Fünftes Türchen – Home Sweet Home

„Wann kommst du denn nach Hause?“
„Sollen wir uns Zuhause treffen?“
„Ach, das brauchen wir jetzt nicht zu kaufen, haben wir doch schon daheim“

Das sind einige der Whatsappnachrichten, die ich mit meinen beiden Mitbewohnerinnen Nour und Theresa geschrieben habe.

Ungefähr 3 Monate – ja, es ist schon Halbzeit und ich kann es selbst nicht fassen – bin ich hier und spreche von „meiner“ Wohnung als „Zuhause“. Als mir das zum ersten Mal aufgefallen ist, war ich richtig schockiert.
Mein Zuhause ist doch in Lehrberg, im schönen Frankenland und nirgends sonst!

Irgendwie stimmt das aber doch nicht so ganz. Klar, Lehrberg ist und bleibt mein Zuhause Nummer eins, aber die Wohnung in Hanoi ist ja doch mein temporäres Zuhause.

Heute möchte ich dir vorstellen, wo ich in Hanoi wohne.
Auf Vietnamesisch heißt das: „Toi song o dau Nguyen Thai Hoc“. Ich wohne in der Nguyen Thai Hoc Straße.

Früher haben wir in der Schule oft Traumreisen gemacht, dass man sich entspannt und danach motivierter weiterlernen kann. Ich möchte mit dir heute eine Traumreise durch das Haus, in dem ich wohne, machen:

Du wirst ganz still und entspannst dich. Du atmest tief durch und beginnst deine Reise, indem du deine Augen schließt. Nein Stopp, das ist mit Lesen etwas blöd! Also mach deine Augen bitte wieder auf! Jetzt kann deine Reise beginnen…

Stell dir vor, du bist in Hanoi. Du bist nach einem anstrengenden Arbeitstag 40 Minuten zu (d)einer Wohnung gelaufen (so lang ist mein Arbeitsweg jeden Tag), über holprige Gehwege, hast verschiedene gefährliche Straßen erfolgreich passiert und kommst dann in die Nguyen Thai Hoc Straße kurz vor dein Ziel.

Wenn du vom Gehweg der Nguyen Thai an einer Straßenküche vorbei in eine schmale Gasse einbiegst, kommst du zu einem dreistöckigen Haus. Jeden Tag läufst du an der Straßenküche vorbei. Du grüßt die Leute, die dort arbeiten mit einem freundlichen „xin chao“ und hast dort auch schon einige Male gut gegessen. Trotzdem fühlst du dich etwas schlecht, weil du doch meistens keine My Van Tan Suppe bei deinen Nachbarn isst.

Verriegelt mit einem Eisenvorhang, für den du eine Fernbedienung brauchst, erkennst du den Eingang zu diesem dreistöckigen Haus fast gar nicht.

Da du eine eben solche Fernbedienung hast, rattert der Eisenvorgang langsam nach oben und du kannst nach dem Öffnen der Tür in den Eingangsbereich treten, der zugleich die Küche ist.

Du ziehst deine Schuhe aus und siehst dir die Küche an. Auf der linken Seite direkt neben der Tür steht ein moderner Kühlschrank. Leider ist er meist nicht so toll bis gar nicht gefüllt, wie man sich das wünschen würde. Die Bewohner dieses Hauses, drei kulturweit-Freiwillige namens Nour, Theresa und Sophie, essen einfach zu gern vietnamesisches Essen und dieses selbst zu kochen, wäre mit Sicherheit nicht so lecker wie von einem der vielen Straßenstände in Vietnams Hauptstadt.
Rechts neben dem Kühlschrank befindet sich ein kleiner Raum mit Toilette, die aber nur in den dringendsten Fällen benutzt wird.
Daneben ist die große Küchenanlage in dunkelbraunem Holz. Sie sieht zwar gut aus, aber leider ist sie nicht sonderlich gut bestückt. Hättest du zum Beispiel dran gedacht, zuerst in der nach Aussagen unserer Vermieterin „Fully Equiped Kitchen“ nach Gabeln und Löffeln zu suchen, wenn du spontan für eine ganze Gruppe von Leuten kurz nach dem Einzug Spaghetti kochst? Erstaunlicher- und glücklicherweise lassen sich diese auch gut mit Essstäbchen essen…
Ein großer Esstisch mit Glasplatte und sechs Stühlen lädt dazu ein, sich für einen Filmeabend mit Snacks zu setzen und gemeinsam über die gleichen Witze zu lachen.

Du willst aber nicht in der Küche bleiben, denn du willst weiter in eines der Zimmer. Nachdem du die engen Stufen zum ersten Stock erklommen hast, stehst du vor der Tür zu Theresas Zimmer.
Meiner Meinung nach ist das Zimmer von Sophie aber irgendwie interessanter, also laufe nochmal einige Stufen nach oben.
Im zweiten Stockwerk zu linker Hand siehst du noch eine Tür, die zu Nours Zimmer führt.

Aber wie gesagt – da möchtest du gerade nicht hin. Du nimmst also die Tür geradeaus und trittst in ein ziemlich kleines, aber durchaus nettes Zimmer.
Die Wände sind weiß gestrichen und auch sonst ist das Zimmer schlicht gehalten. Ein großes Kingsizebett, dessen Matratze nicht mal 10 Zentimeter dick ist und by the way dadurch ziemlich unbequem, steht in der einen Ecke des Zimmers. Ein weisses Moskitonetz hängt darüber und wie es da so hängt, denkst du dir, dass es ein bisschen an einen Baldachin oder ein Himmelbett erinnert.
Ein großer weisser Schrank mit aufgedruckten grünen und blauen Fischchen nimmt sehr viel Platz im Zimmer ein, es beinhaltet aber auch einige Kleidung, von daher ist das okay. Dieser Stoffschrank soll dagegen helfen, dass die Kleidung während der feuchten Jahreszeit nicht anfängt zu schimmeln. Ob das so klappt, mal sehen.
Auf dem Schreibtisch steht ein Laptop, der nur darauf wartet, einen neuen Blogartikel eingetippt zu bekommen, Nachrichten zu recherchieren oder E-Mails zu versenden.
Die drei Vietnam-Reiseführer auf dem Schreibtisch sind bereit, dass sie aufgeschlagen werden und das nächste Reiseziel gewählt wird.
Der meist unordentliche Schreibtisch wimmelt außerdem von Erinnerungen an ein Musik-Festival, einen Ausflug nach Ninh Bin, nach Sapa, Saigon oder einen Kochkurs.
Dir fällt eine kleine, unscheinbare Tür auf. Du öffnest sie und stehst in einem kleinen Räumchen. Ein Schritt und du bist bei der Toilette. Ein Waschbecken fehlt. Die Dusche lässt sich nur nach langem Hinsehen definieren, indem du den Duschkopf erkennst. Wenn du dich hier duschst, ist danach der ganze Raum nass, aber so groß ist er ja schließlich nicht.
An der Wand hängt eine Art Plastik Regal, welches verschiedene Hygieneartikel wie Shampoo, Zahnpasta, Lippenpflegestifte und vieles mehr trägt.

Du gehst zurück in den größeren Raum und von diesem aus wieder ins Treppenhaus, wo du nochmal einige Treppenstufen hinaufsteigst. Oben findest du eine Waschmaschine, die zwar wohl Heißwasser haben soll, aber dennoch nicht gut wäscht, und zwei Metalltüren. Hinter jeder Tür verbirgt sich eine Dachterrasse, auf der man gut und gerne entspannen könnte – würde man sich die Zeit dafür nehmen. Praktisch sind die Terrassen aber allenfalls, da man dort die nasse Wäsche aufhängen kann.

Nun kennst du die Räume in dem Haus, in dem ich mit Theresa und Nour wohne.

Aber halt! Das sind noch nicht alle Mitbewohner. Nour und Theresa habe ich ja schon erwähnt. Wir haben in unserem Haus aber noch einige andere unerwünschte Kameraden. Wie wahrscheinlich in jedem südostasiatischen Land dürfen wir eine hohe Zahl von Stechmücken vermelden. Fast noch schlimmer finde ich jedoch Kakerlaken. Bis jetzt war es nur eine und ich wäre froh, wenn es auch bei dieser einen bleiben würde. Theresa hat sie eines Morgens auf dem Rücken liegend entdeckt und todesmutig – wie ich finde – in einem Essschälchen gefangen. Mit einem speziellen Mittel und viel Ekel haben wir das Tier erfolgreich bekämpft und aus dem Haus befördert. Obwohl das Vieh so winzig ist und eigentlich nichts fatales machen kann, war die Furcht unsererseits bestimmt genau so groß wie ihrerseits.
Die aber wohl unangenehmste Mitbewohnerin ist unsere Vermieterin, die trotz ihres stetigen Abstreitens im Gebäudeteil direkt neben uns wohnt und unsere Küche und sogar die Waschmaschine fleißig mitverwendet. Natürlich auf unsere Kosten.

Und doch – so ekelhaft und nervenaufreibend diese Mitbewohner auch sind – fühlt es sich wie mein „Zuhause“ auf Zeit an. Ich bin mir sicher, ich will hier nicht für immer bleiben. Bestimmt nicht. Aber für die Zeit ist es perfekt. Perfekt mit all seinen Besonderheiten, perfekt mit dem leeren Kühlschrank, mit der unausgestatteten Küche, mit dem winzigen Bad ohne Waschbecken, mit den vielen Mitbewohnern und der schlecht waschenden Waschmaschine.
Perfekt für die nächsten knapp drei Monate.

Aber ich kann jetzt schon sagen. Auf mein richtiges Zuhause freue ich mich viel mehr!

Viele Grüße nach Hause sendet
Sophie

Viertes Türchen – Mein Lieblingsplatz in Hanoi

Heute möchte ich dir meinen Lieblingsort in Hanoi vorstellen. Er gilt für die Einwohner Hanois als Seele der Stadt und auch für mich wäre er nicht wegzudenken aus der Altstadt Hanois. Hanoi wäre einfach nicht das selbe ohne diesen Ort.

Die Rede ist vom Hoan Kiem-See. Hier erst mal einige allgemeine Infos zum See:

Früher war er ein Rückstausee, der an den Roten Fluss (Song Hong) anschloss. Im Laufe der Zeit verlagerte der Fluss sich und so trennte sich der Fluss vom See.

Übersetzt bedeutet der Name des 70o Meter langen Sees so viel wie

„Der See des zurückgegebenen Schwertes“.

Dieser Begriff geht auf eine alte Legende zurück. Zur Zeit der chinesischen Belagerung – Mitte des 15. Jahrhunderts – soll der vietnamesische Held Le Loi mit einem magischen Schwert die Chinesen in Vietnam besiegt haben. Dieses Schwert hat er beim Fischen im Hoan Kiem-See in seinem Netz gefunden und damit konnte er einge erfolgreiche Schlachten schlagen. Manch einer mag sogar behaupten, dass dieser Held die Chinesen komplett aus Vietnam vertrieben hat.
Nach zehn Jahren kam er zum See zurück, um den Geist des Sees zu ehren. Als er nun die Dankeszeremonie vorbereitete, erschien ihm unter Blitz und Donner unverhofft eine riesige goldene Schildkröte, wohl eine Verleiblichung der Götter, und nahm das magische Schwert wieder an sich.
Aus Dankbarkeit über den Sieg und als Erinnerung an dieses besondere Ereignis mit der Schildkröte ließ Le Loi einen dreistöckigen Schildkröten-Pavillion (Thap Rua) im Süden des Sees auf einer kleinen Insel errichten. Dieser gilt bis heute als Wahrzeichen der Stadt.

Der dreistöckige Schildkröten-Pavillion bei Nacht

Am 19.01.2016 wurde tatsächlich eine riesige Schildkröte tot aus dem See gezogen. Wer weiß, vielleicht war es ja eben diese magische Schildkröte…

Ein Denkmal von jenem Volkshelden, der später als Herrscher Ly Thai To genannt wurde, findet man am Südufer des Sees. In einem kleinen Skulpturenpark thront eben dieser als Denkmal über den Köpfen der Menschen.

Das Denkmal von Ly Thai To

Auf dem See befindet sich eine weitere Sehenswürdigkeit Hanois. Über eine rote, geschwungene Brücke, die The Huc-Brücke („Brücke der aufgehenden Sonne“), die 1875 errichtet wurde, kommt man zum Jadeberg-Tempel.

Die The Huc-Brücke und der Hoan Kiem-See haben mir am Tag meiner Ankunft in Vietnam bei schönstem Wetter gleich den Atem verschlagen. Verständlich, dass ich den See so sehr mag, oder?

Am Ufer neben der Brücke befindet sich ein 9m hoher Turm, der Thap But. Einheimische nennen ihn den „Schreibpinsel-Turm“. Wie auch der Jadeberg-Tempel werden hier Literatur und Dichter verehrt. Besonders dem taoistische Autor Van Xuong wird hier gedacht.

So, jetzt weg von historischen Fakten hin zum „echten Leben“!

Der Hoan Kiem-See ist ein Ort, an dem man flanieren kann, sich auf ein Eis treffen, ein ganz besonderes Spiel spielen (eine Art Federball wird mit dem Fuß hin und hergekickt und soll in der Luft gehalten werden, wobei das nochmal schwieriger als Fußball ist, weil die Auftrefffläche dieses Spielgeräts viel kleiner ist), als Pärchen verliebt auf den See schauen, Englisch lernen oder in meinem Fall Vietnamesisch kann und so vieles mehr.

Besonders am Wochenende ist viel am See los, weil hier die Straßen um den See für die sogenannte „Walking Street“ gesperrt sind. Am Abend sind hier Musiker und präsentieren ihr Können, Künstler und malen Henna-Tatoos, Kinder und fahren in Autoscootern, Hochzeitspaare und lassen sich ablichten, Touristen und bestaunen den Trubel, alte vietnamesische Frauen und tanzen Zumba und andere Tänze (eine etwas längere Anmerkung: an einem Abend habe ich spontan beschlossen mitzutanzen, irgendwie habe ich mich aber nicht so toll angestellt, weil ich den Tanz einfach nicht verstanden habe. Eine vietnamesische Frau hat für mich dann „mot, hai, ba…“ extra mitgezählt und so konnten wir gemeinsam tanzen. Das war für mich ein wirklich schönes Erlebnis, an das ich sehr gerne zurückdenke.)

Für mich macht keine alte Legende oder bestimmte Denkmäler und Gebäude den See zu dem, was er ist, sondern viel mehr die Begegnungen dort. Zu unterscheiden ist dabei in drei verschiedene Arten von Begegnungen:

  • die eher belanglosen Gespräche, die mit „May I practice my English with you?“ beginnen. Weil man eben nicht wie ein Vietnamese oder eine Vietnamesin aussieht und einem so unterstellt wird, dass man gut Englisch spricht, wird man meist Löcher in den Bauch gefragt. Gegenfragen werden kurzerhand ignoriert und dementsprechend nicht beantwortet.
    Nachdem der Interviewer also meinen Namen, meine Geschichte und fast schon meinen Kontostand erfragt hat, wird mit „Thanks for your praciticing English with me!“ gesagt und die nächste Person fünf Meter weiter befragt.
    Auch belanglos, aber sehr nett war an einem Abend eine Gruppe kleiner Vietnamesinen, bestimmt noch keine zehn Jahre alt, die mit Mappen in den Händen zu uns kamen und uns in die Geschichte des Hoan Kiem-Sees eingeführt haben, indem sie einen recht anspruchsvollen englischen Text aus ihren Mappen vorgelesen haben. Mal besser, mal schlechter. Der Gedanke des gemeinsamen Englischsprechens hat dabei gefehlt, aber die Mädchen waren wirklich sehr süß und die Geschichte und die besondere Legende des Sees ist ja auch sehr interessant, wie du jetzt bestimmt auch gemerkt hast 😉
  • die ziemlich seltsamen Begegnungen: Ein vielleicht 30-Jähriger Vietnamese, der kein Englisch sprechen konnte und mir mit Zeichen, dem Kaufen von Essen und Trinken (was ich höflich abgelehnt habe) und schließlich dem Anlehnen seines Kopfes an meine Schulter zeigen wollte, dass er mich wohl gut findet. Das war dann doch zu viel des Guten und ich habe mich verabschiedet und bin gegangen. Später hat mir jemand erklärt, dies wäre das für ihn einzig mögliche Zeichen der Zuneigung, zumal er meine Sprache nicht beherrscht. An sich nett, aber schon ziemlich seltsam.
  • die Begegnungen der besonderen Art: Ich könnte nun viele dieser Begegnungen nacherzählen, aber das wäre wohl für dich nich sonderlich spannend. Aus diesem Grund beschränke ich mich auf eine davon.
    An einem sonnigen Tag saß ich am See und habe Tagebuch geschrieben. Ein Taxifahrer hat mir „angeboten“, mir Hanoi auf dem Moped zu zeigen. Als ich ihm erklärte, ich wäre schon seit zwei Monaten hier und würde mich in Hanoi recht gut auskennen, weshalb ich keine Tour mehr bräuchte, hat er nicht etwa beleidigt reagiert. Ganz im Gegenteil, er hat mich zu meiner Arbeit und vielen anderen Dingen befragt und am Ende gemeint, dass er sich freut, mich kennen gelernt zu haben und hofft, mich nochmal zu treffen.
    Einige Wochen später habe ich gerade beim Laufen um den See an ihn gedacht, als er mir plötzlich freudig entgegengewunken hat und nach einem weiteren netten Gespräch meinte, dass ich heute nochmal viel hübscher als beim letzten Mal aussehen würde. Nach dieser Begegnung – es war schon wirklich ein toller Zufall, ihn genau dann nochmal zu treffen, als ich an ihn dachte – bin ich lächelnd durch die Straßen gelaufen und habe bei mir gedacht

„Der Hoan Kiem-See ist einfach doch die Seele der Stadt und mein absoluter Lieblingsplatz in Hanoi.“

Die wohl schönste Aussicht auf den See. Man kommt durch ein Seidengeschäft über viele Treppen auf eine Dachterasse und kann über den ganzen See blicken, einen Egg-Coffee genießen und den Menschen am See zusehen.

Viele Grüße und alles Liebe,

deine gerade-vom-Hoan-Kiem-See-gekommene Sophie

Drittes Türchen – Essstäbchen, die Geheimwaffe

Messer und Gabel? Die bekomme ich in so gut wie keinem Restaurant und in Straßenküchen kann ich darauf wirklich gar nicht bauen.

Wie ich dann esse? Mit einem Paar gleichlanger Stäbchen aus Holz oder Bambus.

Genau wie auch in China, Korea und Japan verwendet man in Vietnam für die Essenszufuhr Essstäbchen. Diese Tradition ist schon mehr als 3.500 Jahre alt.

Das war zu einer Zeit, als unsere Vorfahren in Europa noch mit den Fingern aßen. Messer und Gabel, welche wichtiger Bestandteil unserer europäischen Esskultur sind, haben sich erst vor ungefähr 500 Jahren durchgesetzt. Sogar für die hohen Adeligen wie beispielsweise den Sonnenkönig Frankreichs, Ludwig den Vierzehnten, war es normal, sich das Essen mit den Händen zu Munde zu führen.
Christen sahen die Gabel mit ihren drei Zinken als Teufelswerkzeug an. Wenn man darüber nachdenkt – mehr oder weniger – verständlich, da sie wirklich etwas wie ein Teufels-Dreizack aussieht.

Vietnam war lange Zeit von China besetzt und somit wurde auch die Sitte, mit Stäbchen zu essen, übernommen.

Natürlich magst du dich jetzt fragen, wie man denn jedes Essen nur mit Essstäbchen zu sich nehmen soll. Generell lässt sich das gut an der englischen Übersetzung zeigen. Das in „Chopsticks“ enthaltene Wort „chop“ bedeutet im Deutschen so viel wie zerkleinern.
Mit einem guten deutschen Schnitzel (kurze Anmerkung: darauf freue ich mich in Deutschland schon wieder) wäre dies undenkbar. Um zu begreifen, wie das in Vietnam möglich ist, muss man die vietnamesische Essenskultur kennen:
Fleisch, Gemüse und andere größere Zutaten sind entweder so zart gegart oder zubereitet, dass sie mit den Stäbchen mundgerecht zerkleinert werden können oder sie sind bereits klein geschnitten.
Bei Suppen und anderen flüssigen Nahrungsmitteln wird noch ein tiefer Löffel zusätzlich zu den Stäbchen serviert.

Selbst wenn gesagt wird, dass für Vietnamesen nichts mit Essstäbchen unmöglich ist, habe ich noch keinen gesehen, der eine Suppenbrühe damit essen kann.

Bei einem vietnamesischen Kochkurs habe ich zum Beispiel gelernt, dass man mit diesen langen Stäbchen erkennen kann, ob Hühnerfleisch schon fertig gegart ist.

Hier noch ein interessantes Video von YouTube, welches nochmals bestätigt, dass mit Chopsticks wirklich fast alles möglich ist. Auf die Idee, mit Stäbchen einen Geldbeutel aus der Hosentasche zu ziehen, muss man auch erst kommen… Der Kerl mit der blauen Jacke zeigt aber, dass man sowas ziemlich gut machen kann.

Wie ich selbst erkennen musste beziehungsweise durfte, hat das Essen mit Chopsticks einen entscheidenden Effekt: Man isst generell sehr viel langsamer als mit Messer und Gabel. Zwischen den Stäbchen ist es – zumindest für mich – unmöglich, viel Essen auf einmal zum Mund zu transportieren. Dazu kommt leider noch, dass mir viel auch auf dem Weg zum Verzehr wieder auf den Teller fällt. Positiv daran ist definitiv, dass man so sehr langsam und gesund isst, da man das Essen schon im Mund länger vorverdaut und den Magen so weniger beanspruchen muss. Hinzukommt, dass man wegen des langen Prozesses nach weniger Essen schneller satt ist. Zugegebenermaßen kann ich diese positiven Aspekte jedoch nicht erkennen, wenn ich mich beeilen muss. 😉

Meine Essstäbchenkünste verbessern sich von Tag zu Tag. Während meiner ersten Tage in Hanoi habe ich es nur mühsam geschafft, Essen in meinen Mund zu führen und schließlich satt zu werden. Während ich in Deutschland in asiatischen Restaurants die Stäbchen aus Spaß einfach mal ausprobiert habe und danach wieder auf Gabel und Messer umsteigen konnte, besteht in Vietnam diese Möglichkeit nicht. Also musst ich mich mit viel Übung daran gewöhnen. Meine Mitfreiwillige Theresa meinte nach wenigen Tagen in Hanoi „Mir war gar nicht so bewusst, dass man wirklich alles mit Essstäbchen isst. Das hätte ich Zuhause nochmal üben sollen.“

Zu Beginn wurde mir dann oft noch ein Löffel oder – falls das Restaurant welche hatte – eine Gabel gebracht, ohne dass ich darum gebeten habe. Mich mit Essstäbchen essen zu sehen, sah wohl wirklich seltsam aus. Inzwischen darf ich stolz behaupten, dass mir sowas nicht mehr passiert und ich manchmal sogar gelobt werde, wie toll ich mit Stäbchen essen kann. Dann bin ich stolz wie Oskar und im nächsten Moment fällt das Essen doch wieder von den Stäbchen.

Hier ein Bild von Essstäbchen und dem erwähnten Löffel mit übrigens sehr leckerem Essen.

Hier noch einige lustige Infos und Hinweise zu Essstäbchen:

Es gilt als absolut unhöflich, mit den Stächen auf eine Person zu zeigen. Dies ist mit einem schlechten Omen verbunden, was Vietnamesen wegen ihres Aberglaubens vermeiden wollen.

Die Stäbchen nach dem Essen im Topf mit Reis stecken zu lassen bringt ebenfalls Unglück. Ebenso gilt es als Tabu, die Stäbchen nach dem Essen auf dem Schälchen in „V“-Form liegen zu lassen, da dies Unglück bringen soll.

Ein vietnamesisches Sprichwort sagt:

„Wer mit Schale und Essstäbchen umzugehen versteht, weiß auch mit Worten umzugehen.“

Besonders spannend finde ich, was mir eine Kollegin an der Viet Duc Oberschule beim Mittagessen über das Halten der Essstäbchen erzählt hat. Jeder hält seine Stäbchen nämlich verschieden und auch auf verschiedenen Höhen. Wenn ich meine Finger nun beispielsweise sehr nah an den Spitzen der Stäbchen, also nah am Essen halte, bedeutet dies, dass mein zukünftiger Partner oder meine zukünftige Partnerin nah bei mir wohnt. Halte ich die Stäbchen eher am Ende, wird er oder sie weit entfernt von meiner Heimat wohnen.
Ich halte die Essstäbchen meist mittig. Mal sehen, ob sich die Aussage bestätigen wird und ich einen mittel-weit von Lehrberg entfernten Mann heiraten werde.

Viele Grüße und einen schönen ersten Advent wünscht

die Jeden-Tag-Essstäbchen-Taktik-Übende Sophie

PS: Natürlich könnte ich dir jetzt noch ein Tutorial über die richtige Benutzung von Essstäbchen als Youtube-Video zeigen. Aber ganz ehrlich, die Hauptsache ist, dass du das Essen von deinem Teller in deinen Mund bekommst. Wenn man dazu gezwungen wird, dann geht das auch!

 

 

Zweites Türchen – Rice, Baby!

Seit über 4000 Jahren gilt Reis in Vietnam als Grundnahrungsmittel und manchmal sogar als einzige Nahrungsquelle einer Region. Bestraft wird man im nächsten Leben, wenn man ihn „nicht für voll nimmt“ oder  – was noch viel viel schlimmer ist – ablehnt. Beim Essen ist es daher unvorstellbar, wenn ein Korn vom Teller fällt einfach unbeachtet liegen gelassen wird. Jedoch ist dies für mich als Essstäbchen-Relativer-Neuling schon ziemlich schwierig…

Alle Vietnamesen und jetzt auch ich essen Reis. Das täglich und meist sogar mehrmals pro Tag. Wie das geht? Wird das nicht langweilig? Nein, denn Reis gibt es in den verschiedensten Ausführungen.

Com rang – gebratener Reis, wie ich ihn sehr gerne mag

Man kann Reis nicht nur als Korn verzehren, sondern auch als Nudel oder als Wrap (was bei uns Deutschen als Reispapier bekannt ist und vor allem für die sehr leckeren Frühlingsrollen verwendet wird). Zudem kennt Vietnam viele verschiedene Reissorten: seien es kleine dicke Körner, seien es längliche, sei es besonders klebriger Reis, sei es ein besonderer Duft, sehr lockerer Reis oder sei es bunter Reis. Viele Vietnamesen behaupten, schon allein am Geruch zu erkennen, um welche Reissorte es sich im blubbenden Topf handelt. Das zeigt ja schon, wie wichtig Reis ist!

Nicht verwunderlich ist so dann auch, dass im Vietnamesischen „guten Appetit“ (an com) wörtlich übersetzt die Bedeutung „Reis essen“ hat.

Auf einem Markt in Saigon. Nur eine „kleine“ Auswahl des Reis-Sortiments.

Als Reisbauer, als Erntehelfer, bei der Verarbeitung, als Verkäufer oder Koch: Ein Großteil aller Vietnamesen verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Reis. Aus diesem Grund prägt das Korn das Denken und den Rythmus des Lebens.
Vietnam gehört heute mit Thailand und Indien zu den drei führenden Reisexportnationen. Allein im Mekongdelta im Süden Vietnams leben 3 Millionen Menschen als Reisbauern: Aus dieser Region kommen die höchsten Erträge, weil das Wasser im Mekong-Fluss regelmäßig steigt und fällt. Somit entstehen perfekte Bedingungen für die Bewässerung des Nassreises und es sind bis zu drei Ernten pro Jahr möglich.

Die Produktion und der Verkauf des Reises müssen Hand in Hand gehen, was die Basis des sozialen Zusammenlebens prägt: Im Reisanbau sind viele verschiedene Schritte nötig, bis das Korn verkauft werden muss. Wegen dieses hohen Aufwands ist die Zusammenarbeit aller wesentlich. Oft bestellt nicht nur eine Familie sondern eine ganze Dorfgemeinschaft die Felder zusammen. Seit dem elften Jahrhundert besteht der wohl wichtigste Beruf beim Reisanbau. Der Deichinspektor ist der Aufsichtsführende über den richtigen Wasserstand der Felder. Bei zu viel Wasser verfaulen die Pflanzen, bei zu wenig vertrocknen sie.
Zuerst aber müssen Felder mit dem Ochsen bestellt werden. Nach dem Eggen und Pflügen, was nur von Männern gemacht werden darf, ist es die Aufgabe der Frauen, zu säen und die kleinen grünen Pflänzchen zu züchten. Jede Pflanze wird einzeln gezüchtet und im Feld eingepflanzt. Das ist sehr arbeitsintensiv, aber der Aufwand lohnt! Reis als Kulturpflanze kann nämlich viermal so viele Personen pro Hektar sättigen als es z.B. mit Weizen der Fall wäre.

Nach der Ernte wird Reis vielfach verarbeitet. Aus dem weißen Reismehl kann Reispapier produziert werden. Mit Wasser und Salz (teilweise auch etwas Weizenmehl) gemischt wird es auf sehr dünn auf ein Stück Stoff über einem dampfenden Kessel aufgetragen, nach kurzem Dämpfen abgezogen und auf eine Reismatte zum vollständigen Trocknen ausgebreitet. Die berühmten Reisnudeln (bun) werden hergestellt, indem eben diese Platten zerschnitten werden oder der Reismehlteig wird durch ein Sieb gepresst, was man sich wie bei selbstgemachten Spätzle vorstellen kann.

Geröstet bietet roher Klebreis als Gewürz für Fleischspeisen und Reisessig eine tolle Grundlage für leckere Soßen und Marinaden.

Aber auch der berühmte Reiswein (ruon) darf hier nicht unerwähnt bleiben! Als Getränk für Arme wurde er früher vor allem auf dem Land und hauptsächlich von Männern zu eigentlich jedem Anlass getrunken. Der Reis (vor allem Klebreis eignet sich dafür wegen seines Aromas besonders gut) und Kräuter werden erhitzt, einen Monat unter der Erde aufbewahrt und danach destilliert. Jede ethnische Minderheit hat ihr ganz besonderes und einzigartiges Rezept. Wird man heute bei einem Bergvolk zu einem Gläschen Reiswein eingeladen, gilt es als unhöflich, dieses Angebot auszuschlagen. Das habe ich selbst bei einem Wochenend-Ausflug nach Ha Giang erfahren, als wir zu einem Fest in einem Bergdorf eingeladen wurden. Dieses hochprozentige Getränk auszuschlagen, ist absolut unhöflich und notfalls einfach so tun, als ob man es trinkt. Bis auf einmal (um 11 Uhr morgens trinken wollte ich wirklich nicht, zumal mir Reiswein nicht sonderlich schmeckt) habe ich mich so drücken können.
Heutzutage ist durch industrielle Verfahren eine schnellere Verfahrensweise mit besseren hygienischen Standards vorzuweisen. Dieser in Massenproduktion hergestellte Reiswein wird bevorzugt in den Städten getrunken.

Einer meiner ersten Sätze im Vietnamesischen war:

„Toi thich an com“

Was in etwa so ausgesprochen wird „doi thik aan gom“ und „Ich mag es, Reis zu essen“. Jedes mal wenn ich also meine Vietnamesischkenntnisse auspacke und diesen doch recht einfachen Satz präsentiere, freut sich mein Gegenüber sehr. Und ich mich, dass ich verstanden wurde, aber das ist nochmal eine andere Geschichte, von der du in den nächsten Tagen hören wirst!

Viele Grüße, ich gehe jetzt mal frühstücken. Wahrscheinlich irgendwas mit Reis!

Deine Rice, Rice, Sophie

Die wunderschönen Reisterassen in Ha Giang.

* Anmerkung: Die Informatione über die Geschichte, den Anbau von Reis und die Herstellung vieler Produkte aus dem Korn habe ich aus dem Stefan Loose-Reiseführer „Vietnam“ (vollständig überarbeitete Auflage 2017) bekommen.  Diese Details wollte ich euch auf keinen Fall vorenthalten, da ich denke, dass Reis in meinem Blog nicht fehlen sollte, weil er in Vietnam sehr wichtig ist.

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Erstes Türchen – Magst du Phở mit Zwiebeln?

Vor einigen Wochen in der zehnten Klasse (die Schüler lernen erst seit September Deutsch) hat mich plötzlich ein Schüler gefragt:

„Magst du Pho mit Zwiebeln?“

Diese Frage klingt erst mal einfach und belanglos, aber es geht um viel mehr.  Bei Pho scheiden sich die Geister.

Aber nun erst mal von Anfang an:

Pho ist das Nationalgericht Vietnams. Wirklich so gut wie jeder Vietnamese – ich habe erst einen getroffen, der sie nicht mag – liebt Pho.

Die Erfolgsgeschichte der vietnamesischen Küche begann genau mit dieser Suppe:
Viele von Vietnam Ausgewanderte ließen sie in ihren riesigen Töpfen in Paris, Los Angeles oder sonst wo blubbern und machten damit die Pho zum internationalen Vorzeigegericht Vietnams. Man mag jetzt denken, naja, ist ja langweilig. Immer das gleiche. Aber weit gefehlt: Pho gibt es in vielen verschiedenen Varianten. Besonders bekannt ist die Pho ga mit Huhn.

Der Klassiker ist und bleibt aber Pho Bo, welche aus einer kräftigen, klären Rindfleischbrühe besteht.
In riesigen Töpfen werden dafür kiloweise Knochen und Suppenfleisch gekocht. Mit Zwiebeln und Ingwer – beide dunkel geröstet – und Gewürzen wie Koriander, Zimt und Sternanis entsteht jedoch erst der unverkennbare Geschmack dieser Brühe.
Kochend heiß wird die Suppe dann mit dünn aufgeschnittenem Rindfleisch und Reisnudeln serviert.

Seinen Ursprung fand dieses Gericht sehr wahrscheinlich in der Anfangszeit der französischen Kolonialherrschaft in der Gegend um Hanoi. Von Experten wird vermutet, dass dabei auch die Vorliebe der Franzosen zu Rindfleisch mit reingespielt hat. Zuvor waren Rinder in Vietnam nämlich hauptsächlich Arbeitstiere. Die vornehmen Kolonialherren gönnten sich exquisite Rindsteaks. Währenddessen kreierten Straßenköche aus den weniger wertvollen Fleischteilen eine leckere und dazu noch erschwingliche Suppe.

Noch heute wird dieses Gericht von Vietnamesen gern zum Frühstück gegessen. Ja, du hast richtig gelesen! Beim Thema „Essen und Trinken“ im Deutschunterricht heute hat sich nochmals bestätigt, dass es sich um kein Gerücht handelt, dass Pho zum Frühstück, aber auch zum Mittag- und Abendessen verzehrt wird.
Zu finden ist sie an fast jeder Straßenecke. Auf winzigen Stühlchen und fast genauso kleinen Tischen kann man Platz nehmen und eine große Schüssel Pho meist für etwas mehr als einen Euro. Dabei schmeckt Pho überall anders, weshalb es sich lohnt, immer wieder verschiedene Straßenstände und Rezepturen zu probieren!

Nun zur Anfangsfrage: „Magst du Pho mit Zwiebeln?“.
Man unterscheidet in Vietnam zwei Arten von Menschen. Die, die Pho mit Zwiebeln mögen und die, die Pho ohne Zwiebeln mögen.
Als ich nun dem Schüler auf seine Frage antwortete, dass sie mit Zwiebeln schon schmeckt, haben viele Schüler begeistert gejubelt, einige waren aber auch richtig enttäuscht über meine Antwort. Ehrlich gesagt hatte ich noch nie sonderlich auf Zwiebeln in dieser Suppe geachtet. Dass meine Antwort jedoch so eine starke Reaktion ausgelöst hat, zeigt schon, welche Rolle Pho im Leben vieler Vietnamesen spielt.

Mein größtes Problem mit Pho:
Ich kann jetzt schon behaupten, dass ich Pho wirklich liebe: Das gute Rindfleisch, die frischen Kräuter, die leckeren Nudeln und vor allem die tolle und geschmacksintensive Rinderbrühe sind einfach richtig toll!

Mein Problem besteht in der Aussprache dieses Wortes. Aus Gründen der Einfachheit habe ich Pho ohne Betonung geschrieben, was aus vietnamesischer Sicht ein Sakrileg ist.
So, Pho. Diese drei Buchstaben können MIT den Tönen (wie französischen Akzente) ganz verschieden ausgesprochen werden.

Phố zum Beispiel bedeutet Straße, Distrikt oder auch Haus oder Apartment. Ausgesprochen wird diese Pho als wie man es liest, also ‚Foooh‘.

Wenn man von ‚Phaa‘ spricht, wird die Suppe schnell mal zur „Schlampe“. Peinlich, sich vorzustellen, eine „heiße Schlampe“ bestellt zu haben.

Hier mein Tipp, dieses doch so komplexe Wort richtig auszusprechen:
Am besten spricht man es wie das englische Fell, „Fur“ tief aus dem Hals heraus, aber das ‚r‘ wird verschluckt. *Kommentar von Theresa: Das ‚r‘ wird verschluckt, weil das Rind ja in der Suppe ist! Höhö…

Bei diesem Link kann man das ganz schön hören und du bekommst einen ganz guten Eindruck, wie man das Wort richtig ausspricht:
http://www.lovingpho.com/pho-opinion-editorial/how-to-pronounce-pho/

 

Was ich dir jetzt nicht vorenthalten möchte: Wie schreibt man Pho, also diese leckere Nudelsuppe nun richtig? Hier die Antwort:

Phở

Ich kann nur sagen, selbst wenn das Bestellen dieses Nationalgerichts Vietnams sehr tückenhaft ist, ist der Genuss dessen allen Aufwand wert und sollte unbedingt ausprobiert werden!

Alles Liebe und bis Morgen,
deine Phở – Liebhaberin Sophie

Mein persönlicher Adventskalender

Liebe Leserin, Lieber Leser,

bestimmt hast du einen Adventskalender. Vielleicht einen mit Schokolade oder mit Bildern, vielleicht einen Selbstgemachten, bei dem dich jeden Tag etwas Neues erwartet.

In Vietnam ist sowas nicht üblich, hier wird kein Weihnachten gefeiert. Aus diesem Grund habe ich dieses Jahr leider keinen Adventskalender. Aber davon möchte ich mich nicht unterkriegen lassen.

Ich habe jetzt beschlossen, für dich meinen persönlichen Vietnam-Blog-Adventskalender zu schreiben.

Jeden Tag darfst du dich auf eine Geschichte, ein Erlebnis, ein besonderes Bild oder Informationen über Vietnam freuen. Ich hoffe, dir so mehr Einblick in mein Leben hier und vor allem die Kultur Vietnams geben zu können.

Ich freue mich, wenn du jeden Tag auf meinem Blog vorbeischaust, meinen ganz persönlichen Vietnam-Adventskalender liest und dein „Türchen“ öffnest!

So, jetzt wünsche ich dir eine schöne Vorweihnachtszeit aus dem warmen und absolut unweihnachtlichen Hanoi (bei mir hat es gerade um die zwanzig Grad).

Dein Weihnachtself Sophie

Saigon ist etwas weihnachtlicher. Hier ein Bild von meiner Mitfreiwilligen Theresa und mir in einem weihnachtlich geschmückten Laden.

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Post ist da! – Eine Diagnose

Lieber Leser, Liebe Leserin,

erst merkst du davon gar nichts.

Langsam nähert es sich auf Zehenspitzen an.

Du hörst es kaum.

Es kommt näher.

Du hörst seine Schritte deutlicher.

Es klopft an deinen Kopf.

Du kannst nichts tun.

Jetzt kommt es durch die Tür.

Selbst obwohl du es vielleicht nicht willst.

Es ist da.

Es wird immer größer.

Immer massiver.

Du denkst immer öfter an es.

Bis es nicht mehr verschwindet.

Dieses Gefühl.

Es zeigt sich durch ein leichtes Kribbeln im Bauch.

Du schweifst zu Tagträumen.

Träumen von fremden Gegenden.

Von neuen Menschen.

Von Begegnungen.

Von besonderem Essen.

Von unvergesslichen Erlebnissen.

Von Abenteuern.

Ein weiteres Symptom ist Unruhe.

Der Wunsch, Neues zu erleben.

Deine Füße wollen nicht mehr stillhalten.

Sie wollen los.

Es brennt dir unter den Fingern.

Kaum auszuhalten.

Diagnose:

Fernweh

Was kann man dagegen machen?

Reisen!

 

 

So oder so ähnlich hat sich vor meinem FSJ der Wunsch entwickelt, in die Ferne zu reisen, Neues zu erleben, Erfahrungen zu sammeln. Fernweh, die Sehnsucht nach der Ferne. Mich hat diese Sucht schon lange vor meiner Abreise „geplagt“. Sie war einer der Hauptgründe, warum ich mich für ein halbes Jahr im Ausland entschieden habe. Es ist jedoch eine Sucht, eine Sehnsucht, die behandelt werden kann und bei der die Symptome nicht allzu schlimm sind, die Vorfreude gleicht alles wieder aus.

Dieses Gefühl ist keine neuzeitige Erscheinung.

„In meinem Hirne rumort es und knackt, ich glaube da wird ein Koffer gepackt, und mein Verstand reist ab – o wehe – noch früher als ich selber gehe.“ – Heinrich Heine (1779 – 1856)

Toll beschrieben hat das Gefühl von Fernweh auch :

„Heimweh? … Nein, wahrlich, ich glaube, ich habe gerade das Gegenteil, ich habe „Fernweh“. Zehn Jahre bin ich schon hier, und es ist mir liebe Heimat gewesen; aber ich möchte hinaus: der Boden brennt mir unter den Füßen. O, einmal wieder andere Menschen, andere Gegenden sehen, einmal wieder ein Pferd besteigen, frisch in die Weite zu sprengen!“ Und sie streckte die Arme sehnsüchtig aus. – Ferdinande Freiin von Brackel  (1835 – 1905)

 

Natürlich kann ich nicht behaupten, dass ich gerade eben Fernweh habe. Das wäre wirklich sehr seltsam. Mehr als 8.000 Kilometer entfernt von der Heimat.

Aber – fies wie ich bin – möchte ich dir anhand zweier Videos zeigen, wie schnell man Fernweh für Vietnam bekommen kann. Ich bin mir sicher, danach verstehst du, was für ein tolles Land Vietnam ist und wie vieles zu bieten hat. Du wirst dann bestimmt mit dem Gedanken spielen, vielleicht auch mal zu kommen. In die Kultur dieses Landes einzutauchen, die landschaftliche Vielfalt zu sehen und einzigartige Erfahrungen zu machen.

 

 

Das erste Video hat mich überzeugt, weil man viele „normale“ Orte in Vietnam sieht und nicht „nur“ (aber natürlich auch) die typischen Touristenorte. Besonders schön finde ich dabei, dass man verschiedene Menschen zu Gesicht bekommt und Geräusche, wie ich sie jeden Tag wahrnehme, hören kann.

 

Dieses zweite Video ist ein Musikvideo der vietnamesischen Band Da LAB, die ich bei einem dreitägigen Festival in Hanoi gehört habe. Sowohl die Musik der Band (nur zu empfehlen!) als auch die tollen landschaftlichen Bilder, geben einen tollen Einblick. Besonders schön finde ich, dass es sich bei diesem Lied um eine Liebeserklärung an Vietnam handelt. Beispielsweise wird gesungen:

„Ich bin Vietnamesisch. Ich ging von Norden nach Süden. Vietnamesische Augen freuen sich. Ich trage einen Rucksack auf der Schulter. Das alleine reicht mir auf dem Weg, herauzufinden, wer ich bin, woher ich komme.

Aus dem Land, das ich noch lange liebe.

Việt Nam

Nun sage ich nur noch: Viel Spaß und Film ab. Gleich ist das Gefühl da und du kannst es nur stillen, wenn du deine Reise nach Vietnam beginnst!

Alles Liebe, Sophie (deine Fernweh-Vermittlerin)

 

 

Post ist da! – Meine Gefühlsedition

Lieber Leser, Liebe Leserin,

oft werde ich über WhatsApp gefragt:

“Und wie geht‘s dir?“

Es wäre aber viel zu zu simpel und zu oberflächlich, diese recht einfache Frage mit:

“Mir geht‘s super/gut/naja/schlecht.“

zu beantworten. Durch meinen Kopf spuken so viele Gefühle und Gedanken, die sich nicht auf eine solch einfache und knappe Antwort runterbrechen lassen können. Wie das Lied „Die Gedanken sind frei“ so treffend beschreibt. Man kann sie nicht fassen…

Hier meine neueste Gefühlskollektion – es handelt sich dabei um die Herbstedition 2017:

  • das Glück: hält wie in meinem letzten Blogartikel an. Es sind die kleinen Glücksmomente, die mein Leben hier so besonders machen. So zaubert ein vielleicht 14jähriger Junge mir ein Lächeln auf die Lippen, wenn er mir „You are so beautiful“ sagt. Eine Frau am Hoan Kiem See, die mir beim Aerobic der etwas älteren, vietnamesischen Damen die Schritte extra gezeigt hat und ich so super mittanzen konnte.
  • die Liebe: Bitte erwarte jetzt keine großartige Liebesstory. Die kann ich dir leider nicht liefern. Aber eine kleine: Ich wurde nämlich geküsst. Nicht von einer Person, nein! Ich wurde von Hanoi geküsst. Hört sich seltsam an, aber es ist wahr. Beim „Hanoi Kiss“, wie ich einen erhalten habe, handelt es sich nämlich um eine ganz heiße Affäre. Man spricht von eben jenem Kuss, wenn man sich dummerweise am heißen Auspuff eine Mopeds verbrannt hat. Diesen Kuss habe ich an der rachten Wade bekommen, als ich – trotz des bestimmt 20.000 maligen Hinweises, immer rechts vom Moped abzusteigen – lieber links vom Moped geklettert bin und mit meinem Bein eben an diesem Auspuff hängengeblieben bin. Wer nicht hören will, der muss spüren. Nach vier Krankenhausbesuchen und einer Woche Verband um die Wade, sieht man die Verbrennung glücklicher Weise fast nicht mehr. Trotzdem kann ich behaupten, dass Hanoi mich schon jetzt sehr geprägt und gebrandmarkt hat. 😉

  • die Angst: ist irgendwie immer im Hinterkopf. Ich habe Angst, viel in Deutschland zu verpassen. Über Snapchat, Instagram, WhatsApp und Facebook (die modernen Medien sind wirklich nicht nur hilfreich) bekommt man immer mit, was die Lieben in Deutschland alles unternehmen, wer sich mit wem trifft und wie ihr Leben weitergeht. Natürlich war mir das auch vor meinem FSJ klar, aber dass mich das so beschäftigen würde, hätte ich nicht gedacht. Beispielsweise sehe ich die Bilder von der letzten Tanzparty, auf die ich – wenn ich nicht in Vietnam wäre – sicher auch gegangen wäre. Ich hätte auf den Bildern gelacht und vier tolle Stunden verbracht. Ich gratuliere einer sehr guten Freundin zum Geburtstag und weiß, dass ich sicher auch zu ihrer Party eingeladen worden wäre. Ich höre von ehemaligen Klassenkameraden, dass sie jetzt ihre Ausbildung, ihr Studium oder ihr duales Studium begonnen haben. Sie erzählen von der neuen Wohnung, den netten oder manchmal auch weniger netten Dozenten und ihren tollen Studienkollegen. Trotz dieses leisen Wehmutstropfen im Hinterkopf, überwiegt bei mir:
  • die Freude: Ich finde erstaunlicher Weise Freude am Wäschewaschen. Jetzt wo keine Eltern mehr da sind, die das machen könnten, muss ich selbstständig werden. Und das beginnt eben mit dem Wäschewaschen. Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich mich jetzt nach jedem Waschgang freue, frische, gutriechende Wäsche in meinen Schrank einräumen zu können. Ich freue mich über eine Schülerin, die sich herzlich bei mir bedankt, dass ich ihr eine Aufgabe erklärt habe und mir lächelnd sagt, dass ich alles richtig gut und verständlich für sie begreiflich mache. Da ist aber auch die Freude am Vietnamesischen Frauentag, an dem Frauen in ganz Vietnam Geschenke bekommen und geehrt werden. Von einem Schüler habe ich einen silbernen Heliumballon in Herzform geschenkt bekommen. Auf dem Heimweg hat mir ein kleines Kind, das zwischen seinen Eltern auf einem Moped saß, mir „Hello“ zugerufen. Kurzerhand habe ich dem Kind meinen Luftballon geschenkt und es hat sich wirklich sehr darüber gefreut und auch seine Eltern haben sich herzlich bedankt.
  • Das Heimweh: bekommt in diesem Blogartikel wenig Aufmerksamkeit. Warum? In meinem Leben bekommt es eben so wenig Beachtung, da mir einfach die Zeit dafür fehlt, über Heimweh nachzudenken. Aber ich bin froh darüber.
  • das Vermissen: Es wäre gelogen, zu behaupten, ich würde nichts und niemanden in Deutschland vermissen. Mir fehlen meine Familie und meine Freunde. Zusammen abzuhängen, eine Serie bis spät abends anzusehen, gemeinsam zu Abend essen (ein richtig leckeres paniertes Schnitzel wäre da mal wieder gut), eine Runde Skip-Bo oder Kniffel zu spielen, einfach Ewigkeiten über Gott und die Welt zu reden, Zeit gemeinsam zu verbringen. Was ich aber auch vermisse, sind Tanzen (der wöchentliche Tanzkurs und die Tanzpartys) und das Schwimmen. Bis jetzt habe ich noch keine Vereine dafür gefunden, aber vielleicht ergibt sich da ja noch was.
    der Nervenkitzel/die Spannung: Der Titel meines Blogs heißt übersetzt ja „Es wird eine spannende Zeit“ und ich hatte wirklich schon einige spannende Ereignisse. Hier aber eine kurze Zusammenfassung meines wohl aufregendsten Tags. Wir drei WG-Mädels waren im Norden Vietnams zum Wandern und haben einen lokalen Tourguide gebucht, über den uns gesagt worden war, dass er sich auskennen würde. Na Pusteblume! Geplant war, um 15 Uhr zurück zum Hostel zu kommen. Wir kamen um 18 Uhr zurück. Geplant war, 10 Kilometer zu wandern. Wir wanderten 25 (!!!) Kilometer. Nachdem der Guide aber den Weg nicht kannte und wir durch die tiefste Natur Vietnams geklettert/gewandert/gehumpelt sind, haben uns langsam die Kräfte verlassen und unsere anfangs gute Laune verflüchtigte sich allmählich. Zwischen den Büschen und Bäumen hat man den Weg gar nicht mehr richtig erkannt und plötzlich bin ich drei Meter in die Tiefe gefallen. Ich wusste gar nicht, was in dem Moment passierte. Mein großes Glück war, dass ich weich landete und mir bis auf die zerrissene Leggins und der Schock, nur ein Lachen über diesen Moment als Spätfolgen bekannt sind. 😉 Ich hoffe, dass ich weitere so spannende und lustige Erlebnisse während meiner Zeit hier haben werde.
  • die Befürchtung: Ich habe wirklich die Befürchtung, den Kontakt zu vielen Menschen in Deutschland während meiner Zeit in Hanoi zu verlieren. Leider fehlt mir oft die Zeit und auch die Lust (spät abends will ich wirklich lieber schlafen) auf Nachrichten zu antworten. Wenn ihr das gerade lest, möchte ich euch sagen, dass es wirklich nicht böse gemeint ist, dass ich nicht antworte. Ich hoffe, wir verlieren uns nicht aus den Augen und nimmst es mir nicht übel.
  • die Vorfreude: Ich freue mich auf die vielen weiteren Erlebnisse, auf die kommende Zeit. Nächstes Wochenende werde ich zum Beispiel als einzige Deutschsprachige – wie das mit der Kommunikation klappen soll, weiß ich noch nicht – mit circa 500 Elftklässlern nach Sapa (eine wohl wunderschöne Gegend ganz im Norden Vietnams) fahren. Ich bin schon gespannt, was mich dort erwarten wird!
    So, jetzt wünsche ich dir für‘s Erste einen schönen Tag und ich schreibe dir bald wieder!

Alles Liebe,

deine Sophie

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Post ist da! – der Eröffnungsbrief

Mittwoch, den 01.11.2017

 

Lieber Leser, Liebe Leserin,

wie geht es dir? Ich hoffe natürlich mindestens genau so gut wie mir!

Leider habe ich dir jetzt schon sehr lange nicht mehr geschrieben. Das möchte ich jetzt aber mit einer Reihe an Briefen nachholen.

Inzwischen bin ich seit sieben Wochen in Vietnam. Sieben Wochen!

Ehrlich gesagt kommt es mir gar nicht so vor. Natürlich brauche ich kein Google Maps mehr, um zur Schule zu kommen. Auch den Weg zum Hoan Kiem See finde ich schon allein. Die Verkehrspolizisten, die an jeder größeren Straßenkreuzung stehen und an denen ich täglich auf meinem Schulweg (oder sollte ich lieber Arbeitsweg sagen!?) vorbei laufe, kennen mich inzwischen. Die normal immer „Taxi, Taxi“ schreienden Mopedtaxifahrer beachten mich gar nicht mehr. Die Umrechnung von Vietnam Đông in Euro und andersrum ist bei mir im Kopf schon richtig drin. Und so viel mehr ist für mich zur Routine geworden.

Dennoch entdecke, probiere und lerne ich jeden Tag so viel Neues. Ich staune über die kleinen, besonderen Dinge. Freue mich über jedes neue Essen und jede Begegnung.

In den nächsten Briefen möchte ich mehr über verschiedene Themen erzählen, Bilder mit dir teilen, kleine Besonderheiten meines Lebens beschreiben.

Ich möchte dir so die Möglichkeit geben, dich in meine Situation zu versetzen und einzutauchen in meine kleine vietnamesische Welt.

Hinterlass doch einen Kommentar für mich, worüber du gerne mehr erfahren würdest!

Mach‘s gut!

Deine Sophie

Meine Sammlung kleiner Glücksmomente

Hallo da draußen!

Vor ein paar Tagen bin ich lächelnd durch die Straßen Hanois getänzelt, habe mich über den Sonnenschein und die letzten Wochen (morgen ist es ein Monat, irgendwie kann ich es gar nicht fassen!?) in Hanoi gefreut. Inzwischen regnet es jeden Tag, aber das mit dem Lächeln und Tanzen wird so beibehalten.

„Ich bin wirklich glücklich!“

Man mag es nicht glauben, aber es stimmt. Ich bin glücklich.

In den letzten vier Wochen habe ich so viel erlebt, was ich hier alles gar nicht niederschreiben kann oder will. Ich hoffe mal, ihr verzeiht mir das; aber alles ausführlich zu schildern würde für mich Ewigkeiten zum schreiben dauern und für euch mindestens genau so lang zum Lesen. Also hier ein kurzer Überblick über mein Leben in Hanoi, meine Erfahrungen und vor allem meine Sammlung kleiner Glücksmomente:

Gerade denke ich an meine ersten Studen in Hanoi:

Die Freude, durch die Pass- und noch viel spannender – die Visumskontrolle gekommen zu sein.

Der Moment, mit dem zum Glück heil angekommenen Gepäck aus dem Flughafengebäude zu treten und von einem Schwall feucht-warmer Luft erschlagen zu werden.

Die erste Fahrt durch die Straßen dieser summenden, surrenden und hupenden Stadt.

Das erste vietnamesische Essen in einem kleinen Lokal auf einem Balkon, bis ein heftiger Regenschauer unsere sehr leckere Mahlzeit störte und wir innen weiteressen mussten. Und übrigens später auch durch diesen strömenden Regen zurück zum Hostel rennen mussten.

 

Die nächsten Tage habe ich mit der Wohnungssuche verbracht:

Nach gefühlten 30.000 Besichtigungen haben Nour, Theresa und ich doch noch ein ganz akzeptables Haus gefunden. Jede von uns drei Mädels hat ein Schlafzimmer und ein kleines Badezimmer. Wir haben eine schöne Küche und zu allem Luxus sogar zwei Dachterrassen. So kann man es sich gut gehen lassen. Bedenklich sind die Vermieterin und die Eidechsen, die sich als Mitbewohner herausgestellt haben. Mal sehen, wie sich das entwickeln wird.

Das Haus ist in einer kleine Gasse und in einem Hof mit verschiedenen anderen Häusern und Mitbewohnern. Diese grüße ich jeden Morgen und Abend mit einem Lächeln und einem „xin chao“. Sehr viel mehr als diese Standardfloskeln und bis 10 zählen kann ich in Vietnamesisch leider noch nicht. Trotz dem Interesse an dieser Sprache, hält mich die Intonation schon wirklich ab… hoffentlich, ändert sich das bald. Mit Englisch kommt man nämlich in den Nicht-Touri-Gegenden nicht sonderlich gut weiter.

Nicht ganz so toll ist höchstens die Entfernung zur Altstadt und meiner Schule, weshalb ich jeden Tag mindestens 7 km Strecke zurücklege. Mein Rekord waren 17,2 km. Das Fitnessstudio kann ich mir so auf jeden Fall schenken.

 

Ich denke zurück an viele Glücksmomente:

Die erste Fahrt auf einem Moped. Zugegeben, selbst gefahren bin ich nicht. Das würde ich mich bei dem verrückten Verkehr in Hanoi aber ehrlich gesagt auch nicht trauen. In meinem Reiseführer steht bei den Tipps für den Aufenthalt in Vietnam beispielsweise: „Auf den chaotischen Verkehr samt Motorradschwärmen biblischen Ausmaßes muss man sich einstellen. Ruhe bewahren und tief durchatmen!“. Zuerst habe ich das nicht geglaubt, aber inzwischen habe ich wirklich sehr großen Respekt vor den vielen Mopeds und Autos, die über die oft engen, aber definitiv immer vollgestopften Straßen sausen. Meine Taktik: nicht auf die Ampeln vertrauen, sondern lieber auf erfahrene Vietnamesen, die mit die die Straße überqueren und hoffen, dass sie sich besser mit dem Verkehr auskennen. Und sich nach jeder geglückten Straßen-Überquerungs-Mission wie eine Schneekönigin freuen.
Bei einer Wohnungsbesichtigung fand also unsere erste Mopedfahrt statt. Eine Maklerin wollte uns an einer bestimmten Adresse treffen. Wir haben diese Adresse trotz einiger Hilfe durch diverse Apps nicht finden können. Zum Glück hat uns dann die Maklerin gefunden. Kurzerhand saßen wir dann zu dritt auf dem Moped und sind durch sehr enge Gassen einer etwas abgelegenen Siedlung gedüst. Vor jeder Kreuzung hat die Dame gehupt und so signalisiert, dass ihr niemand einfach so entgegenkommen darf. In dieser Siedlung waren aber wirklich viele Schlaglöcher und Beulen, wodurch das Fahrterlebnis nochmal gesteigert wurde. Die Angst, dass etwas passiert jedoch auch.
Inzwischen gehört das Moped-Beifahrer-Sein zu meinem Alltag. Wenn man etwas spät dran ist oder sehr weite Entfernungen zu bewältigen hat, helfen Uber oder Grab super. Trotz großer Verständigungsschwierigkeiten – die wenigsten Fahrer verstehen Englisch – bin ich immer am gewünschten Ziel angekommen. Mal früher, mal später.

Ein Basketballspiel von Hanoi gegen Saigon: Ein Vietnamese, den ich durch ein Inserat auf Facebook kennengelernt habe, hat mich und meine Mitbewohnerinnen kurzerhand zu einem Basketballspiel eingeladen. Er hat Freikarten bekommen und wollte uns mitnehmen. Es war ein Spiel wie im Bilderbuch. Hanoi lag das ganze Spiel knapp vorm Rivalen Saigon. 14 Sekunden vorm Spielende hat Saigon dann die Führung erlangen könne. Innerhalb der letzten 13 Sekunden hätte Hanoi also einen Korb für den Sieg werfen müssen. Alle Hanoier – inklusive uns neuen Hanoiern – haben so mitgefiebert und fast wäre der Sieg geglückt. Leider hat sich der entscheidende Spieler zu viel Zeit gelassen und so hat Hanoi verloren. 72:73, denkbar knapp. Dennoch war es ein Spiel voll von Energie und Begeisterung. Ich muss sagen, ich habe zuvor noch nie ein Basketballspiel erleben können und dachte auch nicht, dass mich sowas interessieren würde. Nach den ersten Sekunden war ich aber Feuer und Flamme für die Hanoi Buffallos, habe „Let’s Go, Hanoi, let’s go!“ mitgeschrien und bei jedem Korb mitgejubelt.
Erstaunt bei diesem Spiel hat mich einfach, wie verbunden ich mich dabei mit Hanoi gefühlt habe. Noch keinen Monat in der Stadt und schon vollauf begeistert.

Ein Taxifahrer. Während meiner Zeit im Hostel, bin ich jeden Morgen an der gleichen Kreuzung kurz vor der Viet Duc Schule vorbeigelaufen. Nach einer Straßenüberquerung und circa vierzig Metern war ich dann bei der Schule. An jener Kreuzung lag jedoch nun jeden Tag ein Taxifahrer auf seinem Moped und hat mich gefragt „Taxi!?“. Ich habe ihm beim ersten Mal erklärt, dass mein Arbeitsplatz nicht mal eine Minute zu Fuß entfernt sei. Das hat er dann eingesehen und mich weitergehen lassen.
Am nächsten Morgen bin ich wieder an die Kreuzung gekommen und er hat erneut „Taxi!?“ gefragt. Ich wollte ihm wieder erklären, dass die Schule nur wenige Schritte weiter sei. Er hat mich aber wiedererkannt und wissend gelächelt.
Den Morgen danach musste ich das gar nicht mehr erklären, was mir sein lustiges Lächeln schon gezeigt. hat.

Mein Alltag in Hanoi wird genau durch solche tollen Erfahrungen und Begegnungen bereichert.

Sei es ein anderer Taxifahrer, der mir trotz meines „No, thank you“ zum Angebot für eine Taxifahrt ein „I love you“ hinterherruft. Sei es ein Schüler, der mit mir eine Brieffreundschaft begonnen hat, bei der ich seine Briefe korrigiere und ihm dann mit einem eigenen Brief antworte. Sei es ein Schüler, der mir stolz seine Tanzgruppe in der Schule zeigt und mir mit eben dieser eine Privataufführung liefert. Sei es ein Abend im Open-Air-Jazz-Club, der wegen strömenden Regens zu einer nassen Angelegenheit wurde, bei der wir im bis zu unseren Knöcheln reichenden Wasser getanzt haben. Sei es ein Mann am Hoan-Kiem-See, der mich wegen einer Mopedtour durch Hanoi anspricht, ich wegen der Arbeit ablehnen muss und er mir trotzdem eine wundervolle Zeit und einen vietnamesischen Freund wünscht, weil ich ja „so beautiful“ sei. Seien es zwei vietnamesische Studenten, die sich mit mir in der Mittagspause nett unterhalten, um ihre Englisch-Kenntnisse zu vebessern. Sei es ein Treffen mit einem Vietnamesen, der mich mit dem Moped durch Hanoi fährt und zu einem leckeren kleinen Restaurant mit Pho, welche im Wohnzimmer der Familie serviert wird, einlädt und mir danach sein Lieblings-Cafe zeigt. Sei es eine vietnamesische Lehrerin, die mir von ihren Plänen, nach Deutschland auszuwandern, erzählt und mir ihre Hilfe bei allen Problemen anbietet. Sei es der Geburtstag eines Schülers, der eine Torte geschenkt bekommen hat, diese mit allen geteilt hat und sich sehr über meinen deutschen Glückwunsch „Alles Gute zum Geburtstag“ sehr gefreut hat. Sei es ein Schüler, der mir erklärt hat, ich sei eine Berühmtheit in der Viet Duc Schule und sogar seine Literaturlehrerin hätte gesagt, ich sei so hübsch.

Ihr seht schon, so könnte es noch ewig weitergehen. Ich möchte jetzt aber niemandes Zeit weiter in Anspruch nehmen und werde mich (hoffentlich) bald wieder melden.

Bis dahin sage ich „Tam Biet“ und wünsche euch eine genau so aufregende Zeit, wie ich sie erleben darf.

Eure Sophie

 

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