Von „Brautwst“, McDonald’s-freien Ländern und Herausforderungen im Haushalt

Schon komisch. Nicht mal drei Wochen vor Ort und ich fühle mich, als wäre ich mindestens schon doppelt so lang hier! Auf meinem täglichen Weg in die Schule entdecke ich zwar immer wieder Neues, trotzdem ist mir die Strecke von ca. 25 Minuten schon so vertraut. Wie wird das wohl erst in zwei Monaten sein?

Bevor noch weitere philosophische Gedanken kommen, eine „kurze“ Übersicht, was seit dem letzten Blogeintrag bei mir in der Hauptstadt der Shqiptaren („Shqipëria“ bedeutet „Albanien“ in Landessprache) so passiert ist:

FahrradtagTatsächlich war am Dienstag, dem 22. September 2015, der „Europäische autofreie Tag“, wie ich nach späterer Recherche lernte. Am Tag selbst habe ich erstmal lang geschlafen und mich dann gegen Mittag ins Gewimmel gestürzt. Abschnitte von Hauptverkehrsachsen waren für Autos gesperrt, viele Leute waren auf Fahrrädern anzutreffen, Gutelaune-Musik kam laut von einer Bühne und nicht nur ich verspürte den Drang mitzusingen. Einfach eine generell sehr positive Stimmung!

An einem Stand (extra für den autofreien Tag?) habe ich dann auch zum ersten Mal eine Gruppe von traditionell gekleideten Menschen gesehen – äußerst spannend, Traditionen und Folkloretänze eines fremden Landes hautnah kennenzulernen.

Traditionell gekleidete FrauenTraditionell gekleidete Männer

Bierfest Tirana

Schaut euch doch mal das Menü genauer an (kleiner Tipp: zweite Speise)

Außerdem gab es eine kleine Meile, wo lokales Bier („Birra Tirana“) und unter anderem „Brautwst“ bzw. „Bradwurst“ nach traditioneller deutscher Art verkauft wurden. Neben einem Schmunzeln auf meinen Lippen konnte man bestimmt auch Freude in meinem Gesicht erkennen, als ich dieses schöne „deutsche“ Wort im Alltag der quirligen albanischen Hauptstadt las.

Am Mittwoch erfuhr ich, dass ein Tag später erneut keine Schule sei. Der Grund: es gab einen Feiertag. Um genau zu sein fing am Donnerstag das islamische Opferfest „Kurban Bajrami“ an. Auch nicht schlecht, da konnte ich am Mittwochabend ganz entspannt vom Elternabend der beiden 12. Klassen zurück in meine Wohnung gehen. Ich selbst war zwar in meiner Schulzeit nie bei einem meiner Elternabende dabei, aber ich glaube, die Elternabende in Deutschland laufen so ähnlich ab, wie hier in Albanien.

Rossmann & LalaAm Donnerstag war ich – trotz Feiertag wohlgemerkt – zum Shoppen im TEG (Tirana East Gate) verabredet. Begeistert stellte ich fest, dass die Preise bei Zara günstiger sind und dass es bei Rossmann & Lala Rittersport und jede Menge Kosmetik gibt, die ich zuhause in Deutschland auch benutze! Mama, du brauchst mir doch nicht mein Shampoo von Zuhause mitbringen. 😀 Und ja, ihr habt richtig gelesen. Im Jahr 2008 kooperierten der ehemalige Fußballspieler Altin Lala mit dem Unternehmen Rossmann und gründeten eine Auslandsgesellschaft – seitdem gibt es in Albanien Rossmann & Lala!

Abends war ich dann mit einigen Leuten erst am künstlich angelegten See (der See wird wirklich „artifical lake“ genannt) und danach zum ersten Mal bei Kolonat, dem Ersatz von McDonald’s. Ersatz, weil Albanien wohl eins der wenigen Länder weltweit ist, in dem es kein McDonald’s, Burger King oder andere berühmte Fastfoodketten gibt.

Das Kolonat-Logo lässt doch aber gleich erahnen, wer oder was das große Vorbild ist…

Kolonat

 


Weil ich so fasziniert war, dass es tatsächlich Länder ohne McDonald’s gibt, habe ich ein wenig Internetrecherche betrieben und diese Karte gefunden (die blaumarkierten Flächen sind die Länder, die „McDonalds-frei“ sind) :

No McDo World Map

(Quelle: http://shortbreakblog.blogspot.al/2012/06/karte-die-staaten-der-erde-in-denen-es.html)


Der Freitag war ein wenig chaotisch, da von der Schulleitung scheinbar die Anweisung kam, dem Montags-Stundenplan zu folgen – man  hat sich aber nur teilweise daran gehalten. Mal waren zwei Lehrer bei einer Klasse da, dann wieder keiner. Irgendwie hat es trotzdem geklappt und ich bin – gottseidank – nicht in den Genuss gekommen, spontan aus dem Stehgreif eine Vertretungsstunde halten zu müssen.

Am Nachmittag wurden den Zehntklässler die DSD I Diplome verliehen, welche sie Ende der neunten Klasse erworben hatten. Ich finde es so schön, dass es junge Menschen gibt, die mit Freude und Ehrgeiz unsere Sprache lernen! Und nicht nur ich war begeistert, eine Vertreterin der Deutschen Botschaft Tiranas aus der Kulturabteilung war auch da, ihre Fotos der Verleihung kann man auf der facebook-Seite „Ambasada Gjermane Tiranë“ (Deutsche Botschaft Tirana) ansehen.

Abends lagen meine Nerven jedoch ein wenig blank – der Grund: das erste Waschen in der ersten eigenen Wohnung mit einer komplett unbekannten Waschmaschine. Meine Vermieterin hatte mir schon im Vorfeld die verschiedenen Programme von #1 bis #8 erklärt, sodass ich nicht vollkommen aufgeschmissen war und erstmal mit dem Waschen begann. Alles so weit, so gut. Blöderweise piept die Maschine nicht oder gibt sonst irgendein Anzeichen, wenn das Programm durchgelaufen ist. Deswegen war ich mir nach zwei Stunden Warten nicht sicher, ob die Wäsche denn schon fertig sei, weil es zwar a) seit einiger Zeit keine Schleudergeräusche mehr gab jedoch b) immer noch Wasser in der Waschmaschine war. Ein Blick in die Bedienungsanleitung in spanischer und italienischer Ausführung hat mich leider, trotz vorhandener Spanischkenntnisse, auch nicht viel weiter gebracht.

Also, Telefonat mit Mama und Papa:

„Könnt ihr vielleicht eine Ferndiagnose starten und mir sagen, was ich machen muss, dass das Wasser abgepumpt wird und ich die Wäsche möglichst heute noch zum Trocknen aufhängen kann?“

Sie konnten mir leider keine Anweisungen geben, was ich drücken bzw. einstellen muss (wie denn auch, bei einer unbekannten Waschmaschine? :D), aber es tröstete mich zu wissen, dass es irgendwo eine Art Schleuderfunktion geben muss. Der beste Tipp war: google mal, ob es die Bedienungsanleitung auch auf Englisch gibt.

An dieser Stelle: EIN HOCH AUF DAS INTERNET!

Ich habe tatsächlich eine englische Anleitung gefunden, nicht genau von meinem Modell, erstaunlicherweise hat es aber trotzdem geklappt und das Projekt „First time washing abroad“ hatte glücklicherweise ein positives Ende.

Nach diesem stressigen Abend ließ ich das Wochenende dann erstmal ruhiger angehen und erledigte im Laufe des Samstags einige Hausarbeiten wie bügeln, die Küche ein wenig zu ordnen oder mich (wirklich erfolgreich!) an Essensexperimenten auszuprobieren. Am Sonntag ging ich mal wieder auf Erkundungstour, dieses Mal entfernte ich mich vom Zentrum und lernte eine andere Seite Tiranas kenne, ohne haufenweise Schuhläden, Apotheken oder Sonstigem. Einfach nur Häuserkomplexe. Tat auch mal gut, dem Trubel ein wenig zu entkommen, das alltägliche Leben zu beobachten und Zeit zum Nachdenken zu haben. Später kehrte ich jedoch wieder zurück in die Welt des Konsums und kaufte mir endlich einen Wasserkocher. Jetzt kann ich mir jeden Morgen meinen geliebten Tee machen!

Gestern war dann übrigens der Wurf ins kalte Wasser, denn ich stand das erste Mal ganz allein vor der Klasse. Zwar nur für ca. 10 bis 15 Minuten und sowohl ich als auch die Schüler wussten, was zu tun war, aber trotzdem befindet man sich auf einmal auf der anderen Seite der Unterrichtssituation. Vor nicht mal sechs Monaten saß ich auf einem der Stühle und schaute den Lehrer an und schwupps – stehe ich vorne und werde selbst von den Schülern angeschaut. Total ungewohnt, dieser Perspektivenwechsel. Trotzdem hat meine kurze Vertretung sehr gut geklappt, das lag aber wahrscheinlich größtenteils daran, dass die Schüler sehr diskutierfreudig waren und ich nur ab und zu einhaken musste, damit auch jeder zu Wort kam.

So, die „kurze“ Übersicht ist damit fertig! 🙂

Ihr hört bestimmt bald von mir, denn für den Samstag habe ich eine wichtige Einladung (Stichwort: Tag der Deutschen Einheit…).

 

Grüße aus Shqipëria bei 28° C am 1. Oktober

Sarah

3 Gedanken zu „Von „Brautwst“, McDonald’s-freien Ländern und Herausforderungen im Haushalt

  1. Hallo meine liebe Nichte,

    das sind bestimmt ganz aufregende Zeiten für dich!

    Bewunderung und ein kleines Stückchen Neid bestimmen gerade meine Gefühlswelt. Ich bin / wir sind echt stolz auf dich. 🙂

    Schön, dass du deine Erlebnisse mit uns teilst. Das hört sich alles sehr aufregend, spannend und ein Stück weit auch abenteuerlich an. Vielen lieben Dank, und pass immer gut auf dich auf.

    LG Onkel Mario und Familie

    PS: freuen uns schon auf den nächsten Blog

    • Hallo lieber Onkel Mario und Family,
      schön, dass euch mein Blog gefällt und ihr schon auf den nächsten Eintrag gespannt seid! 🙂 (an dieser Stelle ganz lieben Gruß an alle Knorris ♥) In der Tat, manches hier ist wirklich ein wenig abenteuerlich – aber das belebt den Alltag! 😀

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