Rahma León

„Bolivien ist nicht so katholisch, wie man denkt“

Freitagnachmittags trifft man Rahma León in der Moschee der „Asosación Islámica de Bolivia“: Ihr Vater, der ursprünglich aus Marokko stammt, hat die islamische Gemeinde vor 20 Jahren gegründet. Die vierköpfige Familie sitzt auf dem weißen Polster im Vorzimmer des Gebetsraums und wartet auf die anderen Gemeindemitglieder. Rahma, ihre Mutter und ihre Schwester sind Bolivianerinnen. Plurinationalität? Viel wichtiger sei doch Religionsfreiheit, sagt die Elfjährige.

„Meine Schwester und ich sind die beiden einzigen Muslima an meiner Schule. Es gibt Schulen, die uns nicht aufgenommen hätten wegen unserer Religion, das sind die katholischen Privatschulen. In der Regel ist das aber kein Problem, weil Bolivien ein Gesetz hat, das die Freiheit der Religion vorschreibt. Bolivien ist nicht so katholisch, wie man denkt.  Meine Freundinnen sind Christinnen, aber Religion ist bei uns eigentlich kein Thema. Diskrimination gibt es hier in Bolivien kaum, die Menschen interessieren sich eher für den Islam und finden das Kopftuch hübsch. Das liegt auch daran, dass im bolivianischen Fernsehen viele türkische Telenovelas laufen. Es kommen oft Besucher in der Moschee, die sich über den Islam informieren wollen. Die meisten unserer Brüder und Schwestern sind Konvertiten, mittlerweile sind wir über hundert Muslime hier in La Paz. Damit sind wir zwar eine kleine Gemeinde, aber ich würde nicht sagen, dass wir deshalb keine Nation sein können. Nationen müssen ja nicht immer Staaten sein.“

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