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La Paz nach Coroico – Die Death Road

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                             Blick aus dem Bus

Am Sonntagmorgen standen wir früh auf und stiegen in den Bus, der uns und unsere Mountainbikes zu dem Ausgangspunkt unserer Abfahrt bringen würde. Um neun stiegen wir nach einen kleinen Frühstück auf die Räder, und rasten den ersten Teil der Death Road mit 60 Sachen durch den Nebel runter. Nach 1,5 Stunden kamen wir an die Stelle an der die Straße kleiner und holpriger wurde und näher Abhang entlangführte. Mit holpriger ist nicht eine Straße mit Schlaglöchern zwischen dem grauen Asphalt gemeint, wie mein Schulweg. Auch wenn da der makabere Titel Death Road zutreffen würde. IMG_0401Nein, ich spreche von einer Autobreite, eine Straße bestehend aus Matsch und kleineren und größeren Steinen im Weg, wobei man auf die größeren besonders Acht geben sollte, da sie auch zu Sprungrampen umfunktioniert werden können. Auch wenn man nicht will. Auch wenn die Straße wesentlich schlechter geworden war, jagten unsere Guides noch immer wie vom Affen gebissen die Piste herunter. Die Ansage war: Keiner überholt den Guide! Die Ansage wäre nicht nötig gewesen. Unmögliche Dinge muss man nicht extra verbieten. Wolken zogen durch die Täler der Nord-Yungas und verdeckten die tiefen Abgründe zur Linken der Strecke. An einigen Stellen geht es 600m steil den Berg herunter.
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Zu den Fakten: Wir sind auf 4400m gestartet und kamen nach 5 Stunden anstrengender Fahrt und einigen Pausen durchgeschüttelt und durchgeschwitzt auf etwa 1400m an.

 

Einmal bin ich leicht ins Straucheln geraten. Zum Glück auf der rechten Seite der 2m IMG_0548Erde zwischen 2600m und 2000m. Eine andere Mitfahrerin hat sich das ganze etwas spannender gemacht und hat mit dem kurzen Teil der Leitplanke gekuschelt.
Unten angekommen gab es Bier und Essen – komplett erschöpft, aber glücklich.P1210625

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Du weißt nicht, wo du bist? Ab zum Friseur :)

Gestern war ich beim Friseur. Das Trufi, welches ich normalerweise nach der Arbeit nehme, fuhr heute nicht die Avenida America runter und hielt dann nicht 500 Meter entfernt von dem Haus in dem ich wohne, sondern fuhr die Avenida Peru runter, auf dem halben Weg zur Innenstadt. Also ungefähr falsch. Am Ende der Straße saßen nur noch zwei Leute in dem Trufi, ich hatte mich schon gewundert, wieso alle ausgestiegen waren. Wir wurden gefragt, was wir hier eigentlich noch machten und wieso wir noch nicht ausgestiegen waren. Mit voller Überzeugung, dass er jeden Tag so fahren würde. Und dann, etwas überraschend, ob wir wirklich dahin mitfahren wollten, wo er seine Mittagspause verbringen würde. Immerhin mit Mittagessen, aber ich lehnte kopfschüttelnd ab und stieg aus. Orientierung finden. Dass das Ganze auf der halben Strecke zum Zentrum lag, wurde mir erst zu Hause dank Google Maps klar. Zum Glück war eine andere größere Straße nicht weit und ich wusste in etwa (Achtung: leichte Übertreibung), wo ich war. Jetzt noch entspannt ´ne kleine Cola für einen Boliviano (30 Cent) in einer Tienda (kleine Läden, die in der ganzen Stadt „Ein bisschen von allem verkaufen“) getrunken und dann überlegt, was ich sonst noch so brauche. Einen Spiegel gesehen. In den Spiegel gesehen. Entschieden, dass ein Friseurbesuch überfällig war. Wahrscheinlich schon vor einer Woche überfällig gewesen war. Habe also auf der Straße nach einem Friseur gefragt und eine Empfehlung zwei Querstraßen weiter bekommen. IMG_20151023_142026Übrigens nicht nur ein Friseur, sondern auch ein Copy-Shop, ein halbes Reisebüro für Ausflüge nach Santa Cruz, sowie eine PC-Werkstatt mit Internetcafé. Übrigens in der Größe unseres Wohnzimmers. Wer erkennt den Zusammenhang? Ich nicht.
Ich erkannte mich übrigens danach auch kaum wieder. Etwas kurz geworden – mit ihren 70 Jahren Erfahrung und viel Wasser auf meinem Kopf hatte die Friseuse mein Sitzenbleiben wohl als Aufforderung zum Weiterschneiden verstanden. Oder sie schneidet halt immer so. Sie meinte nämlich: „Jaja, du musst nichts sagen, ich weiß, wie du es geschnitten haben willst.“ Wahrscheinlich hätte mein castellano auch nicht ausgereicht und ausreichend Anweisungen zu geben.. Wächst ja wieder 🙂

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Montagmorgen

Ich komme zur Arbeit, etwa zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn, und hoffe auf einen entspannten Vormittag mit nur einer Nachhilfestunde am Mittag und einem Elterngespräch über Einzelnachhilfeschüler, aber ansonsten Vorbereitungszeit für die anderen Klassen. Oder ich könnte mein castellano verbessern – ob ich jetzt besonders viel vorbereite, oder ob ich die Schüler besser verstehen kann, kommt eigentlich beides dem Unterricht zu Gute.
Fünf Minuten später gibt mir meine Chefin ein Telefon in die Hand, es gab einen Autounfall und ich werde den Morgen Vertretungsunterricht in der 3. Secundaria und der 10. Klasse machen. 45 Minuten? Nein, 90 Minuten 🙂 Zweimal zum Mitnehmen bitte. Unvorbereitet und etwas überraschend ist es auf einmal 8 Uhr. Aber zum Glück ist ja nichts passiert, nur ein Blechschaden.

Motivationslied mit Bewegung - Frühsport muss sein :)

Motivationslied mit Bewegung – Frühsport muss sein 🙂

Tja, auf zu den wahrscheinlich grandios motivierten 15 Achtklässlern, die sich am Montagmorgen auf nichts mehr freuen als den Deutschunterricht. Musste kurz überlegen, einen Film einzulegen und nichts zu machen. Dachte dann aber: Wiederholung von Perfekt und neue Adjektive sind für den Montagmorgen auch ganz okay. Aber erstmal ein Muntermacher – siehe Bild (grüße an Schüler Helfen Leben an dieser Stelle). Dann also die Partizipien erklärt, warum gibt es im Perfekt die Hilfsverben „Haben“ und „Sein“? Und, dass fast alles mit der Vorsilbe ge-… gebildet wird war ein wichtiger Anker für die Schüler. Nur die ganzen unregelmäßigen Formen – nicht ganz unkompliziert die deutsche Sprache.

Dann habe ich mein Portemonnaie geöffnet und die Kinder für ihre Arbeit entlohnt. Am Ende war sogar meine Kreditkarte unterwegs in der Klasse.

Das Geld war glücklicherweise dann doch nur geliehen und diente dazu, die Adjektive reich/arm und teuer/billig zu üben. Ich habe mein ganzes Geld wiederbekommen, auch wenn einige sich schon über den direkten Stundenlohn gefreut hatten… Aber schließlich wollte ich die leckeren Brownies in der Cafeteria kaufen und nicht die Kinder. Also der Satz ist so nicht ganz richtig, wahrscheinlich wollten die Kinder ebenfalls Brownies von meinem Geld kaufen.
In der nächsten Stunde habe ich dann aber doch Sherlock Holmes eingelegt und diesen Text getippt. Ist aber auch ein echt guter Film. Deutsch mit deutschen Untertiteln, da wird gelacht. Ein gutes Zeichen – 10. Klasse hat das B1-Niveau vor einigen Wochen zertifiziert bekommen und steht kurz vor dem Ende der Schullaufbahn. Vertretungsstunden mit Filmen haben sowieso immer am Meisten Spaß gemacht.

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Eine Busfahrt, die ist lustig, eine Busfahrt, die ist schön.

IMG_9550Die Busfahrt zur Schule: Es ruckelt ganz schön im Bus, wie wäre es auch möglich jedem Schlagloch auszuweichen, bei der Anzahl, ist das selbst für den erfahrensten Busfahrer unmöglich. Der Bus quietscht und ächzt, auch wenn keine Kurve in Sicht ist und die Bremsungen kommen mir mehr spontan als geplant vor. Im Radio trällern die Sänger*innen ihre canciones mit immer demselben Inhalt:

              „Hach, Für fünf Minuten Liebe mit dir, dafür würde ich gerne sterben.“

Da hilft nur locker lassen, im Takt der Schlaglöcher zur Musik wippen und 40 Minuten sitzen, sich Gedanken zum noch nicht verfügbaren Freiwilligen-Visum zu machen und zu hoffen, dass der Verkehr gnädig mit den Busfahrern in Cochabamba ist. Denn unser Busfahrer fährt frech immer als erstes über die Kreuzung. Frei nach dem Motto: „Ich bin schließlich ziemlich groß und stark.“

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Steine und Schlaglöcher auf dem Weg zur Schule.

Eine Busfahrt, die ist lustig,
Eine Busfahrt, die ist schön,
Ja, da kann man so viele neue interessante Dinge seh’n
Hollahi, hallohohoho, hollahiahiahia hollaho

IMG_9556Apropos Verkehr: Nein, keine schlechte Überleitung zum Thema Sex, sondern ein paar Gerüchte zum Thema Autofahren. Mir wurde erzählt, dass es Glück brächte, einem anderen das linke Rücklicht kaputt zu fahren. Ich habe gehört, dass wenn du für einen Toten im Straßenverkehr verantwortlich bist, dann hast du ein anderes Mal einen gut und stirbst selber nicht. Und es gibt wirklich viele Unfälle, meistens nur Blechschäden, weil die Autos aufgrund der schlechten Straßen am Tag nur etwa 40km/h fahren. Trotzdem hört man in den Nachrichten immer wieder von umgefahrenen Motorradfahrern oder Unfällen mit Tanklastern und Trufis.
Übrigens: Ich kaufe mir bald ein Fahrrad auf der Cancha (Ein Mountainbike soll etwa 80€ neu kosten) und nehme selber an dem Zirkus teil.

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Proyecto socio-productivo am CAFF

Heute war der Tag, an dem die Schülerinnen und Schüler des Colegio Alemán Frederico Fröbel ihre unternehmerischen Projekte vorstellen durften.

Statt erneuter Niederlage heute mal munteres Durchprobieren

Statt erneuter Niederlage heute mal munteres Durchprobieren

Der Platz, auf dem ich mit der Futsal-Mannschaft sonst so kläglich verloren habe, war heute gefüllt mit Ständen und Besuchern. Es gab selbstgemachte Guacamole, Tabasco, Limettenbaumzucht, Kresse in halben Cola-Flaschen, Ananassaft, Erdbeermarmelade und Käse. Alles selbstgemacht und von Plakaten und verkleideten Schülern erklärt und beworben. Nach 30 Minuten wahllosen Herumlaufen, Probieren, Erklärungen auf spanisch zur Hälfte (!) Verstehen, Leute Grüßen und Einkaufen war ich dann um ein Glas der leckeren Erdbeermarmelade und einen großen Käse reicher. Der Käse war aber leider nur groß und nicht lecker 🙁

Erdbeermarmelade aus eigener Produktion :) mhh, schon probiert!

Erdbeermarmelade aus eigener Produktion 🙂 mhh, schon probiert!

An einigen Ständen habe ich die Schüler aus den Nachhilfeklassen wieder getroffen, die mich lauthals begrüßten und herumführten. Ich scheine nicht der schlechteste Lehrer zu sein. Oder zumindest nicht der unsympathischste. Auch ein Erfolg. Ein Schüler brachte mir sogar immer wieder kleine „Probierprodukte“ von anderen Ständen und wich mir danach nicht mehr von der Seite. Jetzt weiß ich immerhin seinen Namen: _____ ? Wie war der noch mal? Doch nicht. Aber ich hab ja noch ein wenig Zeit für die Namen. Ich arbeite ja erst seit über einem Monat hier.

Alles wird aus Karotte gemacht, Karotte sag mal Guten Tag! :) #noHack

Alles wird aus Karotte gemacht, Karotte sag mal Guten Tag! 🙂 #noHack

 

 

Erwähnenswert finde ich, dass es das dritte Groß-Event innerhalb von einem Monat ist. Vor zwei Wochen die Verbenta (Schulfest), für das die Kinder lange Tänze und Märsche geübt haben, dann die Stände heute und am 6. November kommt noch die Noche cultural, auf die alle Deutschlehrer hinarbeiten und bei welcher auch unser Theaterstück aufgeführt wird.
Dazu aber, wenn es soweit ist 🙂

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Wandern auf 4000m

Lustiges-Lieblings-Lama getroffen

Schnaufend kriechen wir in Sichtweite von Lamas einen steilen Hang hoch. Die Lamas gucken etwa, wie auf dem Titelbild des Textes. Verwirrt, was wir hier tun, was unser Ziel ist und warum wir nicht genügend Wasser mithaben. Zugegeben, letzteres war mein Gedanke. Und Sandwiches haben wir uns leider auch nicht geschmiert. Naja, wird sind ja bald oben.

Bisher verlief unsere Wanderung auf einer recht breiten Geröllstraße, die gemäßigt aber stetig bergauf führte. Das letzte Stück führt ohne Straße einfach nur bergauf. Alle zwei Minuten muss ich eine Pause zum „fotografieren“ machen, sodass ich verschnaufen
kann. So gut ist die Luft hier oben nicht mehr. Oder ich bin einfach nicht mehr trainiert. Für die Spannungskurve: Wir schaffen den Aufstieg und definieren nach 4 Stunden einen Zwischengipfel über dem steilen Stück.

Wir sind auf etwa 2800m gestartet bei einer heißen Quelle mit dem verheißungsvollen Namen Laguna Liriuni, wurden aber schnell auf den Boden der Tatsachen geholt und sahen nur ein kleines, braunes Schwimmbecken mit viel zu viel Fleisch und zu wenig warmen Wasser, sodass wir uns entschieden weiter zu wandern. Die Laguna liegt oberhalb von Quillacollo und ist keinen Besuch wert. Die 4 Stündige Wanderung in Richtung einer der Gipfel (ca.5000m) hat sich dann aber als gute Entscheidung erwiesen: Bis auf zwei Frauen, die im Bergflusslauf Wäsche wuschen sind wir keiner Menschenseele begegnet.

Gipfelselbstauslöser :)

Gipfelselbstauslöser 🙂

Oben angekommen haben wir dann Lamas gesehen und konnten die Aussicht genießen. Wir hatten sogar Musik dabei und haben die halbe Stunde am höchsten Punkt unserer Wanderung echt genossen, bevor wir gegen 16 Uhr wieder abgestiegen sind. Nach einem Kilometer hat uns glücklicherweise ein lustiger Typ in seinem Transporter mit Ladefläche mitgenommen. Er sprach Quechua und Spanisch und wir haben unsere ersten Wörter Quechua gehört und nachgesprochen. Was ihm große Freude bereitete und ihn überzeugte, uns mit ins Tal zu nehmen. Ziemlich klasse, weil der Abstieg insgesamt sicher bis zum Einbruch der Dunkelheit gedauert hätte. Es wurde nämlich wegen der Berge um uns herum schon um 18 Uhr dunkel.

Bis dahin saßen wir schon wieder im Trufi nach Quillacollo, hungrig und erschöpft aber mit dem Gefühl einen super Tag gehabt zu haben.

Aussicht auf Cochabamba

Aussicht auf Cochabamba

 

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Im Ausland mit dem Pädagogischen Austauschdienst

Die 6° Primaria habe ich letzte Woche oft unterrichtet :)

Die 6° Primaria habe ich letzte Woche oft unterrichtet 🙂

Ich wusste schon vor dem Abi, dass ich mich nicht festlegen kann, ob oder was ich studieren möchte. Und ich wollte noch eine Sprache mehr sprechen und neue Kulturen kennenlernen. Also habe ich mich bei kulturweit beworben, um nach Lateinamerika zu gehen. Ich wusste nicht viel über den Kontinent, nur
dass es da Stellen gibt und das ich eine davon haben will. Unbedingt. Dann könnte ich schließlich Spanisch lernen und ein Leben kennenlernen, das ich in Europa nicht kennengelernt hätte. Dass ich nun in einer Schule arbeite bietet sich irgendwie an, weil mir der deutschen Grammatik ja schließlich mächtig kann und ich auch Spaß an der Arbeit mit Kindern habe. Soweit die Basics, oder?

Dann bekam ich den Platzvorschlag vom Pädagogischen Austauschdienst für Bolivien und habe es bisher nicht bereut, hier am Colegio Aleman Frederico Froebel zu arbeiten und in Bolivien zu leben. Das geht nämlich beides sehr gut, siehe Beispiel „Lukas Johnsen“.

Ich wollte gerne in einem anderen Teil der Welt leben und das ist jetzt möglich
geworden. Und dank kulturweit wird mir das sogar noch finanziert. Genial und für ein Jahr meine Realität. Auch wenn ich in Gesprächen mit Taxifahrern schon gefragt wurde, ob ich nicht lieber in einem naturwissenschaftlich-technischen Projekt arbeiten könne. Das würde seiner Meinung nach mehr gebraucht werden, als so „soziale Projekte“. Ich meinte, ich kann es ja mal versuchen, aber es hätte wohl denselben Effekt, als ob ein Elefant versuchen würde zu stricken. Wie mir das in Spanisch eingefallen ist,
weiß ich nicht.

Die Verben "müssen" und "dürfen" sind noch nicht so einfach.

Die Verben „müssen“ und „dürfen“ sind noch nicht so einfach.

Will mich nicht jemand mal in sein technisch-naturwissenschaftlich-orientiertes Projekt zum Elefantenstricken einladen? Ich garantiere für nichts, aber einen Tag werden wir wohl schaffen 😉 Andere Freiwillige waren schon in einem Jugendgefängnis hier oder haben sich die Arbeit bei den Schuhputzern angeschaut. Ich würde gerne bald mal einen Tag in einer öffentlichen Schule erleben, abseits meiner Privatschule.

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Zwischen Melonen und Vertretungsunterricht

IMG_9599Erster Oktober, die Sonne scheint, ich musste heute nicht arbeiten, weil ich mit anderen deutschen Freiwilligen einen weiteren Schritt in Richtung Aufenthaltsgenehmigung gehen musste. Schreib‘ ich doch zwischendurch mal was für meinen Blog..

Eben war ich auf der Cancha, einer der größten Märkte in ganz Lateinamerika. Es gibt viel, es gibt mehr, es gibt eigentlich alles. Von Zahnbürsten über Rinderzungen bis zu selbstgestrickten Wollmützen ist für jeden Einkaufenden etwas dabei. Frisches Gemüse, Mango und Papaya, Lamafleisch und Gewürze: In den zwei Wochen habe ich schon einiges gekauft. Nein, natürlich nicht das Lamafleisch.
Ich habe noch keinen Überblick über das Wirrwarr der Stände und das Handeln der Verkäufer*innen. Es sind überwiegend Frauen, die dort zwischen Paprika und Tomaten sitzen oder Armbanduhren und Handys verkaufen.

Einige traditionell gekleidete Frauen tragen Kinder oder Lebensmittel in großen, bunten Schultertüchern. Sie werden Cholitas genannt, was ursprünglich ein abwertender Ausdruck für Kinder von spanischen und indigenen Eltern war. In einigen Regionen wird der Begriff als rassistisch empfunden, in anderen gehört er meines Wissens zur Eigenbezeichnung. Ich glaube, die Tradition der Hüte sind beeinflusst von den spanischen Kolonialherren.  Im 19. Jahrhundert war der „Sombrero Madrid“ für eine solche Frau in Mode, heute ist es die Melone. Moment mal, was? Ist die Melone nicht etwas urbritisches?

Kleine Stände am Straßenrand kündigen den Anfang der Cancha an.

Kleine Stände am Straßenrand kündigen den Anfang der Cancha an.

Eine Geschichte lautet, dass ein italienischer Hutmacher eine Lieferung Herrenhüte nach Bolivien exportierte, aber unter den Männern keine Abnehmer finden konnte. Wenig später wurden die Hüte als letzter Schrei aus Italien an Frauen der Quechua und Aymara verkauft. Bis heute tragen viele Frauen hier einen solchen Hut, wobei das in La Paz noch üblicher sein soll als in Cochabamba. Hier tragen auch viele den leichten, weißen Strohhut (wie auf dem Bild). Hüte sind wegen der Sonne von Nutzen, aber gehören eben auch zur Kultur. Ich habe Hüte für etwa 40€ gesehen, ganz schön viel Geld für viele Frauen auf dem Markt, denke ich mir.

Zurück zum Einkauf: Wir haben eingekauft, was wir brauchten und haben danach eine leckere Gemüsereispfanne gekocht. Von unserem Haus aus fährt man etwa eine halbe Stunde zum Markt.
Übrigens: Man kann auch Brot kaufen, also wenn man will. Sogar Körnerbrot, natürlich kein Pumpernickel, aber mehr als Weißbrot. Man muss nur bereit sein etwas Geld auszugeben, aber das verdiene ich ja schließlich. Ich lebe hier ziemlich gut, kann mir also nicht nur Alkohol sondern auch Käse und Brot leisten. Einige deutsche Sparfüchse leisten sich so etwas nicht. Ich will aber einfach nicht am Essen sparen.

Gestern hatte ich das erste Mal Sprachkurs. Die Sprachlehrerin Evelyn ist eine liebe Frau, die mir mit Geduld und Spaß die spanische Grammatik beibringen möchte: Gerne, ich gebe mir Mühe! Aus ihrem Unterricht kann ich bestimmt sogar einige Dinge in meinen Unterricht mitnehmen, ich schreibe also fleißig in meinem kleinen Büchlein mit. Auf die anderen Seiten schreibe ich nämlich mittlerweile auch die Dinge, die ich in den anderen Klassen versucht habe zu unterrichten.
Wo wir gerade bei der Schule sind, es gibt da einen Trick: Wenn ich die Kinder bitte, etwas von der Tafel abzuschreiben und dabei Musik anmache, sind sie ruhig, konzentrieren sich aufs Abschreiben und quatschen nicht, sondern hören die Musik. Fettes Brot oder Die Ärzte sind dafür nicht so geeignet, Mighty Oaks und Tonbandgerät schon 🙂 Sobald die Musik aus ist, wissen alle, dass es weitergeht und sind ruhig. Ansonsten habe ich gerade viel zu tun, weil diese Woche eine Deutschlehrerin auf einen Kongress in Chile unterwegs ist und ich sie vertrete. Komplett. 22 Stunden. Klingt jetzt erstmal gar nicht so viel, aber wenn du Unterricht für mehrere Klassen und die Nachhilfestunden vorbereiten sollst, dann sind diese 45-min-Onemanshows anstrengend. Also, ich lasse auch die Schülerinnen und Schüler zu Wort kommen, aber so ganz ungezwungen kommt das selten vor. Ich werfe den Redeball durch die Klasse und genieße die ruhigen Minuten, wenn sie sprechen. „Am Montag habe ich in der 4. Stunde Sport. Was hast du am Mittwoch in der 2. Stunde?“

Eine Wiese, nahe der Schule.

Eine Wiese, nahe der Schule.

Im nächsten Post erzähle ich mal was von meinem Salsakurs, warum ich eigentlich nicht in Deutschland bin und wie meine Wanderung auf 4000m war.

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500 Wörter über meine erste Zeit

IMG_9634Cochabamba, Bolivien.

Ich bereite Nachhilfestunden vor. Ich lese die Deutschlernbücher. Ich hospitiere im Unterricht. Ich gebe Vertretungsunterricht. Ich erkläre die Possessivartikel im Dativ. Lasse Diktate schreiben, gebe noch mehr Vertretungsunterricht, tausche mit dem Praktikanten Josef Ideen aus, singe Lieder, male Tafelbilder, gebe mir Mühe, habe keine Ahnung, lerne viel. Wahrscheinlich noch mehr als ich dachte. Wahrscheinlich mehr als die Meisten an dieser Schule.

Soweit zu meiner Arbeitsstelle.
Mein Leben in Cochabamba hat gerade erst angefangen.

Die Chefin der Deutschlehrer hat mich vom Flughafen abgeholt und zu meinem Vermieter gebracht. Sie ist sympathisch und wird die nächsten Tage viel zu tun haben. Denn es sind die Deutsch-Sprachdiplom-Prüfungen (DSD I) – und das zum ersten Mal an der Schule. Deswegen habe ich in den ersten Tagen viel Vertretungsunterricht geben müssen. Hui, Überforderung trifft Spaß!

Ich wohne zusammen mit Dennis, einem netten Typ, der irgendwie fast alles macht. Beispielsweise spanisch sprechen. Tja, damit fange ich jetzt also auch an. Ich spreche viel deutsch hier. Das ist auf der einen Seite gut, weil ich das eben kann, auf der anderen Seite aber auch schlecht, weil ich das eben kann.

Auf der Arbeit lerne ich viele neue Wörter: Necesitas ayuda?, No lo entiendo, Copiar.
In meinem Privatleben lerne ich andere Worte: borracha, A la isquena por favor.
Richtig, ich fahre hier Trufi, Sammeltaxen, die auf undurchschaubaren Routen durch die Stadt fahren.

Blick aus einem Trufi - ganz schön was los auf den Straßen

Blick aus einem Trufi – ganz schön was los auf den Straßen

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Nein, das sind nicht Christoph und Mila, aber Bier und eine Bar 🙂

Und richtig, ich trinke ganz gerne mal ein Bier. Oder auch ein zweites. Großes Bier ist in der Bar insgesamt billiger als kleines Bier. Also trinke ich aus großen Flaschen. Mathematik war ja  noch nie so meins. Tja und borracha ist das nette Wort für rotzekackevoll.
Ich esse auf der Straße, Saltenas und Reis mit Geflügel. Und wir kochen auch manchmal selbst. Ohja, und mein Magen spielt verrückt. Hefetabletten helfen.
Apropos Hefetabletten: Ich wohne auch mit Christoph und Mila zusammen. Sie arbeiten über weltwärts in einem Kindergarten für die ärmeren Familien in der Innenstadt. Es gibt in hier recht viele deutsche Freiwillige, aber ich bin sehr froh, dass ich mit den beiden zusammen wohne.
IMG_9625Gestern haben wir einen Geburtstag gefeiert, mit Pizza und Rotwein. Und verbranntem Kuchen  🙂 Nein, kein hektisches bei Facebook Nachsehen, nicht meinen Geburtstag.

In den ersten Tagen musste ich viel arbeiten. Ich bin von 8 – 15.30 in der Schule und kann glücklicherweise mit dem Schulbus fahren. Am zweiten Tag bin ich gefragt worden, ob ich nicht Fußball spiele. Ich sagte: Gerne, aber schlecht. Das Motto gilt glaube ich für meine gesamte neue Mannschaft. Schön, mal wieder Sport zu machen. In 2500m Höhe. Schön anstrengend.

Die Kinder nennen mich Profe oder Lukas und ich nenne sie Chicas y Chicos. Wenn es schlecht läuft auch mal Kinners. Kann ja schließlich nicht immer gut sein, so eine Unterrichtsstunde. Kennt man ja.

Ich lerne viel, ich genieße viel, ich vermisse wenig. Also meine Familie und Franzi und ein paar von euch anderen schon. Aber ansonsten fehlt mir hier nicht viel.

Heute gehen wir wandern 🙂

Euer Lukas

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