Ein Sprachkurs geht zuende…

Ich mag es sehr gerne, neue Sprachen zu lernen. Ich finde es immer wieder interessant, wie unterschiedlich verschiedene Sprachen sind und immer wieder spannend, was für Gemeinsamkeiten man entdecken kann. Gleichzeitig birgt aber auch schon das Wort an sich die große Herausforderung für mich in sich: Sprechen. Sprachen werden gesprochen. Und gerade beim Lernen einer neuen Sprache macht man Fehler. Total normal. Für mich aber ein Grund mehr, mich im Sprachkurs niemals freiwillig zu melden. In unserem Bulgarischkurs mussten wir so gut wie nie frei sprechen. Immer nur der Reihe nach die Sätze eines Textes oder der Grammatikaufgaben vorlesen. Für mich gut, zum Sprache lernen allerdings überhaupt nicht. Trotzdem bin ich irgendwie froh darüber, denn wenn ich mich an meinen Sprachkurs in Litauen erinnere, in dem man jederzeit drangenommen werden konnte und spontane Dialoge vortragen musste, dann kann ich aus Erfahrung sagen, dass ich es sonst sicherlich nicht geschafft hätte, so viele Monate lang zu dem Kurs zu gehen.

Nachdem die ersten Freiwilligen nach sechs Monaten wieder den Heimweg antraten, entschieden eine andere Freiwillige und ich uns dazu, den Sprachkurs noch weiterhin zu besuchen. Wir wurden dann mit noch zwei anderen zu einer Vierergruppe zusammengepackt, die laut unserer Lehrerin wohl schon weiter seien als wir – kann ich im Nachhinein nicht unbedingt bestätigen. Seit der neuen Gruppenzusammensetzung muss ich ehrlich gesagt sagen, dass ich von Woche zu Woche weniger Lust hatte zu dem Kurs zu gehen und dass nach und nach auch meine Ängste stärker wurden, sodass ich manchmal ganz froh war, wenn ich arbeitsbedingt nicht zu dem Kurs gehen konnte.

Zwischendurch hatten wir das Gefühl, einfach nicht voranzukommen. Nicht, dass ich unbedingt besser wäre und mehr kann als M., aber nach einigen Wochen Sprachkurs sollte man sich schon daran erinnern, dass ein Verb in der wir-Form eine andere Endung hat als in der ich-Form. Noch dazu stellte er ständig irgendwelche unnötigen Fragen wie „Wer geht denn erst duschen und macht dann Sport?“ zu einer Aufgabe, in es einfach nur darum ging, einen Lückentext auszufüllen und die Verben in der Vergangenheit zu üben. Als ich meiner Mitbewohnerin davon erzählt habe, meinte sie nur „Und dann wird immer gesagt, es gibt keine dummen Fragen. Aber doch, es gibt sie.“ Recht hat sie. Manchmal hat er anstatt einem auch gleich zwei, drei, vier Sätze oder einen ganzen Absatz vorgelesen. Das hat das Reihum-Vorlesen für mich und meine Ängste sehr erschwert, weil ich normalerweise immer abzähle, bei welchen Sätzen ich dran bin, um mich gedanklich schon mal ein bisschen darauf vorzubereiten und mich wenigstens ein kleines bisschen sicherer zu fühlen. Dank ihm war meine Rechnung immer dahin. Aber genug gemeckert, solche Leute gibt es ja immer und es hätte mich wahrscheinlich auch nicht so stark gestört, wenn sein ständiges Wiederholen dessen, was ich zuvor gesagt habe, wenn ich dran war, mich nicht immer mehr und mehr verunsichert hätte…

Fazit: Ich bin froh, dass der Kurs vorbei ist. Trotzdem fand ich es interessant die Sprache ein wenig zu lernen und für mich gehört es auch einfach dazu, wenn man in einem fremden Land wohnt. Egal, ob man die Sprache dann im Alltag auch anwenden muss oder nicht.

Körper-, Stimm- und Sprechtraining

Letzte Woche gab es für die Lehrer*innen eine Fortbildung zum Thema „Körper-, Stimm- und Sprechtraining“, an der auch ich teilnehmen durfte. Für mich und meine sozialen Ängste war das eine riesige Herausforderung, sodass ich auch noch auf dem Weg zum Institut mit dem Gedanken spielte, besser wieder umzukehren. Ich bin dann aber doch die Stufen zum Veranstaltungssaal hochgegangen und habe versucht, mich auf den Workshop einzulassen.

Wir saßen in einem Stuhlkreis. 18 Personen, für die es kein Problem ist, vor anderen Menschen zu sprechen. Und dann ich dazwischen, die schon Fluchtimpulse bekommt, wenn sie vor der ganzen Gruppe ihren Namen sagen muss. Das erste Thema des Nachmittags war der Körper. Wir sollten durch den Raum gehen, uns selbst und die Begegnungen mit den anderen wahrnehmen. Eine Übung, die ich schon etliche Male bei Tanz- und  Theaterproben gemacht habe.

Die meiste Zeit ging es dann aber um die Stimme. Es war sehr interessant, weil es viele neue Informationen waren und ich mir vorher noch nicht so viele Gedanken über dieses Thema gemacht habe. Es war für mich aber auch sehr schwierig, weil es natürlich auch mehrere Übungen gab, bei denen jeder einzeln nacheinander etwas sagen musste. Mein Herz fing an schneller zu schlagen, mir wurde warm, meine Knie zitterten.

Am Ende hat jede*r eine Karte mit einem Spruch drauf bekommen. In beliebiger Reihenfolge sollten wir uns nacheinander vor das „Publikum“ stellen und den Spruch vortragen. Von selbst wäre ich sicherlich nicht nach vorne gegangen, aber den anderen blieb es (leider) nicht unbemerkt, dass ich noch nicht dran war, also ging auch ich nach vorne, sagte meinen Satz „Alles ist gut wenn es aus Schokolade ist“ und war froh, als ich mich danach schnell wieder auf meinen Platz setzen konnte.

Im Nachhinein frage ich mich jetzt: War es gut an dem Training teilzunehmen? Eine Antwort habe ich noch nicht. Es war mir sehr unangenehm, dass alle meine Angst und Unsicherheit mitbekommen haben. Zu Anfang sagte der Trainingsleiter, dass uns Menschen die unbekleideten Körperteile interessieren. Deshalb schauen wir auf die Hände und in das Gesicht unseres Gegenübers. Uns würde interessieren, ob der andere schwitze, rot werde, etc. Eine Aussage, die meinen Ängsten zustimmt und sie bestärkt. Gleichzeitig fand ich das Training inhaltlich wirklich interessant und kann jetzt sagen, dass ich mich wenigstens nicht von den Ängsten hab abhalten lassen und es irgendwie hinbekommen habe vor so vielen Menschen zu sprechen.

Schultheater: Grün denken und handeln

Die letzten drei Tage fand in Pazardzhik das Schultheater-Festival „Vorhang auf für Deutsch“ statt, bei dem zwölf deutschsprachige Theatergruppen aus Bulgarien ihre Stücke zum Thema „Grün denken und handeln“ gezeigt haben. Ich hatte das Glück, ein Teil der Jury sein zu dürfen.

Schon im Vorfeld mussten wir als Jury tätig werden, um auszuwählen, welche Gruppen wir zu dem Festival nach Pazardzhik einladen. Dazu musste uns jede Gruppe ein kurzes Video ihres Stückes zuschicken. Zu dem Zeitpunkt hätte ich nicht erwartet, dass wir so gute Stücke sehen werden.

Am Donnerstag Nachmittag war dann die Eröffnung des Festivals. Ich hatte glücklicherweise zuvor vergessen, dass es meiner Angsterkrankung in letzter Zeit oft große Schwierigkeiten bereitet hat, in einem Saal mit vielen Menschen zu sitzen – erst recht, wenn man ganz vorne sitzt. Das ist mir erst wieder eingefallen, als ich die Ängste körperlich spüren konnte.  Zum Glück wurden sie mit der Zeit weniger und sobald das erste Stück begonnen hatte, konnte ich mich auf das Geschehen auf der Bühne konzentrieren. Am zweiten Tag hat sich die Angst dann nicht mal mehr in meine Gedanken geschlichen.

Die zwölf Theaterstücke zu dem Thema „Grün denken und handeln“ waren alle sehr verschieden und es war interessant sie anzuschauen. Theater fasziniert mich doch immer wieder! Wir haben nach fünf Kriterien bewertet: thematische Angemessenheit, Dramaturgie, Sprachkompetenz, szenisches Spiel und theatrale Gestaltungsmittel. Ich fand es irgendwie schwierig Punkte zu vergeben – vielleicht auch, weil ich so etwas noch nicht so häufig gemacht habe – und war ganz froh, dass beim Zusammenrechnen meiner vergebenen Punkte auch das Ergebnis rauskam, das meine empfundene Rangfolge widergespiegelt hat.

Am Samstag war dann nur noch die Preisverleihung. Und für mich ein Moment, in dem ich (wieder) in starken Selbstzweifeln versunken bin. „Willst du auch einen Preis übergeben?“, fragte mich eine Mitjurorin. Ich schüttelte nur den Kopf. Nein, möchte ich nicht – obwohl das so nicht ganz stimmt: Wollen würde ich es schon, sehr gerne sogar, aber ich kann es nicht. Und das ärgert mich sehr. Ich versteckte mich also hinter meiner Fotokamera, während in meinem Kopf die Gedanken rum schrien (und es auch immer noch tun): „Jetzt denken die anderen schlecht über mich. Spätestens jetzt denken sie, dass es ein großer Fehler war, mich mit in die Jury zu nehmen. Dass man sich nicht auf mich verlassen kann. Dass ich hier nichts zu suchen habe“ bis hin zu „jede andere Freiwillige hätte das gemacht und locker hinbekommen. Sie bereuen sicherlich, mich überhaupt als kulturweit-Freiwillige an ihr Institut gelassen zu haben.“ Wahrscheinlich werden sie es nicht ganz so dramatisch denken, hoffe ich zumindest. Mein größtes Problem dabei ist also wohl nicht (nur) die Sorge, dass meine Kolleginnen all das über mich denken, sondern vor allem dass ich es selbst tue.

Aber trotz all dieser Gedanken und dem Ärger darüber, dass mir die Ängste immer wieder im Weg stehen und mir so viele schöne Dinge erschweren, freue ich mich, dass ich bei dem Schultheater Festival dabei sein durfte.