Eine Reise ans Schwarze Meer

Die letzte Woche habe ich am Meer verbracht. Sonne, Strand und Meer – da konnte man die anstrengende Fahrt doch glatt vergessen. Diese fing schon damit an, dass man, als der Bus gerade in den Busbahnhof einfahren wollte, nur noch ein Peng und danach ein Zischen hören konnte. Ein Reifen war geplatzt. »Na toll, das fängt ja schon gut an«, dachte ich mir und war erstaunt, dass es nur eine halbe Stunde dauerte, bis der Ersatzbus eingetroffen war.

Nach einigen Staus kam ich nach acht Stunden endlich an meinem Ziel an und der Blick aufs Meer erfüllte mich direkt mit Freude. Ich brachte mein Gepäck schnell ins Hostel – das ich während der beiden Nächte für mich ganz alleine hatte – und suchte danach den Weg zum Strand. Zwei Nächte verbrachte ich in Burgas, bevor ich mit dem Bus für zwei weitere Nächte nach Sozopol fuhr. Dort hat es mir allerdings nicht ganz so gut gefallen: viel zu viele Touristen und keinen schönen Park, in dem man sich während der Mittagssonne in den Schatten zurückziehen konnte. Nachdem ich am Freitag ein paar Pfannekuchen im Hostel gefrühstückt hatte, machte ich mich deshalb schon frühzeitig wieder auf den Weg nach Burgas, um einen letzten Spaziergang am Strand zu machen, dem Meeresrauschen zu lauschen und ein Eis zu essen, bevor die etlichen Stunden Rückfahrt auf mich warteten.

Leider war mein Sitzplatz doppelt vergeben, sodass er schon von einer anderen Frau besetzt war. Was macht man dann? Sich auf einen anderen Platz setzen, der noch frei ist. Sobald dann die Person kam, deren Platz es war, wurde ich angeschnauzt, als hätte ich sonst was verbrochen. Es brauchte mehrere Anläufe bis ich einen Platz fand, der nicht vergeben war. Bei jeder Haltestelle war es eine Erleichterung, wenn die einsteigenden Personen an mir vorbeigingen und ich nicht wieder angeschrien wurde. Glücklicherweise fand sich immer ein freier Platz – trotzdem war ich erleichtert abends wieder in meinem Sofioter Zimmer angekommen zu sein.

Was ich (nicht) vermissen werde

Berge. Vermissen werde ich den Blick auf die Berge, die bei jedem Wetter anders aussehen und in besonders schönem Licht erscheinen, wenn die Sonne am Abend hinter ihnen unter geht.

Gehwege. Nicht vermissen werde ich das Balancieren über die wackeligen Platten der Bürgersteige, bei dem man ständig darauf achten muss, sich nicht selbst eine Stolperfalle zu stellen, wenn man auf die falsche Platte tritt. Besonders angenehm bei Regen, wenn man nichtsahnend einen Schritt nach vorne wagt und plötzlich in einer tiefen Pfütze steht.

Verkehr. Nicht vermissen werde ich es bulgarische Straßen zu überqueren. Besonders an der einen Kreuzung auf dem Weg zur Arbeit, bei der man trotz grüner Fußgängerampel regelmäßig zwischen vier Autos steht, die aus allen Richtungen auf einen zufahren.

Tanzen. Vermissen werde ich den bulgarischen Volkstanzkurs, der mir trotz anfänglicher Überforderung viel Freude bereitet hat. Auch den Ballettkurs werde ich vermissen, denn es ist doch bei jeder Lehrerin irgendwie anderes.

Fluglärm. Nicht vermissen werde ich den Fluglärm, der mich ständig aus dem Schlaf reißt. Auch wenn die WG eine gute Lage hat (zu Fuß bloß 25 Minuten zur Arbeit) und man in der sechsten Etage einen schönen Ausblick hat, freue ich mich schon sehr darauf, nicht mehr vom Fluglärm wachgehalten oder geweckt zu werden. Da ist mir das Muhen der Kühe in der Heimat so viel lieber.

Stufen. Nicht vermissen werde ich die 96 Stufen, die zu der WG in die sechste Etage führen. Auch nach einem Jahr gibt es immer noch Tage, an denen es sich anfühlt, als würde man niemals oben ankommen.

Essen. Vermissen werde ich traditionelles bulgarisches Essen – zumindest das vegetarische. Schopska-Salat, Katchamak, Baklava und Banitsa. Obwohl Baklava lecker schmeckt, ist es oft doch ein kleiner Zuckerschock. Deshalb war es vor allem Banitsa, die ich ständig gegessen habe.

Straßenhunde. Nicht vermissen werde ich die Straßenhunde, die plötzlich aus der Seitenstraße gerannt kommen, einem hinterherlaufen und mir schon oft starke Ängste eingejagt haben, wodurch ich regelmäßig Umwege gehe, um manche Straßen(hunde) zu vermeiden.

Sprachprobleme. Nicht vermissen werde ich die sprachlichen Probleme, die man hat, wenn man die Landessprache nicht wirklich sprechen kann. Und vor allem die unfreundlichen Reaktionen, die man manchmal bekommt.

Alltag. Vermissen werde ich den Alltag, der sich während des Jahres eingestellt hat. Jeden Tag zur Arbeit zu gehen und etwas praktisches zu tun. Gespräche mit netten Kolleginnen und meiner Mitbewohnerin, mit der ich leider nur zwei Monate lang zusammengewohnt habe.

Ich finde es gerade sehr schade, dass mir mehr Dinge einfallen, die ich nicht vermissen werde. Deshalb ist es mir wichtig abschließend noch zu sagen: Die Dinge, die ich vermissen werde, haben einen deutlich größeren Wert, als die Dinge, die ich nicht vermissen werde.