Heid han i da Weil

Mittlerweile – seit Montag – bin ich ja wieder zurück in Deutschland. Gleich am Mittwoch hat schon das kulturweit-Nachbereitungsseminar am Werbellinsee angefangen. Seit meiner Landung haben mich die alltäglichsten Dinge total geflasht, ich habe mich auf einer gefühlsmäßigen Berg- und Talfahrt befunden.

Inzwischen fühle ich mich immerhin so, als wäre ich tatsächlich schon in Deutschland gelandet.

Auch wenn mein Geist noch ein bisschen hinterherhinkt, wird es so langsam Zeit, das Ganze hier zu einem Ende zu bringen. Im Moment hab i da Weil. Nutze die Gunst der Stunde, han i mir denkt, um ein paar abschließende Worte zu finden. Gerade eben habe ich schon den überfälligen Artikel über meine Winterferien veröffentlicht. Leider habe ich es ja nicht mehr geschafft, über all das zu schreiben, was ich interessant  gefunden hätte. Das ist schade, aber mei…

Vielleicht darf ich ja schon viel früher als ich denke wieder irgendwo einen Blog schreiben – mich würd´s jedenfalls freuen.

In diesem Sinne: Es war mir eine Ehre. Nicht ganz ohne Wehmut sag ich: Ade!

Heute: Abflug.

Heute letzter Tag in Argentinien, aber nicht letzter Tag dieses Blogs: Eine Woche hab ich noch, um fleißig weiterzuschreiben =)

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sitz ich hier, tippe diese Zeilen und warte, bis der Rest aufsteht, wir frühstücken und dann zum Flughafen fahren.

Jetzt ist es vorbei. U N G L A U B L I C H. Alle haben gesagt, die Zeit vergeht so schnell… Ich bin nie überzeugt von dem, was mir Andere erzählen, wenn ich´s nicht selbst erlebt hab. Aber jetzt muss ich zugeben: Sie hatten Recht. Mit gemischten Gefühlen geht es bald wieder Richtung Heimat.

Was ich auf jeden Fall sehr vermissen werde:

– Die Lockerheit, Ausgelassenheit, diese bestimmte Art, einfach mal wild auf der Straße oder im Gang in der Schule herumzuschreien, sich zu freuen oder jemandem so laut ein Geburtstagsständchen zu singen, dass auch die fünfhundert Personen im näheren Umkreis von einem Kilometer Bescheid wissen.

– Eine Nation voller Nationalstolz. Die Deutschen könnten sich ruhig ein bisschen was abschauen und glücklicher und zufriedener sein mit dem, was Deutschland ausmacht. Alle haben ihre Fehler, Macken, Probleme und Schwächen… aber, hey, im Großen und Ganzen…

– Meine Mädels vom Bikegym und den Sport selber. Das war mein Ausgleich, mein fixes Freizeitprogramm, mein Anschluss zu Gleichaltrigen, immer eine Stunde, in der ich – obwohl ich unter Leuten war – für mich war. Definitiv eins der Dinge, die mir von Moreno am meisten fehlen werden.

– Auch ganz weit vorne auf meiner Liste: Meinen täglichen Gang zur verdulería meines Vertrauens. Auf jeden Fall besser als das unpersönliche Eingekaufe im Supermarkt in Deutschland.

– Lachende Augen, die meinen Namen schreien und mich freundlich grüßen

– Die lieben Menschen, die mir geholfen haben, die meine Zeit zu etwas Besonderem gemacht und mir unvergessliche Erinnerungen beschert haben. Ich bin ihnen unendlich dankbar und wünsche ihnen, dass sie, wenn sie im Ausland sind, auch auf offene Türen treffen.

– Buenos Aires. Die Stadt ist verrückt, schön, groß, irre, laut, nervig, faszinierend, dreckig, arm, reich, glamurös, hektisch, verstopft, chaotisch,… Eine Geschichte für sich. Was für ein Gegensatz mich jetzt erwartet: Finningen ich komme. Werden es wohl vier oder fünf Tage sein, bis ich mir denke: „Oh Mann, aber in Bs As könnt ich jetzt…“

Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht auch auf daheim freue – besonders nämlich auf:

– All die lieben Menschen, die auf mich warten. Ich sag´s mal auf Argentinisch: LOS AMO <3.

– Frische Luft und saubere Straßen.

– Die Sicherheit, die bei uns herrscht.

– Ruhe vom täglich nicht abreißenden Lärmpegel und von den Menschenmassen. Ich als Provinztier bin manchmal an meine Belastungsgrenzen gestoßen. Bei allzu großen, dauerhaften Menschenansammlungen war ich manchmal kurz davor, mein Gegenüber oder Nebenan zu fragen, was er hier eigtl. macht – ich will doch allein sein.

– Unser Essen: In den 24 Stunden nach meiner Landung möchte ich mindestens zu mir nehmen: Einen Liter echten Kaffee, ein Kilo echten Jogurt (bitte Gropper), ein Kilo echten Käse (verschiedene Sorten, wenn möglich), ein Kilo Dinkelbrot, siebzehn Butterbrezen, irgendwas Warmes von Mama (Paprikaschoten?!?). In diesem Sinne: See you behind my bauch 😉

Wie gesagt: Nicht die letzte Meldung in diesem Blog, nur die letzte aus Argentinien. Ich schuld euch ja noch Einiges.

Was mir aufgefallen ist

Ohne hier Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, hier eine kleine Auflistung der Dinge, die anders sind als in Deutschland:

Zum Beispiel, und da bin ich irgendwann mal mit einem Taxifahrer drauf gekommen, die Anzahl der Ausweisdokumente… Es gibt nicht nur Perso und Reisepass, sondern ein Dokument mehr:

  1. Da ist einmal der argentinische DNI, also das nationale Ausweisdokument. Früher war das ein Wisch, jetzt wird auf Karten-Format umgestellt. Den neuen DNI bekommen die Argentinier z. B. am internationalen Flughafen von Bs As, Ezeiza.
  2. Außerdem besitzen Argentinier einen Mercosur-Pass. Der erleichtert ihnen Reisen in andere Mercosur-Länder (Paraguay, Uruguay, Brasilien).
  3. Das dritte Dokument ist der internationale Reisepass. Selbsterklärend.

Hier gibt es neben DinA4-Papier auch noch eine Größe die heißt „Oficio“. Diese Blätter sind um einiges länger und ein bisschen breiter als A4-Blätter… voll komisch, wenn man an die A5, A4, A3 Standards gewöhnt ist und noch nie im Leben was anderes gesehen hat.

Die Feierkultur. Im Kindergarten wird der Geburtstag jedes Kindes gefeiert. Da bringt dann die jeweilige Mama einen Kuchen mit und kleine Geschenke für alle anderen Kinder, die mit ihrem Sohn/ ihrer Tochter in der Gruppe sind. In der Grundschule werden die Geburtstage dann monatsweise gefeiert. Das heißt alle Kinder, die im April Geburtstag haben, bekommen zusammen eine kleine Feier, alle, die im Mai, Juni, usw. haben.

Etwas – meiner Meinung nach – ganz Besonderes, sind die quinceañeras. Wenn ein argentinisches Mädchen 15 wird, dann bekommt es im Normalfall eine Riesen-, also ich meine, eine RIIIIIIEESEN-super-mega-fette-abartig-teure-Glamour-Party. Die große Feier der Jungs ist erst der 18te.
So eine Geburtstagsparty ist richtig teuer, aber auch sehr wichtig. Da wird dann irgendwo ein Saal angemietet, Essen bestellt, eine Band engagiert, kleine Giveaways für alle Gäste müssen her,… alles muss perfekt sein. Es kommen so um die 200 Gäste. Das Kleid für den Abend lässt man nähen… Meistens sehen die Mädels aus wie kleine Bräute. Perfekt geschmickt, gestylt und gedresst.
Allerdings hab ich mir sagen lassen, dass jetzt anstatt der Riesen-Feier, die i.d.R. viele tausend Dollar (ja, alle denken in Dollar) kostet, Reisen immer beliebter werden. Dann machen die Mädels  einen kleinen Ausflug… mit Family, meistens USA, z. B. zwei Wochen Disneyland, New York, Kalifornien oder Miami.

Über Mate hab ich hier ja schon ab und zu was geschrieben… Aber, dass man pro Einkauf nur eine Packung Yerba kaufen darf, hab ich – glaub ich – noch nicht erwähnt. Ja, das liebe Nationalgetränk… gibt immer Redestoff. Im Januar noch hat das halbe Kilo sechs Pesos gekostet, mittlerweile hat sich der Preis verdoppelt… Seit ich hier bin, sind viele (alle?!?) Produkte teurer geworden. Ein paar Beispiele: Mein Jogurt ist um 70 Cent (von 3 auf 3,70 Pesos), das Waschpulver um über 4 Pesos (von 24 auf über 28), meine Portion Tarta in der Schule um 1,50 Pesos (von 7 auf 8,50) erhöht worden. Aber so heftig wie bei der Yerba-Mate haben die Preise nirgends angezogen…

Merienda: Ja, die Zwischenmahlzeit muss sein, denn man isst hier erst spät Abend. Das heißt, irgendwann zwischen 16 und 19 Uhr kommt ein kleines Hüngerchen, das gestillt werden muss – da gibt es dann eine heiße Schoki (submarino), ein (dünnes =)) Käffchen, einen Mate oder ein Glas Milch und dazu was Süßes, also Kekse oder Facturas (=Süßgebäck)… manchmal auch was deftiges – einen Schinken-Käse-Toast zum Beispiel. Jetzt stellt sich manch Einer vllt. die Frage, wie man jeden Tag vier Mahlzeiten zu sich nehmen kann. Aber das Frühstück ist hier – wenn man das mal stark verallgemeinert – eher unwichtig, sprich Viele nehmen da nichts oder so gut wie nichts zu sich.

Läggr schmäggr

Um alle Spannung direkt rauszunehmen: Es folgt ein Artikel über positive kulinarische Erlebnisse. Hierin wird unterdurchschnittlich oft von Fleisch und mehrheitlich von Grünzeug die Rede sein.
Had to notice: A verwöhnts deutschs Mägale kommt ned immer ganz so gut mit unterbrochenen Kühlketten beim (Frisch)-Fleisch klar (Klammer wurde hier gesetzt, da Zusatz Definitions- und Ansichtssache). Vor allem nicht, wenn es tendenziell auch eher nicht so gaaanz durchgebraten ist. Besides, Gemüse is auf jeden tastier.

OK, as a starter, have a smoothie. Gucksch du, GRÜN is die Farbe der Saison. Grün, wie Gurke, Minze, Limone.

Gurke-Limone-Minze-Smoothie

Muss ich noch mehr sagen, außer: AAAHHH! * Mampf* ????  [Zufrieden grins]

Aber jetzt will ich hier ja nicht mit Coktails o. ä. aus Bars angeben, sondern vom Essensalltag erzählen. Den Smoothie (Wer hätt´s gedacht!?) hab ich nämlich gar nicht selber gemacht und gönn ich mir ja auch nicht ständig.

Was ich dagegen ziemlich oft mach: Zapallito (Wer erinnert sich an die grünen Kugeln?), Spinat und Mangold. Noch nie hab ich davon so viel gegessen wie hier. Aber meine Gemüsefrau des Vertrauens (sie hat mir noch nie verschimmelte Sachen verkauft, sucht mir immer genau die Größe und den Reifegrad raus, den ich will) hat da immer so schön saftig grüne Lieferungen…

Leider hat mein verhasster Carrefour schon vor geraumer Zeit beschlossen, dass er den guten Ricotta aus dem Sortiment nimmt und nur noch dieses Brösel-Zeug verkauft, das schmeckt wie… Naja, da müsste ich jetzt wieder ausfallend werden, um das passend zu beschreiben.

Achso, und was ich auch noch kurios finde: Empanadas-Füllungen. Empanadas sind kleine Teigtaschen mit Füllung (siehe Titelbild). Normal sind die mit Hackfleisch gefüllt. Wenn man fragt, was denn in den Empanadas drin ist, weil man auf der Suche nach was Fleischlosem ist, dann kommt meistens folgende Aufzählung: Fleisch, Hühnchen (Ist das kein Fleisch?!?), Schinken und Käse, Thunfisch und – ganz selten – Mangold. Die empanadas schmecken meistens ganz passabel bis sehr lecker. Leider habe ich bislang noch KEINE empanada mit herkömmlicher Fleischfüllung gegessen, die mir gut bekommen ist. Mir ist dann immer schlecht. Bei der Hühnchenfüllung hab ich auch ein Problem: und zwar, wenn das Fleisch noch so ein bisschen rosa ist. Könnte man sagen: Wenigstens nicht zu trocken. Aber hierbei möchte ich schlicht auf Absatz eins (*ähm*Kühlkette*) verweisen. Bleiben die anderen drei Varianten, von denen ich ab und zu Mal eine ess. Mein Problem mit den Dingern: Die sind so klein, wie viele von denen muss man denn essen, bis man satt ist? Neben den normalen empanadas, die im Ofen gemacht werden, gibt es auch fritierte. Hab ich noch nie probiert. Es gibt nicht so viele Sachen, die ich echt nicht probieren will, aber die gehören dazu. Der Anblick reicht. Achso, ich war ja bei den leckeren Sachen. Hups, kleiner Ausschweifer… Jetzt weiter im Text.

Da ich sandwich de milanesa, also Schnitzelsemmel, nicht so toll finde, dass ich es mehrmals in der Woche essen muss und die Auswahl in unserer Schulküche ansonsten sehr beschränkt ist, gibt es bei mir, wenn ich mir in der Schule was kaufe, quasi immer eine Portion tarta. Was ist das? Eine tarta sieht von der Form her aus wie ein großer, aber flacher, runder Kuchen. Der gleiche Teig wie für Empanadas wird dafür auch verwendet. Ganz dünn oben und unten eine Schichte Teig und in der Mite die jeweilige Füllung. Und da wird dann eben eine Portion abgeschnitten. Bei uns gibt’s das mit Mais oder Mangold oder Zapallito.

Meine heutige Portion „tarta de zapallito“. Leider mittlerweile (da wir mit dem Umweltprojekt angefangen haben?!?) immer auf Pappteller mit Plastikfolie und Plastikbesteck serviert. Am Anfang gab es immer noch echtes Teller und Besteck…

Wieso kein Fleisch? Ja, die tartas sind quasi fleischfreie Zone. Keine Ahung, wieso. Außerhalb der Schule gibt es auch noch andere Füllungen, z.B. mit Schinken und Käse – nicht zu empfehlen, da ist nämlich echt nix anderes mehr drin und dementsprechend ist das auch ne Bombe.

Manchmal, so wie gestern, kauf ich mir auch in der Früh auf der Straße chipa. Wasn dat nu wieder? Das kommt aus Paraguay, ist ne Art Brot bzw. eher Semmel und echt voll guuuud. Aber, ich hab mir einmal so kleine Bobbels in der Bäckeri gekauft und das hat mir nicht besonders geschmeckt. Wenn ich aber in Moreno bei so ner Frau, die immer auf meinem Schulweg an der Straße steht, chipa mitnimm: Ganz anders. Da schmeckt´s. Ich hab mir mal von nem Taxifahrer sagen lassen, dass die Paraguayer essenstechnisch nichts außer ihrer chipa und der sopa paraguaya (auch echt gut) haben. Sagen wir´s mal so: Außer diesen zwei Sachen kenn ich nichts. Aber um so einer Aussage zuzustimmen, müsste ich da schon erst mal selber hin.

Chipa: Das Gelbe.

Das andere auf dem Foto, links oben, ist übrigens kein Vollkornbrot, sondern dulce de maní, eine Süßigkeit aus Zucker und Erdnuss. Und ja, das schmeckt gut. Bombig, aber gut.

Und weil wir gerade schon bei süß sind: Marmelade aus cayote. Mhm. Muss recht aufwendig sein, die zu machen, aber *mhm*.

Und, grübel, grübel, that´s about it… nada más.