Neunzehntes Türchen – Häh? Ich hör’s einfach nicht.

Da sitzen sie.
Drei junge Freiwillige.
Und eine fast genau so junge Lehrerin.
Die Lehrerin sagt etwas.
„Zwischen … und … ist doch ein Unterschied!“
Die Antwort einer Freiwilligen.
„Häh? Ich hör’s einfach nicht.“
Das Lachen der anderen beiden.
„Ich auch nicht.“

So oder so ähnlich geht es Nour, Theresa und mir ziemlich oft.

Wann? Jeden Donnerstag und Freitag für zwei Stunden.
Welcher Anlass? Beim vietnamesischen Sprachunterricht.
Warum? Weil ein Sprachkurs von kulturweit verpflichtend ist und die vietnamesische Sprache richtig schwierig ist.

Aber halt! Jetzt erst mal von Anfang an. Wir beginnen mit den allgemeinen Infos über Tiếng Việt, die vietnamesische Sprache:

Mehr als 84 Millionen Menschen haben Vietnamesisch als Muttersprache. Wirklich einig sind sich die Forscher noch nicht, mit welchen anderen Sprachen der Region es verwandt ist. Zugeordnet ist die vietnamesische Sprache jedoch der Viet-Muong-Sprachgruppe. Entlehnt wurden viele Begriffe aus dem Chinesischen und der Mon-Khmer-Sprache. Aber auch durch die lange Besatzung durch die Franzosen haben sich einige französische Wortelemente eingeschlichen. Am Bahnhof kann man beispielsweise das vietnamesische „ga“ lesen, welches vom französischen la gare abstammt. Schon ziemlich ähnlich, oder?
Im Vietnamesischen kann man drei Dialekte unterscheiden, wie auch das Land geografisch unterteilt wird: der Dialekt des Nordens, Zentralvietnams und des Südens. Wie Hochdeutsch gibt es in Vietnam Hochvietnamesisch, welches sich auf Grundlage der nördlichen Dialekte entwickelte.

Vietnamesisch ist (leider Gottes!) eine Tonsprache. Die Basics, also die Grundwörter bestehen normalerweise aus nur einer Silbe. Jetzt magst du dir vielleicht denken, dass es dann ja gar nicht so schwierig sein kann. Und doch liegst du falsch!
Jede Silbe trägt nämlich einen der insgesamt sechs möglichen Töne. Unterschiede gibt es in der Höhe, dem Verlauf, der Intensität und der Dauer. Nun ist es unabdingbar, sich um eine saubere Aussprahe der Laute zu bemühen, aber auch den entsprechenden Ton korrekt zu treffen. Was wenn nicht? Dann kann es zu unliebsamen Missverständnissen kommen, da viele lautlich gleiche Silben mit verschiedenen Tönen total unterschiedliche Bedeutungen haben.
Nehmen wir nun mal das Wort „bo“. Es kann Rindfleisch (bei Pho Bo, wer aufgepasst hat, weiß, was das gutes ist), Vater, Liebhaber, wegschmeißen, Butter, Ministerium oder Avocado heißen. Jetzt stell dir mal vor, in welche peinlichen Situationen man vor allem mit Liebhaber und Vater schlittern kannst…

Als Ausgleich dazu darf ich dir mitteilen, dass die Grammatik im Vietnamesischen wesentlich einfacher als im Deutschen ist (schwerer würde wohl kaum gehen). Sie folgt nämlich der strikten Regel Subjekt – Prädikat – Objekt. Auch mit schwierigen Formen wie Plusquamperfekt, Futur 2 oder einfach Präteritum muss man sich nicht herumschlagen. Die Zeitform wird nämlich nur aus dem Kontext hervor oder durch bestimmte Wörter (wie gestern, morgen) verdeutlicht.
Besondere Formen im Plural (wie der Apfel -> die Äpfel) gibt es auch nicht. Mithilfe von Zähleinheitswörter wird die Anzahl an Dingen verdeutlicht. Schön, oder?

Besonders faszinierend finde ich das noch: Ursprünglich hat im Vietnamesischen jedes Wort nur eine Silbe. Im Laufe der Jahre haben sich aber auch zweisilbige Wörter in den Wortschatz der Sprache eingeschlichen. Nehmen wir mal das Wort: chó. Spricht man vom Hund als Tier, sagt man con chó (Tier + Hund). Möchte man jedoch im Restaurant Hundefleisch bestellen – an dieser Stelle der Hinweis, dass ich das noch nie gemacht habe! Aber schon Hund am Spieß gesehen habe – sagt man thịt chó (Fleisch + Hund).

Noch kurz etwas zur Schrift: Schau dir doch mal den Titel meines Blogs an! Gar nicht so große Unterschiede zu unserer Schrift. Früher war das aber noch anders. Während der chinesischen Besatzungszeit wurden nämlich chinesische Schriftzeichen verwendet. Ende der 1620er-Jahre kam der Missionar Alexandre de Rhodes jedoch und hat die chinesischen Schriftzeichen kurzerhand in lateinische Buchstaben umgewandelt. Dabei musste er aber auch die vietnamesischen Tonhöhen beachten. Aus diesem Grund hat er die im Griechischen üblichen diakritischen Zeichen verwendet und so eingefügt, dass man nun Vietnamesisch lesen konnte.

Insgesamt hat das vietnamesische Alphabet 30 Lautzeichen vorzuweisen. Viele werden wie im Deutschen ausgesprochen. Leider jedoch nicht alle, was das ganze wirklich schwierig macht.

Und da sind wir auch schon beim Punkt. Vietnamesisch ist richtig schwierig!
Ich kann dir nicht mal sagen, was genau die Sprache so schwierig macht. Vielleicht ist es einfach die Kombination aus vielen verschiedenen Dingen:

Natürlich kann ich einen Text als wäre es ein deutscher Text vorlesen und mit viel Ach und Krach auch noch relativ die richtigen Betonungen vortragen. Aber meistens passt es halt doch nicht.
Natürlich kann ich mich bemühen, mir die Wörter zu merken. Aber meistens klappt es halt doch nicht. Das Vokabular ist einfach so weit entfernt vom Deutschen, Englischen oder Lateinischen, dass ich keine Verbindungen ziehen kann.
Natürlich versuche ich, die Wortstellungen im Satz zu lernen. Aber meistens bleibt es einfach nicht im Kopf.
Natürlich versuche ich, die Unterschiede bei vier verschiedenen „bo“s zu hören. Aber meistens höre ich es nicht. Selbst nach dem zehnten Mal Vorsprechen von Van, unserer lieben Vietnamesischlehrerin, bleibt das „Häh? Ich hör’s nicht!“

Am wohl enttäuschendsten ist und bleibt jedoch die Tatsache, dass viele Vietnamesen – so vermute ich zumindest stark – mich gar nicht verstehen wollen. Wenn ich im Restaurant nach dem Preis auf Vietnamesisch frage und mich dabei richtig toll fühle und der Kellner einfach auf Englisch antwortet. Du hast wirklich keine Ahnung, wie enttäuschend das sein kann.

Und trotzdem darf ich stolz behaupten, dass mir die Sprache auch Spaß macht.
Wenn ein Kellner doch mal auf Vietnamesisch antwortet. Wenn am Hoan Kiem See ein alter Mann fragt, woher du kommst, du die Frage verstehst und auch noch antworten kannst. Wenn du dein Essen alleine bestellen kannst und oft sogar verstehst, was du gerade geordert hast. Wenn du endlich weißt, was Mann und Frau auf Vietnamesisch heißt und du mit Sicherheit die richtige Toilette wählen kannst. Wenn du bekannte Wörter bei Gesprächen der Schüler verstehst und dir auf Nachfrage bestätigt wird, dass es stimmt. Wenn du dem Uberfahrer endlich die Straße und die Hausnummer auf Vietnamesisch sagen kannst und er dich versteht (haben sie lange nämlich nicht, aber jetzt habe ich den Dreh raus). Wenn viele viele Schüler um dich herum stehen und dir die Vietnamesisch-Hausaufgabe erklären und dir so viel wie möglich mit großer Begeisterung beibringen wollen. Und auch, wenn dir ein Schüler – ganz geheimnisvoll und flüsternd, damit die Lehrerin davon keinen Wind bekommt – ein wirklich schreckliches Schimpfwort beibringt und begeistert grinst, wenn du es richtig ausgesprochen hast.

Am schönsten war bis jetzt jedoch ein Erlebnis in einer zehnten Klasse und wenn ich daran denke, kommt mir wieder ein Lächeln auf die Lippen: Die Schüler haben eine Stunde lang nach den Semesterprüfungen wiederholt, wie man sich auf Deutsch ordentlich vorstellt mit Name, Alter, Familienmitglieder, Hobbys, …
Nun kann ich das auf Deutsch natürlich auch, aber Deutsch ist ja „langweilig“. Warum also nicht auf Vietnamesisch? Nachdem ich das der Lehrerin vorgeschlagen hatte und ich nach ihrer Erlaubnis aufgestanden war, war der große Moment gekommen und ich fing an mit „tôi tên là Sophie“ und die komplette Klasse jubelte und applaudierte. Die restlichen Sätze ging es so weiter und als ich fertig war und die Stunde zuende, habe ich mich über mehr strahlende Gesichter und einige „Auf Wiedersehen“ ’s mehr als normal freuen dürfen.

Genau das ist die Sache, dass man Respekt für das Land zeigt, in dem man temporär lebt, dessen Kultur man erleben möchte, dessen Menschen man kennenlernen möchte. Ich finde es ist das Mindeste für mich, diese Sprache wenigstens in ihren Grundzügen zu lernen. Wenigstens so weit, dass ich ein wenig Konverstation betreiben kann und der Person gegenüber so mein Interesse und meine Wertschätzung für ihr Land zeigen kann. Und auch meine Liebe für das Land. Ich kann stolz sagen:

Tôi yêu Việt Nam!“

Ich liebe Vietnam!

Liebe Grüße sendet die hart-mit-der-vietnamesischen-Sprache-kämpfende Sophie

 

 

 

Post ist da! – der Eröffnungsbrief

Mittwoch, den 01.11.2017

 

Lieber Leser, Liebe Leserin,

wie geht es dir? Ich hoffe natürlich mindestens genau so gut wie mir!

Leider habe ich dir jetzt schon sehr lange nicht mehr geschrieben. Das möchte ich jetzt aber mit einer Reihe an Briefen nachholen.

Inzwischen bin ich seit sieben Wochen in Vietnam. Sieben Wochen!

Ehrlich gesagt kommt es mir gar nicht so vor. Natürlich brauche ich kein Google Maps mehr, um zur Schule zu kommen. Auch den Weg zum Hoan Kiem See finde ich schon allein. Die Verkehrspolizisten, die an jeder größeren Straßenkreuzung stehen und an denen ich täglich auf meinem Schulweg (oder sollte ich lieber Arbeitsweg sagen!?) vorbei laufe, kennen mich inzwischen. Die normal immer „Taxi, Taxi“ schreienden Mopedtaxifahrer beachten mich gar nicht mehr. Die Umrechnung von Vietnam Đông in Euro und andersrum ist bei mir im Kopf schon richtig drin. Und so viel mehr ist für mich zur Routine geworden.

Dennoch entdecke, probiere und lerne ich jeden Tag so viel Neues. Ich staune über die kleinen, besonderen Dinge. Freue mich über jedes neue Essen und jede Begegnung.

In den nächsten Briefen möchte ich mehr über verschiedene Themen erzählen, Bilder mit dir teilen, kleine Besonderheiten meines Lebens beschreiben.

Ich möchte dir so die Möglichkeit geben, dich in meine Situation zu versetzen und einzutauchen in meine kleine vietnamesische Welt.

Hinterlass doch einen Kommentar für mich, worüber du gerne mehr erfahren würdest!

Mach‘s gut!

Deine Sophie

Meine Sammlung kleiner Glücksmomente

Hallo da draußen!

Vor ein paar Tagen bin ich lächelnd durch die Straßen Hanois getänzelt, habe mich über den Sonnenschein und die letzten Wochen (morgen ist es ein Monat, irgendwie kann ich es gar nicht fassen!?) in Hanoi gefreut. Inzwischen regnet es jeden Tag, aber das mit dem Lächeln und Tanzen wird so beibehalten.

„Ich bin wirklich glücklich!“

Man mag es nicht glauben, aber es stimmt. Ich bin glücklich.

In den letzten vier Wochen habe ich so viel erlebt, was ich hier alles gar nicht niederschreiben kann oder will. Ich hoffe mal, ihr verzeiht mir das; aber alles ausführlich zu schildern würde für mich Ewigkeiten zum schreiben dauern und für euch mindestens genau so lang zum Lesen. Also hier ein kurzer Überblick über mein Leben in Hanoi, meine Erfahrungen und vor allem meine Sammlung kleiner Glücksmomente:

Gerade denke ich an meine ersten Studen in Hanoi:

Die Freude, durch die Pass- und noch viel spannender – die Visumskontrolle gekommen zu sein.

Der Moment, mit dem zum Glück heil angekommenen Gepäck aus dem Flughafengebäude zu treten und von einem Schwall feucht-warmer Luft erschlagen zu werden.

Die erste Fahrt durch die Straßen dieser summenden, surrenden und hupenden Stadt.

Das erste vietnamesische Essen in einem kleinen Lokal auf einem Balkon, bis ein heftiger Regenschauer unsere sehr leckere Mahlzeit störte und wir innen weiteressen mussten. Und übrigens später auch durch diesen strömenden Regen zurück zum Hostel rennen mussten.

 

Die nächsten Tage habe ich mit der Wohnungssuche verbracht:

Nach gefühlten 30.000 Besichtigungen haben Nour, Theresa und ich doch noch ein ganz akzeptables Haus gefunden. Jede von uns drei Mädels hat ein Schlafzimmer und ein kleines Badezimmer. Wir haben eine schöne Küche und zu allem Luxus sogar zwei Dachterrassen. So kann man es sich gut gehen lassen. Bedenklich sind die Vermieterin und die Eidechsen, die sich als Mitbewohner herausgestellt haben. Mal sehen, wie sich das entwickeln wird.

Das Haus ist in einer kleine Gasse und in einem Hof mit verschiedenen anderen Häusern und Mitbewohnern. Diese grüße ich jeden Morgen und Abend mit einem Lächeln und einem „xin chao“. Sehr viel mehr als diese Standardfloskeln und bis 10 zählen kann ich in Vietnamesisch leider noch nicht. Trotz dem Interesse an dieser Sprache, hält mich die Intonation schon wirklich ab… hoffentlich, ändert sich das bald. Mit Englisch kommt man nämlich in den Nicht-Touri-Gegenden nicht sonderlich gut weiter.

Nicht ganz so toll ist höchstens die Entfernung zur Altstadt und meiner Schule, weshalb ich jeden Tag mindestens 7 km Strecke zurücklege. Mein Rekord waren 17,2 km. Das Fitnessstudio kann ich mir so auf jeden Fall schenken.

 

Ich denke zurück an viele Glücksmomente:

Die erste Fahrt auf einem Moped. Zugegeben, selbst gefahren bin ich nicht. Das würde ich mich bei dem verrückten Verkehr in Hanoi aber ehrlich gesagt auch nicht trauen. In meinem Reiseführer steht bei den Tipps für den Aufenthalt in Vietnam beispielsweise: „Auf den chaotischen Verkehr samt Motorradschwärmen biblischen Ausmaßes muss man sich einstellen. Ruhe bewahren und tief durchatmen!“. Zuerst habe ich das nicht geglaubt, aber inzwischen habe ich wirklich sehr großen Respekt vor den vielen Mopeds und Autos, die über die oft engen, aber definitiv immer vollgestopften Straßen sausen. Meine Taktik: nicht auf die Ampeln vertrauen, sondern lieber auf erfahrene Vietnamesen, die mit die die Straße überqueren und hoffen, dass sie sich besser mit dem Verkehr auskennen. Und sich nach jeder geglückten Straßen-Überquerungs-Mission wie eine Schneekönigin freuen.
Bei einer Wohnungsbesichtigung fand also unsere erste Mopedfahrt statt. Eine Maklerin wollte uns an einer bestimmten Adresse treffen. Wir haben diese Adresse trotz einiger Hilfe durch diverse Apps nicht finden können. Zum Glück hat uns dann die Maklerin gefunden. Kurzerhand saßen wir dann zu dritt auf dem Moped und sind durch sehr enge Gassen einer etwas abgelegenen Siedlung gedüst. Vor jeder Kreuzung hat die Dame gehupt und so signalisiert, dass ihr niemand einfach so entgegenkommen darf. In dieser Siedlung waren aber wirklich viele Schlaglöcher und Beulen, wodurch das Fahrterlebnis nochmal gesteigert wurde. Die Angst, dass etwas passiert jedoch auch.
Inzwischen gehört das Moped-Beifahrer-Sein zu meinem Alltag. Wenn man etwas spät dran ist oder sehr weite Entfernungen zu bewältigen hat, helfen Uber oder Grab super. Trotz großer Verständigungsschwierigkeiten – die wenigsten Fahrer verstehen Englisch – bin ich immer am gewünschten Ziel angekommen. Mal früher, mal später.

Ein Basketballspiel von Hanoi gegen Saigon: Ein Vietnamese, den ich durch ein Inserat auf Facebook kennengelernt habe, hat mich und meine Mitbewohnerinnen kurzerhand zu einem Basketballspiel eingeladen. Er hat Freikarten bekommen und wollte uns mitnehmen. Es war ein Spiel wie im Bilderbuch. Hanoi lag das ganze Spiel knapp vorm Rivalen Saigon. 14 Sekunden vorm Spielende hat Saigon dann die Führung erlangen könne. Innerhalb der letzten 13 Sekunden hätte Hanoi also einen Korb für den Sieg werfen müssen. Alle Hanoier – inklusive uns neuen Hanoiern – haben so mitgefiebert und fast wäre der Sieg geglückt. Leider hat sich der entscheidende Spieler zu viel Zeit gelassen und so hat Hanoi verloren. 72:73, denkbar knapp. Dennoch war es ein Spiel voll von Energie und Begeisterung. Ich muss sagen, ich habe zuvor noch nie ein Basketballspiel erleben können und dachte auch nicht, dass mich sowas interessieren würde. Nach den ersten Sekunden war ich aber Feuer und Flamme für die Hanoi Buffallos, habe „Let’s Go, Hanoi, let’s go!“ mitgeschrien und bei jedem Korb mitgejubelt.
Erstaunt bei diesem Spiel hat mich einfach, wie verbunden ich mich dabei mit Hanoi gefühlt habe. Noch keinen Monat in der Stadt und schon vollauf begeistert.

Ein Taxifahrer. Während meiner Zeit im Hostel, bin ich jeden Morgen an der gleichen Kreuzung kurz vor der Viet Duc Schule vorbeigelaufen. Nach einer Straßenüberquerung und circa vierzig Metern war ich dann bei der Schule. An jener Kreuzung lag jedoch nun jeden Tag ein Taxifahrer auf seinem Moped und hat mich gefragt „Taxi!?“. Ich habe ihm beim ersten Mal erklärt, dass mein Arbeitsplatz nicht mal eine Minute zu Fuß entfernt sei. Das hat er dann eingesehen und mich weitergehen lassen.
Am nächsten Morgen bin ich wieder an die Kreuzung gekommen und er hat erneut „Taxi!?“ gefragt. Ich wollte ihm wieder erklären, dass die Schule nur wenige Schritte weiter sei. Er hat mich aber wiedererkannt und wissend gelächelt.
Den Morgen danach musste ich das gar nicht mehr erklären, was mir sein lustiges Lächeln schon gezeigt. hat.

Mein Alltag in Hanoi wird genau durch solche tollen Erfahrungen und Begegnungen bereichert.

Sei es ein anderer Taxifahrer, der mir trotz meines „No, thank you“ zum Angebot für eine Taxifahrt ein „I love you“ hinterherruft. Sei es ein Schüler, der mit mir eine Brieffreundschaft begonnen hat, bei der ich seine Briefe korrigiere und ihm dann mit einem eigenen Brief antworte. Sei es ein Schüler, der mir stolz seine Tanzgruppe in der Schule zeigt und mir mit eben dieser eine Privataufführung liefert. Sei es ein Abend im Open-Air-Jazz-Club, der wegen strömenden Regens zu einer nassen Angelegenheit wurde, bei der wir im bis zu unseren Knöcheln reichenden Wasser getanzt haben. Sei es ein Mann am Hoan-Kiem-See, der mich wegen einer Mopedtour durch Hanoi anspricht, ich wegen der Arbeit ablehnen muss und er mir trotzdem eine wundervolle Zeit und einen vietnamesischen Freund wünscht, weil ich ja „so beautiful“ sei. Seien es zwei vietnamesische Studenten, die sich mit mir in der Mittagspause nett unterhalten, um ihre Englisch-Kenntnisse zu vebessern. Sei es ein Treffen mit einem Vietnamesen, der mich mit dem Moped durch Hanoi fährt und zu einem leckeren kleinen Restaurant mit Pho, welche im Wohnzimmer der Familie serviert wird, einlädt und mir danach sein Lieblings-Cafe zeigt. Sei es eine vietnamesische Lehrerin, die mir von ihren Plänen, nach Deutschland auszuwandern, erzählt und mir ihre Hilfe bei allen Problemen anbietet. Sei es der Geburtstag eines Schülers, der eine Torte geschenkt bekommen hat, diese mit allen geteilt hat und sich sehr über meinen deutschen Glückwunsch „Alles Gute zum Geburtstag“ sehr gefreut hat. Sei es ein Schüler, der mir erklärt hat, ich sei eine Berühmtheit in der Viet Duc Schule und sogar seine Literaturlehrerin hätte gesagt, ich sei so hübsch.

Ihr seht schon, so könnte es noch ewig weitergehen. Ich möchte jetzt aber niemandes Zeit weiter in Anspruch nehmen und werde mich (hoffentlich) bald wieder melden.

Bis dahin sage ich „Tam Biet“ und wünsche euch eine genau so aufregende Zeit, wie ich sie erleben darf.

Eure Sophie

 

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