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Lust auf die Welt jenseits der Komfortzone und des Tellerrandes!

Mit Taschen voll Gold, mit Tränen im Gesicht, mit Steinen im Bauch, mit dem Herz in der Hand, mit gemischten Gefühlen schaue ich auf mein FSJ mit kulturweit zurück und Dankbarkeit und Frosch im Hals wechseln sich ab.

Für alle, die mir in dieser Zeit gefolgt sind in blödsinnigen Klamauk, in tiefsinnige Monologe, in einseitige Darstellungen oder den Versuch eines politischen Kommentares; einfach für alle, die mich kennen oder mich in Bolivien begleitet haben.

Seit etwa 3 Monaten bin ich wieder zurück in Deutschland und lebe so vor mich hin, lerne neue Dinge und Menschen kennen, genieße weiter mein Leben, habe alte Gewohnheiten wieder zugelassen und hänge einer schönen Zeit nach. Die Welt dreht sich weiter, so als wäre nichts gewesen, das letzte Jahr geht vorbei und ich stehe hier und erzähle Geschichten. Erzähle Geschichten, im Guten wie im Schlechten, im Falschen wie im Echten, bei Schinken in den Nächten.

Von „.. weißt du noch..“ bis „..das hast du noch nie ge..“ oder auch mal ein „..mensch, die waren aber so..“ und ein „..naja, so würde ich das jetzt nicht sagen…“, alles läuft krumm, die Vorstellungswelten werden gesprengt und unterlaufen das Gesagte, wie bin ich hier nur rein geraten.

Selbst bin ich nicht wirklich unzufrieden, bin dankbar für den Mut es erfahren zu haben, bin glücklich über die Menschen, die ich kennenlernen und mit denen ich zusammenarbeiten durfte, die Aufgaben, die man mir zuschusterte, und die, an denen ich versagte, bin froh zu zweit alleine gewohnt zu haben und doch immer mit guten Freunden gelacht zu haben, kann mir nicht vorstellen die Orte und Ausblicke nie zu entdecken, will mir nicht ausmalen, was mir persönlich fehlen würde.

Doch, was war denn dein Ziel, was hast du dir denn vorgestellt, ist es das, was du wolltest? 4 Monate Urlaub machen und ganz nebenbei eine Sprache lernen. Spaß zu haben und neue Welten zu erkunden? Mit deinem Gewissen im Reinen geflogen? Welches Bild hinterlässt du, welche Bilder bringst du mit nach Hause? Warum lernt ihr Deutsch mit mir und wofür bin ich hier?

Aber, widersprich‘ dir öfter selber, zweifle dich an und überdenke deine Positionen, richte deinen Kompass neu aus und erweitere deinen Horizont. Denn von dir bis zum Tellerrand sollte mehr als eine Wurstbrotscheibe liegen. Stoß‘ dein Ego aus der Mitte der Tanzfläche und überrasche dich selbst mit etwas Ungewohntem, finde dein HatsCh‘i oder lass es bleiben. Aber bleib bloß nicht, wer du warst und freu dich darüber. Das war ein wenig doll. Lass es zu, dass du nicht nur einen funkelnd neuen Schatz an Erfahrungen gewonnen, sondern deinen einst vermissten Schatz verspielt hast. Vielleicht wurde ja auch dir der Kopf verdreht, aber du schaust weiter nach vorn.

Hab mal den Uhrzeiger gesehen und manchmal den Sinn. War Feuer und Flamme für mein neues Leben und war doch nur zu Besuch. Und dann packt dich die Wut und du hältst es nicht aus und das Fernweh zieht dich weg, weit weg von hier und du musst los. Lass es los, du bist wieder zurück, und es wird immer ein Teil von dir bleiben, du musst es nicht festhalten, sonst zerdrückst du es am Ende noch.

All der Sexismus in dem ehemals fremden Land, all das Auffallen und Leben neben der Mehrheitsgesellschaft, all die Sprachbarrieren und unbewussten Vorurteile, all die Konfrontation mit den eigenen Privilegien, all das Zweifeln am eigentlichen Programm, all das Aushalten von schwierigen Situationen, all die kleinen Überraschungen für zwischendurch, all der Schmerz, all das Schöne, all die Abschiede nach der langen Zeit von nur einem Jahr.

Was wäre, wenn es langweilig und unkompliziert immer geklappt hätte, wenn ich problemlos und ohne Ecken und Kanten überall durchgekommen wäre, was wäre das für 1 FSJ im Ausland gewesen. Leute, ohne euch wäre es nicht so ein gutes Jahr geworden.

Ich habe mir selbst gezeigt, wie ich mit solchen Situationen jenseits der Komfortzone umgehe, warum ich andere respektiere, wo ich besser aufpasse oder mir mehr zutraue und wann ich aufhören muss.

Danke fürs Zuhören und frohe Weihnachten!

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