Siebzehntes Türchen – Ich glaube an…

„Ich glaube …“

das ist der Anfang einer Satzes, in dem es um vieles gehen kann.

… dass es dieses Jahr in Hanoi schneien wird.
… ich viele Weihnachtsgeschenke bekommen werde.
… dass die Klausur extrem gut gelaufen ist.
… ich beim Lotto Millionärin werde.

Glauben kann man fast alles. Ob es stimmt, ist dann etwas anderes. Wie sagt man so schön „Wer’s glaubt, wird seelig!“

Mit diesem Satzanfang kann man aber nicht nur eine Vielleicht/Wahrscheinlich/Eventuell-Aussage machen, sondern auch seinen Glauben bekennen.

„Ich glaube an…“

Aber woran glauben eigentlich die Vietnamesen? Genau darum soll es heute im siebzehnten Türchen gehen. Religion und Glauben.

Sonderlich religiös ist ein großer Teil der Bevölkerung nicht. Laut einer Umfrage zur Gretchenfrage (ja, ich habe in Deutsch bei „Faust“ von Goethe bestens aufgepasst!) bezeichnen sich nämlich nur 20% der Vietnamesen als gläubig.

Hauptsächlich von den Strömungen Chinas ist die Religion Vietnams beeinflusst. Dazu dürfen Mahayana-Buddhismus, der Taoismus (auch Daoismus genannt) und der Konfuzianismus gezählt werden. Nicht zu vergessen, wenn auch kleiner, ist die indische Prägung, die man vor allem im Süden des Lander vorfinden kann. Und das sind: der Hinduismus, der Thereavada-Buddhismus und der Islam.
Mitspielen dürfen seit dem 15. Jahrhundert aber auch westliche Geistesströmungen. So kamen der Katholizismus und einige Zeit später auch der Protestantismus mit.
Allein vietnamesisch und neu entstanden sind Anfang des 20. Jahrhunderts wegen politischer und sozialer Unruhen außerdem noch der Caodaismus sowie der Hoa Hao-Buddhismus.

Mit einigen wirst du vermutlich nicht viel anfangen können. Ich muss zugeben, das konnte ich vor dem Verfassen dieses Blogartikels auch nicht wirklich. Ich versuche dir, aber so knapp wie möglich, aber (hoffentlich) verständlich zu erklären, worum es sich bei allen handelt. Ich glaube… jetzt kann’s losgehen!

Buddhismus

Die wenigsten Vietnamesen leben allein den Buddhismus rein aus. Neben Buddha werden oft noch andere Gottheiten verehrt, Geister angebetet und Ahnen verehrt. Deshalb kann man schon fast sagen, dass der Buddhismus eine Art Volksreligion ist, die sich mit vielen verschiedenen Strömungen vermixt hat. Diese Volksreligion hat alle anderen wichtigen religiösen Strömungen aufgenommen. Aus diesem Grund lassen sich in den buddhistischen Tempeln oft auch andere Götter finden.
In Vietnam herrscht insgesamt die Schule des Mahayana-Buddhismus (Dai Thua oder Bac Tong, was so viel wie „aus dem Norden“ bedeutet) vor. Vor allem der Zen-Buddhismus (Dhyana oder Thien) ist als Strömung des Mahayana im Land dominant. Der Begriff Zen bedeutet „Zustand der meditativen Versenkung“, deshalb ist es nicht verwunderlich, dass man von „Meditationsbuddhismus“ spricht. Eine andere besondere Strömung ist Dao Trang, die Schule des Reinen Landes, welche hauptsächlich im Süden vorzufinden ist.
Nur noch im Süden Vietnams bei einer ethnischen Minderheit, den Khmer, wird der Theravada-Buddhismus aktiv praktiziert.

 

Taoismus

Etwa um Christi Geburt, während die chinesische Besatzung Vietnam belagerte, kam der Taoismus (der auch oft Daoismus genannt wird) ins Land. Entstanden ist er in China und er gründet auf Laotses („Der Alte“), welcher im 6. Jahrhundert vor Christus das dem Taoismus zugrunde liegende Buch Tao-te Ching geschrieben hat.
So wirklich einfach zu verstehen ist diese Religion beim besten Willen nicht. Es gibt nämlich eine Vielzahl an Göttern in verschiedenen Rängen. Außerdem komplexe Rituale, mit denen eine Art Dualität im Gleichgewicht gehalten werden soll. Innere Einkehr und Einfachheit sind bei dieser Philosophie die wichtigsten Prinzipien. Sie sind auf Tao, den Weg oder die Essenz, aus dem alles besteht und entstand, begründet. Am und duong, welche im Chinesischen als Ying und Yang bekannt sind, sind besonders wichtig.

Konfuzianismus

Nicht so sehr als richtige Religion, sondern eher als Philosophie kann der Konfuzianismus (Nho Giao oder Khong Giao) gesehen werden. Entscheidend war er seit jeher für das Gemeinschaftswesen Vietnams, das Leben und den Glauben des Volkes.
Im Jahr 550 vor Christus wurde Konfuzius (Khong Tu) geboren. Mit seinen Ethikregeln entwickelte er einen Katalog für die Pflichten des Einzelnen bezüglich Familie, Gesellschaft und Staat. Bis heute bilden Prinzipien wie Angepasstheit und Pflichterfüllung das Fundament der vietnamesischen Gesellschaft.

Caodaismus

Eine originär vietnamesische Religion ist der Caodismus. Er entstand 1925 im Süden Vietnams und es werden dabei religiöse Philosophien von West und Ost verbunden. Neben Jeanne d’Arc, William Shakesppeare und Victor Hugo, die im Hinblick auf Religion vielleicht etwas fehl am Platz wirken, spielen auch Buddha, Konfuzius, Jesus, Moses und Mohammed als Propheten in diese Religion. Diesen kann man übrigens versiegelte Briefe schreiben oder mit Hile einer menschlichen Mediums in Kontakt mit ihnen treten.
Die Rituale des Caodismus entstammen dem Taoismus und Buddhismus, deshalb gibt es oft Seancen und Meditation.
Heute gibt es ungefähr zwei bis drei Millionen Anhänger in Vietnam. In Tay Ninh, nordwestlich von Saigon kann man – habe ich übrigens auch schon gemacht – den wunderschönen, farbenfrohen Hauptsitz des Caodismus bewundern.

Hao Hoa-Buddhismus

Im Jahre 1939 entdeckte der Mystiker Huynh Phu So im Mekong-Delta während einer Art Trance-Schlaf, wie man den Buddhismus richtig leben soll, übersetzt bedeutet es so viel wie „Friede und Freundlichkeit“. Nicht verwunderlich ist dann auch, dass die Gläubigen durch einfache Mittel wie Meditation, Fasten und Beten die Erleuchtung erhalten. Heilige oder Mittler werden nicht benötigt. Außerdem kann man ganz entspannt Zuhause beten und muss nicht ins Kloster.
Seiner Ansicht nach sind verschiedene Prinzipien besonders wichtig: die Hochachtung der Eltern durch ihre Kinder (Grüße an Mama und Papa, ich hoffe, das klappt meistens!?), der Verzicht auf Alkohol, Opium und Glücksspiel. Dieser Prinzipien sollte sich doch wirklich jeder mal annehmen, oder?

Christentum

Nachdem Missionare im 16. Jahrhundert ausgesprochen erfolgreich das Christentum in Vietnam eingeführt haben, lebt in Vietnam nach den Phillippinen die zweitgrößte Gemeinde südostasiatischer Christen. Circa acht bis zehn Prozent aller Vietnamesen sind katholisch. Aus diesem Grund findet man heute neben den vielen Tempeln und Pagoden in Hanoi auch einige Kirchen und darf – wenn auch selten oder durch das Hupen der Autos – leise mal das Läuten von Kirchenglocken genießen.
Übrigens gibt es seit 1911 auch den Protestantisms. Die Mehrzahl der circa 200.000 Anhänger ist die Bevölkerung von Bergvölkern im zentralen Hochland.

Islam

Vor allem die Anhörigen des Cham-Volks, die im Süden des Landes leben, sind Muslime. Insgesamt zählt der Islam 93.000 Gläubige in Vietnam. Nachdem nur kleine Teile des Korans ins Vietnamesische übersetzt sind, kennen nur wenige Vietnamesen dkennt kaum einer den kompletten Koran. Deshalb und da an das Leben hier angepasst, beten viele Cham-Muslime nur freitags, wobei oft auch orthodoxeren muslimischen Regeln gefolgt wird. Beispielsweise nimmt man die muslimischen Regeln nicht so genau. Der Ramadan dauert keinen Monat, sondern nur 3 Tage und über das Alkoholverbot wird gerne hinweggesehen. Der Verzicht von Schweinefleisch wird aber aufrechterhalten.

Hinduismus

Heute spielt der Hinduismus nur noch für indische Einwohner von Saigon, sowie die rund 60.000 Gläubigen Cham eine Rolle. Die hinduistischen Cham wohnen wie die muslimischen Cham vor allem an der zentralen Südküste. Besonders interessant ist die hinduistische Religion, die es schon seit dem 1. Jahrhundert in Vietnam durch indische Handelsleute gibt, heute noch in My Son, einer alten Stätte der Cham zu sehen. Hier kann man Symbole von Shiva, Ganesh und Visnuh bewundern.

 

Im Jahr 1997 fand die letzte staatliche Umfrage statt. Demnach soll es in Vietnam etwa 7,6 Millionen Buddhisten geben. Mit 5 Millionen Katholiken und 400.000 Protestanten liegt das Christentum auf Platz zwei. Zu verzeichnen sind außerdem 1,1 Millionen Caodaisten sowie 1,3 Millionen Hao Hoa und 93.000 Moslems.

Jeder, der schon mal in Vietnam war, mag sich jetzt vielleicht wundern. An gefühlt jeder Straßenecke sieht man doch einen Buddha. Wie kann die Zahl an Buddhisten dann doch so gering sein? Die Zahl berücksichtigt nur Menschen, die sich der reinen Lehre von Siddhartha Gautama zugehörig fühlen. Eine Vielzahl an Vietnamesen praktiziert jedoch eine Mischung aus Buddhismus, Animismus, Taoismus und Ahnenkult. So gesehen nennen sich zwei Drittel aller Vietnamesen Buddhisten.

Innerhalb von vielen Jahrhunderten schmolzen Konfuzianismus, Taoismus und Buddismus zusammen mit dem uralten vietnamesischen Animismus und chinesischem Volksglauben zur heutigen Tam Giao (Dreierreligion) zusammen. Mit dieser identifizieren sich heute viele Vietnamesen.

 

Du merkst bestimmt gerade schon, dass es echt schwierig ist, sich das ganze zu merken. Noch schwieriger ist es jedoch, das auch noch richtig zu verstehen. Mit diesem Türchen wollte ich dir jedoch wenigstens einen kleinen Einblick geben. Ich hoffe mal, das ist gelungen.

Ich glaube… jetzt reicht’s für heute.

Viele Grüße deine an-Heilig-Abend-einen-katholischen-Gottesdienst-auf-Englisch-besuchende Sophie

Siebtes Türchen – Mein Hut, der hat drei Ecken

Ich gebe dir eine Aufgabe, keine Angst, sie ist nicht schwierig:
Stelle dir einen Timer für eine Minute. Nun schließe eine Minute lang deine Augen und stell dir Vietnam vor! Öffne deine Augen nach dem Signal, komm wieder in der Realität an und lies weiter!

Bestimmt hast du in dieser Minute eine Reise durch Vietnam gemacht.
Vielleicht hast du Reisterrassen gesehen. Vielleicht bist du durch die engen Gässchen Hanois gewandert.
Vielleicht hast du dir einen wunderschönen Strand mit Palmen vorgestellt.
Vielleicht bist du durch die Berglandschaften Vietnams geklettert.
Vielleicht hast du ein Museum besucht oder einen der vielen Tempel oder Pagoden.
Vielleicht hast du an die vielen Höhlen und Grotten gedacht.
Vielleicht hast du auch das leckere Essen in Vietnam vor dir auf einem Tisch stehen sehen.

Und vielleicht hast du an eines der Symbole Vietnams gedacht: den Nón Lá. Einen dreieckigen Hut, wenn man von einer Kinderzeichnung ausgeht (natürlich weiß ich, dass er nicht wirklich drei Ecken hat 😉 ), die den Hut vereinfacht darstellt:

Man könnte nun zu singen beginnen „Mein Hut, der hat drei Ecken. Drei Ecken hat mein Hut. Und hätte er nicht drei Ecken, so wär er nicht mein Hut“. Natürlich kannst du das gerne machen, abhängig davon wie hoch deine Gesangskünste sind und wo du dich befindest.

Aber um deutsche Kinderlieder soll es nun nicht gehen. Dieses „Türchen“ soll von DEM traditionellen Hut Vietnams gehen. Einen konisch geformten Hut aus getrockneten Blättern. Ich habe es vorhin schon erwähnt, er heißt Nón Lá.

Schon auf antiken Gegenständen wie dem Hap Dong Dao Thinh (einem großen Zylinder aus Bronze von Dao Thinh) und der Trong Dong Lu Ngoc (der Ngoc Lu Trommel aus Bronze) kann man den Nón Lá sehen. Da diese Gegenstände ein Alter von 2.500 bis 3.000 Jahre verzeichnen, zeigt es, dass der Hut bereits zu diesem Zeitpunkt, wenn nicht sogar noch früher entstand.
Und tatsächlich findet sich der besondere Hut seit mehreren Tausend Jahren auf dem Kopf der Vietnamesen. Zudem kommt er in vielen, alten Legenden und Märchen vor, die bis heute von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden.

Der Erzählung nach hat der Nón Lá seinen Ursprung, wie er legendenhafter nicht sein könnte:
Während einer langen und heftigen Sintflut kam eine riesige Frau vom Himmel und schützte die Menschen vor dem Regen. Dafür trug sie einen Hut aus vier, runden Blättern, die den Regen abweisen sollten. Nachdem die Sintflut also abgewendet war und die Göttin zurück im Himmel war, wurde ein Tempel gebaut, um der regen-schützenden Göttin zu danken und ihr zu gedenken.
Es wurde dann versucht, den Hut der Göttin mit Palmenblättern nachzubauen. Das Ergebnis davon sieht man bis heute in ganz Vietnam auf den Köpfen vieler Vietnamesen, aber auch Touristen.

Mit dem Nón Lá auf dem Kopf auf dem Fahrrad unterweg.

Die Modernisierung schreitet weiter voran und immer mehr Maschinen vereinfachen auch in Vietnam die Produktion von Gütern, die Herstellung des Nón Lá jedoch bleibt rein handwerklich. Es schafft wohl doch keine Maschine, die über Jahrhunderte entwickelte und ausgebaute Technik, diesen feinen und eleganten Hut herzustellen, zu ersetzen.

Obwohl allein getrocknete Blätter und ein Rahmen in der Form eines Kegels nötig sind, ist die Herstellung des Nón Lá wesentlich komplizierter als man denken mag.
Am besten funktioniert die Herstellung mit getrockneten Bambusblättern und einem aus Bambus gebogenen Rahmen.
Unter der Sonne werden die frischen, grünen Palmenblätter getrocknet. Mithilfe einer heißen Stahlstange werden die Blätter dann von Handwerkern geglättet. Hierbei ist Können gefragt: Ist das Eisen zu kalt, lassen sich die Blätter nicht bearbeiten. Wenn es bei der Berührung der Blätter unkontrolliert abkühlt oder von Beginn an zu kalt ist, kräuseln sich die Blätter und können nicht wieder verwendet werden.
Ist es jedoch zu heiß, entstehen gelbe Flecken auf den Blättern und sie verbrennen.
Wenn der Prozess des Glättens erfolgreich beendet ist, geht es mit dem Benähen des Hutes weiter. Auf den kegelförmigen Rahmen, bestehend aus 16 runden Bambusstücken, werden nun die geglätteten Bambusblätter genäht.
Nach vielen Versuchen hat sich die Anzahl von 16 Bambusstücken als perfekt erwiesen. Mit einer festen Technik werden nun gut sitzende Hüte nach einem bestimmten Schema hergestellt.
Bestimmt merkst du schon, dass die Herstellung eines Nón Lá wesentlich komplizierter ist, als man auf den ersten Blick denken mag. Er bedarf höchster Präzision und dem handwerklichen Geschick eines erfahrenen Handwerkers.
Faszinierend finde ich, dass jede einzelne Naht ohne Lineal – ich frage mich wirklich, wie das geht – in gleichen Abständen genäht wird. Wegen dieser Regelmäßigkeit ist der dünne Nylonfaden kaum mehr zu erkennen.
Nun wirst du dir bestimmt vorstellen können, wie zeitaufwendig die Herstellung eines Nón Lá ist und vor allem wie viel Geduld man dafür braucht.

Obwohl das Grundgerüst und die Form des Nón Lá durch die 16 Bambussegmente feststeht, gibt es viele Varianten, den Hut noch schöner und besonderer zu machen.
Das wohl berühmteste Beispiel ist das sogenannte Muster „Non Bai Tho“, durch welches der Hut zum „poetischen Hut“ wird. Entstanden in der alten Kaiserstadt Hue zeigt dieser Hut Bilder, die für diese Region in Zentralvietnam stehen. Die Muster werden zwischen zwei Blätterschichten eingenäht. Das Besondere: Sichtbar wird die spezielle Verzierung erst, wenn man den Hut gegen die Sonne hält.

Eine einfachere Methode, den Hut zu schmücken, ist das Anheften von Papierblumen. Schön sind aber auch aufgestickte Bilder wie beispielsweise von Reisfeldern oder anderen landschaftlichen Augenweiden Vietnams.

Nun ist der Hut hergestellt und verziert, aber so hält er noch nicht auf dem Kopf. Mit einem farbigen Seidentuch oder -Netz, das an beiden Seiten des Hutes befestigt wird, wird das Verrutschen von eben diesem unterbunden.

Endlich kann der Hut aufgesetzt werden. Aber nein! Es gibt noch viel mehr Möglichkeiten zur Verwendung des Nón Lá!

Natürlich schützt der Hut auf dem Kopf vor den Sonnenstrahlen im Sommer und auch vor der Hitze. Denn während der Trockenzeit kann es gut und gerne mal 40 Grad werden und dann ist man froh über jeden Zentimeter Schatten.
Umfunktioniert zum Fächer, spendet der Hut durch seine Größe Luft. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das wirklich ein toller Nebeneffekt ist.
Aber auch in der Regenzeit muss der Hut nicht im Keller verstauben. Bei dem monatelangen und oft sintflutartigen Regen kann man über seinen Hut froh sein, da er den Kopf trocken hält. Ja, er ist wirklich wasserfest, denn die Herstellung des Hutes mit mehreren Schichten von Blättern lässt so keinen Tropfen Wasser mehr durch.
Aber auch für den Transport von Obst, Essen oder vielen anderen Dingen ist der Hut zu gebrauchen.
Zu beobachten damit sind auch Mütter, die ihre Kinder vor dem Lärm und dem Staub der Straße schützen.
Man sieht lächelnde Händlerinnen auf den Märkten, die den Hut auf dem Kopf tragen.
Die Verkäuferinnen von frischem Obst, ganzen Gerichten und verschiedenen anderen Waren auf den Straßen erkennt man auch an ihrem kegelförmigen Hut.

Auf dem Heimweg gerade: Eine Frau, die mit dem Hut auf dem Kopf BHs auf der Straße verkauft.

Und es gibt Touristen, die damit viele viele Bilder damit machen, ihren Hut mit auf eine Reise in die Heimat nehmen und irgendwo aufhängen.

Und selbst wenn wahrscheinlich jeder Vietnam-Tourist sich vor dem Abflug sorgt, wie sein kegelförmiger Hut den Flug sicher überleben soll und ihn am Ende gut mit in seine Heimat bringt, wird mein Nón Lá mich an meine besondere Begebenheiten mit dem Nón Lá erinnern:

Zum Beispiel an eine zweistündige Bootsfahrt auf dem Tam Coc Fluss, bei der es bis auf die letzte Viertel Stunde ununterbrochen und gewissermaßen sintflutartig geregnet hat. Die Göttin aus der Legende hatte wohl nochmal prüfen wollen, ob ihre Erfindung, der Nón Lá, immer noch gut vor Regen schützt.

Bei einer Bootsfahrt in Ninh Bin, als es gerade nicht mehr regnete.

An eine etwas kürzere Fahrt mit einem kleinen Bötchen im Mekongdelta, bei der jeder Tourist für die Photos einen eben solchen Hut ausgeliehen bekommen hat.

Und als Symbol für meinen Vietnamaufenthalt insgesamt wird er an die Wand gehängt und er wird mich dann zum Träumen bringen:

Vielleicht von Reisterrassen. Vielleicht von den engen Gässchen Hanois. Vielleicht von einem wunderschönen Strand mit Palmen. Vielleicht von Berglandschaften. Vielleicht von Museen und Tempeln und Pagoden. Vielleicht von den vielen Höhlen und Grotten. Vielleicht von dem leckeren Essen in Vietnam.

Aber ganz bestimmt von einer aufregenden und unvergesslichen Zeit!

Alles Liebe,

die stolze Besitzerin eines Nón Lá – Sophie

Nour und ich – stolz wie Oskar mit unseren neuen Hüten.

Drittes Türchen – Essstäbchen, die Geheimwaffe

Messer und Gabel? Die bekomme ich in so gut wie keinem Restaurant und in Straßenküchen kann ich darauf wirklich gar nicht bauen.

Wie ich dann esse? Mit einem Paar gleichlanger Stäbchen aus Holz oder Bambus.

Genau wie auch in China, Korea und Japan verwendet man in Vietnam für die Essenszufuhr Essstäbchen. Diese Tradition ist schon mehr als 3.500 Jahre alt.

Das war zu einer Zeit, als unsere Vorfahren in Europa noch mit den Fingern aßen. Messer und Gabel, welche wichtiger Bestandteil unserer europäischen Esskultur sind, haben sich erst vor ungefähr 500 Jahren durchgesetzt. Sogar für die hohen Adeligen wie beispielsweise den Sonnenkönig Frankreichs, Ludwig den Vierzehnten, war es normal, sich das Essen mit den Händen zu Munde zu führen.
Christen sahen die Gabel mit ihren drei Zinken als Teufelswerkzeug an. Wenn man darüber nachdenkt – mehr oder weniger – verständlich, da sie wirklich etwas wie ein Teufels-Dreizack aussieht.

Vietnam war lange Zeit von China besetzt und somit wurde auch die Sitte, mit Stäbchen zu essen, übernommen.

Natürlich magst du dich jetzt fragen, wie man denn jedes Essen nur mit Essstäbchen zu sich nehmen soll. Generell lässt sich das gut an der englischen Übersetzung zeigen. Das in „Chopsticks“ enthaltene Wort „chop“ bedeutet im Deutschen so viel wie zerkleinern.
Mit einem guten deutschen Schnitzel (kurze Anmerkung: darauf freue ich mich in Deutschland schon wieder) wäre dies undenkbar. Um zu begreifen, wie das in Vietnam möglich ist, muss man die vietnamesische Essenskultur kennen:
Fleisch, Gemüse und andere größere Zutaten sind entweder so zart gegart oder zubereitet, dass sie mit den Stäbchen mundgerecht zerkleinert werden können oder sie sind bereits klein geschnitten.
Bei Suppen und anderen flüssigen Nahrungsmitteln wird noch ein tiefer Löffel zusätzlich zu den Stäbchen serviert.

Selbst wenn gesagt wird, dass für Vietnamesen nichts mit Essstäbchen unmöglich ist, habe ich noch keinen gesehen, der eine Suppenbrühe damit essen kann.

Bei einem vietnamesischen Kochkurs habe ich zum Beispiel gelernt, dass man mit diesen langen Stäbchen erkennen kann, ob Hühnerfleisch schon fertig gegart ist.

Hier noch ein interessantes Video von YouTube, welches nochmals bestätigt, dass mit Chopsticks wirklich fast alles möglich ist. Auf die Idee, mit Stäbchen einen Geldbeutel aus der Hosentasche zu ziehen, muss man auch erst kommen… Der Kerl mit der blauen Jacke zeigt aber, dass man sowas ziemlich gut machen kann.

Wie ich selbst erkennen musste beziehungsweise durfte, hat das Essen mit Chopsticks einen entscheidenden Effekt: Man isst generell sehr viel langsamer als mit Messer und Gabel. Zwischen den Stäbchen ist es – zumindest für mich – unmöglich, viel Essen auf einmal zum Mund zu transportieren. Dazu kommt leider noch, dass mir viel auch auf dem Weg zum Verzehr wieder auf den Teller fällt. Positiv daran ist definitiv, dass man so sehr langsam und gesund isst, da man das Essen schon im Mund länger vorverdaut und den Magen so weniger beanspruchen muss. Hinzukommt, dass man wegen des langen Prozesses nach weniger Essen schneller satt ist. Zugegebenermaßen kann ich diese positiven Aspekte jedoch nicht erkennen, wenn ich mich beeilen muss. 😉

Meine Essstäbchenkünste verbessern sich von Tag zu Tag. Während meiner ersten Tage in Hanoi habe ich es nur mühsam geschafft, Essen in meinen Mund zu führen und schließlich satt zu werden. Während ich in Deutschland in asiatischen Restaurants die Stäbchen aus Spaß einfach mal ausprobiert habe und danach wieder auf Gabel und Messer umsteigen konnte, besteht in Vietnam diese Möglichkeit nicht. Also musst ich mich mit viel Übung daran gewöhnen. Meine Mitfreiwillige Theresa meinte nach wenigen Tagen in Hanoi „Mir war gar nicht so bewusst, dass man wirklich alles mit Essstäbchen isst. Das hätte ich Zuhause nochmal üben sollen.“

Zu Beginn wurde mir dann oft noch ein Löffel oder – falls das Restaurant welche hatte – eine Gabel gebracht, ohne dass ich darum gebeten habe. Mich mit Essstäbchen essen zu sehen, sah wohl wirklich seltsam aus. Inzwischen darf ich stolz behaupten, dass mir sowas nicht mehr passiert und ich manchmal sogar gelobt werde, wie toll ich mit Stäbchen essen kann. Dann bin ich stolz wie Oskar und im nächsten Moment fällt das Essen doch wieder von den Stäbchen.

Hier ein Bild von Essstäbchen und dem erwähnten Löffel mit übrigens sehr leckerem Essen.

Hier noch einige lustige Infos und Hinweise zu Essstäbchen:

Es gilt als absolut unhöflich, mit den Stächen auf eine Person zu zeigen. Dies ist mit einem schlechten Omen verbunden, was Vietnamesen wegen ihres Aberglaubens vermeiden wollen.

Die Stäbchen nach dem Essen im Topf mit Reis stecken zu lassen bringt ebenfalls Unglück. Ebenso gilt es als Tabu, die Stäbchen nach dem Essen auf dem Schälchen in „V“-Form liegen zu lassen, da dies Unglück bringen soll.

Ein vietnamesisches Sprichwort sagt:

„Wer mit Schale und Essstäbchen umzugehen versteht, weiß auch mit Worten umzugehen.“

Besonders spannend finde ich, was mir eine Kollegin an der Viet Duc Oberschule beim Mittagessen über das Halten der Essstäbchen erzählt hat. Jeder hält seine Stäbchen nämlich verschieden und auch auf verschiedenen Höhen. Wenn ich meine Finger nun beispielsweise sehr nah an den Spitzen der Stäbchen, also nah am Essen halte, bedeutet dies, dass mein zukünftiger Partner oder meine zukünftige Partnerin nah bei mir wohnt. Halte ich die Stäbchen eher am Ende, wird er oder sie weit entfernt von meiner Heimat wohnen.
Ich halte die Essstäbchen meist mittig. Mal sehen, ob sich die Aussage bestätigen wird und ich einen mittel-weit von Lehrberg entfernten Mann heiraten werde.

Viele Grüße und einen schönen ersten Advent wünscht

die Jeden-Tag-Essstäbchen-Taktik-Übende Sophie

PS: Natürlich könnte ich dir jetzt noch ein Tutorial über die richtige Benutzung von Essstäbchen als Youtube-Video zeigen. Aber ganz ehrlich, die Hauptsache ist, dass du das Essen von deinem Teller in deinen Mund bekommst. Wenn man dazu gezwungen wird, dann geht das auch!

 

 

Zur Werkzeugleiste springen