Kalt

15 09 2009

Die Heizung ist übrigens wieder kaputt – das hab ich heute Nacht gemerkt als ich zitternd aufwachte. Weil jetzt im Haus ungefähr vier Grad herrschen, nahm ich mir beherztermaßen die Decken vom zweiten Bett und schlief heute in zwei T-Shirts, einer langen Hose und unter 6 Decken. Das ging solange gut, bis mein Wecker klingelte. Fröstelnd stand ich auf und lief runter um erstmal nach der Heizung zu sehen. Auch das Ding auseinanderzunehmen brachte leider nichts (außer kalten Händen). Also hab ich heute morgen mit dem Gasherd geheizt, ein Kochfeld voll aufgedreht, das andere niedrig (um Wasser für Tee zu kochen). Während also hoffentilch die Bude wärmer wurde und mein Wasser heisser, ging ich duschen. Das dumme war nur: Heute gibts kein heißes Wasser aus der Leitung. Grmpf. Naja. Den Kaffee hab ich dann nicht mehr gebraucht 😀

Zum Frühstück gabs aufgewärmte Nudeln von gestern und einen kleinen Spaziergang durch die Gegend. Ich präsentiere:

So, ich hoffe das mit der Galerie klappt, ich muss jetzt nämlich los, um Lotte und Anja einzusammeln (Anja macht hier ein Praktikum), damit wir gemeinsam zur Schule gehen können. Ich fühl mich wie am ersten Schultag… haha. Außerdem frieren mir grad die Finger ab. Gaah. Ich bin ja wirklich kein Mensch, der sich oft über Temperaturen beschwert (es sei denn, sie liegen über 25°C), aber trotz Sonnenscheins bei gefühlten 2°C im Schatten sitzen zu müssen, weil hier der W-Lan-Empfang besser ist…

Wie dem auch sei, auf zu neuen Abenteuern!





Erste Eindrücke

15 09 2009
Küche, Wohn- und Esszimmer in Personalunion

Küche, Wohn- und Esszimmer in Personalunion

Inzwischen sind die meisten Sachen verstaut, der erste Einkauf ist erledigt, das erste Mittagessen gekocht (na klar, Nudeln mit Tomatensoße… klein anfangen) und so weiter. Zwischendurch hat die Heizung mal funktioniert, jetzt will sie wieder nicht, was auch der Grund dafür ist, warum ich hier mit zwei Pullis und zwei T-Shirts sitze. Dafür funktioniert der Gasherd einwandfrei (obwohl die Backofentür nur noch an der linken Seite befestigt ist) und ich bin inzwischen bei 5 schwarzen und 3 Mate-Tees angekommen und hab mir grade einen Kaffee gemacht. Ihr merkt schon, heute war für mich ein langsamer Tag. Ich bin außer zum Einkaufen und ein wenig in der Gegend rumlaufen kaum außer Haus gegangen, weil ich nicht wusste, ob mich irgendwann jemand abholen würde. Lotte (die andere Freiwillige hier) hat aber vor einer Stunde via Mail einen Besuch ihrer Wenigkeit angekündigt. Ich sitze hier immer noch ein wenig auf dem Trockenen, da seit Mamas Anruf auf meinem Handy das letzte

Inzwischen aufgeräumter Flur

Inzwischen aufgeräumter Flur

bisschen Geld darauf weg ist, ich entweder zu blöd bin, das Telefon hier zu bedienen oder tatsächlich nicht funktioniert (wenn ich den Hörer abhebe, höre ich immer leise Musik darauf rauschen…) und das Wlan erstreckt sich wie gesagt leider nicht bis in meine vier Wände. Also muss ich zum surfen immer auf den Parkplatz laufen – was sicherlich leicht bescheuert aussieht, aber mit den Zimmerdamen hier hab ich aufgrund der Heizungsgeschichte schon Freundschaft geschlossen 😀

Wie dem auch sei; wenn es wie jetzt grade nieselt, dann ist nicht viel mit surfen, skypen, Fotos hochladen oder ähnlich schönen Dingen. Deswegen sitz ich jetzt drinnen und notier mir schonmal, was ich gleich hochladen will.

Zum Beispiel diese ersten vereinzelten Eindrücke Lese den Rest dieses Eintrags »





Stamp of Origin

7 08 2009

Call me Ishmael.

Ich leg hier jetzt einfach mal los in der Hoffnung dass ich Gedankenanstöße biete und auch welche zurückkriege.

Ich heiße Timon Traub, werd am Sonntag 20 und komme zusammen mit Charlotte nach (San Carlos de) Bariloche, ARG. Dort werden wir an der ansässigen Deutschen Schule arbeiten. Ich freu mich schon wie verrückt 😀 und hoffe, ihr euch auch 😉

Für alle von uns, die wir uns im September hoffentlich kennen lernen werden, beginnt mit dem Dienstantritt ein neuer Abschnitt im Leben. Durchaus eine abgegriffene Phrase und ein totes Klischee. Oder doch?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir zumute war, als ich mit grade eben 16 Jahren für ein Jahr in die USA ging, um dort in Kansas Englisch und die Amerikaner verstehen zu lernen ;).

Großartig Gedanken darüber gemacht habe ich mir damals eigentlich nicht; ins Ausland gehen war halt einfach total logisch für mich – vor allem, da ich frei und ungebunden war (:D) und dringend die Sprache lernen wollte als auch einen Tapetenwechsel brauchte. Also nicht lange fackeln, ab in den Flieger. Macht ja durchaus auch Sinn und sich gut auf dem Lebenslauf, so ein Auslandsjahr.

Wer sich ebenfalls auf dieses Abenteuer eingelassen hat wird bestätigen können, dass sehr zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Ich habe jedenfalls viel über mich selber gelernt. Mindestens genauso viel über andere Menschen und unsere Beziehungen untereinander. All das, was ich also aus den USA mitgenommen habe, hat wesentlich dazu beigetragen, meine Identität zu prägen – und damit sind wir beim heißen Eisen.

Wer bist du?

Wer bin ich?

Und was macht das aus?

Bevor ich mich hier in esoterisch-spirituelle Beobachtungen versteige, was denn nun letztlich einen Menschen ausmacht, möchte ich einen Gedankengang mit euch teilen, der mich seit gestern sehr beschäftigt (und ihr werdet gleich sehen, warum 😀 ):

  • Aktion – Reaktion – Identität?

Was macht mich zu dem, der ich bin? Ist es das, was ich will; das was mich antreibt – oder ist es meine Umwelt, die Reaktionen anderer Menschen, die mich wiederum zu bestimmten Taten veranlassen (oder davon abhalten)?

Damit das Ganze nicht so abstrakt bleibt:

Vorher

Vorher

Das bin war ich. Bis gestern. Meine Dreadlocks begleiten mich seit Weihnachten 2006. Davor hatte ich (sehr) lange Haare und wurde ständig gefragt, ob ich MetalVorher höre. Die letzten zweieinhalb Jahre wurde ich hingegen ständig gefragt, ob ich wohl Gras dabei hätte („Ey, Bob Marley! Hasse Weed?“).

Weder höre ich besonders viel Metal noch kiffe ich. Dennoch veränderte sich das Verhalten der Menschen um mich rum (mit Ausnahme meines engeren Freundeskreises) sofort und spürbar. Wem ich zuvor noch als Metaller galt sprach mich nun auf Bob Marley und Kiffen an („Ach tu nicht so, du hast doch bestimmt was dabei!“). Die Beobachtung dürfte vielen hier nicht neu sein: Kleider Haare machen Leute. Man kriegt direkt einen Herkunftsstempel aufgedrückt – alles aufgrund einer simplen Frisur. Dass das Auswirkungen auf die eigene Identität hat dürfte jedem klar sein.

Das System ist bekannt: Wer in seinem Umfeld/Klasse/Stufe als Außenseiter gilt, glaubt dies auch von sich selber. Oder ist er tatsächlich der Außenseiter und die Anderen haben dies lediglich als Tatsache erkannt?

So auch hier: Ich liebe es mit Vorurteilen zu spielen – also kaufte ich mir gebatikte T-Shirts, kam barfuss zur Schule (einmal sogar zur mündlichen Lateinprüfung), kaufte Fair-Trade-Klamotten und boykottierte H&M. Die gebatikten T-Shirts würde ich jetzt nicht unbedingt als integren Teil meiner Persönlichkeit betrachten ( 🙂 ), Fair Trade und H&M-Boykotte hingegen eher.

Was ist Ursache und was Wirkung? Ist beides überhaupt klar voneinander abzugrenzen?

Bin ich ein Hippie geworden weil ich wie einer aussehe oder sehe ich wie ein Hippie aus weil ich einer geworden bin?

Besonders brisant wird diese Fragestellung eigentlich erst durch das nächste Foto. Über die Jahre hinweg habe ich also mit Freude alle Klischees bedient, die sich mir boten. Macht unglaublich viel Spaß, das könnt mir glauben: „Ey Hippie, ja du, haste was zu smoken dabei?“ – „Seh ich etwa so aus?“ 😀

In der letzten Zeit bin ich aber vor allem der Haare überdrüssig geworden, nicht so sehr der „Rolle“, die damit einhergeht und ganz ehrlich – jeder von uns spielt in der Öffentlichkeit bis zu einem gewissen Grad eine Rolle; dazu reicht es schon, sich ausschließlich von seiner Schokoladenseite präsentieren zu wollen. Denn damit porträtiere ich nur die halbe Wahrheit und somit teilweise eine ganz andere Identität als die Identität, die meine Freunde und Familie kennen. Manche verstecken sich ihr Leben lang dahinter, weil sie (irrigerweise?) annehmen, so einen effektiven Schutzschild (vor anderen Menschen/Verletzungen) aufbauen zu können. Andere haben schlicht und einfach zu viel Spaß daran (und ihr ratet es, in die Kategorie würde ich mich einordnen) die Vorurteile der jeweils Anwesenden zu bedienen, anstatt stets als „Ich“ aufzutreten. Die Welt ist eine Bühne. Wiederum andere ziehen Anzüge und teure Klamotten an, weil es ihnen Autorität verleiht.

Wer bin ich jetzt?

Punk

Nachher

Als wir gestern im kleinen Kreise anfingen, meine Prachtlocken abzuschneiden waren selbst meine engsten Freunde erschüttert, was vor ihren Augen aus mir wurde: „Wenn ich dir jetzt nachts auf der Straße begegnen würde, würde ich meine Mama anrufen, die soll mich abholen kommen!“

Und das von den Leuten, denen ich spätestens seit Weihnachten 2006 als One Love/World Peace-Anhänger galt – wohlgemerkt, die Bemerkung war ein Witz, aber sie zeigt die Wirkung die ich beabsichtigt hatte.

Bin ich jetzt ein anderer Mensch? Oder ist das wahre Problem in unseren Köpfen – gesehen, Schublade auf, rein damit, Schublade zu, ad acta ad eternam?

Ich bin kein Hippie, ich bin kein Punk – ich bin ein Mensch. Ein alte Wahrheit. Oder doch nur ein Klischee (der Kreis schließt sich 😀 )?

Letzten Endes – und hier ist mein Monolog zu Ende – wünsche ich uns allen „offene Köpfe“. Bei dem was wir so tun werden, gegenüber den Menschen die wir kennen lernen werden und nicht zuletzt uns selbst gegenüber; in Berlin, aber auch mit sich selbst. Nur weil ich lange Zeit ein „Hippie“ war, muss ich nicht auf ewig einer bleiben. Es ist Zeit für Veränderung. Für mich jedenfalls. Ein neuer Abschnitt beginnt. Ein alter wird abgeschnitten.

Und beim Seminar seh ich hoffentlich wieder zivilisiert aus 😀








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