Was mir aufgefallen ist

Ohne hier Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, hier eine kleine Auflistung der Dinge, die anders sind als in Deutschland:

Zum Beispiel, und da bin ich irgendwann mal mit einem Taxifahrer drauf gekommen, die Anzahl der Ausweisdokumente… Es gibt nicht nur Perso und Reisepass, sondern ein Dokument mehr:

  1. Da ist einmal der argentinische DNI, also das nationale Ausweisdokument. Früher war das ein Wisch, jetzt wird auf Karten-Format umgestellt. Den neuen DNI bekommen die Argentinier z. B. am internationalen Flughafen von Bs As, Ezeiza.
  2. Außerdem besitzen Argentinier einen Mercosur-Pass. Der erleichtert ihnen Reisen in andere Mercosur-Länder (Paraguay, Uruguay, Brasilien).
  3. Das dritte Dokument ist der internationale Reisepass. Selbsterklärend.

Hier gibt es neben DinA4-Papier auch noch eine Größe die heißt „Oficio“. Diese Blätter sind um einiges länger und ein bisschen breiter als A4-Blätter… voll komisch, wenn man an die A5, A4, A3 Standards gewöhnt ist und noch nie im Leben was anderes gesehen hat.

Die Feierkultur. Im Kindergarten wird der Geburtstag jedes Kindes gefeiert. Da bringt dann die jeweilige Mama einen Kuchen mit und kleine Geschenke für alle anderen Kinder, die mit ihrem Sohn/ ihrer Tochter in der Gruppe sind. In der Grundschule werden die Geburtstage dann monatsweise gefeiert. Das heißt alle Kinder, die im April Geburtstag haben, bekommen zusammen eine kleine Feier, alle, die im Mai, Juni, usw. haben.

Etwas – meiner Meinung nach – ganz Besonderes, sind die quinceañeras. Wenn ein argentinisches Mädchen 15 wird, dann bekommt es im Normalfall eine Riesen-, also ich meine, eine RIIIIIIEESEN-super-mega-fette-abartig-teure-Glamour-Party. Die große Feier der Jungs ist erst der 18te.
So eine Geburtstagsparty ist richtig teuer, aber auch sehr wichtig. Da wird dann irgendwo ein Saal angemietet, Essen bestellt, eine Band engagiert, kleine Giveaways für alle Gäste müssen her,… alles muss perfekt sein. Es kommen so um die 200 Gäste. Das Kleid für den Abend lässt man nähen… Meistens sehen die Mädels aus wie kleine Bräute. Perfekt geschmickt, gestylt und gedresst.
Allerdings hab ich mir sagen lassen, dass jetzt anstatt der Riesen-Feier, die i.d.R. viele tausend Dollar (ja, alle denken in Dollar) kostet, Reisen immer beliebter werden. Dann machen die Mädels  einen kleinen Ausflug… mit Family, meistens USA, z. B. zwei Wochen Disneyland, New York, Kalifornien oder Miami.

Über Mate hab ich hier ja schon ab und zu was geschrieben… Aber, dass man pro Einkauf nur eine Packung Yerba kaufen darf, hab ich – glaub ich – noch nicht erwähnt. Ja, das liebe Nationalgetränk… gibt immer Redestoff. Im Januar noch hat das halbe Kilo sechs Pesos gekostet, mittlerweile hat sich der Preis verdoppelt… Seit ich hier bin, sind viele (alle?!?) Produkte teurer geworden. Ein paar Beispiele: Mein Jogurt ist um 70 Cent (von 3 auf 3,70 Pesos), das Waschpulver um über 4 Pesos (von 24 auf über 28), meine Portion Tarta in der Schule um 1,50 Pesos (von 7 auf 8,50) erhöht worden. Aber so heftig wie bei der Yerba-Mate haben die Preise nirgends angezogen…

Merienda: Ja, die Zwischenmahlzeit muss sein, denn man isst hier erst spät Abend. Das heißt, irgendwann zwischen 16 und 19 Uhr kommt ein kleines Hüngerchen, das gestillt werden muss – da gibt es dann eine heiße Schoki (submarino), ein (dünnes =)) Käffchen, einen Mate oder ein Glas Milch und dazu was Süßes, also Kekse oder Facturas (=Süßgebäck)… manchmal auch was deftiges – einen Schinken-Käse-Toast zum Beispiel. Jetzt stellt sich manch Einer vllt. die Frage, wie man jeden Tag vier Mahlzeiten zu sich nehmen kann. Aber das Frühstück ist hier – wenn man das mal stark verallgemeinert – eher unwichtig, sprich Viele nehmen da nichts oder so gut wie nichts zu sich.

Auf der anderen Seite…

… des Río de la Plata.
Mit leichter Verspätung (andere Dinge hatten Priorität) gibt´s heute den ersten Uruguay-Teil. Und, sorry gleich vorab an alle Lesefaulen: Das wird jetzt leider wieder ein Roman… zu viel erlebt =):

Hier ist an Ostern nicht komplett eine Woche frei, so wie bei uns. Am Montag, 2.April, war Día de las Malvinas. Die Islas Malvinas sind die Falklandinseln… es war also ein Gedenktag für alle im Falklandkrieg Gefallenen und deren Angehörige. Die Falklandinseln gehören zu England. Damit ist aber der Großteil der Menschen, mit denen ich schon darüber gesprochen habe [und das sind Einige, denn irgendwie scheint ihnen das Thema echt am Herzen zu liegen, sonst würde man nicht immer wieder darauf zu sprechen kommen] nicht einverstanden. Naja, ich will hier keine Stellung nehmen. Der Montag war auf jeden Fall schulfrei – sprich langes WE. Und am Gründonnerstag und Karfreitag war auch keine Schule – langes WE Nummer 2. Also wunderbar Zeit, um ein bisschen die Gegend kennenzulernen.

Ich bin zuerst nach Montevideo, was man per Fähre in kurzer Zeit von Buenos Aires aus erreicht. Zwar einerseits komisch, dass ich erst mal nach Uruguay gehe, wenn ich doch von Argentinien bisher nur Buenos Aires und Moreno kenne, aber Uruguay ist recht klein… und so nah… und für die kurze Zeit hat es sich einfach wunderbar angeboten. Außerdem habe ich bisher wenig von Uruguay als Reiseziel gewusst. „Schweiz Südamerikas“, Argentiniens Pampa in klein, viel Fleisch und Maté… das war alles, was mir so spontan zu Uruguay einfiel. Ich war neugierig. Da mein Lonely Planet einen kleinen Teil zum argentinischen Nachbarland hatte, war das wunderbar passend. Auf nach Uruguay: Stempel für den Reisepass sammeln! (Öhm, nein, Spaß.)

Montevideo ist klasse. Die Bevölkerung in Uruguay ist zwar ähnlich ungleich verteilt wie in Argentinien, aber egaaaaal: Uruguay, das immerhin größer als England und Wales zusammen ist hat ca. dreieinhalb Millionen Einwohner. In etwa ein Drittel bis die Hälfte lebt im Großraum Montevideo. Zum Vergleich: In Argentinien wohnen – ganz grob – drei Millionen in Buenos Aires selbst und 13 Millionen im gesamten Großraum Buenos Aires; und das bei einer Gesamtbevölkerung von  40 Millionen.

Naja, auch Montevideo ist nicht klein. Die Stadt erstreckt sich über ungefähr 20 Kilometer. Aber sie ist tatsächlich viel  entspannter als Bs As. Es geht gemächlicher zu und – was mir sehr arg aufgefallen ist – nicht alle Menschen klammern sich an ihrer Handtasche/ ihrem Rucksack fest. Das ist etwas, was mir in Bs As sehr auffällt – vor allem aber natürlich in Moreno.

Was hab ich jetzt eigentlich  in Uruguays Hauptstadt gemacht?

Stadt angeschaut? Wenig, weil ich eigtl. eher ein Kontrastprogramm zu Stadt-Sightseeing-Trip wollte.

In der Ciudad Vieja

Mauerkunst

Immer auf der Suche nach kulinarischen Leckerbissen hab ich mir gedacht, ha, damit ich keinen Reinfall erlebe, schau ich mal, was im Lonely Planet so steht…. Zu Weihnachten hatte ich die neuste verfügbare Ausgabe (Dezember 2010) geschenkt bekommen. Ich muss mich noch mit den Leuten von Lonely Planet in Verbindung setzen. Unglaublich, ich hab eigtl. den Montevideo-Part so ziemlich überarbeitet und auf den neusten Stand gebracht…. =) Vielleicht schick ich Lonely Planet einfach die Aktualisierung samt meinem Honorar. Mal schauen, was sie zu meiner Recherche (Stand April 2012) sagen:

  • Das Ciudad Viejo Hostel heißt jetzt Viajero. Ich war da nämlich… Das Hostel gehört zu einer Kette, die mehrere Unterkünfte in verschiedenen Städten in Uruguay hat.
  • Gleich nebenan kann ich im La Silenciosaessen gehen, dachte ich.

    Hört sich passabel an...

    War aber nix…

    La Silenciosa im April 2012

  • Bei Don Peperone gibt´s immer noch das Salatbuffet für 205 Pesos – allerdings nur Mittag. Zweimal täglich Rohkost – WHAT?!?!?
  • Naja, insgesamt waren meine essenstechnischen Erlebnisse eher dürftig: Das Restaurant Delnorte, das ich mir wegen seines Salats mit Spinat, Endivien, sonnengetrockneten Tomaten, Ziegenkäse und in Koriander mariniertem Sirloinsteak mit asiatisch inspiriertem Dressing angestrichen hatte, war leider immer als ich dort war (dreimal!) zu.
  • Außerdem hatte ich weder beim Mercado del Puerto (zig parillas, wo man angeblich viel, gut und günstig essen kann)
  • noch beim Mercado de la Abundancia(wie Mercado del Puerto, nur weniger touristisch, eher für Einheimische) Glück: Bei beiden war ich zwei Mal (ja, ich bin hartnäckig), und immer war irgendwie nichts los.

    Laden dicht: Mercado del Puerto

  • Weil bisher alles so frustrierend war, wollte ich wenigstens einen Café im Irazútrinken, das laut Lonely Planet seit Jahren „immer wieder Preise für den besten Kaffee in ganz Uruguay gewinnt“. Ja, da musste ich natürlich hin – keine Frage!  Mhm, haben sich aber scheinbar vor mir dann doch nicht allzu viele Leute gedacht, sonst hätte das Café wohl eher nicht dicht machen müssen… Anfang April 2012: Nix los mit Premium-Kaffee-Genuss!

    Irazú

[Alle, die mich jetzt für einen Vielfraß mit zu dickem Geldbeutel halten: Nein, ich wollte da nicht ÜBERALL essen gehen. Das waren ein paar Möglichkeiten, die ich hatte, und weil eine nach der andern weggefallen ist, bin ich immer eins weiter – bis am Ende nix mehr übrig war. Das nur zu meiner Verteidigung.]

… Und dann war da noch die Bicicletería Sur, ein Radverleih. Ich wollte mir ein Radl ausleihen… weil ich das Radeln vermisse und Montevideo mit seiner Rambla einfach nicht besser dafür geeignet sein könnte. Bis zum Radladen war´s ein gutes Stückerl zu Fuß, aber das macht ja nix, so hab ich gleich was von der Stadt gesehen. Naja, als ich dann dort war, aber weit und breit keinen Radlverleih gesehen hab, bin ich in nen Tante-Emma-Laden und hab gefragt: Der Laden ist umgezogen. Ist jetzt da und da. Klasse! Gut, dass ich genau aus der Richtung grad komm =)

Naja, egal, also bin ich halt in einer anderen Straße wieder zurück und hab die Zeit genutzt, um zu dokumentieren, wo unsere ganzen alten VWs stecken…

 

 

 

 

 

 

 

 

So, und am Ende konnte ich mir dann tatsächlich ein Radl ausleihen.

Kurze Pause am Strand

War super: Bin über 20 Kilometer aus der Stadt raus gefahren… solange, bis die Rambla vorbei war und ich ab einer kleinen Brücke auf dem Seitenstreifen der Straße hätte weiterfahren müssen. Da mir eh mein Hinterteil wehtat und da so eine dunkle Wolke am Himmel hing, hab ich umgedreht. Weise Entscheidung, denn ich hatte übel Gegenwind auf dem Rückweg… und keine Gangschaltung (was ich auf dem Hinweg gar nicht mal so arg vermisst hab).

Vom Radweg aus fotografiert

Dieselbe Insel - ein Stück weiter geradelt

Auch wenn´s kulinarisch eher einseitig bis unbefriedigend war (und: Nein, ich geh normalerweise nicht immer nur dahin, wo mein Reiseführer mich hinschickt, aber vor allem wegen Gemüse und Salat hab ich da halt nach Tipps gesucht. Das ist hier ja echt bissl Mangelware), war der Trip echt Spitze! Da ich noch Pesos übrig hab… mal schauen, ob ich nochmal nach Uruguay kann 🙂
Ah, geh, Schmarrn! =)

So, und außer Montevideo hab ich ja auch noch die Küste gesehen. Aber vor´s damit weiter geht, noch eine kleine kulturelle Ergänzung: In Uruguay wird genauso viel oder vielleicht noch mehr Mate als in Argentinien getrunken. Das ist auf jeden Fall ein wichtiges gesellschaftliches Ritual. Und das steht auch in allen Reiseführern und dürfte ja auch ansonsten Vielen bekannt sein. Wer aber erzählt, dass die Menschen nur Mate trinken, erzählt nur die halbe Geschichte. Ich will dem Ganzen mal noch was hinzufügen:

Gugggaaaaa! =)

Soll heißen: Meistens sitzen oder stehen die Menschen mit ihrem Mate irgendwo. Während sie Mate schlürfen, beobachten sie ungeniert ihre Umwelt und Mitmenschen. Was in deutschen Großstädten befremdlich scheinen mag – nämlich das offene und unverhohlene Anstarren seiner Umwelt – kam mir in Montevideo ganz normal vor. Da hab ich mich gleich wie daheim gefühlt =) Da bleibt nämlich auch immer jeder stehen, wenn irgendwas passiert… da schaut man sich auch hinterher, dreht unverhohlen den Kopf und unterbricht eventuelle Gespräche bis auf weiteres… Meine Oma hat mich früher immer geschimpft: „Neugierige Menschen sterben früher.“ Naja, aber sie haben auch mehr von der Welt und ihren Menschen mitbekommen 😉

Hasta la próxima…