Letzte Reisen in Shqipëria

Hallöchen ihr Lieben,

wie ihr wisst bin ich mittlerweile zurück in Deutschland, sogar das fünftägige Nachbereitungsseminar am Werbellinsee bei Berlin ist bereits rum. Trotzdem habe ich noch nicht alles erzählt, was ich so in meinem letzten Monat erlebt habe, das hole ich nun aber schleunigst nach!

Ein Tagesausflug nach Kruja – 30. Januar

Ein weiteres Reiterstandbild des albanischen Nationalhelden in der „Skënderbeg“-Stadt KRUJA

Wie ich gerade bemerkt habe, liegt der Trip nach Kruja tatsächlich schon länger als ein Monat her – Wahnsinn wie schnell die Zeit seitdem vergangen ist und wie viel ich schon wieder seitdem erlebt habe! Ich versuche es aber trotzdem, mir so viele Erinnerungen wie möglich wieder ins Gedächtnis zu rufen und meinen letzten Reisen auch die Möglichkeit zu geben, ausführlich und trotzdem interessant beschrieben zu werden! 😀

An einem Samstag sind wir erst um 11 Uhr morgens losgefahren, da wir zuerst am Sheshi Shqiponja waren (von wo sehr viele Busse abfahren) und dann aber mitbekommen haben, dass der Abfahrtsort dort ist, wo auch die Busse nach Shkodra abfahren und wir wieder zurück mussten. Die einstündige Fahrt war wirklich spannend, da wir zum ersten Mal in den Nordosten des Landes gefahren sind und neue Straßen und neue Umgebung gesehen. In Kruja selbst gibt es nicht sooooo viel zu sehen, sodass wir recht schnell mit unserem Programm fertig waren.

Kalaja e Krujës – das ehemalige Schloss Skënderbegs

Fize und ich am Ende des Museums – wir sollten uns zwar beeilen, aber am Ende wollte der Museumsangestellte dann noch unbedingt ein Foto machen! 😀

Kruja ist die „Skënderbeg“-Stadt, zum einen weil es hier eine weitere Statue des Nationalhelden gibt und zum anderen, weil hier das ehemalige Schloss Skënderbegs Kalaja e Krujës steht, welches nun das nationale Skënderbeg-Museum ist. Dieses Museum ist sehr interessant und spannend, nur leider waren wir erst 15 Minuten bevor das Museum geschlossen wurde in der Ausstellung und mussten schnell durch das Gebäude rennen. Man merkte deutlich, dass man nicht in Tirana ist, weil wir 1 ½ Stunden auf den nächsten Bus in die Hauptstadt warten mussten und somit erst gegen 17 Uhr zuhause waren.

 

Blick über das nicht so spektakuläre Kruja vom Schloss

Alte Wehrmauer des Schlosses in Kruja und typisch für Albanien: Berge soweit das Auge reicht!

Zwischendurch

Natürlich lief mein Leben auch zwischen meinen Reisen in Albanien normal weiter, zusammen mit dem Schülerzeitungsteam brachten wir die zweite Ausgabe der Schülerzeitung „Ach sooo…!“ raus (wer Interesse hat, kann sich gern die beiden Ausgaben auf der Homepage meiner Schule anschauen: http://spezi-al.de/zweite-ausgabe-01-2015/), Fize hatte Geburtstag und zur Feier des Tages machten wir was? Wir gingen natürlich ins Kino und schauten uns den Film an, für den Leonardo DiCaprio eeeendlich seinen ersten Oscar bekam – „The Revenant“ ist wirklich zu empfehlen! Außerdem gab es noch zwei „kulturweit“-Treffen, einmal mit den drei Freiwilligen Elisa, Sandra und Serra (alle aus Bulgarien), die für zwei Nächte in Tirana waren und mit denen ich mich für einen Kaffee (natürlich bei Mon Chéri 😀 ) verabredete und zufällig einen Tag später mit der lieben Eva, einer damals Freiwilligen (jetzt, so wie ich, Alumna) aus Belgrad, die ich bereits vom Zwischenseminar in Serbien kenne und wir den späten Nachmittag und Abend gemeinsam verbrachten.

Reise nach Prishtina, Kosovo (6. und 7. Februar)

Wie ihr wahrscheinlich/hoffentlich noch aus früheren Beiträgen von mir wisst, war ich während meines Freiwilligendienstes nicht nur in Albanien unterwegs, sondern auch in einigen umliegenden Staaten, besser bekannt als die Länder des Westbalkans (Die Westbalkan-Staaten von Nord nach Süd:  Kroatien,  Serbien,  Bosnien und Herzegowina,  Montenegro,  Kosovo,  Albanien,  Mazedonien; Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Westbalkan). Außer im Kosovo war ich tatsächlich schon in allen Ländern und der/das (beides ist möglich) Kosovo reizte mich schon allein dadurch, dass, im Gegensatz zu den anderen ehemaligen Ländern, die zu Jugoslawien gehörten, die Mehrheit der Bevölkerung Albanisch spricht. Wie vielleicht einige von euch wissen, ist der Status des Kosovo nicht wirklich geklärt, jedoch erkennen 110 von 193 Mitgliedern der UN das Land als eigene Republik und nicht als Teil Serbiens an, sodass man zum Beispiel auch ganz normale Grenzkontrollen zwischen Albanien und dem Kosovo hat, wie das bei der serbischen Grenze aussieht, weiß ich aber nicht. Jedenfalls ist der Kosovo immer noch recht umstritten und ich kann wirklich keine genauen politischen Aussagen machen, mein Wissen stammt auch nur aus dem Internet und ich habe vor Ort nicht mehr dazu mitbekommen.

Die Kosovo-Gang (v.l.n.r. Niklas, Fize, ich und Meike)

So entschieden wir (meine Reisepartnerin Fize und ich) uns recht kurzfristig unter der Woche, am Wochenende in den Kosovo zufahren und besorgten uns Tickets für die Hinfahrt am Samstag und die Rücktour am Sonntag. Ganz so wie geplant lief unsere Hinfahrt leider nicht ab, sodass wir erst am Samstagabend in Prishtina am Busbahnhof waren. Nach alter Gewohnheit liefen wir erst mal los – jedoch vergasen wir, dass wir ja nun im Ausland waren und unsere Internetflatrate hier leider nicht funktionierte. Also orientierten wir uns (mal wieder) so halbwegs mit Google Maps, welches tatsächlich auch ohne Internet und nur mit GPS funktioniert und kamen dann nach einem ein wenig abenteuerlichen Weg mitten in der Innenstadt an und fanden dann auch unser Hostel (allerdings mit einem besorgniserregenden Akkustand von 11 %). Dort gab es dann das nächste kulturweit-Wiedersehen, und zwar mit Meike und Niklas – beide Freiwillige aus Serbien. Die beiden wollten am Montag danach zu mir kommen und machten das Wochenende vorher einen Zwischenstopp im Kosovo, durch Zufall suchten wir das gleiche Hostel wie die beiden aus. Das war ziemlich cool für Fize und mich, da wir am nächsten Tag von Niklas und Meike ziemlich viel gezeigt bekommen hatten, wie zum Beispiel das Newborn-Monument.

Das Newborn-Monument in Prishtina

Dieses Monument wurde am 17. Februar 2008, am Tag der kosovarischen Unabhängigkeitserklärung, enthüllt und symbolisiert so die „Geburt“ eines neuen Staates, dem Kosovo. Wir verabschiedeten uns für einen Tag von den beiden, da sie noch in einen Nationalpark wollten und wir die kurze Zeit bis zur Abfahrt unseres Busses nutzten, um noch ein wunderschönes Gebäude zu besichtigen und zwar die Nationalbibliothek des Kosovo…

Es tut mir leid, aber ich habe bisher wirklich noch kein „hässlicheres“ Gebäude gesehen als dieses – sorry Prishtina!

Auch in Prishtina gibt es eine Statue des Nationalhelden Albaniens, Skënderbeg, was auch mal wieder deutlich macht, dass sich Albanien und der Kosovo wirklich „nahe“ stehen.

Der gute Skënderbeg ist also auch hier vertreten! 😀

Ehrlich gesagt habe ich auch gedacht, dass die beiden Länder sehr ähnlich sind, jedoch gab es auch wirklich Unterschiede in der Atmosphäre für mich, die ich nicht alle so benennen kann. Das hat mich wirklich erstaunt, da ich weiß, dass sich viele wünschen, Albanien und der Kosovo würden ein Land bilden (es gab in einem Souvenirshop in Prishtina zum Beispiel einen Magneten mit der albanischen Flagge und der Aufschrift „Kosovo“ und allgemein wehten neben der kosovarischen auch viele albanische Fahnen). Was ich auch sehr interessant fand, dass ich es deutlich spürte, dass es im Kosovo generell teurer ist, liegt vielleicht auch einfach daran, dass die genutzte Währung der Euro ist (wusste ich davor auch nicht!). So ging es dann nach ein bisschen mehr als 24 Stunden wieder zurück in mein Gastland und ich hatte noch ein wenig Zeit zuhause, um ein bisschen was für meinen Besuch am nächsten Tag vorzubereiten.

 

Der letzte Besuch

Der Blick vom berühmt berüchtigten SkyTower

So holte ich die beiden dann schon am nächsten Tag gleich nach der Schule ab und ich zeigte ihnen im Lauf der Woche Tirana. Wir waren auf dem SkyTower, aßen richtig leckeres (und günstiges) Sushi, quatschten viel, schauten Filme und an einem Tag war Niklas auch bei mir mit in der Schule (Meike war zwei Tage lang noch außerhalb Tiranas in Albanien reisen) – ich glaube er war doch ein bisschen beeindruckt (so wie ich am Anfang auch) vom hohen Sprachlevel unserer Schüler. 😉 Wir hatten eine wirklich schöne Zeit gemeinsam, die durch einen (und meinen vorerst letzten) Besuch auf dem Dajti abgerundet wurde. Perfekt getimed standen wir zu dritt oben und blickten beim Sonnenuntergang nicht nur über mein wunderschönes Tirana, sondern sogar auch bis zur Adria, die ausnahmsweise einmal zu sehen war.

 

Zu Fuße des Dajti liegt Tirana und im Hintergrund sieht man die in die Adria untergehende Sonne – ein wirklich schöner Abschluss! :*

Die MSN-Alberbien-Crew auf dem Dajti

Die Hauptverkehrsstraße Rruga e Durrësit autofrei und überall die albanische und US-amerikanische Flagge anlässlich des Besuchs von John Kerry

Am nächsten Tag gingen wir dann zu dritt morgens los und trafen uns mit Fize, die uns schon mit schlechten Nachrichten begrüßte: Es fuhren weder Busse noch Taxis oder sonst irgendwelche normalen Transportmittel auf der Rruga e Durrësit, Grund war wohl der Besuch irgendeines Sekretärs oder so. Am Tag zuvor waren mir schon die ganzen zusätzlichen albanischen und US-amerikanischen Flaggen im Stadtbild aufgefallen, nun gab es auch eine Erklärung dazu; irgendjemand Wichtiges aus den USA war wohl zu Besuch, wie sich später rausstellte der Außenminister John Kerry höchstpersönlich (auf Englisch heißt sein Amt „Secretary of State“, was das „irgendein Sekretär ist hier“ erklärt 😀 ). So liefen wir also gut eine Stunde zu viert zum Sheshi Shqiponja, wo sich aber dann leider nach einer super tollen und wunderschönen Woche unsere Wege trennten, Niklas und Meike nahmen den Bus nach Shkodra, um nach Bar in Montenegro weiterzureisen und von dort den Zug nach Belgrad zu nehmen und Fize und ich stiegen in den Bus nach Gjirokastra.

 

Die vorerst letzte Reise nach Gjirokastra (14. und 15. Februar)

Der Personenkult ist teilweise auch noch in Albanien zu spüren, hier ein Graffiti, welches tatsächlich aus Gjirokastra stammt

Innerhalb von vier Stunden waren wir dann sogar in dieser wunderschönen Stadt angekommen, nur leider wurden wir vom Regen begrüßt und so konnten wir tatsächlich am Sonntag nur wenig besichtigen und verbrachten den Großteil des Sonntags leider auf dem Zimmer unserer Unterkunft. Die Stadt hat zwei bekannte Söhne Albaniens hervorgebracht, zum einen den ehemaligen Diktator Albaniens Enver Hoxha und zum anderen den tollen albanischen Schriftsteller Ismail Kadare, dessen Bücher ich voll und ganz empfehlen kann, vor allem für Leute, die albanische Geschichte schön verpackt in einem Roman erfahren wollen. Man kann also sagen, dass Gjirokastra wirklich albanienweit bekannt ist – sowohl negativ als auch positiv. Architektonisch ist die Stadt ein absoluter Traum und ist definitiv einen Besuch wert, wie Fize und ich auch am nächsten Tag feststellten.

Nur ein Ausschnitt aus dem wunderschönen Stadtbild der uralten Stadt Gjirokastra

Wieder einmal besuchten wir eine Burg, welche mir von allen Burgen bzw. Schlössern, die ich in Albanien gesehen habe, mit Abstand am besten gefallen hat – vielleicht, weil Gjirokastra Teil des UNESCO-Welterbes ist und somit viel Geld für die Instandhaltung in der Stadt ankommt.

Hier Impressionen aus der tollen Stadt:

Einer der Wege hoch zum Schloss in Gjirokastra

Beeindruckender Gang innerhalb des Schlosses in Gjirokastra

Teile der Burganlage

Für mich persönlich eine total verwunschene Tür innerhalb der Schlossanlage Gjirokastras

Glockenturm auf dem Schloss in Gjirokastra

Abends, als ich wieder zurück in Tirana war, wurde mir bewusst, dass wirklich die letzte Woche meines Aufenthaltes angebrochen war und ich schon bald nach Hause fliegen würde. Ich muss sagen, dass ich gemischte Gefühle hatte, zum einen freute ich mich auf meine Familie und Freunde, andererseits wäre ich auch wirklich gern noch länger in Albanien geblieben, einem Land, das zeitweise meine Heimat geworden war und das ich sehr lieb gewonnen hatte. Der Gedanke daran, mein „neues Leben“ nun wieder aufzugeben, stimmte  mich wirklich wehmütig und ich versuchte, meine letzten Tage noch voll zu genießen. Ich schloss meinen Albanisch Sprachkurs mit „Ausgezeichnet“ ab (was aber eher daran lag, dass mich meine Lehrerin Mirela ziemlich mochte als dass ich wirklich sooooo gut sprechen würde) und verabschiedete mich von den Schülern, meinen Kollegen und Freunden. Von meinen Schülern aus der Schülerzeitung und von meinen Kollegen habe ich noch gaaaanz tolle und total süße Abschiedsgeschenke bekommen, ich bin mir sicher, dass sie mich immer an meine unglaublich schöne und sehr abwechslungsreiche Zeit in Albanien erinnern werden!

Gefühlt nach einem Wimpernschlag waren die fünf Monate Tirana vorbei und ich fand mich am Samstag, den 20. Februar am Gate wieder, den vorerst letzten albanischen Macchiato genießend und wartete darauf, dass das Boarding für meinen Flug nach München begann, von wo ich mit meinen Eltern zurück in mein deutsches Zuhause fuhr.

Tirana aus der Vogelperspektive aus meinem Flugzeug fotografiert

Abschied

Zum Abschied hat sich Albanien noch einmal von seiner schönsten Seite gezeigt: Berge und Meer auf einem Foto!

Wirklich viel Zeit zum „Ankommen“ hatte ich nicht, da mich meine Mädels zuhause überraschten – ich hatte wirklich null Komma null damit gerechnet!

VIELEN LIEBEN DANK MÄDELS! ♥

Früh am Donnerstagmorgen ging es dann noch zum Nachbereitungsseminar am Werbellinsee, wo ich auch endlich sehr viele Mitfreiwillige, die auch ein halbes Jahr das FSJ mit kulturweit gemacht haben, wieder sah und wir nochmal einen richtig schönen Abschluss hatten!

Nun heißt es für mich erstmal ankommen und mich wieder in Deutschland „einfinden“, es gibt schon einiges, was deutlich anders ist als in Albanien und was mir einfach auffällt, aber darüber werde ich wohl berichten, wenn ich ein wenig „Abstand“ bekommen habe und mein Erlebtes und Gesehenes ein bisschen besser einschätzen kann…

 

Bis dahin alles Liebe und wie immer: shihemi së shpejti! 🙂

 

Sarah

Albanischer Winter – wärmer als in Deutschland, aber trotzdem kälter

Mirëmëngjes, mirëdita oder mirëmbrëma ihr Lieben (je nach dem, zu welcher Uhrzeit ihr das lest)!

Die gute Nachricht ist: der Regen hat gottseidank aufgehört. Die schlechte Nachricht ist jedoch: es ist kalt geworden, auch im mediterranen Teil Europas. An Temperaturen wie -15 °C wie zum Beispiel bei meinen Großeltern in Deutschland kommen wir hier in Albanien „leider“ nicht ran, aber – 2 °C fühlen sich doch noch mal kälter an, wenn man nur mit Klimaanlagen heizt (ja, diese Teile haben auch einen „heating mode“, mit dem man warme Luft in die Welt pusten kann), die zwar das Wohnzimmer wärmen, aber leider nicht Küche, Bad und Schlafzimmer. Ganz zu schweigen von den super isolierten Fenstern, durch die (K)EIN bisschen kalte Luft von draußen reinziehen kann.

Auch wenn ich immer sehr positiv von meiner Zeit berichte (was ich schreibe stimmt auch voll und ganz und wird von mir so wahrgenommen!), es gibt hier auch Dinge, die ich nicht so toll finde. Natürlich gibt es viele Aspekte, die die Menschen im Land nicht gut finden – die Zahlen der Auswanderer sprechen ja mehr als für sich – aber ich kann nun mal nur aus meiner Perspektive schreiben und weiß nicht, was die Menschen hier erlebt haben und was sie zum Weggang animiert hat. Ich habe auch nicht den Anspruch, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen zu analysieren und auszuwerten. Ich nehme einfach nur wahr, reflektiere, denke darüber nach, wie ich das sehe und schreibe es auf.

So war es zum Beispiel vergangenen Dienstag extrem kalt in der Schule, da wir die gesamte Zeit Stromausfall hatten. Auch wenn die Schulstunden verkürzt waren (eine Stunde dauerte nun 30 Minuten), war es doch nicht nur für mich sehr unangenehm, trotz dicker Socken und Stiefel kalte Füße zu haben, sondern sicherlich auch für die Schüler, die zum Teil sogar mit Mütze und Handschuhen in den Klassen saßen – ich konnte immerhin mal ins Café, um mir etwas Heißes zu trinken zu holen!

Aber auch an dieser Situation kann man wieder sehen, wie spontan und originell Menschen in Albanien sein können. Da es ja gar keinen Strom gab (unglaublich, was alles an den Strom gebunden ist: Licht, Klimaanlage, Heizgeräte, Ladegeräte der Laptops, WLAN,…), gab es natürlich auch keine Schulglocke. Was wurde also gemacht? Irgendjemand der Lehrkräfte ist mit einer Art Kuhglocke durch alle vier Stockwerke gelaufen und zeigte durch das Klingeln den Anfang und Beginn der Stunde. Einfach zu komisch, wenn man null Komma null damit rechnet! 😀

Wenn man also weiß, dass es nicht so warm sein wird und man sich drauf vorbereiten kann (durch das Anziehen warmer Kleidung), ist das alles nicht so wild. Aber unvorbereitet kann das schon ziemlich nerven. Aber wieso wäre ich denn hier, wenn alles so geleckt und perfekt wie in Deutschland wäre?

Das ist auch eine der Erkenntnisse, zu der ich in meiner Zeit außerhalb von Deutschland gekommen bin: es geht uns so verdammt gut in Deutschland! All diese Nichtigkeiten, die zum Teil in unserer Gesellschaft diskutiert werden – Luxusprobleme, wenn ich hier die Lage der Dinge anschaue. Auch hier zur Beschwichtigung: ich weiß, dass es durchaus ernste Probleme in Deutschland gibt, die nicht kleingeredet werden können, aber diese Probleme meine ich nicht. Ich spreche von ganz alltäglichen Sachen, Dingen wie funktionierende Infrastrukturen, durchgehend gute sanitäre Anlagen, die beinahe Nichtexistenz von Stromausfällen und so weiter. Wirklich Kleinigkeiten, bei denen man beim Fehlen erst merkt, wie entspannt und angenehm sie den Alltag machen.

Ich bin wirklich gespannt, wie ich Deutschland wahrnehmen werde, wenn ich wieder da bin. Und das ist gar nicht mal so lang hin! Von den 161 Tagen meines „Einsatzes“ sind nur noch unglaubliche 25 Tage (!!!) übrig – Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht!

 

Bevor ich hier noch weiter herum philosophiere, schreibe ich lieber mal etwas über die letzten Tage und was ich seit meinem letzten Blogeintrag erlebt habe:

 

Wie bereits angekündigt, hat der zweite Teil des DSD-II stattgefunden, die mündliche Prüfung. Zur Erinnerung: das ist eine Sprachprüfung, die den Schülern, bei Bestehen, ein Sprachniveau von B2 oder C1 bestätigt – das Muttersprachenniveau ist übrigens C2.

Die Prüfungen gingen vier Tage lang von 8.00 Uhr bis ca. 16.00 Uhr, also volles Programm für meine Kollegen, die in der Prüfungskommission saßen. Auch ich war von den Prüfungen nicht „unberührt“, da ich während der gesamten Zeit als Springerin eingesetzt war. D.h. ich habe mal die Aufsicht im Vorbereitungsraum für eine gewisse Zeit übernommen oder Blätter mit der Aufschrift „QETËSI JU LUTEM! PROVIM“ („Ruhe bitte! Prüfung!“) im Haus aufgehängt. An einem Tag war ich sogar auch als Aufsicht eingesetzt – ich hätte das vor einem Jahr wahrscheinlich nicht geglaubt, dass ich in einer ähnlichen Prüfung wie bei meiner Kommunikationsprüfung in Englisch Aufsicht führen werden würde. Aber so spektakulär und „schwer“, wie ich mir das vorgestellt hatte, war es gar nicht. 🙂 Was sehr cool war, war, dass ich auch einige Prüfungen mit anschauen durfte, es waren wirklich gute Präsentationen dabei! Insgesamt sind die Prüfungen sehr zufriedenstellend ausgefallen und wer weiß – vielleicht werde ich ja den einen oder anderen der Schüler im Oktober beim Studium in Deutschland wieder treffen?

Für das Ende der Prüfungswoche hatte sich hoher Besuch aus Bosnien und Herzegowina und Montenegro bei mir angekündigt! Meine beiden Mit-Kulturweitlerinnen Christina (Sarajevo) und Jana (Ulcinj/Ulqin) wollten ihre (beneidenswert langen) Winterferien nutzen, um mich im Süden zu besuchen. Da ich ja schon mal von Jana aus nach Hause (sprich Tirana 🙂 ) gefahren bin, versicherte ich den beiden, dass die Reise von Ulcinj nach Tirana kein Problem sei, ich abschätzen könnte, wie lang das ungefähr ab Shkodra in die Hauptstadt dauerte und ich wüsste, wo sie ankommen würden.

Glücklicherweise habe ich Jana per SMS geschrieben, wo sie ungefähr ankommen sollten, da der Furgon (keine Ahnung weshalb!) nicht von der normalen Straße, sondern von einer anderen Seite kam. Naja, wir haben uns trotz alledem gefunden, und das ist ja das Wichtigste! 😀

Star Wars

Star Wars VII – natürlich in 3D! 😀

Leider war das Wetter nicht ganz so toll für Sightseeing (okay, so viel gibt es nun nicht zu sehen 😀 ), aber wir hatten seeeehr viel Spaß zusammen. Neben langen Aufenthalten in Cafés und in einem chinesischen Restaurant (ich war so begeistert, dass wir das gefunden haben – wir haben Frühlingsrollen unter dem amüsanten Namen „byrek kineze“ bestellt) und vielen Gesangseinlagen („Nur nicht aus Liebe weinen…“, „Sorry“, „Atemlos“ und andere Klassiker) haben wir uns an verschiedenen Desserts probiert und uns im Cineplexx im TEG Star Wars: Episode VII – Eine neue Hoffnung im Original angeschaut (guter Film!!!).

Am Montagnachmittag habe ich die beiden noch auf den Dajti geführt, wo es bei -6 °C (die kälteste Temperatur, die ich bisher „gespürt“ habe) Schnee gab!

In der Gondel auf der „Hinfahrt“

 

Einer der vielen Ein-Mann-Bunker, die Hoxha in ganz Albanien bauen lies (gleich hinter diesem Exemplar folgen noch einige)

Check, ich habe Schnee in Albanien gesehen und gefühlt! Am nächsten Morgen haben sich die zwei leider schon wieder auf den Weg Richtung Norden gemacht, es war aber trotzdem echt schön, die beiden nochmal zu sehen, da sie ein Jahr in ihren Einsatzstellen bleiben und ich sie nicht auf dem Nachbereitungsseminar treffen werde.

Christina, Jana und ich

DANKE FÜR DIE SCHÖNE ZEIT MÄDELS! ♥

 

Jetzt am Wochenende war ich mit Fize endlich „im Süden“ unterwegs, nämlich in der UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Berat, auch bekannt als „die Stadt der tausend Fenster„.

Schnee, Palmen, UNESCO: Berat…

… die Stadt der tausend Fenster!

Damit war ich nun nördlich, östlich, südlich und westlich von Tirana und kann behaupten, Albanien schon ein bisschen besser zu kennen. 🙂

Kartenmaterial zur Unterstützung der geographischen Vorstellung

Schild des „Busbahnhofs“ (ich kann es immer noch nicht glauben)

Am Samstagmorgen machten wir uns auf den Weg von einem – haltet euch fest!!! – „Busbahnhof“ in Tirana, welcher scheinbar relativ neu eingerichtet wurde. Eigentlich kann man auch nicht von einem geregelten Busbahnhof sprechen, sondern von einem Parkplatz, auf dem Busse und Furgone in den unterschiedlichsten Größen standen und man nur anhand der Schilder in den Windschutzscheiben erkennen kann, wohin sie fahren. Das Geld für die Fahrt zahlt man später im Bus und die Abfahrt ist gefühlt, wenn fast alle Plätze besetzt sind. Aber immerhin – es gibt einen Ort, an dem es viele Busse in verschiedene albanische Städte gibt.

Gegen 12.30 Uhr erreichten wir Berat und wollten uns erstmal auf die Suche unseres „Guesthouse“ machen und unsere Rucksäcke abstellen. Blöderweise stand auf der Internetseite nur eine Straße, die es auf Google Maps aber nicht gab, von Straßennummern ganz zu schweigen… Nach einigem Hin und Her fanden wir dann auf der Karte, wo sich unser Zimmer so ungefähr befinden sollte. Also stapften wir blind drauf los und stiegen unzählige Treppen, bis wir unsere Unterkunft fanden. Von dort bot uns ein super schöner Blick auf Teile Berats und die dahinterliegenden Gebirge.

Blick von unserer Unterkunft über ein Teil Berats

Falls jemand Fragen hat, in welchem Land diese Kirche steht: Ich denke, die Antwort gibt der vergoldete Doppeladler 😀

Nach einem kleinen Päuschen erkundeten wir dann noch die Altstadt, die orthodoxe Kirche „Katedralja Fjetja e Shën Mërisë und die Moschee „Xhamia e Plumbit“. Dort habe ich übrigens zum ersten Mal live gesehen, wie ein Muezzin zum Gebet ruft, zwar via Mikrofon, aber immerhin nicht vom Tonband – sehr cool, das selbst mal zu erleben, ich hatte (positive) Gänsehaut! Wie auch in Tirana war es abends aber ziemlich frisch und im Zimmer funktionierte die Klimaanlage nur mäßig gut, weswegen wir beide den Rest des Abends dick eingekuschelt in unseren Betten verbrachten.

Teil der Burgruine

Am nächsten Tag brachen wir gegen 10.30 Uhr auf und machten uns auf den Weg zu einem weiteren Stadtteil Berats, zum hochgelegen Kala, begleitet von vielen Gesprächen von Einheimischen, die fragten, was zwei Mädchen in Berat machten, die sich nicht auf Albanisch unterhalten. Dank Fize weiß ich ziemlich detailiert, was die Leute uns so fragten. Neben den Standardfragen wie „Woher kommt ihr?“, „Was macht ihr hier (in der Stadt)?“, „Was macht ihr allgemein in Albanien?“ (diese Fragen verstehe ich auch noch) wurden aber auch schon ziemlich private Fragen und Ratschläge gegeben wie „Seid ihr eigentlich gebunden?“ und „Lasst euch ja nicht mit den bösen Jungs hier ein!“. Das scheint hier wohl ein anderes „Nähe-Gefühl“ zu sein, ich finde es aber eher amüsant als störend. Nach einem ca. 20-minütigen, ziemlich steilen Aufstieg, erreichten wir das „Viertel“, denn neben den Burgruinen gibt es auch noch schöne Wohnhäuser, die tatsächlich noch bewohnt sind.

Wäsche der Einheimischen im Touri-Bereich: ich find’s cool!

Nicht nur Menschen leben hier

Die Dreifaltigkeitskirche (Teil der Burganlage)

Außerdem konnte man von dort oben eine weitere „Sehenswürdigkeit“ Albaniens sehen, von der ich schon einige Male gelesen, aber gar nicht mit Berat in Verbindung gebracht habe: während der Zeit der Diktatur wurde in einen Gebirgszug der Vorname des Diktators „E N V E R“ Hoxha geschrieben. Dieser Schriftzug wurde nach dieser Zeit in „N E V E R“ (also engl. für „niemals“) umgestaltet:

Nun steht „N E V E R“ auf dem Gebirgszug

Danach machten wir uns dann auf den Heimweg, gegen 17.30 Uhr war ich dann wieder in meiner Wohnung in Tirana und lies beim Tatort das Wochenende ausklingen.

Ich, zufrieden nach einem schönen und erlebnisreichen Wochenende in Berat 😉

Zum Abschluss eine kleine Anekdote des heutigen Tages:

Ich bin heute in der Schule kurz als Vertretung in einer der beiden 12. Klasse eingesprungen, wo zurzeit das Buch „Homo faber“ von Max Frisch behandelt wird. Das Thema war „Walter Faber und die Frauen“ und die Schüler sollten passende Textstellen raussuchen – irgendwie kommt mir das doch ziemlich bekannt vor! 😀 Vor gut einem Jahr musste ich selbst fast genau die gleiche Aufgabe machen, da „Homo faber“ einer der drei Pflichtlektüren in meinem Abitur war – witzig, dass ausgerechnet dieses Buch auch hier in Tirana von meinen Kollegen behandelt wird. Tatsächlich war mein Deutschunterricht ziemlich gut (ohne schleimen zu wollen!), da ich mich wirklich noch an einige Textstellen erinnern konnte.

 

In diesem Sinne:

 

Shihemi se spejti dhe kalofsh mirë!

 

Sarah

 

PS: Seit heute ist es übrigens wieder ein bisschen wärmer hier, vielleicht erlebe ich ja noch einen frühen Frühling? 🙂