Reisen (Part I)

Wie bereits angekündigt, war ich in den vergangenen Wochen unterwegs, erst in Albanien und dann auf dem Balkan.

Vorletztes Wochenende waren Fize und ich in Shkodra, einer Stadt im Norden Albaniens. Dorthin brachen wir am Samstagmorgen auf und fuhren sehr komfortabel mit einem alten Mercedesbus (habe ich schon erwähnt, dass ein Mercedes hier DAS Statussymbol ist?) für gerade mal 300 Lek ca. zwei Stunden nach Shkodra. Dort angekommen, machten wir uns erstmal auf die Suche nach unserem Hotel, Google Maps sei Dank haben wir dieses dann doch relativ schnell gefunden.

Lustig ist, dass ich bemerkt habe, dass die Hotelchefin einen anderen Dialekt sprach und ich sie deshalb fast gar nicht verstanden habe. Klingt paradox, aber daran habe ich gemerkt, dass meine Sprachkenntnisse schon besser geworden sind. 😀 Fize hat mir dann erklärt, dass im Norden Albaniens der gleiche Dialekt wie beispielsweise im Kosovo gesprochen wird. Konkret heißt das, dass z.B. aus dem „a“ in einem Wort ein gesprochenes „o“ wird – aus Sarah wird „Sora“ und aus „mirupafshim“ (=auf Wiedersehen) wird „mirupofshim“. An dieser Stelle Grüße an meine Albanischlehrer in Deutschland, Jeton und Dardan, die leider nicht den Tirana-Dialekt sprechen. 😀

Nachdem wir also unser Zimmer bezogen hatten, machten wir uns auf den Weg, um die Innenstadt zu entdecken. Und ich muss sagen, Shkodra kann sich wirklich zeigen lassen! Neben der niedlichen und schönen Fußgängerzone mit tollen Cafés – von denen wir natürlich verständlicherweise einige austesteten – begeisterten uns die Große Moschee („Xhamia e Madhe“) und die Orthodoxe Kirche („Kisha Ortodokse“). Als Außenstehender hat man wirklich das Gefühl, dass die Religionen hier ganz friedlich und ohne Probleme nebeneinander existieren.

Kisha Ortodokse në Shkodër (Die Orthodoxe Kirche in Shkodra)

Blick auf die Fußgängerzone von einem netten Café, im Hintergrund die Xhamia e Madhe (Große Moschee)

Komischerweise war die Stadt für einen Samstagnachmittag aber ziemlich ausgestorben, nur die Cafés und einige kleine Läden waren geöffnet. Als wir uns dann durch die malerischen Gassen Shkodras bewegten, kamen wir an einer großen Menge schwarzgekleideten Männer vorbei, die in zwei Reihen aneinander vorbei gingen. Ich weiß, das ist jetzt nicht so super beschrieben, aber ich hoffe, ihr könnt es euch doch irgendwie vorstellen. Meine Vermutung ist, dass an diesem Tag das Begräbnis einer wichtigen orthodoxen Persönlichkeit der Stadt stattfand. Selbst wenn diese These nicht korrekt sein sollte, so war es doch echt ziemlich spannend, das zu sehen! Einige Kaffees und „Süße Stückle“ und leckeren Nudeln später, war der Tag dann auch rum und wir gingen reeeelativ früh ins Bett, da wir uns für den nächsten Tag eine Burgbesichtigung vornahmen.

Blick aus unserem Hotelfenster: So stellt man sich Albanien schon eher vor, oder?

Das soll der einzige Weg sein?

Das hieß für uns, dass der Hahn, der früh am Morgen krähte unser Wecker war (unser Hotel war ein wenig abseits und lag in einer Nachbarschaft, die man wahrscheinlich als typisch albanisch klassifizieren könnte) und wir schnell nach einem reichhaltigen Frühstück und einem großen Espresso (oh je, soweit ist es also mit dem Kaffeekonsum schon gekommen! 😀 ) aufbrachen und den Bus Richtung Burg suchten. Eigentlich gar nicht schwer, wenn man verstanden hat, dass es nur einen Bus pro Richtung gibt… Als wir dann am Fuße des Berges der Burg Rozafa angekommen waren, stand gleich die nächste Frage im Raum: „Wo ist der Weg hoch?“. Ein älterer Mann zeigte uns dann einen – hmmmm – sehr abenteuerlichen Weg, den wir natürlich, ohne das zu hinterfragen, nahmen. In Deutschland hätte ich bei diesem „Weg“ nur laut gelacht und gefragt, wo denn der richtige ist. In Albanien aber nicht. Wer weiß denn schon wie touristisch erschlossen das Gebiet um die Burg Rozafa ist? 😀 Wie sich dann kurze Zeit später rausstellte, gab es tatsächlich einen normalen und befestigten Weg, der gute Mann wollte uns nur eine Abkürzung hochschicken (auf dem Rückweg nahmen wir den Pfad vom Hinweg trotzdem nicht mehr…). Oben mussten wir dann nur die Hälfte des Eintritts zahlen, vielleicht weil der Ticketmann uns so nett fand oder weil wir nur zu zweit unterwegs waren? Auf jeden Fall hat sich der Aufstieg mehr als gelohnt, da wir von der Burg aus ein super Panorama über Shkodra und den Skutarisee (größter See der Balkanhalbinsel) hatten. Zu dem See haben wir dann auch noch eine kleine Wanderungen unternommen.

Hier ein paar Impressionen:

Nicht nur wir genossen die Aussicht…

Fize und ich auf der Kalaja e Rozafes (Burg Rozafa)

Die Aussicht von der Burg runter

Löcherreiche, nicht sehr stabil wirkende Brücke mit einheimischen Anglern

Der größte See der Balkanhalbinsel: der Skutarisee

Vergesst langweilige Haustiere wie Hund und Hase! Kauft euch doch zur Abwechslung mal einen Bären

Nachdem wir in der Innenstadt einen Mann gesehen haben, der einen ausgewachsenen Braunbären an einer Leine spazieren führte (waaaas?!), machten wir uns dann mit einem Furgon wieder auf den Rückweg nach Tirana, wo wir dann gegen späten Nachmittag endlich wohlbehalten wieder eintrafen.

Ich kann jetzt übrigens schon behaupten, dass ich (von Tirana aus gesehen) im Westen, Norden und Osten Albaniens war – der Süden wird also als nächstes in Angriff genommen.

In dieser Woche stellten wir dann auch endlich die erste Ausgabe unseres Schülerzeitungsprojektes „Ach sooo…!“ fertig und gaben die PDF-Datei in den Druck – es geht doch voran! 😀 Der Verkauf der fertigen Zeitung soll übrigens morgen schon beginnen.

Letzten Samstag ging es dann erneut auf Reisen, dieses Mal nach Mali i Zi. Sagt euch nichts? Vielleicht Crna Gora? Auch nicht? 😀 Na gut, dann ja aber bestimmt Montenegro! Von dort ging es dann am Sonntag weiter nach Serbien zum Zwischenseminar mit 16 weiteren Mit-Freiwilligen aus der Balkanregion, von wo ich erst diesen Montag wieder zurückkehrte.

Aber alles zu seiner Zeit…

Samstag, 4 Stunden Busfahrt: Tirana – Ulcinj (albanisch geschrieben Ulqin)

Morgens um 8.00 Uhr ging mein Bus von Tirana nach Ulcinj. So saß ich also da und war gespannt, was wohl die nächsten Tage bringen würden, ob die Grenzübergänge (ich hatte ja insgesamt vier vor mir) auch reibungslos klappen würden (vielleicht stimmt ja was nicht mit meiner Aufenthaltsgenehmigung?) und machte mir so meine Gedanken, als ich mitbekam, dass sich die Männer neben mir im Bus zunächst über Gjermania unterhielten und dann über Shtutgard (trauriger Weise wird Stuttgart tatsächlich so auf Albanisch geschrieben). Da muss man doch schon grinsen, wenn man irgendwo in Albanien sitzt und man seine (Fast-)Heimatstadt hört. Sooo abwegig war das dann aber doch nicht, denn wenig später erfuhr ich, dass mein Bus das Reiseziel Deutschland hatte und in Ulcinj nur einen Zwischenstopp machen sollte.

Kurz vor der albanisch-montenegrinischen Grenze sollten wir dann auf einmal den Bus mit all unserem Gepäck (bei mir ein prall gefüllter Rucksack und eine Reisetasche) verlassen und in einen anderen wechseln. Na gut, dann machen wir das halt. Als ich dann dem Busfahrer meine Tasche mit dem Hinweis geben wollte, dass ich ja gleich wieder nach der Grenze in Ulcinj aussteigen würde, hatte ich irgendwie eine Lawine losgetreten. Der Busfahrer gestikulierte nur und sagte mir irgendetwas auf Albanisch (leider reichten meine 53 Punkte im Shqip 1-Test nicht, um das zu verstehen…). Irgendwie ging es darum, dass der Bus eigentlich erst nach der Grenze in Ulcinj hätte gewechselt werden sollen oder so, und der Mann sah es nicht ein, für mich noch mal zu halten. Mit Englisch kam ich leider auch nicht so weit und ich begann schon fieberhaft zu überlegen, ob ich mir ein Taxi an die Grenze bestellen sollte, um auf eigene Faust nach Ulcinj zu fahren. Glücklicherweise fragte mich ein Mann dann, ob ich Deutsch sprechen würde (upps, natürlich, der Bus hatte ja das Ziel Deutschland…) und regelte dann die Angelegenheit für mich. Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, nicht mit Englisch sondern mit Deutsch weiter zu kommen! 🙂 So konnte dann die Reise mehr oder minder entspannt weiter gehen, mit einer Stunde warten an der Grenze. Dort wurde mein Ticket eingesammelt, welches mir die Fahrt von Tirana nach Ulcinj bestätigte, und „neu“ geschrieben: Ich bin nun im Besitz eines Tickets von Prizren im Kosovo nach Minhen (soll München bedeuten), Kosten 900 €. Sehr nebulös das Ganze…

Wunderschöne Natur in Ulcinj

Wie gesagt, der Bus sollte jetzt nun eigentlich gar nicht mehr in Ulcinj halten und ich wurde einfach am Ortsausgang rausgelassen und nicht am Busbahnhof, wo ich mit Jana, der kulturweit-Freiwilligen, die in Ulcinj eingesetzt ist, verabredet war. Also versuchte ich sie erstmal vergeblich mit meiner albanischen Nummer zu erreichen, dann mit der deutschen. Irgendwas hat da nicht geklappt. Immerhin konnte ich ihr eine SMS schicken und ihr mitteilen, dass ich mich auf den Weg ins Zentrum machen würde (erneut: Google Maps sei Dank!!!). Glücklicherweise konnte sie mich aber anrufen und nach ein wenig hin- und herrennen und –telefonieren trafen wir uns dann auch eine Stunde später mitten in Ulcinj. Zusammen bestiegen wir dann einen der Berge Ulcinjs, um zu Janas Wohnung/Ferienappartement/Haus zu gelangen, wobei ich erstmals die wunderbare Aussicht auf das Meer auf Janas täglichem Schulweg bewundern konnte. Hab ich eigentlich erwähnt, dass es die ganze Zeit regnete und windete? So kamen wir also verschwitzt und durchnässt bei Jana an und ruhten uns erstmal aus. Später hörte der Regen glücklicherweise auf und ich bekam eine exklusive Ulcinj-Führung, angefangen bei einer wunderschönen Kirche in einem Olivenbaumhain über einen kleinen Strandabschnitt der mit „wilder Natur“ beschrieben werden kann bis hin zur befestigten Piratenaltstadt. Mittlerweise war der Wind so stark geworden, dass es mich einmal fast von einem Stein geweht hätte, auf den ich geklettert bin. 😀

Der kleine Strand in Ulcinj

Die alte Innenstadt Ulcinjs

Abends machten wir uns dann (sehr originell) Nudeln mit Tomatensoße und Pfefferminztee. Danach kam dann ein Stromausfall, die kenne ich ja aber auch schon aus Tirana. So schlief ich dann doch ziemlich schnell und lang am Sonntagmorgen. Gegen 13 Uhr machten wir uns dann auf den Weg zum Busbahnhof (warum gibt es sowas eigentlich in einer 20.000 Einwohner-Stadt und nicht in Tirana?!) und nahmen den Bus in die Hauptstadt Montenegros, Podgorica.

Sonntag, 2 Stunden Busfahrt: Ulcinj – Podgorica

Gegen 16 Uhr kamen wir dann auch in Podgorica an und wurden von Dragana, einer Bekannten von Jana und Französischlehrerin in Podgorica, empfangen. Wie ihr Beruf schon zeigt, spricht sie seeehr gut Französisch – leider habe ich das nach der zehnten Klasse zugunsten von Spanisch abgewählt. Erstaunlicherweise konnte ich trotzdem fast alles verstehen, was sie uns beiden auf einer kleinen Sightseeing-Tour per Auto durch die Hauptstadt erzählte (bestimmt hat sie auch leichte Wörter benutzt und langsam gesprochen 😀 ) und nach ein bisschen Eingewöhnungszeit konnte ich sogar das Ein oder Andere auf Französisch ins Gespräch reingeben. Neben wirklich beeindruckenden Kirchen hat Podgorica jetzt nicht wirklich sooooo unglaublich viel zu bieten, trotzdem kann ich jetzt eine weitere Hauptstadt von meiner imaginären Liste abhaken. Und Dragana hat uns ihre Stadt auf eine wirklich schöne und herzliche Weise gezeigt, in den paar Stunden habe ich sie wirklich ins Herz geschlossen. 🙂


Die Kathedrale der Auferstehung von außen…

… und die Kathedrale von innen. Hier ist kein Fleckchen Wand weiß geblieben!

Neben der Kathedrale das Wahrzeichen Podgoricas: die Millennium-Brücke

Sonntag auf Montag, 10 Stunden Busfahrt: Podgorica – Belgrad

Um 20.45 Uhr ging es dann wieder zurück in den Bus, diesmal nach Serbien. Der Bus war krachvoll und wir hatten Glück, noch zwei Sitzplätze nebeneinander ergattern zu können. Zu unserem Pech saß ein Pärchen vor uns, das leider nicht ganz so die Anstandsvorstellungen von Jana und mir teilten und sich mit ihren Sitzlehnen gaaaaanz weit nach hinten lehnten. Irgendwie waren die Sitze in dem Bus falsch konzipiert, sodass es scheinbar kein Limit gab, wie weit die Lehnen nach hinten geschoben werden konnten. Auch nachdem ich den Mann darauf hingewiesen habe, dass ich „space to breathe“ brauche und er seinen Sitz einen halben Zentimeter nach vorne stellte, war nicht wirklich viel Platz für uns beide. Auch, weil hinter mir ein alter Mann saß und selbst viel Platz benötigte. Meine Güte, waren wir da solidarisch! Jedenfalls waren wir bei jeder Rast froh, dass wir raus gehen und uns die Beine vertreten konnten, auch wenn es extrem kalt war. Am Montagmorgen erreichten wir dann nach höchstens 1 ½ Stunden Schlaf Belgrad gegen 7 Uhr. Schnell wechselten wir unsere Euros (in Montenegro ist das übrigens auch die normale Währung?) in serbische Dinar und tranken zur Stärkung erst mal einen Cappuccino. Um neun Uhr waren wir mit den vier Freiwilligen aus Slowenien am Busbahnhof verabredet, so machten wir uns noch „kurz“ auf den Weg, um einen kleinen Eindruck von Belgrad zu bekommen. Diese Mission ist leider ein wenig schief gelaufen, trotzdem haben wir es noch on time zurück geschafft. Blöderweise gibt es in Belgrad zwei Busbahnhöfe, an dem einen standen wir, an dem anderen waren Amelie, Johanna, Lena und Miriam. Nach kurzer Absprache via Handy machten wir einen neuen Treffpunkt aus und frühstückten dann gemeinsam, nachdem wir uns gefunden hatten.

Bahnhof Београд (Belgrad)

Montag, 1 Stunde Busfahrt: Belgrad – Sremski Karlovci

Zu sechst brachen wir dann zur letzten Etappe unserer Hinreise auf und fuhren mit einem Reisebus ca. eine Stunde bis zum kleinen Örtchen Sremski Karlovci, wo unser Zwischenseminar stattfand. Auf der Fahrt konnten wir uns über viele lustige Dinge, die uns in den letzten Monaten passiert sind, austauschen und wurden schon mal auf das Seminar eingestimmt.


Nach insgesamt 17 (!) Stunden Busfahrt (verteilt auf drei Tage) war ich dann also endlich in unserem Hostel angekommen, die Woche konnte beginnen!

Im zweiten Teil werde ich dann ausführlicher auf unser super cooles Zwischenseminar eingehen. Aber ich denke, jetzt ist erstmal Pause angesagt. 😀

 

Dies war der erste Streich. Der Zweite folgt sogleich.

Oder eben hoffentlich sehr bald…!

 

Mirupofshim

Sora ( 😀 )

3 Gedanken zu „Reisen (Part I)

  1. Pingback: Sechs Monate, in denen ich ein neues Land kennen und lieben lernte, in Bildern - STK: Sarah - Tirana? Klar!

  2. Verzeih mir, dass weder Dardan noch ich dich über die verschiedenen Dialekte aufgeklärt haben – hast die Situation ja trotzdem gut gelöst !?

Kommentare sind geschlossen.