Frühling

22 11 2009

So siehts halt hier aus.

So siehts halt hier aus.

Wie für einander gemacht:

Wie für einander gemacht:

Hannah und der kleine Hund

Hannah und der kleine Hund

Ich gebs ja zu: Der Alltag hat mich eingeholt. Hat zwar länger gedauert als bei den meisten anderen, aber jetzt ist es halt auch bei mir so. Kann man jetzt doof finden (so als Daheimgebliebener vor dem Monitor sitzend und auf Nachrichten wartend), muss man aber nicht. Denn immerhin bedeutet das, dass zumindest mir nicht langweilig wird 😛

Genau wie Lotte in ihrem letzten Eintrag (siehe Blogroll rechts) werde ich diesmal hauptsächlich mit Fotos dokumentieren, was hier so passiert ist. Bei der Auswahl war ich ziemlich großzügig, nun ja, man muss sich ja auch nicht alle Fotos angucken 😉

Der Reihe nach nun also: Am Wochenende vor zwei Wochen kam Hannah aus Santiago de Chile zu Besuch. Kennen gelernt hatten wir uns, wie der geneigte Leser sich zu erinnern meint, beim gemeinsamen Vorbereitungsseminar in Berlin. Wie es der Zufall so wollte, ist Hannah eine fanatische Tote-Hosen-Anhängerin,

Ich gebs zu: War schon ziemlich süß, dieses Welpendingsbums.

Ich gebs zu: War schon ziemlich süß, dieses Welpendingsbums.

die just am 7. November in Bariloche Station machten (ich berichtete). Hierzu wird nochmal ein gesonderter Eintrag erfolgen, aber wers gar nicht mehr aushält kann ruhig „kulturweit tote hosen“ googeln und wird mit allerlei virtuellem Fallout der Hosentournee durch Lateinamerika bombardiert. So lässt sich beispielsweise der Eintrag meines kulturweit-Kollegen Lukas finden oder auch die Berichterstattung der Deutschen Botschaft(!). Naja. Hannah und ich sind also dann total verrockt und mit kaum mehr vorhandener Stimme für eine kurze Nacht in unsere jeweiligen Betten gesunken. Am nächsten Tag ging es dann auf zum Reiten – ich bin dem ja seit ich hier bin sowieso sehr zugeneigt und Hannah ist halt eins von diesen Mädchen, die in der Grundschule schon Pferde immer toll fanden. Daher war klar: Wir statten unserer Lieblingsestancia (ich berichtete bereits mehrmals 😉 ) einen Besuch ab. Verlief auch diesmal äußerst geschmeidig 🙂

Und endlich ein Beweisfoto: Ich + Pferd, das kann sogar gutgehen!

Und endlich ein Beweisfoto: Ich + Pferd, das kann sogar gutgehen!

Am Montag half uns Hannah dann noch mit unseren Aufgaben in der Schule, bevor wir zu einem langen Spaziergang rund um Llao Llao und den nahegelegenen riesigen Golfplatz aufbrachen. Die Gute war übrigens recht überrascht, was Argentinien (und speziell Bariloche) angeht – erstens sehen die Leute hier aus wie Europäer und zweitens sei das Deutschniveau unserer Schüler sehr viel höher als das an ihrer Schule. Letzteres hängt vor allem mit der starken deutschen Tradition hier zusammen, Ersteres zum Teil auch. Läuft man hier an einem beliebigen Tag durch die Stadt kommt man sich eigentlich kaum als Ausländer oder Fremder vor. Klar, es gibt mehr dunkelhäutige Menschen als jetzt beispielsweise in Mügeln, aber alles in allem fällt hier keiner groß aus der Rolle, der einen helleren Hautton besitzt oder gar blondes/rotes/braunes Haar – was natürlich an den großen europäischstämmigen Einwanderergemeinden sowie der fast völligen Ausrottung der Indios durch argentinische Pioniere liegt. Anders, so Hannah, sei es in Santiago, wo es einfach niemanden

Man beachte die beachtliche Modelleistung des Pferdes. So anmutig, so elegant....

Man beachte die beachtliche Modelleistung des Pferdes. So anmutig, so elegant....

gibt, der natürlich blonde Haare hat. Es ist hier in Bariloche eben doch sehr europäisch.

Nachdem Hannah uns dann am Dienstagvormittag verlassen hatte, verabredeten Lotte und ich uns mit unserer neuen Praktikantin Lene beim Mexikaner um die Ecke fürs gemeinsame Mittagessen. Als Lene reichlich verspätet erschien, hatte sie einen Gast mitgebracht – Theresa ist grade auf Weltreise und hatte furchtbar Hunger. So sehr, dass Lene sie von der Straße weg adoptiert hat und bei sich zu Hause für eine Woche aufnahm. Ja, so läuft das hier: Kaum geht wer, kommt schon direkt der/die Nächste angetanzt.

Unser Straßenfund Theresa

Unser Straßenfund Theresa

Die Woche verlief so, wie die Schule eben läuft: Hallo Kinder, bitte nicht so laut, bitte nicht so schnell, ich kann doch kaum Spanisch, huch, ist denn schon Mittwoch, oweia und so fort. Am Donnerstag war der Dia del estudiante für die secundaria, auf den ich so Begleitperson mitgefahren bin, aber dazu später mehr.

Der Riesenvorteil war natürlich, dass wir am drauffolgenden Wochenende ganz problemlos ein Auto mieten konnten (kostet zu viert einfach weniger als zu zweit oder zu dritt). Netterweise bekamen wir statt des reservierten Gol(f) für denselben Preis einen Renault Clio angedreht. Bevor ich auf dem Zwischenseminar lauter Fragen zu „Hä? Wie hast du das denn gemacht?“ beantworten muss, folgt hier die Erklärung:

  • Große Autovermietungen sind oft an firmeninterne Satzungen gebunden, kleinere nicht.
  • Ich habe genau zwei Anläufe gebraucht, um meinen Wunschladen zu finden: Vernünftiges Angebot, vernünftige und transparente
    Unser kleiner Clio mitten in der Wildnis.

    Unser kleiner Clio mitten in der Wildnis.

    Preise und einen Besitzer, den es nicht interessiert, dass ich weder 21 bin noch einen internationalen Führerschein besitze… „Quería alquilar un auto pero por ahí tengo un problema…“ – „Ah?“ – „No tengo 21 anos y tampoco tengo licencia internacional“ – „Cheeeee, tranquiiiilooo, noo hay problemaaa…“

  • Gemietet habe ich einen Gol (Dreitürer, aus dem dann nachher mysteriöserweise der Clio wurde) mit 300km für einen Tag (Samstag 9 Uhr morgens bis Sonntag halb 11 morgens) für insg. 180$
  • Plus Tankfüllung macht das dann für jeden 12€. Kann man machen, würd ich sagen.
Ohne Witz: Dieser See heißt Steffen. Hallo Steffen!

Ohne Witz: Dieser See heißt Steffen. Hallo Steffen!

Mit besagtem Auto sind wir dann also zu viert nach El Bolsón gefahren, ein kleines Kaff mitten im Nichts, das vor allem für seinen Hippiemarkt berühmt ist. Klar, dass ich mich dort wohlfühle. Außerdem hab ich dort derbst geniales Mate-Eis gegessen. Mate-Eis hat einen ungefähr doppelt so hohen Ungewöhnlichkeits- bzw. Ekelfaktor wie Lakritzeis. Nichtsdestotrotz ein Traum!

Der Vorteil eines eigenen Autos ist vor allem die Flexibilität: So war es uns möglich, einfach unterwegs mal so zu Lago Steffen abzubiegen und die grandiose Aussicht in Augenschein zu nehmen.

Nachdem wir uns also auf dem feria hippie gut eingedeckt hatten, fuhren wir kurzerhand noch zum 20km entfernten Lago Puelo. Im Sommer ist die Gegend dort bestimmt ein Paradies, jetzt war es noch ein wenig kalt. Was solls. Schön wars trotzdem!

Lene probiert modische Hüte auf dem Hippiemarkt El Bolsóns aus.

Lene probiert modische Hüte auf dem Hippiemarkt El Bolsóns aus.

Besonderen Wert erhielt der ganze Exkurs aber eigentlich erst dadurch, dass wir rein zufällig an einem Reitwettbewerb Halt machten. Die dabei entstandenen Fotos will ich natürlich nicht vorenthalten, sind aber aus platztechnischen Gründen am Ende des Artikels zu finden.

Nach dem Wochenende begann also eine neue Woche, ich war viel in der Schule, habe vielen Kindern Englisch beigebracht, Poster be- und aufgeklebt, Wände dekoriert und mich allgemein wie so ein Freiwilliger eben verhalten. Am Donnerstag war dann dia del estudiante Teil Zwei: Die primaria.

Oh, was ist DAS denn da unten?

Oh, was ist DAS denn da unten?

dia del estudiante bedeutet etwa „Schülertag“ und ist einfach ein Wandertag. Gewandert wird nach Stufe getrennt: Die secundaria, also alles ab siebte Klasse aufwärts, war letzten Donnerstag im Grünen gewesen, die primaria eben diese Woche. Es wird viel gespielt, getanzt, gerannt und so. Das ist auch gut und wichtig so, denn innerhalb der Stadt selber gibt es leider nur wenig Grün und im Schulalltag kommt Bewegung und Natur leider viel zu kurz. Ich fuhr diesmal ausschließlich zum Fotografieren mit, da ich mir langsam einen Ruf als Schulfotograf erworben habe 🙂

Die Auswirkungen dieser meiner neuen Aufgabe seht ihr also jetzt hier.

Generell hatten sich die Sportlehrer um das Programm gekümmert, sodass eben massenweise Bewegung auf dem Plan stand: Die Schüler wurden klassen- und stufenübergreifend in Teams aufgeteilt, die (wir sind ja nicht umsonst an einer deutschen Schule) Hamburg, Berlin, Köln und München hießen. Die Teams versuchten nun in verschiedenen Kategorien (Staffellauf, Volleyball, Tanzchoreografien, Fußball etc) mehr Punkte als die anderen einzuheimsen. War definitiv ne coole Angelegenheit, das Ganze.

Wo Argentinier sind, darf natürlich die parilla (der Grill) nicht fehlen.

Wo Argentinier sind, darf natürlich die parilla (der Grill) nicht fehlen.

Den restlichen Donnerstag hab ich dann gebraucht, um meinen liegengebliebenen Papierkram aufzuholen: kulturweit-Formalitäten, Sprachkurskostenerstattung, Visumsverlängerungsmodalitäten erfragen und so weiter und so fort. Am Freitag gabs großen Hausputz und gestern am Samstag Pizza und Bier mit der Band hier bei mir in der viel zu vollen Bude.

Das mal eben so ganz knapp 🙂

Bevor sich jetzt jemand fragt, warum denn der Titel dieses Eintrags so aus der Reihe fällt: Das tut er gar nicht, sondern ist wie fast alle anderen eine Anspielung auf ein Lied, das ich gerne höre – in diesem Fall von den Sportis.

Da läuft er wieder weg.

Da läuft er wieder weg.

Die Kiste da oben ist nicht reinkopiert, sondern der Ball dieser merkwürdigen Volleyballabwandlung.

Die Kiste da oben ist nicht reinkopiert, sondern der Ball dieser merkwürdigen Volleyballabwandlung.

Ein anständiger Staffellauf darf natürlich nicht fehlen.

Ein anständiger Staffellauf darf natürlich nicht fehlen.

Das Tier steckt eben doch im Manne.

Das Tier steckt eben doch im Manne.

... uuund manchmal nicht nur dort. Foto (c) Lotte

... uuund manchmal nicht nur dort. Foto (c) Lotte

Ich hab mich die ganze Zeit schon gefragt, wo denn die Cheerleader bleiben.

Ich hab mich die ganze Zeit schon gefragt, wo denn die Cheerleader bleiben.

Kennt einer noch diese Suchbilder aus Kinderbüchern? Wo einfach so viel drauf ist, dass man stundelang dort Dinge entdecken kann?

Kennt einer noch diese Suchbilder aus Kinderbüchern? Wo einfach so viel drauf ist, dass man stundelang dort Dinge entdecken kann?

Jetzt wird sich erstmal kräftig gefreut.

Jetzt wird sich erstmal kräftig gefreut.

Zeitgleich, in der Schule…

Quinto Año (also die zwölfte und damit die Abschlussklasse) feiert...

Quinto Año (also die zwölfte und damit die Abschlussklasse) feiert...

... ziemlich geräuschvoll und lautstark seinen Ausstand.

... ziemlich geräuschvoll und lautstark seinen Ausstand.

Kollateralschäden bleiben dabei nicht aus.

Kollateralschäden bleiben dabei nicht aus.

Auch an mir ist quinto nicht spurlos vorbeigegangen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Auch an mir ist quinto nicht spurlos vorbeigegangen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Tomando el mate - das gehört sich einfach so.

Tomando el mate - das gehört sich einfach so.

Mein Spezialgebiet: Kinder auf dem Arm halten. Kann man übrigens in Buxtehude studieren.

Mein Spezialgebiet: Kinder auf dem Arm halten. Kann man übrigens in Buxtehude studieren.

Ein Teil meines Fanclubs ;)

Ein Teil meines Fanclubs 😉

Cori ist augenscheinlich eine Deutschlehrerin mit unverkennbarem Hang zur Coolness.

Cori ist augenscheinlich eine Deutschlehrerin mit unverkennbarem Hang zur Coolness.

Nacho (in der Mitte) ist ganz klar erkennbar einer der coolsten Argentinier überhaupt

Nacho (in der Mitte) ist ganz klar erkennbar einer der coolsten Argentinier überhaupt

Bäume sind Freunde und sowieso viel besser als Unterricht

Bäume sind Freunde und sowieso viel besser als Unterricht

Und das gute Stück nochmal genau da, wo wir besser nicht geparkt hätten: Am Hang.

Und das gute Stück nochmal genau da, wo wir besser nicht geparkt hätten: Am Hang.

Bariloche a noche

Bariloche a noche

Der Anblick war dann doch recht bilderbuchig.

Der Anblick war dann doch recht bilderbuchig.

Der vom Aussterben bedrohte patagonisch-andinische Eiergeier.

Der vom Aussterben bedrohte patagonisch-andinische Eiergeier.

Ich guck so doof, weils dahinten was umsonst gibt, ok?

Ich guck so doof, weils dahinten was umsonst gibt, ok?

Soy Timon, conquistador de las piedras!

Soy Timon, conquistador de las piedras!

So sieht Argentinien in meinem Reiseführer immer aus!

So sieht Argentinien in meinem Reiseführer immer aus!

Am mittleren Balken wird ein winzigkleiner Ring befestigt...

Am mittleren Balken wird ein winzigkleiner Ring befestigt...

... den es im gestreckten Galopp ...

... denn es im gestreckten Galopp ...

... den es wie hier mit einem Zahnstocher zu treffen gilt.

... wie hier mit einem Zahnstocher zu treffen gilt.

Bitburger wird auch in Argentinien getrunken.

Bitburger wird auch in Argentinien getrunken.

Hauptsache, der Hut sitzt.

Hauptsache, der Hut sitzt.

Wären unsere Volks- und Schützenfeste auch so cool, ich wär definitiv dabei.

Wären unsere Volks- und Schützenfeste auch so cool, ich wär definitiv dabei.

Unser Häusle (also ja, Calle Piedras 666)...

Unser Häusle (also ja, Calle Piedras 666)...

... und auf der rechten Seite unten wohne ich, oben gehts zu Lotte hin.

... und auf der rechten Seite unten wohne ich, oben gehts zu Lotte hin.

Ich bin ja sehr für mehr Offenheit und Ehrlichkeit in der Gesellschaft, aber sich dann selbst derart entwaffnend als nur "fast cool" darzustellen... dazu gehört dann doch ein wenig Mut. So gesehen in der Postfiliale.

Ich bin ja sehr für mehr Offenheit und Ehrlichkeit in der Gesellschaft, aber sich dann selbst derart entwaffnend als nur "fast cool" darzustellen... dazu gehört dann doch ein wenig Mut. So gesehen in der Postfiliale.





Total blogwürdig

30 10 2009

… ist es zwar nicht, aber schließlich will ich euch auch auf dem Laufenden halten, was meine nebenschulischen Tätigkeiten angeht. Hannes, der kleine Bruder vom verstorbenen Erwin, hat mir mein erstes eigenes richtiges Sauerteigbrot beschert. War gar nicht so einfach, denn das Backen mit Sauerteig stellt sich als etwas schwieriger heraus als das mit Hefe. Ich finde dennoch, dass sich das Ergebnis für einen ersten Versuch sehen lassen kann. Leider war ich ein wenig großzügig mit der Zugabe von Sauerteig, sodass das Brot an sich jetzt wirklich sehr kräftich geworden ist. Naja, macht nichts, ich hab ja noch ne ganze Weile hier in Argentinien vor mir, um Ketex‚ Rezepte durchzuprobieren und zu perfektionieren. Wenn Hannah mir nächste Woche ein oder zwei leckere Köstritzer mitbringt (weil hier nicht geben tut), gibt es als nächstes das Schwarzbierbrot.

Die dunkle Farbe ist nicht etwa durch die Zugabe von Schoki entstanden ...

Die dunkle Farbe ist nicht etwa durch die Zugabe von Schoki entstanden ...

... sondern durch die fast ausschließliche Verwendung von VK-Roggenmehl.

... sondern durch die fast ausschließliche Verwendung von VK-Roggenmehl.

Und damit jetzt hier keiner denkt, ich würde meine Tage ausschließlich mit dem Backen von Brot verbringen: Ich muss gleich unbedingt noch einmal Hausputz machen, denn hier sieht es wieder aus wie Sau (weil ich soviel mit Backen beschäftigt war :D). Abgesehen davon sammeln Lotte und ich unsere ersten Erfahrungen darin, was es bedeutet vor einer Klasse zu stehen. Manche Klassen sind trotz ihrer Größe sehr angenehm und man kann dann problemlos mit den Kindern arbeiten, andere Klassen sind halb so groß und doch hat man das Gefühl, jeder zweite sei ein Rabauke. So lernen wir beständig dazu. Auch hat unser Sprachkurs angefangen, sodass wir langsam aber sicher auch erklären können, was wir grade auf Deutsch von uns gegeben haben. Das Geilste überhaupt ist nämlich diese merkwürdig Kopfnick-Dynamik, die in zumindest im Deutschunterricht zu herrschen scheint:

„… also zuerst werden wir diese Geschichte hier lesen, jeder liest dabei einen Satz. Dann basteln wir noch etwas und wenn dann noch Zeit ist, spielen wir ein Spiel. Habt ihr das alles verstanden?“

Allgemeines Kopfnicken zeigt Bestätigung an.

Auf einmal brüllt einer derjenigen, die sehr gut Deutsch können, die komplette Übersetzung dessen, was ich grade erzählt habe, in einem atemberaubenden Tempo durch den Klassenraum und als er bei „… vamos a jugar!“ ankommt, erhellen sich die Mienen und Jubelrufe brechen aus. Manchmal frag ich mich ja schon, ob das Absicht ist 😀

In other news: Die Regenzeit hat (scheinbar) aufgehört! Seit unserem Aufbruch nach Chile vor 8 acht Tagen hat es unaufhörlich „Elefanten geregnet“, wie der lokale Euphemismus ist. Mir hat das nicht sooo arg viel ausgemacht, ich habs viel den Pflanzen nachgetan und mich dran gefreut. Dass heute morgen dann doch mal wieder die Sonne schien, war aber auch schön. Die Temperaturen für die nächsten Tage bewegen sich zwar immer noch in äußerst überschaubaren Grenzen, aber was solls. Hauptsache, ich kann meine Sonnenbrille wieder auspacken 😀

So. Am Sonntag findet das Jubiläum zu 10 Jahren gotitas de esfuerzo statt, also der KiTa-Einrichtung im Armenviertel. Dort werden wir natürlich erscheinen und möglichst eine Spende hinterlassen. Nächstes Wochenende dann kommt Hannah, wir gehen zusammen aufs Hosen-Konzert (wobei mir einfällt, dass ich mir noch dringend sowas wie ne Best-Of besorgen muss, damit ich auch standesgemäß mitgrölen kann) und dann am Sonntag wieder mal reiten (wenn alles nach Plan läuft).





¡Vamos che! – ¡Bacán!

25 10 2009

Eindrücke der Weltreise:

Hinfahrt

Ein Querschnitt durchs Publikum des Festivals. Es fällt ins Auge, dass die Austragung an einer Deutschen Schule stattfindet.

Ein Querschnitt durchs Publikum des Festivals. Es fällt ins Auge, dass die Austragung an einer Deutschen Schule stattfindet.

Am Donnerstag um 9 Uhr morgens fuhr der colectivo, also der Überlandbus vom Terminal in Bariloche ab. Ziel unserer Reise war das 1. Deutsch Rockt Festival chilenisch-deutscher Schulen in Osorno, zu dem wir ehrenhalber und der guten Beziehungen wegen auch eingeladen worden waren. Übernachten würden wir in Gastfamilien und am nächsten Tag wieder abfahren. An Bord waren die Band (bestehend aus Lucas, Nacho, Nic, Maxi und Meri), Lotte und ich sowie Nori als begleitende Lehrerin. Außerdem waren noch ein paar andere Leute da. Der Bus war recht leer, was zu unserem Wohlgefühl beitrug, denn wir konnten allerlei Unfug treiben. So habe ich zum Beispiel Nacho aufgrund seines Unvermögens beim Zielen zweimal recht lautstark bei Worms auf der PSP besiegt, aber das nur nebenbei. Zum Zeitpunkt unserer Abfahrt regnete es übrigens schon seit dreizehn Stunden, was mich zusätzlich in eine Art Hochgefühl versetzte, weil es hier (wie auf diesen Fotos zu erkennen ist) üblicherweise eher trocken ist. Die letzten drei Wochen war auch keine einzige Wolke am Himmel. Nun pladderte es also ununterbrochen – richtige Sturzbäche kamen herab. Das hat hier noch ganz andere Auswirkungen als in Deutschland: Die Straßen sind weg. Der obere Teil der Straße, die wir ins Tal hinab gegangen sind, besteht nur aus Schotter und Erde. Ich brauche wohl nicht noch extra zu erwähnen, dass das für eine sehr interessante Expedition sorgte 😉

Die letzten Sekunden vorm Auftritt

Die letzten Sekunden vorm Auftritt

Wie dem auch sei, wir saßen dann ja doch mit den anderen trocken im Bus (bis auf mich, ich hatte ausgerechnet das Fenster erwischt, durch das es hineinregnete) und hatten viel Spaß. Interessant war dann die Aus- und Einreise: Der Pass rüber nach Chile verläuft quer durch die Kordilleren, sodass an der argentinischen Seite sozusagen ausgecheckt wird (alle raus ausm Bus, Pass stempeln lassen, alle rein in den Bus), dann über die Berge gefahren wird und am chilenischen Fuße dieselbe Prozedur dann wiederholt wird. Ist man dann erstmal raus aus dem Gebirge, traut man seinen Augen nicht mehr: Es grünt so intensiv als hätte jemand einen gigantischen Farbeimer über Südchile ausgeschüttet. Es ist unbeschreiblich gewesen – eben eins von diesen Dingen, die man selber gemacht haben muss, um es vollends zu verstehen. Auf unserer Seite der Anden ist es trocken und staubig, da die Berge als Wetterscheide funktionieren – der gesamte feuchte Wind vom Meer regnet sich dort ab und bei uns kommt nichts mehr an. Gerade einmal 160 Kilometer Luftlinie trennen Osorno in Chile und Bariloche in Argentinien, doch liegen Welten dazwischen. Ich bin jedenfalls derart begeistert von diesem Erlebnis, dass ich diese Reise bestimmt noch mal wiederholen werde, auch mit mehr Zeit, damit ich Osorno wirklich würdigen kann. Die Stadt verströmt ein ganz anderes Flair.

Chile

Chilenische Pesos in ihrer vollen Pracht. Die größte Münze hat einen Wert von 500$, der größte Schein (nicht abgebildet) von 20000$.

Chilenische Pesos in ihrer vollen Pracht. Die größte Münze hat einen Wert von 500$, der größte Schein (nicht abgebildet) von 20000$.

Erster Eindruck: Ganz anders. Und das erfasst es wahrscheinlich sehr gut, denn das Land dehnt sich über 4500 Kilometer und mehrere Klimazonen von Norden nach Süden, hat im Norden eine der trockensten Gegenden der Welt und im Süden wohl eine der regenreichsten (näheres dazu hier, sonst schweife ich wieder ab). Den überwältigenden Natureindruck habe ich bereits geschildert, was mir ansonsten noch aufgefallen ist: Die Leute sehen viel eher so aus, wie man sich als europäisches Weißbrot so ein südamerikanisches Land vorstellt. Die Chilenen sind bei der systematischen Ausrottung der indigenen Bevölkerung nicht ganz so gründlich vorgegangen wie die Argentinier, sodass man hier wirklich viele Leute auf der Straße sieht, die einen dunklen Teint und dichtes, glattes schwarzes Haar besitzen. Außerdem habe ich mehrere Leute in Ponchos gesehen :>

Erwähnenswert ist außerdem das chilenische Geld: 800 pesos chilenos entsprechen einem Euro. So war ich kurzzeitig stolzer Besitzer von 15000 Pesos, die ich sehr gut investierte (siehe unten).

Desweiteren wird hier ein ganz merkwürdiges Spanisch gesprochen … („witzig“ für Eingeweihte 😉 )

Deutsch Rockt

Irgendwer muss hier ja auch mal für Ruhe sorgen.

Irgendwer muss hier ja auch mal für Ruhe sorgen. Wir warens jedenfalls nicht.

Der Grund, der Sinn hinter allem, die Belohnung unserer Strapazen: Die Deutsche Schule Osorno hatte mit Hilfe der Deutschen Botschaft in Santiago de Chile einen Rockbandwettbewerb ersonnen, der junge Deutschlernende auf etwas andere Weise an die Sprache heranführen sollte. Teilnahmevoraussetzung war, dass die Band aus Schülern einer deutschen Schule besteht und das vorgetragene Lied auf Deutsch ist. Abgesehen vom obligatorischen „Rammstein – Du hast“-Cover waren die Beteiligten größtenteils sehr kreativ und engagiert gewesen, was das Ganze zu einem schönen Erlebnis machte.  Ich hatte außerdem noch einen anderen Grund, mich auf dieses Event zu freuen: Hannah hatte ihre Teilnahme bestätigt. Wir waren während des Vorbereitungsseminars in derselben esoterischen Meditationsgruppe gewesen und hatten uns auf Anhieb gut verstanden, was vor allem daran gelegen haben muss, dass sie meine Witze über Einzelkinder recht gut wegstecken konnte. Hannah, Thomas und ich verabredeten noch während des Seminars einander zu besuchen wenn wir denn drüben wären. Während des Soundchecks steckten Hannah und ich also unsere Köpfe zusammen und ersonnen eine wahrhaft ehrgeizige Reiseroute für unsere Sommerferien, auf der uns der Thomas natürlich begleiten wird. Näheres dazu, wenn wir sichergestellt haben, dass der Plan tatsächlich in die Tat umsetzbar ist. Ich habe da so meine berechtigten Zweifel, nachdem ich grade mit Google Earth überschlagen habe, dass allein die Luftlinien unserer geplanten Route etwa 4000 Kilometer umfassen. Aber der zukünftigen Ingenörin ist nichts zu schwör… 😉

Lucas zeigt berechtigte Rockstarallüren.

Lucas zeigt berechtigte Rockstarallüren.

Wie dem auch sei, unserer freudiges Wiedersehen löste natürlich wieder sofort Diskussionen unter Jugendlichen aus, wie denn nun unser gemeinsamer Status lauten könnte. Mit der Zeit werden mir die Gerüchte um mein angebliches Sex- und Liebesleben immer egaler, was vermutlich ein gutes Zeichen ist 😉

Gewonnen hat CO2 (so der Name unserer Band) leider nicht, dafür haben wir aber kräftig gerockt und neue Freunde gefunden: Ich wurde von meiner Gastfamilie, in deren Haus Lucas und ich die Nacht verbrachten, eingeladen doch noch einmal vorbei zu kommen. Das wird nicht lange auf sich warten lassen. Im Supermarkt in Osorno, der übrigens nicht umsonst Jumbo heißt, entdeckte ich übrigens leckeres Weizen (Franziskaner und Paulaner), von dem ich direkt mal drei Flaschen einkaufte, um in jener Nacht Lucas in die Geheimnisse eines guten Bieres einzuführen. So hat sich der Ausflug auch in kulinarischer Hinsicht gelohnt 😉

Gewonnen haben wir übrigens nicht, dafür aber nach halboffizieller Auskunft den fünften Preis davongetragen. Bei 12 teilnehmenden Schulen und knapp einem Monat Vorbereitungszeit ist das durchaus ordentlich, finde ich.

Rückfahrt

Es schneit in den Anden. Lucas versucht sich derweil als menschlicher Puck.

Es schneit in den Anden. Lucas versucht sich derweil als menschlicher Puck.

Der Dauerregen, der uns schon seit Anfang unserer Expedition begleitete, war anscheinend über Nacht zum Dauerschnee mutiert. Dies führte zu einer deutlich längeren Reisedauer, einer riesigen Schneeballschlacht, bei der die Busfahrer und übrigen Insassen beim Zugucken übrigens genauso viel Spaß hatten wie wir und – tada! – einem letzten verzweifelten Aufbäumen des Winters in Bariloche. Seit mittlerweile also etwa zwei Tagen schneimatscht es hier also von Himmel, soviel wie in Leverkusen in einem ganzen Jahr fällt. Mal sehen, wohin das noch so führt.

Fazit

Geile Sache, gerne noch einmal!








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