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El Alto

El Alto ist braun und schmutzig, es riecht nach gebratenem Tier und Hundepfuetzen. Mit dem Minibus kommen wir nicht weit, steigen um, stehen im Stau, gucken raus, mir wird schlecht. Hier oben scheint die Sonne noch staerker als in La Paz, das Dach des Minibusses muss bereits schmelzen. Meinen neuen Freunden, die hinter mir auf einer Bank zwischen vielen Menschen sitzen, geht es  aber offenbar ganz gut, sie tauschen sich auf deutsch ueber Pornos und Erektionsprobleme aus. An irgendeiner esquina steigen wir aus und vor uns liegt die feria, ein Areal drei Mal so groß wie die Münchner Theresienwiese, schaetze ich, waehrend ich versuche, meine Bauchtasche so unter dem T-Shirt zu verstauen, dass man sie nicht sieht.

Handy, Kamera, Geldbeutel, ist alles zuhause geblieben. Gehoert habe ich: man wird angespuckt und waehrend man sich von Spuckefetzen zu befreien versucht, wird einem was immer man auch bei sich traegt entwendet. Waehrend wir durch die Staende bummeln, passiert nichts von alledem. Wir essen fuer umgerechnet 80 Cent zu mittag, Nudeln mit Gemuese, Fleisch, Kochbananen. Die Sonne brennt im Nacken, auf Waegen verkaufen sie Schreibwarenartikel, Handtuecher, Wackelpudding, cholitas sitzen am Strassenrand und verkaufen kleine Brote oder Stuecke von 2-Quadratmeter-Blechkuchen. Ich kaufe einen Rucksack, verstaue meinen Pulli darin,  meine neuen Freunde packen ihre Sachen dazu, ich trage das Ding ueber der Schulter wie eine Provokation, aber niemanden interessiert’s. Vermutlich verdrehen die Bolivianer nur die Augen, wenn sie uns sehen, wie wir an unseren Baeuchen rumfummeln und ein paar Muenzen zu Tage foerdern. Dabei Sonnenbrillen von Calvin Klein tragen und einen Sonnenbrand auf der Nase.

Ich sehe einen blonden Kopf vor mir, ein Mann kauft Zuckerrohrsaft, auf seinem T-Shirt prangt das Gesicht von Herrn Putin. Ich bin erleichtert, als ich realisiere, dass auch das hier kaum jemanden interessiert. Ansonsten bleiben wir die einzigen westlich aussehenden Besucher der feria, werden angeschaut, mitunter angesprochen, aber nicht angespuckt. Als die Sonne untergeht, steigen wir in den Minibus ein und fahren prompt in die falsche Richtung. El Alto ist ein Labyrinth aus braunen, unfertigen Haeusern mit Flachdaechern. Kaum ist die Sonne weg, wird es kalt. Grosse und kleine Hunde humpeln ueber die Strasse. Ein Taxi bringt uns schliesslich zum teleférico, der wie eine staehlerne Raumstation am Ende des Hausermeeres auftaucht. Ein paar Minuten lang schweben wir zwischen El Alto und La Paz, sehen hinunter auf die kleinen Dachterrassen, auf Fussballplaetze, sehen die Hochhaeuser des Centros, die Ausdehnung von La Paz bis weit hinein in die andine Landschaft. Die schneedecketen Berge im Hintergrund, auf die wir irgendwann auch steigen wollen. Noch weiter hinauf als El Alto, aber 4000 Meter sind fuer heute genug.

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