Archiv für den Monat: Oktober 2017

Kuriositäten

Nach schon über einem Monaten Aufenthalt hier in Lublin (was ich ehrlich gesagt noch gar nicht realisieren kann), wollte ich einfach ein paar Dinge aufzählen, dich mich anfangs bzw. immer noch ein wenig verwirren. Was jedoch in keinem Fall irgendwie kritisch oder negativ gewertet werden soll.
Fangen wir ganz grundlegend an ;). ‚Ja‘ und ‚nein‘ heißt auf polnisch ‚tak‘ und ‚nie‘. Allerdings bedeutet ‚no‘ ebenfalls ‚ja‘ und ‚ja‘ steht für ‚ich‘. Während ich also noch völlig im deutschenglisch Modus steckte, harbe ich wie‘s aussieht ständig ‚ichichich‘ gesagt, wenn ich ‚ja‘ meinte und ‚jaja‘, wenn ich eigentlich mit ‚nein‘ antworten wollte. Selbst heute passiert mir das noch von Zeit zu Zeit. Allerdings bin ich, dank der verständnisvollen Leute doch ganz gut damit durchgekommen, zum Glück.
Viel offener als in Deutschland, wird man hier einfach angesprochen, bevorzugt von älteren Damen. Ob im Bus, beim Einkaufen oder einfach auf der Straße. Soweit mein polnisch es zulässt entschuldige ich mich vielmals, dass ich nicht helfen kann und kein polnisch verstehe. Daraufhin wird mir mit einem lächeln und ein paar Worten auf die Schulter geklopft und sie gehen weiter. Dabei würde mich es wirklich interessieren, was eigentlich zu mir gesagt wird. Aber leider gehört polnisch ja offiziell zu den 10 schwersten Sprachen weltweit und auch mein Sprachkurs an der Uni hat erst seit dieser Woche angefangen. Zugegeben bin ich mehr als ein wenig überfordert von den vielen kaum zu unterscheidenden ‚tsch‘ ‚dz‘ ‚dsch‘ ‚ts‘ und ‚eauö‘ Lauten. Es gibt 32 Buchstaben und angeblich 7 Fälle, ich freu mich schon drauf ;).
Traditionen, Feste und Familie stehen in Polen unter anderem an oberster Stelle. Ein sehr groß gefeiertes Ereignis ist der 14. Oktober, der „Tag der Lehrerinnen und Lehrer“. Plötzlich kommen die Lehrpersonen in Abendkleid und Anzug mit Abzeichen. Ich kam mir auf jeden Fall sehr fehl am Platz vor. Es gibt mehrere Auszeichnungen und jeweils Geschenke von den Klassen, Blumen und Schokolade aber sogar auch Kleidung und riesige Präsentkörbe. Ich habe unerwarteter Weise auch etwas bekommen, eine Kuscheldecke und ein kleines Ständchen, was mich natürlich sehr gefreut hat, aber andererseits weiß ich nicht ob ich das wirklich so will, von den Schülerinnen und Schülern als Lehrerin gesehen zu werden.. eigentlich nicht. Wir haben schon eine eigenartige Rolle als Freiwillige in den Schulen. Man steht überall dazwischen und gehört nirgends so wirklich dazu. Weder Schüler noch Lehrer. Und auch im Wohnheim und Sprachkurs fall ich raus, unter den ganzen Studentinnen und Studenten.
Aber es gibt nicht nur den „Tag der Lehrer“, sondern auch einen „Tag der Mädchen“ und einen „Tag der Jungen“. Letzteren durfte ich sogar miterleben. Die sms meiner Ansprechpartnerin: ‚komm von 17-20 Uhr in die Schule, da ist die Disko‘. Ich komme also nichtsahnend und ein wenig verwirrt an, wo ich in die Turnhalle geschickt werde. Nebelmaschine, bunte Lichter und Schüler die sich als DJ‘s versuchen. Die Atmosphäre war für mich schon irgendwie seltsam, die ältesten Schüler immer noch 2-3 Jahre jünger, von Lehrerinnen und Schülern genau beobachtet und wie gesagt immer irgendwo dazwischen. Auch standen die Lehrer an der Tür und haben niemanden aus der „Disko“ rausgelassen, bis das Programm zu ende war und es Pizza gab. Ganz schön war allerdings mal die Möglichkeit zu haben, die Schülerinnen und Schüler außerhalb des Unterrichts zu sehen. Es war plötzlich viel lockerer und offener.
Um noch einmal auf die Pizza zurück zu kommen, die isst man hier in Polen so gut wie überall mit Soße, also Ketchup oder Mayo aber auch ausgefalleneres. Natürlich total undenkbar für meine beiden italienischen Mitbewohner. Und Bier gibt’s, wie schon mal erwähnt mit Sirup und Strohhalm oder sogar auch heiß, hat dann ein bisschen was von Glühwein. Alkohol darf man offiziell übrigens nicht in der Öffentlichkeit, also draußen auf Straßen und Plätzen, trinken.
Im Supermarkt findet man immer wieder einen Käse, der ‚Salami‘ heißt. Ehrlich gesagt hab ich mich noch nicht getraut ihn zu probieren.
Generell ist das mit den Supermärkten interessant. Viele Läden haben immer bis 23 Uhr offen und sogar auch sonntags, dann allerdings ‚nur‘ bis zehn. Es gibt mehrere französische Supermarktketten hier, ich persönlich gehe jedoch lieber in die polnischen, schon allein wegen der Namen. Das ist wirklich süß, während man bei uns Aldi, Rewe oder Edeka findet, heißen die polnischen Discounter Übersetzt Marienkäferchen (übrigens der günstigste), Blümchen oder Fröschchen mit jeweils den entsprechenden Bildern dazu. Auch die Vornamen werden immer und überall mit Spitznamen verniedlicht, wenn auch teilweise nicht ganz nachvollziehbar. So wird Alexandra z.B. zu Olla, Jakob zu Cuba oder Jo(h)anna zu Ascha.
Ach ja und nicht zu vergessen, in Polen gibt es nicht die allseits bekannten Toilettenmännchen, sondern noch hauptsächlich die Symbole Kreis (weiblich) und Dreieck (männlich), welche immer wieder gern für Verwirrung sorgen. Interessanterweise wird in der polnischen Sprache kaum gegendert. Es gibt z.B. alle Berufe nur in männlicher, nicht aber in weiblicher Form.

W oparach absurdu – in the clouds of nonsense

Ob eine Wanderung durch den Nationalpark, tanzen, Marktbesuche, schon wieder ne WG Party, Portemonnaie verlieren und über komplizierte Wege wiederfinden oder Seminar plus Wochenende in Warschau mit Simone verbringen. Irgendwie ist immer was los, was zwar total schön ist, allerdings brauch ich glaube ich auch mal ein bisschen Ruhe für mich, ab und zu. Deshalb genieße ich inzwischen meine morgendliche Busfahrt um Uhrzeiten, wo noch niemand wirklich unterwegs ist und ich einfach beobachten, vor mich hin träumen und viel nachdenken kann.
Es ist so schön hier, besonders wenn die Sonne scheint. In Lublin haben wir mit 700 Leuten, anlässlich der 700 Jahre Lublin Feier, mehr oder weniger Salsa getanzt und dem lubliner Omaclub zugeschaut. In Warschau haben wir es dann nochmal mit Bachata versucht und dank Simone kann ich sogar auch ein wenig Swing.

Auf dem Markt, egal wo, ist es wunderschön, viele Stände nah bei einander mit frischem Obst und Gemüse, aber auch Brot, Eier und Käse sowie Säcke voller Trockenfrüchte, Linsen und Nüsse. Die Marktleute sind sehr gut drauf, freuen sich über jeden polnischen Wortfetzen, den man versucht herauszubekommen und sind sowieso sehr sympathisch.

Die fünf Tage Warschau waren vor allem gezeichnet mit wenig Schlaf, viel viel Essen und anderen Plänen und der DSD-Gold Fortbildung. Das Seminar war allerdings nicht wirklich für uns Freiwillige gedacht. Dafür haben wir uns jedoch mal ganz nett mit anderen Deutschlehrerinnen und Lehrern auseinander gesetzt und gelernt, wie man Unterricht interessanter gestaltet mit Fragen wie „Unser Land ist sehr sauber. Was können wir tun um das zu ändern?“ Oder „Was muss ich machen, um alle meine Freunde zu verlieren?“.

Es war auch wirklich schön, als wir einfach spontan aus dem Bus ausgestiegen sind und in die Bar “ W oparach absurdu“ im noch eher unentdecktem Stadtteil Praga „gerannt“ sind, weil wir einfach dachten „Oje wir müssen raus“. In der kleineren Gruppe waren auch gleich die Gespräche viel intensiver und in jedem Fall auch sehr interessant. 😉
Wunderschön ist auch der Nachtmarkt in Warschau, leider war’s der letzte für dieses Jahr. Es ist ein einziges Streetfoodfestival mit vielen verschiedenen Ständen, lauter Musik, guter Stimmung und sogar auch Barbier und Tätowier Ecke. Ein Glück haben wir sympathische Locals getroffen, zwei vegetarische Köche, die zufällig an einem der Stände arbeiten und uns so den Weg zeigen konnten. Ich glaube ansonsten wären wir nie auf die Idee gekommen die dunkle Gasse ohne Straßenbeleuchtung bis zum Ende durchzugehen, wo man dann auf die alte Bahnstation trifft. Hier tummeln sich plötzlich wieder viele Leute zwischen den Essensständen aus unterschiedlichsten Nationen. Von süß über herzhaft, brasilianisch bis ukrainisch wird hier nichts ausgelassen. Angeblich findet man sogar gegrillte Insekten. Wirkungsvoll aufgepeppt mit bunten Neonleuchten, Lichterketten und einem DJ entsteht eine ganz einzigartige Atmosphäre auf dem alten Bahngelände.