Schoener Sonntag

Auch der Sonntag war wieder ein sehr ereignisreicher Tag. Eigentlich wollten wir heute morgen mit Tuya, unsere Vermieterin ihre andere Wohnung besichtigen, die sie vor einigen Jahren gekauft hatte und seitdem vermietet, um das Studium ihres Sohnes zu finanzieren. Der aktuelle Mieter, ein Koreaner, ist ausgezogen und deshalb wollten wir Fotos machen um eine Anzeige aufgeben zu können. Leider wurde das Schloss ausgetauscht, ohne dass Tuya informiert wurde, also standen wir vor verschlossener und nicht aufschließbarer Tür. Bis zu unserem Treffpunkt mit Herrn Bückert und seiner Familie, so wie Monika und Peter, den Seniorenexperten und Nico hatten wir noch Zeit, also gingen wir in die nächstgelegene Markthalle, um Taschentücher und Gurken zu besorgen. Was wir dort ebenfalls fanden, waren tote Schafe (oder Ziegen), die mit den Beinen nach oben auf dem Präsentiertisch lagen.
Dann war es auch schon um 12 und wir mussten wieder los zu dem „Spielplatz“, wo unser Fahrer auf uns wartete. Dieser Spielplatz ist eigentlich mehr ein Outdoor-Fitnessstudio. Dort stehen bunt angemalte Gerätschaften aus Metall, wo sich viele Menschen über den ganzen Tag verteilt körperlich betätigen können. Jedoch sehen diese Übungen nicht unbedingt erfolgversprechend aus und es gibt auch sicherlich schöneres, als neben der Hauptverkehrsstraße zu turnen.
Unser heutiger Ausflug führte uns an den nördlichen Rand der Stadt zu einem Teil von Baigals Familie, der Frau von Herrn Bückert.
Sie haben ein kleines Grundstück, auf dem mehrere kleine Häuschen und eine Jurte stehen. Wir wurden dann natürlich erstmal zum Empfangsessen in die Jurte gebeten und dort passierte ein weiterer historischer Moment meines Lebens: das erste Mal Alkohol trinken!
Wie es nun einmal so Tradition ist, gibt es nämlich eine silberne Metallschüssel, in die man in diesem Fall aus Milch gegorenen Schnaps eingießt. Der wird dann immer vom Hausherrn an den nächsten weitergereicht und zwar mit der rechten Hand, während man die linke unter den Ellbogen hält. Dann nimmt man 3 Schlucke und gibt den Becher wieder zurück, der dann erneut gefüllt wird. Und so geht es dann immer weiter. Wenn man nicht genug trinkt, wird man immer wieder aufgefordert noch einen Schluck zu nehmen.
Nach meiner ersten Trinkerfahrung muss ich sagen, dass das Getränk schlimmer roch, als es dann geschmeckt hat, aber dass ich durchaus nicht meine Überzeugung aufgeben werden und wirklich nur in den Situationen trinken werden, in denen es die Höflichkeit erforderlich macht.
Manchmal kann das auch schon ausreichen, denn den Dschingis-Wodka konnte ich erfolgreich abweisen, ohne schlimmeres befürchten zu müssen.
Zum Essen gab es ebenfalls ein traditionelles, mongolisches Gericht. Dazu braucht man eine Ziege, Kuhmist und Steine. Zuerst baut man einen Hügel aus dem Kuhmist und legt die Steine dort hinein. Dann zündet man das ganze an und wartet, bis die Steine heiß genug sind. Dann werden sie zusammen mit der Ziege (die natürlich tot ist) in einen Kochtopf gelegt, dazu kann man noch Gemüse schneiden und es mit in den Topf legen. Dann lässt man das ganze eine Weile kochen und fertig ist das Essen. Dazu gibt es Brot und Kartoffelsalat. Das Ziegenfleisch schmeckt mir eindeutig besser als Hammel und Schaf, was wir bisher immer gegessen haben. Dazu trinkt man dann entweder den mongolischen Milchtee, oder Wodka. Mein bewährter Tipp an alle, die keinen Wodka wollen: Entweder sich schnell auf die andere Seit der Jurte setzen, sodass der Gastgeber einen „aus Versehen“ in der Runde vergisst oder man reicht das Gläschen schnell an seinen Nachbarn weiter, lässt ihn trinken und tut mit dem leeren Glas so, als ob es noch voll wäre.
Aber zwischen Ankunft und Hauptmahlzeit ereignete sich natürlich das Event des Tages: Die Familie hat extra für die Kinder zwei ehemalige Rennpferde gekauft, die dann gesattelt wurden und abwechselnd von jedem mal geritten wurden. Da das Grundstück in einem Tal liegt, stiegen wir den Berg hinauf um eine besser Aussicht über die Landschaft zu bekommen. Fast ganz oben angekommen wurden wir von den Pferden eingeholt und konnten bis ganz nach oben reiten. Die Aussicht war wieder einmal atemberaubend und das Gefühl von Freiheit, das man dort oben auf dem Rücken eines Pferdes hat ist unbeschreiblich.
Runter ging es dann wieder zu Fuß aber wir konnten auf dem Hof noch weiter reiten und lieferten uns mit einem mongolischen Jungen Wettrennen auf den Pferden. Sein Vorteil war natürlich, dass er sich schon längst an den mysteriösen Sattel gewöhnt hatte, mit dem wir noch zu kämpfen hatten. Die mongolischen Sättel gehen nämlich vorne und hinten senkrecht nach oben, was früher aus dem Zweck erfunden wurde, dass die wilden Reiter sich in voller Fahrt umdrehen und auf ihre Feinde schießen konnten ohne vom Pferd zu fallen. Diese Konstruktion war für uns erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Schnelligkeit der Pferde und der damit verbundene Spaß ließen die Schmerzen vergessen. Für einen stellte sich das Reiten als besondere Freude heraus, nämlich für Nico. Wir drei Mädchen hatten uns ja schon vor unserer Ausreise fest vorgenommen in der Mongolei reiten zu gehen und Nico hatte auch kein Problem damit, mal mitzukommen. Aber dass es ihm gleich so viel Spaß machen würde und er vor allem auch so ein Talent fürs Reiten besäße, hätte wohl keiner von uns gedacht.
Bis unser Fahrer uns um halb sieben dann wieder abholte, ritten wir also über den Hof oder saßen in der Jurte und hörten uns Monikas und Peters Geschichten an. Die beiden sind im Moment mit dem „SES – Senior Expert Service“ hier. Dies ist ein Programm das über die ganze Welt verstreut Senioren an Einsatzstellen vermittelt, die um Hilfe bitten. Und zwar in ganz verschiedenen Angelegenheiten. Die beiden haben jahrelang als Lehrer gearbeitet und unterstützen nun die Lehrer hier in der Mongolei für 7 Wochen. Andere wiederum fahren mit diesem Programm nach Pakistan, um die Saugfähigkeit von Windeln zu verbessern. Die beiden waren aber auch schon vorher viel in der Welt unterwegs und haben uns von so einigen Abenteuern berichtet.
Wieder in der Stadt angekommen waren Kim und ich gerade zu Hause als wir uns an die Plakate erinnerten, die die letzten Tage in unserer Schule aufgehängt wurden. Ein Junge aus der 11. Klasse war in den letzten Tagen gestorben, er wurde von einem maroden Haus, das eingestürzt war, erschlagen. Heute sollte sie Trauerfeier stattfinden. Als wir Micki anriefen sagte sie uns, dass diese nicht wie geplant in der Schule stattfinden würde, weil die Direktorin es nicht genehmigt hatte, sondern im Gandan-Kloster. Für uns war das kein weiter Weg, also gingen wir los und trafen noch etliche unserer Schüler. Sie zeigten uns noch einmal, in welche Richtung man im Kloster gehen müsse und dass man an allen Gebetstrommeln drehen muss. Natürlich war das nicht der schönste Abschluss des Wochenendes, den man sich vorstellen kann, aber zu sehen, dass so viele Schüler zu der Trauerfeier kamen, und das ganze Kloster nur von Kerzen erhellt wurde, die sie angezündet hatten, war auch sehr ergreifend.
Alles in allem würde ich jedoch gerne noch einmal sagen, dass mir dieses Wochenende ausgesprochen gut gefallen hat und ich wirklich echt froh bin, hier zu sein. Ich möchte auch Lena, Luise und Nico danken, dass ihr euch damals dafür entschieden habt, euren Platz in der Mongolei anzunehmen und mir hier Gesellschaft leistet. Ich bin in vielen Momente sehr froh darüber, mit euch hier zu sein!

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2 Antworten zu Schoener Sonntag

  1. Elly Omski sagt:

    Hallo Svenja,deine Blogs mit den Fotos aus der Mogolei finden meine Freunde und ich total cool und mega interessant.Wir warten schon sehr gespannt auf deine nächsten Einträge. Chris

  2. M_Zimmer sagt:

    Tolle Berichte und Fotos! Ich schaue mir zugern die Fotos einer fremden und für uns in Deutschland exotischen Welt an. Hat (wiedereinmal) Spaß gemacht!

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