Hot Chipz!

22 12 2009

Seit Tagen (also quasi seit Thomas hier zu Besuch ist) gibt es kein, aber auch wirklich null nada niente nichts cero heißes Wasser. Das wäre an sich ja auch nicht so schlimm, es ist ja jetzt Sommer und da brauch man nicht so viel heißes Wasser. Haha. „Sommer“ bedeutet 14°C, die sich anfühlen wie fünf, da es beständig stürmt. Wenigstens die Segler auf unserem riesigen Haussee (Oberfläche 55000 Ha) freuen sich.

Wie dem auch sei: Die Zeit, die ich normalerweise mit Duschen verbringen würde, nutze ich jetzt dazu, meine verehrte Leserschaft über argentinische Geschmacksverwirrungen auf dem laufenden zu halten. Letztens haben wir nämlich in einem Supermarkt folgendes entdeckt:

Nun handelt es sich hier keineswegs um Allerweltskartoffelstärke, die kurz in Kontakt mit siedendem Öl stand, neeeein. Das wäre zu einfach. Dies hier sind erlesenste Kartoffelscheibchen, handgesät, handgegossen, handgedüngt, handgeerntet und -geschnitten, die danach eine Party mit Rinderfilet und karamelisierten Zwiebelchen feierten!

Tatsache: Die Geschmacksrichtung dieser Kartoffelchips wird mit „Lomo y Cebolla caramelizada“ angegeben. Das heißt soviel wie „Rinderfilet mit karamelisierter Zwiebel“. Und es funktioniert tatsächlich: Legt man sich eine Handvoll dieser Absonderlichkeiten in den Mund, denkt man als allererstes: „Oh! Hallo Zwiebel!“ und dann danach „Oh! Hallo karamelisierte Zwiebel!“. Wenn man dann noch die Augen schließt und sich vorstellt, abends am Lagerfeuer ein schönes Steak zu brutzeln, dann fangen auf einmal die Chips im Mund an, nach Steak zu schmecken. Magie!

Aufgrund dieser doch höchst merkwürdigen Erfahrung konnte ich mir auch die nächste Sorte nicht entgehen lassen:

Hühnchenbrust á la Zitrone an feinsten Gartenkräutern.

Hühnchenbrust á la Zitrone an feinsten Gartenkräutern.

Die dritte Sorte – geräucherter Parmesan mit Kräutern – war mir dann einfach doch zu langweilig. Es sind halt auch nur Kartoffelchips.

Über die Rinderchips hat sich übrigens auch schon bernardo gewundert, fand sie aber letzten Endes sehr lecker.





Wort zum zweiten Sonntag

29 11 2009

[youtube Na8ITulEkmQ]

La Vela Puerca noch einmal:

Me levanto a la mañana busco el sol bajo mi cama
Sabemo que la vida es dura pero la amargura no es la solucion
Me levanto a la mañana busco el sol bajo mi cama
Sabemo que la vida es dura pero la amargura no es la solucion

Es la peor prision del alma
Es la peor prision
Es la peor prision del alma
Es la peor si

Mejor abrir la mente mirar siempre al frente
Que ningun camino lleva a igual destino
Mejor abrir la mente mirar siempre al frente
Que ningun camino lleva a igual destino

Und damit auch jeder versteht, was ich damit sagen will:

Ich stand heute morgen auf und suchte die Sonne unter meinem Bett
Wir wissen dass das Leben hart ist aber Bitterkeit ist keine Lösung (denn)

Sie ist das das schlechteste Gefängnis (der Seele)

Besser wärs, offen zu sein und den Blick nach vorne zu richten,
denn keine zwei Wege führen zum selben Ziel

Und hier versteckt sich eine, wenn nicht gar die wichtigste Lektion, die man sich hinter die Ohren schreiben sollte; besonders wenn man im Ausland ist: Es wird immergute und schlechte Zeiten geben, aber selbst die beschissenste Tage gehen irgendwann vorüber. Wo Schatten ist, ist auch das Licht nicht fern, auch wenn es manchmal ganz anders aussieht.
Und ganz besonders im Ausland ist Offenheit eine Schlüsselfertigkeit – wer mit festen Vorstellungen, wie es in der Ferne zuzugehen hat an einem Auslands-FSJ teilnimmt oder gar der Meinung ist, er wüsste besser als die Einheimischen, wie die Dinge laufen sollten, verbaut sich selbst schnell viele Chancen. Viel lehrreicher und einfacher ist es, sich einfach mal einzulassen auf die Gegebenheiten und sich nachher zu wundern, dass es ja auch anders funktionieren kann, als man eventuell gewohnt ist. Vielleicht nicht ganz so schnell, effizient oder „gut“, aber klappen wirds doch in den meisten Fällen.

Eigentlich eine Binsenweisheit.





Momentaufnahmen #4

10 10 2009

Ich sitz grad auf dem Parkplatz hier bei meinem Hotel weil der W-Lan-Empfang dort einfach besser ist (bzw überhaupt ist) und alles ist mucksmäuschenstill, die Blätter rascheln, nichts bewegt sich.

Auf einmal schallt es aus allen Apartments (außer meinem):

„Goooooooooooooool!!!!! Goooool!! Yeaaaaaah!“

Das Vorurteil, das Argentinier samt und sonders fußballverrückt sind, scheint sich zu bestätigen. Sogar die kleinen Kinder kreischen mit.





Souvenirs d’un autre monde

21 08 2009

Eine ganz kurze Geschichte bezüglich der neuen Frisur und des damit einhergehenden „Styles“:

Neulich war ich mit meiner Schwester und der britischen Austauschlerin, die grad für zwei Wochen bei uns zu Gast ist in unserer heimischen Komsum- und Fußgängerzone. Meine Schwester meinte, die arme Britin unbedingt mit in den hiesigen H&M schleppen zu müssen. Mich kriegen keine zehn Pferde dort hinein, also blieb ich draußen und überlegte was ich wohl tun könnte. Schließlich entschied ich mich dazu, einfach vor H&M auf dem Fußboden Platz zu nehmen.

Nach noch nicht einmal ganz zwei Minuten kommt ein kleiner Junge vorbei, guckt mich ganz erstaunt an und fragt: „Hast du kein Zuhause?“

Da musste ich doch ziemlich fett grinsen 😀

Bei Gelegenheit werde ich mal ein Foto hochladen, auf dem man dann nochvollziehen kann warum der Junge auf diese sonderbare Idee verfiel www.web-smilie.de





Stamp of Origin

7 08 2009

Call me Ishmael.

Ich leg hier jetzt einfach mal los in der Hoffnung dass ich Gedankenanstöße biete und auch welche zurückkriege.

Ich heiße Timon Traub, werd am Sonntag 20 und komme zusammen mit Charlotte nach (San Carlos de) Bariloche, ARG. Dort werden wir an der ansässigen Deutschen Schule arbeiten. Ich freu mich schon wie verrückt 😀 und hoffe, ihr euch auch 😉

Für alle von uns, die wir uns im September hoffentlich kennen lernen werden, beginnt mit dem Dienstantritt ein neuer Abschnitt im Leben. Durchaus eine abgegriffene Phrase und ein totes Klischee. Oder doch?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir zumute war, als ich mit grade eben 16 Jahren für ein Jahr in die USA ging, um dort in Kansas Englisch und die Amerikaner verstehen zu lernen ;).

Großartig Gedanken darüber gemacht habe ich mir damals eigentlich nicht; ins Ausland gehen war halt einfach total logisch für mich – vor allem, da ich frei und ungebunden war (:D) und dringend die Sprache lernen wollte als auch einen Tapetenwechsel brauchte. Also nicht lange fackeln, ab in den Flieger. Macht ja durchaus auch Sinn und sich gut auf dem Lebenslauf, so ein Auslandsjahr.

Wer sich ebenfalls auf dieses Abenteuer eingelassen hat wird bestätigen können, dass sehr zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Ich habe jedenfalls viel über mich selber gelernt. Mindestens genauso viel über andere Menschen und unsere Beziehungen untereinander. All das, was ich also aus den USA mitgenommen habe, hat wesentlich dazu beigetragen, meine Identität zu prägen – und damit sind wir beim heißen Eisen.

Wer bist du?

Wer bin ich?

Und was macht das aus?

Bevor ich mich hier in esoterisch-spirituelle Beobachtungen versteige, was denn nun letztlich einen Menschen ausmacht, möchte ich einen Gedankengang mit euch teilen, der mich seit gestern sehr beschäftigt (und ihr werdet gleich sehen, warum 😀 ):

  • Aktion – Reaktion – Identität?

Was macht mich zu dem, der ich bin? Ist es das, was ich will; das was mich antreibt – oder ist es meine Umwelt, die Reaktionen anderer Menschen, die mich wiederum zu bestimmten Taten veranlassen (oder davon abhalten)?

Damit das Ganze nicht so abstrakt bleibt:

Vorher

Vorher

Das bin war ich. Bis gestern. Meine Dreadlocks begleiten mich seit Weihnachten 2006. Davor hatte ich (sehr) lange Haare und wurde ständig gefragt, ob ich MetalVorher höre. Die letzten zweieinhalb Jahre wurde ich hingegen ständig gefragt, ob ich wohl Gras dabei hätte („Ey, Bob Marley! Hasse Weed?“).

Weder höre ich besonders viel Metal noch kiffe ich. Dennoch veränderte sich das Verhalten der Menschen um mich rum (mit Ausnahme meines engeren Freundeskreises) sofort und spürbar. Wem ich zuvor noch als Metaller galt sprach mich nun auf Bob Marley und Kiffen an („Ach tu nicht so, du hast doch bestimmt was dabei!“). Die Beobachtung dürfte vielen hier nicht neu sein: Kleider Haare machen Leute. Man kriegt direkt einen Herkunftsstempel aufgedrückt – alles aufgrund einer simplen Frisur. Dass das Auswirkungen auf die eigene Identität hat dürfte jedem klar sein.

Das System ist bekannt: Wer in seinem Umfeld/Klasse/Stufe als Außenseiter gilt, glaubt dies auch von sich selber. Oder ist er tatsächlich der Außenseiter und die Anderen haben dies lediglich als Tatsache erkannt?

So auch hier: Ich liebe es mit Vorurteilen zu spielen – also kaufte ich mir gebatikte T-Shirts, kam barfuss zur Schule (einmal sogar zur mündlichen Lateinprüfung), kaufte Fair-Trade-Klamotten und boykottierte H&M. Die gebatikten T-Shirts würde ich jetzt nicht unbedingt als integren Teil meiner Persönlichkeit betrachten ( 🙂 ), Fair Trade und H&M-Boykotte hingegen eher.

Was ist Ursache und was Wirkung? Ist beides überhaupt klar voneinander abzugrenzen?

Bin ich ein Hippie geworden weil ich wie einer aussehe oder sehe ich wie ein Hippie aus weil ich einer geworden bin?

Besonders brisant wird diese Fragestellung eigentlich erst durch das nächste Foto. Über die Jahre hinweg habe ich also mit Freude alle Klischees bedient, die sich mir boten. Macht unglaublich viel Spaß, das könnt mir glauben: „Ey Hippie, ja du, haste was zu smoken dabei?“ – „Seh ich etwa so aus?“ 😀

In der letzten Zeit bin ich aber vor allem der Haare überdrüssig geworden, nicht so sehr der „Rolle“, die damit einhergeht und ganz ehrlich – jeder von uns spielt in der Öffentlichkeit bis zu einem gewissen Grad eine Rolle; dazu reicht es schon, sich ausschließlich von seiner Schokoladenseite präsentieren zu wollen. Denn damit porträtiere ich nur die halbe Wahrheit und somit teilweise eine ganz andere Identität als die Identität, die meine Freunde und Familie kennen. Manche verstecken sich ihr Leben lang dahinter, weil sie (irrigerweise?) annehmen, so einen effektiven Schutzschild (vor anderen Menschen/Verletzungen) aufbauen zu können. Andere haben schlicht und einfach zu viel Spaß daran (und ihr ratet es, in die Kategorie würde ich mich einordnen) die Vorurteile der jeweils Anwesenden zu bedienen, anstatt stets als „Ich“ aufzutreten. Die Welt ist eine Bühne. Wiederum andere ziehen Anzüge und teure Klamotten an, weil es ihnen Autorität verleiht.

Wer bin ich jetzt?

Punk

Nachher

Als wir gestern im kleinen Kreise anfingen, meine Prachtlocken abzuschneiden waren selbst meine engsten Freunde erschüttert, was vor ihren Augen aus mir wurde: „Wenn ich dir jetzt nachts auf der Straße begegnen würde, würde ich meine Mama anrufen, die soll mich abholen kommen!“

Und das von den Leuten, denen ich spätestens seit Weihnachten 2006 als One Love/World Peace-Anhänger galt – wohlgemerkt, die Bemerkung war ein Witz, aber sie zeigt die Wirkung die ich beabsichtigt hatte.

Bin ich jetzt ein anderer Mensch? Oder ist das wahre Problem in unseren Köpfen – gesehen, Schublade auf, rein damit, Schublade zu, ad acta ad eternam?

Ich bin kein Hippie, ich bin kein Punk – ich bin ein Mensch. Ein alte Wahrheit. Oder doch nur ein Klischee (der Kreis schließt sich 😀 )?

Letzten Endes – und hier ist mein Monolog zu Ende – wünsche ich uns allen „offene Köpfe“. Bei dem was wir so tun werden, gegenüber den Menschen die wir kennen lernen werden und nicht zuletzt uns selbst gegenüber; in Berlin, aber auch mit sich selbst. Nur weil ich lange Zeit ein „Hippie“ war, muss ich nicht auf ewig einer bleiben. Es ist Zeit für Veränderung. Für mich jedenfalls. Ein neuer Abschnitt beginnt. Ein alter wird abgeschnitten.

Und beim Seminar seh ich hoffentlich wieder zivilisiert aus 😀








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