Leuchtboje – Ein Jahr Kulturhauptstadt

Seit einem Jahr ist Rijeka nun europäische Kulturhauptstadt – wenn das kein Anlass ist, dieser Perle von Stadt einen Beitrag zu widmen!

Beginnen wir chronologisch korrekt mit der Eröffnungsfeier:

Nicht jeder fand das Getöse aus E-Gitarren, Schlagzeugen und Glocken dem erhabenen Moment angemessen. Und dann auch noch ein italienisches Lied! Ich für meinen Teil finde es perfekt. Und wie gerne hätte ich das Feuerwerk gesehen! Immerhin, man kann es online nachschauen. Falls euch übrigens die ganze Show interessiert: Here you go!

Außerdem gibt es natürlich den ein oder anderen Spot über die Kulturhauptstadt Rijeka: Genauer gesagt einen normalen – und einen etwas verrückten und gerade deswegen umso besseren. Und last but not least habe ich noch eine interessante Doku gefunden. Selbst wenn ihr (so wie ich) kein Kroatisch versteht – allein das Intro ist wirklich sehenswert!

post

Tag 104 – Rettungsweste

Was macht man an einem grauen Tag? Richtig, ein bisschen Museumsluft schnuppern. Die Frage ist nur: Kunst, Computer, Kriegsgerät oder Stadtgeschichte? Ich entschied mich für letzteres und damit für eines der beeindruckensten Gebäude Rijekas: Den Gouvaneurspalast.

Einst imposanter Sitz des Stadtoberhaupts, ist im Gouvaneurspalast der Gegenwart das „Pomorski i poviesni muzej“ alias Meeres- und Geschichtsmuseum Rijekas untergebracht. Und ebendiese Geschichte beginnt früher als gedacht! Denn obwohl Rijeka im Gegensatz zu Pula kein Amphietheater vorzuweisen hat – Römer gab es hier trotzdem. Wer durch die Innenstadt läuft, kann bis heute ihre Spuren sehen. Und auch außerhalb der Stadt, landeinwärts, gibt es etwas zu bestaunen: Die drei Meter breiten Überreste der Außengrenze des römischen Reiches.

Ein Sprung in der Geschichte und nach einer schier endlosen Aneinanderreihung von Schiffsbildern haben wir die Industrialisierung erreicht. Und damit das Schmuckstück des ganzen Museums: Die europaweit einzige Rettungsweste des Unglücksschiffs Titanik. Denn wie es der Zufall will, führte die Route der Carpathia (die die Überlebenden der Titanik damals aus dem eiskalten Wasser fischte) von Rijeka nach New York bzw. vice versa. Und ein Kellner, der auf der Carpathia arbeitete, brachte dieses besondere Souvenir mit nach Hause.

Soweit zur Meeresgeschichte im zweiten Stock. Für die Stadtgeschichte ging es wieder hinunter, über die knarzenden Dielen in den Lichthof des Palasts. Zu dessen Rechten grenzt ein Salon am anderen: Der grüne Salon an den roten und der rote Salon an den weißen. Nimmt man alle drei Farben zusammen, so weiß man auch schon welchem historischen Abschnitt der Stadtgeschichte die Räume gewidmet sind: Der italienischen Besetzung Rijekas durch Gabrielle D’Annunzio.

Gabrielle D’Annunzio war ein Poet und berüchtigter Frauenheld. Doch das hielt ihn nicht davon ab nach dem ersten Weltkrieg das staatenlose Rijeka für sich zu reklamieren. Er marschierte ein, ließ dem habsburgischen Adler einen Kopf absägen und blieb. 16 Monate regierte er wie ein kleiner König die Stadt, dann wurde er von seinen eigenen Landsmännern abgeschossen (und zwar nicht nur metaphorisch).

Während ich noch darüber nachgrübelte, wie so einem seltsamen, glatzköpfigen Vogel die Frauen zu Füßen liegen konnten, lief ich die geschwungene Freitreppe hinab in die Eingangshalle. Beinahe wäre ich weiter (hinaus) gegangen und hätte die zwei Ausstellungen im Untergeschoß verpasst. Doch dann treibt mich die Neugier doch noch um’s Eck und damit in den Krieg. Der „Homeland War“ – auch hier in Rijeka kommt man nicht an ihm vorbei. Obwohl es in der Gespannschaft selbst keine direkten Kriegshandlungen gab, die Menschen waren doch direkt davon betroffen.

Ihr merkt: Viele Geschichten werden im Gouvaneurspalast erzählt – die eine unerwartet, die andere weltbekannt, die nächste bizarr und die letzte mindestens genauso unbegreiflich. Und das sind nur die, die ich euch erzähle. Wenn ihr mehr wissen wollt, müsst ihr schon selbst herkommen. Denn ich für meinen Teil gehe jetzt nach Hause…

post

Tag 100 – Hundertwasser

100 Tage bin ich jetzt schon in meinem Heimathafen Rijeka (oder sagen wir lieber: in Kroatien). Das heißt: Jubiläum! Und was passt besser zur Feier des Tages, als das Gemälde von Hundertwasser? Auch wenn es eigentlich Tunis zeigt, es erinnert mich doch irgendwie an Rijeka (mit ein paar künstlerischen Freiheiten versteht sich).

100 Tage – als hätte es meine Kroatisch-Lehrerin Sandra geahnt, haben wir heute die Vergangenheitsform gelernt. Außerdem war ich bei Katharina, wo wir ein paar verspätete Weihnachtsgeschenke austauschten. Und als wäre das nicht schon genug, gab es noch ein kleines Geschenk an mich selbst: Eine Nachttischlampe (auch wenn ich gar keinen Nachttisch habe)! Home Office Next Level würde ich mal sagen 😉

post

Tag 94 – Warme Gefilde

Heute hatte ich tatsächlich einen Termin. Und nicht irgendeinen, sondern bei der Polizei. Denn anscheinend ist es hier in Kroatien so üblich, Menschen mit temporärer Aufenthaltsgenehmigung nach geraumer Zeit einmal einzubestellen. Besonders wichtig schien es allerdings nicht zu sein, denn nachdem sie bei Katharina telefonisch einen Termin angefragt hatten, waren sie selbst erst nach zwei Tagen wieder an die Strippe zu bekommen…

Doch letztendlich stand der Termin und ich stiefelte los. Und ehrlich gesagt kam ich dabei etwas ins Schwitzen. Allerdings nicht wegen des Termins, sondern weil ich einfach viel zu dick eingepackt war: 12 Grad und fröhlicher Sonnenschein – nur noch ein paar Singvögel und der Frühlingstag wäre perfekt gewesen (Möwen zählen nicht).

Pünktlich erreichte ich schließlich die Polizei, lief jedoch erst einmal am versteckten Hintereingang vorbei. Also noch eine Runde ums Gebäude. Dann rüttelte ich vergeblich am Türknauf, bis ein netter, wartender Herr drinnen für mich an die Scheibe des Pförtnerhäuschens klopfte. Der erste Polizeibeamte sprach kein Englisch (und ich immer noch nicht genug Kroatisch), weshalb ich an seinen Kollegen weitergereicht wurde. Und dann hieß es warten. Eine Polizistin kam in den Wartebereich und befragte das Pärchen neben mir. Österreicher. Also perfekt zum Lauschen. Wenige Minuten später war ich dran und bekam die gleichen, etwas seltsamen Fragen zu hören: Vornamen meiner Eltern, Adresse meiner Schule (Google), Nachnamen meiner Mitbewohnerinnen (Fehlanzeige)… Alles wurde brav notiert. Warum sie mich das alles fragte, fragte ich sie schließlich. Die Antwort: Um sicherzustellen, dass ich auch wirklich in Kroatien sei. Aha. Aber da ich nun leibhaftig da war und die Polizei das jetzt auch sichergestellt hatte – durfte ich wieder gehen.

Die Sonnenbrille auf der Nase schlenderte ich durch die belebten Straßen. Nicht nur mich schien der Frühlingstag herauszulocken. Mit neuer, positiver Energie aufgeladen bog ich in einen Hinterhof ab. Wohlgemerkt ein Hinterhof voller Grafitti, die schon lange auf meiner Liste stehen. Und so hatte mein kleiner Ausflug doch noch etwas Sinn.

post

Tag 92 – Innerer Kompass

Schlechte Nachrichten von Zuhause und „ping!“ springt die innere Kompass-Nadel gen Nordwest. Doch obwohl meine Gedanken gerade so gar nicht in Rijeka sind, geht das Leben hier weiter. Und das ist vielleicht ganz gut so. Denn auch wenn mich die Aussicht auf meine Kroatisch-Präsi nicht gerade aufmuntert, zumindest treibt sie mich aus der angenehm-warmen Koje und an die Arbeit.

Da für die Präsentationen Video ausnahmesweise Pflicht ist, sehe ich meine Leidensgefährten heute das erste Mal – und lerne sie mit jedem Vortrag besser kennen. Meine Präsi ist dann die letzte des Tages und ich bin froh, als sie vorbei ist. Jetzt nur noch die mündliche und schriftliche Prüfung. Obwohl: Ein bisschen hin- und hergerissen bin ich schon, ob ich nicht doch noch den A2-Kurs dranhängen soll? Auch wenn ich ihn leider selbst zahlen müsste…

Što drugo? Chemnitz wurde als Kulturhauptstadt 2025 bestätigt. Alle Gedankengänge führen nach Hause..