgendwie sind alle daheim. Auch wenn es teils Panikmache ist, will doch keiner einfach so sorglos durch die Gegend laufen… Und die Sirenen der Feuerwehr und Polizei gehen auch die ganze Zeit. Tja, ansonsten ist bei mir eigtl. alles wie immer, aber auch doch nicht: Heute Abend sind wir hier daheim – nur, dass drei von fünf Leuten um halb neun immer noch nicht heimgekommen sind, obwohl sie normal schon um sechs daheim sind. Naja, sie werden wohl irgendwo steckengeblieben sein. Ich halt euch auf dem Laufenden.

Update

So, mittlerweile geht (bei mir zuhause) wieder alles: Strom, Telefon, Internet, Wasser. Mein Tag war aber schon noch von den Nachwirkungen des Tornados gekennzeichnet.

Heute Morgen bin ich ganz normal zur Schule. Im Bus war deutlich weniger los als sonst um diese Uhrzeit. In der Stadt waren die Menschen schon am Aufräumen. Überall die üblichen Schlangen: Vor Geschäften, vor Geldautomaten, vor der Rentenkasse. In der Schule: Alles still. Am Eingang ein Aushang, dass heute der komplette Unterricht ausfällt.

Ich habe kurz mit der Direktorin gesprochen und eine Runde in der Schule gedreht, um zu sehen, ob irgendwas kaputt gegangen ist. Dann habe ich mich wieder auf den Heimweg gemacht: Zum ersten Mal zu Fuß, da ich ja Zeit hatte und irgendwie noch nicht allzu viel von Moreno kenne.

Zuhause angekommen, hab ich festgestellt, dass der Kühlschrank warm war und es wieder, wie gestern Abend schon, keinen Strom gab. Tja, kein Strom heißt nix Laptop. Und Internet ging ja eh seit dem Sturm noch gar nicht.

Also hab ich mein Zeug für die Masterbewerbungen zusammengepackt und bin zum Carrefour gelaufen, um dort ins Internetcafe zu gehen. Da gab es aber auch keinen Strom, also kein Internet.

Bei der Gelegenheit habe ich den x-ten Versuch gestartet, Geld abzuheben, damit ich meine Miete bezahlen kann. Aber alle vier (!!!) Geldautomaten haben kein Geld (immer noch nicht!). Das passiert öfter. Aber eher am Ende des Monats. Da aber der Tornado war, haben alle Leute viel Geld abgehoben und waren einkaufen… Auf dem Heimweg von der Schule hatte ich auch schon bei vier Banken versucht, Geld zu bekommen. Entweder  war der Geldautomat tot oder es waren gefühlte 476 Menschen vor mir in der Warteschlange…. Verrückt!

Tja, unverrichteter Dinge bin ich also vom Carrefour erst mal heim und hab gelesen. Nachmittags war ich dann doch nochmal in der Stadt in einem Internetcafe. Da gab es Strom. Ich wusste ja nicht, wie lange wir  daheim noch abgeschnitten sein würden.

Als ich dann wieder heimkam, hat tollerweise schon wieder alles funktioniert. Keine Ahnung, welche Leitungen da wie zusammenhängen. Später wollte ich in´s Fitness, aber da haben sie mir gesagt, dass heute nix ist, weil es kein Licht gibt…
Naja, mal sehen, wie lang es noch dauert, bis hier wieder Alltag einkehrt.

Hier noch ein paar Links für die, die es interessiert:

13 Tote bei Unwetter in Buenos Aires

17 muertos y daños impresionantes en Buenos Aires, Argentina por la tormenta (4/4/12)

Tormenta: 14 muertos, los destrozos en Morón Buenos Ares Argentina en un Club (5/4/12)

Ituzaingó se recupera del tornado

(Wie viele Menschen gestorben sind, weiß ich nicht. Es wird immer von 13 bis 17 gesprochen…)

Schulalltag?

Was passiert eigentlich in der Schule?

Bisher noch nicht allzu viel, denn ich musste mich erst mal überall vorstellen und einen Überblick über die Kentnisse der Schüler sowie über den Stundenplan bekommen.

An meiner Schule gibt es ja einen Kindergarten für die ganz Kleinen, eine Primaria (Grundschule) und eine Secundaria (für die Älteren). Zur Primaria zählen die Klassen eins bis sechs. Die Secundaria macht weitere sechs Jahre aus.

Es sind, glaube ich, in etwa 1.500 Schüler – dementsprechend viele Klassen zum Kennenlernen. Bisher war ich vor allem in der Primaria dabei und habe mich vorgestellt. Wenn wir dann zur Fragenrunde kamen, musste ich oft schmunzeln – nicht nur, weil die Kleinen meistens einen Heidenlärm machen, aber dann, sobald sie reden dürfen, plötzlich ganz schüchtern und still werden…

Meine Lieblingssituationen waren folgende:

Die Schüler der ersten Klasse sollen durch Raten Infos über mich herausfinden.

Ich frage: „Was glaubt ihr, wie alt ich bin?“

– „Acht Jahre!“ –

„Naja, ein bisschen älter.“

– „Vierzig?“ –

In einer anderen Klasse spielen wir gerade „Wie heißt du?“. Da zieht plötzlich ein Junge an meinem Kleid und guckt zu mir rauf. Ich hab gar nicht gemerkt, wie er sich angeschlichen hat…

Er flüstert: „Wie groß bist´n du?“

– „1,74 m. Wieso?“ –

– „Boooaaahhhh!“ – [Leider hab ich keinen Schnappschuss von seinen aufgerissenen Augen.]

Der Junge geht zurück an seinen Platz.

Sein Sitznachbar: „Und?“

Er: „1,74m.“

Der andere so: „Ach, ich hätte gedacht, miiieendestens zwei Meter!“

Auch Mädchen haben oft schon in der Gruppe abgesprochen, was sie denn nun fragen wollen. Da wird dann erst getuschelt und gekichert. Irgendwann findet sich dann jemand mutiges, der sich traut, die Frage, die alle brennend interessiert, zu stellen. Eine bei Mädchen sehr beliebte Frage ist:

„Hast du einen Freuhhheund?“ [*Kopf*schief*leg*und*grins*]

Ich dann immer: „Ja, in Deutschland.“

Die Reaktion darauf war bisher immer die gleiche, nämlich:

[*verstohlener*Blick*nach*links**verstohlener*Blick*nach*rechts*]

„Hihihihihihihiieeee!“ [*Kicher*]

Dreimal bin ich auch schon gefragt worden, ob ich Kinder habe – und zwar immer, nachdem ich erzählt habe, dass ich 24 bin. Ja, das waren noch andere Zeiten, als man so jung war… Da hat man gedacht, die Menschen Mitte 20 wären echt groß und alt und erwachsen. 🙂

Da der Deutschunterricht in der Secundaria erst diese Woche (am Dienstag) angefangen hat, war ich bei den Älteren noch kaum dabei. Ich bin aber schon gepannt, was die mir so für Fragen stellen =)