100 Days of Summer

20 03 2010

warens dann doch nicht ganz. 30 Tage (fast) ununterbrochener Sonnenschein, begleitet von den schönsten, tollsten und besten Praktikanten der Welt, die zusätzlich noch Sonne in unsere vorher so tristen Leben brachten, waren durchaus eine willkommene Abwechslung, denn heute ist ganz klar wieder einer dieser Tage, von denen es in Bariloche zuviele gibt. Pünktlich zum Frühlingsanfang teilt der Herbst allen mit, dass er hier bald die Herrschaft übernehmen wird. Es ist grau, regnet und regnet und ja, regnen tuts auch.

Wie dem auch sei, ich hab wieder was zu erzählen, und zwar eigentlich viel zu viel. Deshalb lasse ich für den ersten Teil der Geschichte großzügig unsere Praktikanten zu Wort kommen. Deshalb zitiere ich jetzt hier aus ihrem sehr empfehlenswerten Chaosblog mit selbstverständlich vorausgesetzter Genehmigung die Geschichte von Schwarzpfote und Bert:

Wir waren um halb zwei mit Timon verabredet um eine kleine Wanderung zu einen Fluss mit Wasserfall zu unternehmen und je nach Wetterlage darin zu schwimmen. Da uns bis dahin noch ein bisschen Zeit zur Verfügung stand, beschlossen wir wieder einmal unsere Wohnung zu säubern und diese auf Hochglanz zu bringen…Ab Punkt halb 2 warteten wir also auf Timon an der verabredeten Bushaltestelle, doch Timon kam, so wie sich das für einen echten Argentinier gehört, um 2. Da aber eh kein Busfahrplan existiert und man einfach an der Bushaltestelle wartet bis bzw. ob überhaupt ein Bus kommt war dies auch ziemlich egal. Um viertel 3 kam dann schließlich ein Bus mit der Nummer 20 der zumindest laut Anzeige in die richtige Richtung fahren sollte, wobei man sich darauf nicht unbedingt verlassen kann. Timon versuchte während der Busfahrt, dem Fahrer zu erklären wo er uns rauslassen sollte, doch der war gerade mit telefonieren und rauchen beschäftigt und scherte sich somit nicht viel um den Deutschen hinter ihm. Da Timon auch nur vom Hörensagen wusste wo wir ungefähr hinmussten, betätigte er irgendwann auf Verdacht den roten Bus-Stop-Knopf, was in deutschen Bussen soviel bedeutet wie, dass der Bus an der nächsten Bushaltestelle anhält. In argentinischen Bussen wiederum wird das Stop eher wörtlich interpretiert, was ein sofortiges stoppen der Fahrt als Konsequenz hat. Bushaltestellen als solche sind ja generell völlig überbewertet. Also ließen wir uns nichts anmerken und taten so, als ob wir tatsächlich an dieser Stelle, an der sich weit und breit kein Haus oder sonstige als Ziel unserer Reise auszumachende Sehenswürdigkeiten befanden, aussteigen wollten und machten uns in

Auf der Suche nach dem richtigen Weg.

Busrichtung auf den Weg in der Hoffnung irgendwann in der nächsten Stunde auf einem Feldweg zu treffen, der dann nach 2 Kilometern tatsächlich auch am Horizont erschien. Wir glauben es ist an dieser Stelle überflüssig zu erwähnen, dass wir uns diesen Weg hätten ersparen können, da der Bus genau diese Strecke gefahren ist. Doch wie das so oft im Leben ist, hatte der vermeintliche Nachteil, dann doch einen sehr positiven Nebeneffekt. Und nein, dieser lag nicht darin, dass es Marc im Kampf gegen die überflüssigen Kilos nur gut getan hat ein paar Schritte mehr zu tun als nötig, sondern darin, dass wir unseren treuen Weggefährten des heutigen Tags kennen lernten: Schwarzpfote. Wir liefen also entlang der endlosen Straße, als plötzlich ein schwarzer Hund neben uns erschien und der, da es ihm gerade wohl etwas langweilig war, sich entschied uns zu folgen, was an sich nichts besonderes in Bariloche ist, da Bariloche mehr Hunde als Einwohner hat und man ständig und überall von Hunden umgeben ist. Meistens ist auch nicht klar ob die Hunde einen Besitzer haben oder nicht, aber das kümmert hier eigentlich niemanden. Jedenfalls wanderten wir an die 5 Kilometer auf einer der vielen Schotterstraßen entlang immer auf der Suchte nach dem Fluss. Schwarzpfote, den Marc in einem Anfall seines grenzenlosen Einfallsreichtums so getauft hatte, folgte uns den kompletten Weg beziehungsweise kundschaftete den Weg für uns aus. Wie kreativ dieser Einfall den Hund Schwarzpfote zu nennen tatsächlich war, stellt man erst bei genauerer Betrachtung von Schwarzpfote fest. Es handelte sich nämlich um einen  komplett schwarzen Hund. Nachdem wir einen Pick Up-Fahrer nach dem Weg gefragt hatten und dieser uns anbot mitzufahren da der Fluss genau in seiner Richtung lag, stiegen wir natürlich ohne zu zögern auf die Ladefläche. Wen wir dabei allerdings nicht bedachten war Schwarzpfote. Dieser war natürlich völlig entsetzt von unserem Vorhaben und rannte dem Auto deshalb so schnell er konnte hinterher. Da wir mit dem Auto jedoch fast 2 Kilometer zurücklegten verloren wir den süßen Kerl leider irgendwann aus den Augen. Es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass es sich bei Schwarzpfote um einen sehr sonderbaren Zeitgenossen handelte, er konnte weder bellen, fiepen, knurren oder überhaupt irgendeinen Laut von sich geben, wir hatten auch nicht wirklich das Gefühl als ob er auf irgendein rufen oder pfeifen unsererseits reagiert. Von daher lautete die Diagnose der Hundexperten Buchstor und von Kirchbach eindeutig: Schwarzpfote war taub-stumm, anders

Wildlebendes Schulmaskottchen: muticia

konnten wir uns das merkwürdige Verhalten des sonst so liebenswürdigen Begleiter nicht erklären. Am Fluss angekommen, begannen wir uns immer trauriger und schlechter zu fühlen, da wir unseren treuen Freund einfach so zurückgelassen hatten. Als sich gerade ein paar Tränen in unseren Augen sammelten, tauchte am Horizont plötzlich ein schwarzer Punkt auf und um die letzte Kurve kam ein schwarzes Etwas gerannt und wedelte mit dem Schwanz, Schwarzpfote das alte Kämpferherz hatte nicht aufgegeben und war zurück! Wir fielen uns in die Arme bzw. Beine und ließen erst nach geraumer Zeit wieder von uns. An dieser Stelle sollte man vielleicht noch erwähnen, dass wir Schwarzpfote nie die Aussicht auf etwas zu essen oder ähnlichem gestellt haben, wir rätseln bis heute was der Auslöser dafür war, derartige Strapazen auf sich zu nehmen nur um in unserer Nähe zu sein. Andererseits mussten wir uns auch eingestehen, dass es schon verdammt cool ist sich in unserer Gesellschaft zu befinden und mit uns gesehen zu werden, so dass wir dann doch wieder ein wenig Verständnis für diese bizarre Situation aufbringen konnten.

Flussbett mit Hund

Nachdem die Freude über das unverhoffte Wiedersehen abgeklungen war und Schwarzpfote seinen Durst im Fluss gestillt hatte machten wir uns auf die Suche nach einer Stelle im Fluss, die zum baden geeignet war. Es muss dazu gesagt werden, dass die Sonne an diesem Tag hinter dicken Wolken verborgen blieb und es auch sonst nicht gerade heiß war. Als wir schließlich eine gute Stelle zum Jumpen gefunden hatten, hatte uns aufgrund des Fingertests die Lust verlassen. Im Vergleich zu diesem Fluss fühlt man sich im Nahuel Huapi wie in den heißen Quellen von Hveravellir. Als wir schon frustriert den Heimweg antreten wollten, überlegten Marc und Timon es sich nochmals anders und fassten den selbstmörderischen Entschluss doch zu springen, lediglich der zu sehr von der Vernunft getriebene Niklas lehnte dankend ab und bot sich als Fotograf an. Da die beiden augrund ihres stark erhöhten Körperfettwertes (eine andere Erklärung dafür kann es nicht geben) den Sprung ins kühle Nass dann doch recht unbeschadet überstanden hatten, machten wir uns auf den Heimweg, waren wir doch abends zum Fußballspielen mit Alexis und seinen Kumpels verabredet. Also packten wir unsere Sachen zusammen und marschierten los. Kaum zu glauben aber wahr, den Rückweg traten wir zu fünft an, Schwarzpfote hatte am Fluss einen zweiten scheinbar herrenlosen Hund aufgetrieben der sich unserer Pilgergruppe anschloss. Beim Versuch Marcs Namenwahl für unseren neuen Gefährten zu toppen scheiterte Timon leider kläglich, trotz allem setzte sich mangels besserer Vorschläge schließlich der Name „Bert“ durch. Bert war im Vergleich zu Schwarzpfote jedoch eine Nervensäge der übelsten Sorte, da er ständig durch Bellen oder dumm im Weg rumstehen unseren Unmut auf sich zog. Auch die Attacken auf Schwarzpfote trugen nicht unbedingt dazu bei, dass wir den zu allem übel noch recht unattraktiven Hund nicht wirklich in unser Herz schlossen. Trotz allem begleitete uns Bert den kompletten Weg zurück zur Bushaltestelle. Hier war jedoch allen klar das eine Trennung stattfinden musste. Schwarzpfote kuschelte sich noch einmal mit aller Liebe an uns und sagte so auf Wiedersehen. Am liebsten hätten wir Schwarzpfote natürlich mitgenommen, doch wir wussten nicht genau über die Bestimmung im Flugzeug bescheid und Herr Buchstor Senior hätte Marc wohl einen Kopf kürzer gemacht, wenn er mit einem Hund als Mitbringsel zu Hause erschienen wäre. So kam es wie es kommen musste, wir betraten den Bus und trauten uns kaum aus dem Fenster zu sehen, ahnten wir doch was uns für ein Anblick erwarten sollte: Schwarzpfote rannte, so weit ihn seine Füße tragen konnten, dem Bus hinterher. Wir waren zu Tränen gerührt… Schwarzpfote, you stay in our heart, we love you!

Praktikanten und Rudel

Aber das ist natürlich nicht alles.

Berichtenswert ist ansonsten auch noch unsere große Zufriedenheit mit unserer Arbeit und Einsatzstelle, denn im Moment gibt es kaum etwas, über das wir uns beschweren könnten – von selbst verursachten Luxusproblemen (die tiefgekühlte Pizza passt nicht in meinen Ofen) und der immer noch offenen Studien- bzw. Berufswahl. Wir bleiben auch ganz geschäftig indem wir zum Beispiel am Donnerstag die zweiten Klassen auf Wandertag begleitet haben. Mit dem Bus ging es raus in die Wildnis und dann wurde ein Spaziergang von etwa einem Kilometer eingelegt. Dass dies für Zweitklässler eine abstrakt weite Entfernung ist, dürfte jedem klar sein. Jeder der Begleitpersonen kriegte nun seinen persönlichen Sack Flöhe zugewiesen und so hatte ich für die nächsten fünf Stunden darauf zu achten, dass sich die zwölf Schüler der orangen Gruppe nicht an Disteln, Steinen, liegengelassenem Abfall, sich selbst und Ameisen oder anderen gefährlichen Tieren verletzten. Was sich leichter anhört als es ist:

„Hey, was ist da vorne los? Auseinander!“ – „Es ist ja nicht meine Schuld, dass ich ihn geschlagen habe!“

Wer so bestechend argumentiert hat natürlich auch kein Problem schnurstracks aufgrund meiner vorangegangenen Warnung in ein pieksiges Klettenfeld zu marschieren oder die Pinkelpause ausgerechnet an dem Busch einzulegen, unter dessen Blätterdach grade ein Mitschüler Zuflucht vorm Regen sucht. Hachja. Good Times.

Was andere Neuigkeiten angeht kann ich vermelden, dass ich nun endlich von mir behaupten kann mal eine unserer Diskos hier aufgesucht zu haben. Eigentlich wollten wir nun mit unseren Praktikanten bechern gehen, die dann irgendwie Fußballkumpels wiedertrafen, die wiederum andere Jungs kannten und so landeten wir dann zuerst in insgesamt drei Bars mit anschließendem Besuch der Dusk, besagter Disko halt. Ich ziehe drei Lehren aus dieser Nacht:

  1. Wenn ich blond und weiblich wäre, würde ich mir entweder a) ein Dutzend wohlüberlegte Alibis zurechtlegen, mit der ich beim mit Sicherheit auftretenden Bedarf unerwünschte Casanovas abfertigen kann b) ein richtig dickes Fell zulegen um alles eiskalt abblitzen zu lassen (präferierte Methode der Latinas) c) mir die Haare färben.
  2. Die Musik in den Diskotheken ist so laut, damit die Leute alle schnell taub werden und dann, wenn sie die Musik nicht mehr hören, ihren Aufenthalt genießen können.
  3. Am Mittwoch gibts asado, also Gegrilltes! Marc und Niklas haben solange mit ihren persönlichen Fußballkünsten angegeben bis der Fehdehandschuh hingeworfen wurde: Gewinnen wir die Partie am Mittwoch, kriegen wir eine Kuh von ihnen gebraten, verlieren wir hingegen, kommen wir für die Kost auf. Da meine Stärken eher in nicht-fußballerischen Gegenden liegen, frage ich mich zum Einen wie in aller Welt ich da reingeraten bin und zum Anderen, wo ich eine Kuh herkriege. Wir werden sehen.

Soweit von mir, viva Perón und so.

Am Ende grüßt der Pelikan noch alle, die ihn kennen.








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