Reiseblog #2
Lima steht oft als die Hauptstadtmetropole am Meer dar. Das ist sehr einfach, denn es gibt wirklich schöne Ecken und einen gehobenen Lebensstandard, verglichen mit Bolivien, aber auch dem Rest von Peru. Viele Menschen laufen mit Markenlogos und angesagten Haarschnitten durch die Clubs und Kunstausstellung und spielen mit im Spiel des „Sehen und Gesehen werden“.
Auch der Straßenverkehr mag ungeordnet zu erscheinen, dennoch fahren die grossen Busse nach Zeitplänen an den Einkaufszentren und Kirchen vorbei. Hübsche Villen und grosse Plätze säumen die Alleen. In der Mitte der Avenidas gibt es einen auffällig gepflegten Grünstreifen mit Palmen, Blumenmosaiken und Denkmälern.
Im restaurierten Zentrum erstrahlt Lima – früher „Ciudad de los Reyes“ (Stadt der Könige) – in altem Glanz. So wie in seinen besten Zeiten, als es in Lima die erste Universität, das erste Theater und die erste Druckerei Südamerikas gab.
Doch worüber unser Reiseführer kein Wort verliert:
Die Lomas, die grünen Hügel von Lima.
Ein schwieriges Feld.
Unweit des Künstlerviertels Barranco und dem Touristeneck Miraflores geht es hoch in die Lomas. An schönen Tagen könne man wunderbar über Lima sehen, erklärt Alois, einst ein Allgäuer Bauernsohn. Mit ihm werfen wir Fragen nach Gerechtigkeit und Armut auf. Er zeigt uns Ränder von Lima.
Nicht die geografischen, aber die sozialen Ränder.
Seit Jahren gibt es Akteure, die das fehlende Raumverteilungskonzept Perus ausnutzen und sich öffentlichen Raum zu Eigen machen. Dafür leben sie in Banden organisiert fünf Jahre in einfachen Wellblechbaracken. Denn nach fünf Jahren wird dieses Land im Grundbuch auf sie umgetragen. So entsteht Stück für Stück der Stadtteil Villa Maria. Sehr einfache Verhältnisse und komplexe Bandenstrukturen lassen auch die Polizei zurück schrecken und so entsteht ein neues Gesicht von Lima. Das Armenviertel ist abgetrennt durch eine kalte, graue Mauer, damit auf der anderen Seite die Haarschnitte und Markenlogos spazieren können.
Ein spannendes Thema, denn soziale Ungerechtigkeit herrscht vor und wenige am Plaza de Armas oder den schönen Lichtfontänen interessieren sich dafür. „Lima ist ja so eine sichere und schöne Stadt, alles so toll und westlich hier“, lese ich in Webforen.
Aber hier eine andere Geschichte, nicht westlich, sondern düster. Auf den neu erworbenen Grundstücken werden Häuser gebaut und anschließend verkauft. Nach weiteren fünf Jahren ohne Wasser- und Stromversorgung im Matsch der Berge ist ein weiteres Grundstück bereit zur Bebauung.
Die Lomas selbst sind ein sehr schöner, natürlicher Ort, meist nebelverhangen. Mit wunderschönen weißen Schmetterlingen auf bunten Wildblumen und Fanen ist es das grüne Herz Limas – abseits von Grünstreifen und Parks. Deswegen werden auch Rufe nach dem Titel UNESCO Weltkulturerbe laut, verhallen aber schnell im Angesicht der unaufhaltsamen Ausdehnung von Villa Maria.
Ich habe nur einen sehr kurzen Ausflug dorthin gemacht und möchte betonen, dass das Thema viel komplexer ist, als in diesem Beitrag abgebildet werden könnte. Die Informationen sind aus Gesprächen mit Alois, Eva und Martin. Ich finde das Thema sehr interessant und ich wollte es in meinem Blog erwähnen und zum Nachdenken und Informieren anregen.