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Yoga, Essen & Arbeit

Ich schaue auf meinen Kalender und stelle fest, dass dieser schon den 14. Oktober zeigt. Das heißt, ich bin nun schon seit einem Monat und zwei Tagen hier in Sofia. Wie schnell die Zeit vergeht! Irgendwie hat sich auch schon ein kleiner Alltag eingestellt, deshalb erzähle ich einfach mal von meiner Woche.

Nachdem ich bereits beim Contemporary war, bin ich am Sonntag auch zum Ballett-Training gegangen. Es hat sich gut angefühlt, wieder zu tanzen, Pirouetten zu drehen und jeden Muskel zu spüren. Aber wirklich wohl gefühlt habe ich mich dort (noch) nicht. Vielleicht ist es aber auch normal in einer Gruppe, in der man mit keinem ein Wort sprechen kann, sich nicht direkt wohl zu fühlen. Ein Glück, dass die ganzen Begriffe im Ballett auf Französisch sind. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die bulgarische Sprache in meinen Ohren eher unfreundlich, laut und hart klingt. Ich habe schon mehrfach gemerkt, dass die Menschen doch freundlich und hilfsbereit sind, auch wenn es der Klang ihrer Stimme nicht deutlich macht.

Am Montag früh um 9 Uhr begann dann die Arbeitswoche. Zwischendurch wurde sie von einer Stunde Yoga unterbrochen, zu der die Mitarbeiter_innen hier jede Woche gehen können. Für mich war es die erste richtige Yoga-Stunde. Ich finde es sehr schwierig, mich auf das Entspannen und die Achtsamkeit dabei einzulassen, aber ich denke, es tut einem ganz gut, es trotzdem zu probieren. Viele Übungen kamen mir vom Tanzen sehr bekannt vor, deshalb hat es sich auch irgendwie vertraut angefühlt. Am Nachmittag war ich in einer Besprechung mit einer Kollegin und einem Grafiker. Die Kommunikation war sehr interessant: Der Grafiker und die Kollegin haben Bulgarisch miteinander gesprochen, die Kollegin und ich Deutsch und der Grafiker mit mir Englisch. Außerdem ist mir in dem Gespräch wieder aufgefallen, wie irritierend das mit dem Kopf schütteln hier ist. Nach der Arbeit ging es dann noch zum Sprachkurs und danach noch Burger essen.

Burger und Pommes

Am Dienstag haben wir drei Freiwilligen hier am Institut Ideen für Veranstaltungen gesammelt, die wir im digitalen November durchführen wollen. Wir haben bereits kleine Konzepte dafür geschrieben und sie mit dem Institutsleiter besprochen.  Passend zum digitalen Thema hatten wir später während einer Besprechung in der Bibliothek die Möglichkeit,  eine VR-Brille aufzusetzen und im Ozean abzutauchen.

BR-Brille testen

VR-Brille

Nach der Arbeit ging es dann (schon wieder) sehr gemütlich Essen. Ich wäre vorher nie auf die Idee gekommen, Käse auf Pommes oder Wedges zu streuen – wie gut, dass die Bulgaren auf die Idee gekommen sind.

Wedges mit Käse

Der Mittwoch bringt mich immer irgendwie aus meiner Routine raus, weil wir um 10.30 Uhr unseren Sprachkurs haben und erst danach zum Institut gehen. Also habe ich am Morgen noch Freizeit, aber überhaupt keine Idee, was ich in der Zeit machen soll. Meistens vertreibe ich mir die Zeit damit zu lesen. (Auch wenn ich die Zeit vielleicht lieber nutzen sollte, um die Bulgarisch-Vokabeln zu lernen.)

Donnerstags möchte ich eigentlich immer zum Contemporary gehen, weil mir der Kurs letzte Woche sehr viel Freude bereitet hat. Diese Woche hat es leider nicht geklappt, hinzugehen. Und auch in Zukunft wird es manchmal zeitlich vielleicht nicht klappen, deshalb werde ich dann versuchen in solchen Wochen am Dienstag Abend zu dem Kurs zu gehen. Da ist es doch praktisch, dass man jeweils pro Stunde bezahlt und ich dann einfach immer hingehen kann, wenn ich die Zeit dafür finde.

An dem Tag habe ich auch eine traditionelle bulgarische Suppe probiert. Tarator – eine kalte Suppe aus Joghurt und Gurken. Ich muss sagen, meins ist es nicht. Das habe ich mir auch schon vorher gedacht, aber schließlich muss man es trotzdem mal probieren.

Tarator

Der Freitag war ziemlich unspektakulär. Abends wollten wir eigentlich ins Kino gehen, aber es gab keine Karten mehr. Also habe ich mir einen entspannten Abend zuhause gemacht und mit meiner Familie geskyped. Das war auch mal wieder schön.

Der Samstag ist irgendwie vergangen, ohne dass ich wirklich etwas sinnvolles gemacht habe. Ich war einkaufen, habe meine Bulgarisch-Hausaufgaben gemacht und gelesen. Irgendwie fällt es mir hier einfacher mir auch mal Zeit zum Lesen zu nehmen, das ist ganz schön und tut mir glaube ich ganz gut. Am Abend ging es dann noch zu einem Barock-Konzert der Akademie für alte Musik Berlin (Akamus) in den Räumlichkeites des bulgarischen Radiosenders BNR.

Akamus Konzert

Und nun bin ich gespannt, was die nächste Woche so bringen wird.

Kleine Glücksgefühle

Letzten Sonntag habe ich mich mit einer anderen Freiwilligen getroffen und wir waren in einem kleinen, süßen Café in Oborishte. Es sah so schön dort aus. Wir haben beide einen мокачино (Moccacchino) getrunken und ich habe einen Himbeer-Macaron dazu gegessen.

Französisches Café

Ich im Café

Danach sind wir noch durch die Stadt gegangen und haben ein paar Kirchen besichtigt. Nachdem wir zum Kaffee trinken in einem französischen Café waren, musste es später natürlich auch noch etwas Bulgarisches geben, denn schließlich sind wir hier in Sofia. Es war keine klassische Banitsa, aber es bestand auch aus einer Art Blätterteig und war mit Käse gefüllt.

Da am Mittwoch der Tag der deutschen Einheit war und das Goethe-Institut ein deutsches Institut ist, hatten auch wir frei. Allerdings nur zum Teil, denn zum Sprachkurs sind wir vormittags trotzdem gegangen. Danach haben wir noch Karten fürs Ballett gekauft und ich habe eine der letzten Karten für »La Bayadere« bekommen, bei dem Svetlana Zakharova vom Bolshoi als Gast die Titelrolle tanzen wird. Darauf freue ich mich schon sehr! Auf dem Rückweg habe ich dann auch endlich zum ersten Mal hier Baklava gegessen.

Baklava

Am Abend waren wir anlässlich des Tages der Deutschen Einheit von der Botschaft zu einem Empfang eingeladen. Irgendwie habe ich mich sehr fehl am Platz gefühlt. Aber es war eine interessante Erfahrung, denn so häufig passiert es ja nicht, dass man von einer Botschaft eingeladen wird.

Allgemein war es irgendwie nicht meine beste Woche. Ich habe mich die ganze Zeit über sehr unwohl gefühlt und habe das starke Gefühl, nicht in die Freiwilligengruppe zu passen und auf der Arbeit auch nicht mit den anderen Freiwilligen mithalten zu können. Das waren keine schönen Gefühle und sie sind leider immer noch in mir. Da kam es gerade richtig, dass ich am Donnerstag all meinen Mut zusammengenommen habe und zum Tanzen gegangen bin.

Ich hatte vorher große Zweifel. Was ist, wenn die alle viel besser sind als ich? Was ist, wenn die nur Bulgarisch sprechen und ich nichts verstehe? Was ist, wenn ich mich blamiere und alle über mich lachen? Aber wie so oft waren all die Zweifel natürlich vollkommen umsonst. Wir waren sechs TeilnehmerInnen in dem Kurs und es hat einfach nur Spaß gemacht. Es war so ein schönes Gefühl wieder in einem Tanzraum zu sein. Bekannte Musik im Ohr. Auf dem Tanzteppich liegen und über den Boden rollen. Merken, wie man am nächsten Tag vor allem an den Schultern blaue Flecken haben wird. Ein altbekanntes »Mandy, you can make it bigger« und das Lächeln, dass man sich gegenseitig schenkt, wenn man Bewegungen ausführen soll, die scheinbar unmöglich umzusetzen sind. Es fühlte sich so vertraut an. So schön. Heimisch. Danach war ich einfach nur glücklich.

Wandern: 7 Seen & Rila-Kloster

Wunderschönes Bulgarien. Ich glaube, das war der Gedanke, der mir letztes Wochenende am häufigsten im Kopf rumschwebte. Zumindest war es die am häufigsten von mir versendete Nachricht.

Da wir am Montag feiertagsbedingt frei hatten, haben vier andere Freiwillige und ich das Wochenende genutzt und sind von Samstag auf Sonntag zum Wandern gefahren. Den Montag konnte man dann nutzen, um sich zu erholen.

Der Samstag fing damit an, dass es in dem von uns geplanten Bus keine freien Plätze mehr gab, so dass wir uns die Zeit bis zum nächsten damit vertreiben mussten, erstmal noch eine Banitsa zu essen – ich denke da gibt es schlimmeres. Nach einigem Hin und Her im Bus – wir wussten leider nicht, dass es feste Sitzplätze gibt und es war auch keiner in der Lage uns das in Ruhe zu sagen – sind wir dann Stunden später doch noch an dem Lift zum Rila-Gebirge hinauf angekommen. Ich bin zuvor noch nie in meinem Leben mit einem Skilift gefahren und hatte auch eigentlich nicht vor, es jemals zu tun. Aber: Ich habe es überlebt. Und es hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Rila Lift

Portrait Foto

Pferde vor Bergen

Gruppenfoto

Die nächsten vier Stunden ging es dann die Berge hoch, an den sieben Rila-Seen vorbei und ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, denn so eine schöne Landschaft habe ich noch nie gesehen. Unser Ziel war eine Berghütte, in der wir die Nacht verbringen wollten. Dort angekommen teilte man uns mit, dass es keine freien Betten mehr für uns gab, aber dass sie sich eine Lösung überlegen würden. So ließen sie uns schließlich in ihrem Gebetsraum schlafen, den sie mit reichlich Decken ausgelegt hatten.

Berghütte

Am nächsten Morgen ging es dann um sieben Uhr für uns weiter. Zuerst wieder einige Berge hinauf auf etwas über 2600 Höhenmeter, bevor es dann bergab ins Tal ging. Das war ganz schön anstrengend und hat mich nicht nur viel Kraft gekostet, weil man so achtsam sein musste, dass man nicht ausrutscht, sondern auch weil ein starkes Gefühl von Höhenangst in mir breit wurde.

Berge

Auf der Spitze des Bergs

Blick ins Tal

Deshalb war ich auch sehr froh, als wir nach sechs Stunden im Tal bei dem Rila-Kloster angekommen waren. Das Kloster ist UNESCO-Weltkulturerbe und sieht auch wirklich wunderschön aus. Ich finde es immer sehr beeindruckend wie so etwas gebaut wurde. Besonders auch die Malereien, die innen bis zur Decke reichen.

Rila-Kloster

Rila-Kloster

Rila-Kloster

Abschließend muss ich noch einmal sagen: Wunderschönes Bulgarien!

33.000 Schritte & Graffiti-Tour

Die ersten zwei Arbeitstage liegen hinter mir und ich bin ganz froh darüber, die schon mal geschafft zu haben. Denn die ersten Tage sind ja immer sehr aufregend und ich könnte auch gut darauf verzichten.

Mit meiner WG habe ich wirklich Glück – ich hatte noch nie so ein großes Zimmer und es ist sehr entspannend, abends in dem großen Bett zu liegen und draußen den Sonnenuntergang zu beobachten. Ich glaube, hier kann ich mich für ein Jahr wohl fühlen.

Den Tag gestern habe ich genutzt, um mir ein bisschen die Stadt anzuschauen. Ich bin sehr beeindruckt von den vielen schönen und alten Gebäuden und besonders von den Bergen, die man stets im Hintergrund sehen kann. Abends habe ich mit den anderen Freiwilligen an einer Graffiti-Tour teilgenommen.

Graffiti1
Das Chupa-Chups-Logo wurde von dem Surrealisten Salvadore Dalí entworfen.

Graffiti2

Graffiti3

Graffiti4

Graffiti5

Graffiti6
Es sieht aus, als würde die Kerze wirklich scheinen.
Graffiti7
Ein kunterbunter Gartenzaun.
Graffiti8
Don’t be a slave to art – The system is not a crime. Don’t be a slave to the system – Art ist not a crime.

Graffiti9

Graffiti10
Mein Lieblingsgraffiti. Es sieht einfach so wunderschön aus.

Zurück in meinem Zimmer angekommen, zeigte mir mein Handy für den gesamten Tag 33.000 Schritte an und meine Beine konnten es auch spüren, sodass ich den Tag heute entspannt in meinem Zimmer verbringe.

Aber eins kann ich noch sagen: Ich habe das Gefühl, dass es ein sehr spannendes und schönes Jahr wird.