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Tag 96 – Beidrehen

Samstag und Sonnenschein – kurz: Wandertag. Und wer gestern gut aufgepasst hat, der weiß auch schon wohin es ging: Ganz klar in den Kastaver Wald!

„Kastav“ bedeutet für mich dabei in erster Linie eines: Warten auf den Bus. Heute dauerte es allerdings gar nicht so lange – zumindest bis der Bus kam. Bei der Autobahnabfahrt standn wir dann allerdings in meinem ersten Stau. Ob das wegen des Ferienendes war? Egal, denn pünktlich um 13 Uhr erreichte ich den Ausgangspunkt meiner heutigen Wanderung: Die hübsche Aussichtsterrasse von Kastav. Entspannt den Blick über die Kvarner Bucht gleiten lassen, ein kleiner Spaziergang durch die verwinkelten Gassen der Altstadt, schon war der Asphalt unter meinen Füßen Geschichte und mit federnden Schritten betrat ich den Waldweg.

Auf dem breiten Hauptweg war einiges los und anfangs kam ich aus dem „Bok“ und „Dober dan“ gar nicht mehr heraus. Doch dann bog ich auf einen kleinen Trampelpfad ab und es wurde ruhiger. Zu ruhig. Nach einiger Zeit überprüfte ich meinen Standort und stellte fest, dass ich wortwörtlich auf dem Holzweg war. Also Korrektur nach links und ein, zwei falsche Abzweigungen später war ich zurück auf Kurs. Nicht lange, dann erreichte ich eine große Weggabelung und setzte mich auf ein sonniges Bänkchen. Ein Kätzchen verirrte sich zu mir und ließ sich von mir streicheln und auch den zwei Pferden im nahen Schuppen sagte ich „Hallo“.

Etwa 45 Minuten war ich schon unterwegs, noch 1,5 Stunden vor mir (wenn man den Wegweisern glauben schenken mag). Hoch und runter, links und rechts – der Weg zog sich. Also entschied ich mich gegen die ganz große Runde („Reh“) und für die mittlere Distanz („Hase“). Als deren Hauptattraktion gilt der Stanic-Hügel, von dem ich eine traumhafte Aussicht hatte. Teilen musste ich sie nur mit zwei Jungs, die extra ihre Mountainbikes hochgeschleppt hatten. Respekt!

Wieder unten machte ich mich schließlich auf den Rückweg. Fast hätte ich mich dabei noch ein zweites Mal verlaufen (da hatte jemand doch tatsächlich die Wegweiser geklaut), dann stolperte ich über zwei Überraschungen:

Die erste war ein alter Grenzposten. Denn wer mit der Geschichte Rijekas vertraut ist, der weiß, dass die Stadt ein umkämpftes Fleckchen Erde war. Für kurze Zeit gehörte Rijeka dabei sogar zu Italien – und die Italiener wussten ihre Grenze zu verteidigen: „Alle porte della patria non si dorme“ steht bis heute an der Wand des kleinen Häuschens: „An den Pforten des Heimatlandes schläft man nicht“.

Keine 100 Meter weiter dann die nächste Entdeckung: Versteckt am Ende eines kleinen Pfades liegt ein altes, verlassenes Dorf. Bis 1943 wohnten in „Selo Cari“ noch Menschen (genauer gesagt ein Mann names Ivan), heute wird es vom Efeu verschlungen.

So wie die Sonne langsam aber sicher hinter den Bäumen verschwand (während mein Atem mittlerweile zu kleinen Dampfwölkchen kondensierte), dachte auch ich mehr und mehr ans Verschwinden. Doch schon bald hatte ich den Rand des Waldes erreicht und wurde mit einem atemberaubenden Sonnenuntergang belohnt. Zurück in Kastav (und damit am Aussichts- alias Ausgangspunkt) studierte ich noch schnell die Karte (sollte man wohl besser davor machen), dann ging es bergab Richtung Bus und Bettchen.

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Tag 95 – Stadt, Berg, Fluss

Beinahe hätte ich es mir heute auf dem Sofa gemütlich gemacht. Schließlich blickte ich beim Aufwachen nicht wie versprochen in einen makellosen blauen Himmel, sondern wurde hämisch von einer Wolke angegrinst. Dann zückte ich aber doch meine Barfußschuhe und machte mich auf den Weg.

Zwei Wanderungen hatte ich mir für die nächsten Sonnentage herausgesucht: Die eine dem Flusslauf des Rječina folgend, die andere durch den Kastaver Wald. Kurze Denkpause, dann marschierte ich los Richtung Tal.

Der erste Teil des Weges war einfach: Schließlich bin ich im Herbst schon einmal bis zur Papierfarbrik Hartera gelaufen. Allerdings hatte ich damals auf dem Rückweg noch eine andere verfallene Fabrik entdeckt, sie mir aber erst einmal aufgespart. Bis heute. Ein kurzer Blick die Straße rauf und runter – dann nichts wie durch den Zaun. Verstohlen streifte ich durch die leeren Hallen. Eine hatte es mir besonders angetan. Aber zum Verweilen lud das Dach nicht gerade ein. Außerdem hatte ich heute ja noch Einiges vor. Also weiter.

Mit leichtem Bedauern ging ich an der Papierfabrik vorbei und bog schließlich auf den Wanderweg ab. Zuerst ging es steil nach oben, danach wieder bergab zu einem kleinen Wasserfall. Eine Biegung, dann waren auch die letzten Hochhäuser Rijekas verschwunden und die Schlucht sog mich in sich auf. Kaum hatte ich den sanft dahinplätschernden Fluss überquert, stand ich schon vor dem Grund, warum ich ausgerechnet diese Wanderung machen wollte: Einer majestätischen, Efeu-behangenen Ruine. Der Wanderweg führte mitten hindurch und begeistert folgte ich ihm, weiter dem Flusslauf entgegen. Wenig später kam eine zweite Ruine in Sicht, diesmal die der Matešićev mlin – einer alten Mühle. Und nun musste ich mich entscheiden: Zurück oder weiter dem Fluss (bzw. dem ausgetrockneten Flussbett) entlang?

Eine leichte Wahl, bedenkt man wie sehr ich es hasse, einen Weg zurückzugehen. Also bergauf. Der Wald lüftete sich, das Tal öffnete sich und die Sonne schien auf den Weg. Dann die nächste Kreuzung: Weiter hinauf oder lieber am Flüsschen bleiben? Das eine wäre einfach, das andere aber sinnvoller, schließlich wartete hinter dem Berg Rijeka auf mich. Also weiter bergauf durch den Wald. Im Zickzack schlängelte sich der Weg bis ich die Bergkuppe erreichte. Und mit ihr die wärmenden Sonnenstrahlen. Als Bonus gab es außerdem eine schöne Aussicht: Zur einen Seite die Berge, zur anderen das Meer. Am Ziel war ich allerdings noch lange nicht. Denn jetzt wo ich schon einmal oben war, wollte ich natürlich ganz nach oben: Sprich zum Velih Vrh.

Glücklicherweise hatte ich den Löwenanteil der 425 Höhenmeter schon geschafft. So ging es erst einmal auf dem Grat entlang. Ich schreckte ein Reh auf (oder es mich?) und genoß den malerische Blick auf die schneebedeckten Hügel am Horizont. Ein weiterer kleiner Aufstieg, dann ragte plötzlich ein großer Bunker vor mir auf. Schon glaubte ich, den Gipfel des Berges erreicht zu haben. Da allerdings mein Standort auf der Wander-App trotz mehrfachen Rejustierens hartnäckig daneben blieb, machte es irgendwann „klick“ und ich dackelte brav weiter. Und nicht mehr lange, dann stand ich schließlich am Ende des Weges und damit auch ganz oben auf dem Berg. Noch ein letztes Beweisfoto von der Kapelle, dann gab mein Handy-Akku den Geist auf. Und jetzt?

Tja „runter kommt man immer“ heißt es so schön. Und tatsächlich: Nach einer Stunde immer der Straße nach, entdeckte ich äußert dankbar die einprägsame Fassade meiner Schule vor mir. Müden Fußes trottete ich die letzten Meter bis nach Hause – erschlagen von den ganzen Eindrücken des Tages und der bisher ungeahnten Größe meiner Stadt.

Woche 13 – Dome slatki dome

Irgendwie auch schön wieder Zuhause zu sein…

kuća [kutscha] – Haus

stan – Wohnung

soba – Zimmer

vrata – Tür

prozor – Fenster

strop – Decke

zid – Wand

pod – Boden

tavan – Dachboden

podrum – Keller

dvor – Hof

vrt – Garten

dnevna soba – Wohnzimmer

spavaća soba [spawatscha] – Schlafzimmer

radna soba – Arbeitszimmer

kupaonice [kupaonize] – Bad

kuhinja – Küche

spremište [spremischte] – Abstellkammer

hodnik – Flur

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Tag 94 – Warme Gefilde

Heute hatte ich tatsächlich einen Termin. Und nicht irgendeinen, sondern bei der Polizei. Denn anscheinend ist es hier in Kroatien so üblich, Menschen mit temporärer Aufenthaltsgenehmigung nach geraumer Zeit einmal einzubestellen. Besonders wichtig schien es allerdings nicht zu sein, denn nachdem sie bei Katharina telefonisch einen Termin angefragt hatten, waren sie selbst erst nach zwei Tagen wieder an die Strippe zu bekommen…

Doch letztendlich stand der Termin und ich stiefelte los. Und ehrlich gesagt kam ich dabei etwas ins Schwitzen. Allerdings nicht wegen des Termins, sondern weil ich einfach viel zu dick eingepackt war: 12 Grad und fröhlicher Sonnenschein – nur noch ein paar Singvögel und der Frühlingstag wäre perfekt gewesen (Möwen zählen nicht).

Pünktlich erreichte ich schließlich die Polizei, lief jedoch erst einmal am versteckten Hintereingang vorbei. Also noch eine Runde ums Gebäude. Dann rüttelte ich vergeblich am Türknauf, bis ein netter, wartender Herr drinnen für mich an die Scheibe des Pförtnerhäuschens klopfte. Der erste Polizeibeamte sprach kein Englisch (und ich immer noch nicht genug Kroatisch), weshalb ich an seinen Kollegen weitergereicht wurde. Und dann hieß es warten. Eine Polizistin kam in den Wartebereich und befragte das Pärchen neben mir. Österreicher. Also perfekt zum Lauschen. Wenige Minuten später war ich dran und bekam die gleichen, etwas seltsamen Fragen zu hören: Vornamen meiner Eltern, Adresse meiner Schule (Google), Nachnamen meiner Mitbewohnerinnen (Fehlanzeige)… Alles wurde brav notiert. Warum sie mich das alles fragte, fragte ich sie schließlich. Die Antwort: Um sicherzustellen, dass ich auch wirklich in Kroatien sei. Aha. Aber da ich nun leibhaftig da war und die Polizei das jetzt auch sichergestellt hatte – durfte ich wieder gehen.

Die Sonnenbrille auf der Nase schlenderte ich durch die belebten Straßen. Nicht nur mich schien der Frühlingstag herauszulocken. Mit neuer, positiver Energie aufgeladen bog ich in einen Hinterhof ab. Wohlgemerkt ein Hinterhof voller Grafitti, die schon lange auf meiner Liste stehen. Und so hatte mein kleiner Ausflug doch noch etwas Sinn.

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Tag 93 – Dümpeln

Was für eine seltsame Zeit: Noch Schulferien, aber eigentlich viel zu tun. Januar, aber strahlender Sonnenschein. Lust etwas zu unternehmen, aber keine Motivation. Das Resultat: Kroatisch gelernt von der Couch aus und ein ausgedehnter Sonnenuntergangsspaziergang zum Hafen. Immerhin – besser als nichts.

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Tag 92 – Innerer Kompass

Schlechte Nachrichten von Zuhause und „ping!“ springt die innere Kompass-Nadel gen Nordwest. Doch obwohl meine Gedanken gerade so gar nicht in Rijeka sind, geht das Leben hier weiter. Und das ist vielleicht ganz gut so. Denn auch wenn mich die Aussicht auf meine Kroatisch-Präsi nicht gerade aufmuntert, zumindest treibt sie mich aus der angenehm-warmen Koje und an die Arbeit.

Da für die Präsentationen Video ausnahmesweise Pflicht ist, sehe ich meine Leidensgefährten heute das erste Mal – und lerne sie mit jedem Vortrag besser kennen. Meine Präsi ist dann die letzte des Tages und ich bin froh, als sie vorbei ist. Jetzt nur noch die mündliche und schriftliche Prüfung. Obwohl: Ein bisschen hin- und hergerissen bin ich schon, ob ich nicht doch noch den A2-Kurs dranhängen soll? Auch wenn ich ihn leider selbst zahlen müsste…

Što drugo? Chemnitz wurde als Kulturhauptstadt 2025 bestätigt. Alle Gedankengänge führen nach Hause..

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Tag 91 – Blau machen

Nemam volje! Immerhin etwas Kroatisch habe ich heute gelernt… Wenn auch lange nicht das, was ich hätte lernen sollen. Denn morgen steht meine erste Kroatisch-Prüfung an, eine Präsentation. Und ich fauler Hund konnte mich einfach nicht aufraffen irgendetwas dafür zu tun. Ok, die Präsi steht. Aber die Vokabeln und die Grammatik? Fehlanzeige.

Allerdings hat sich der Tag heute gerade dazu angeboten „blau“ zu machen! Die Sonne strahlte und es war auch nur ein bisschen kalt. Ok, ein bisschen sehr. Aber dafür ja die Sonne (ist die Argumentation schlüssig oder dreht sie sich im Kreis – wer weiß, wer weiß 😉 ). Auf jeden Fall machte ich mich gegen Mittag auf, ein wenig mehr von der Stadt zu sehen. Für das gute Gewissen packte ich natürlich auch meine Lernsachen ein. Nur blöd, dass man beim Laufen so schlecht draufschauen kann. Und an dem Lernort meiner Wahl, der Torpedo-Rampe, war es dann leider leider ein wenig zu windig.

Allerdings auch zu windig, um lange in der Sonne sitzen zu bleiben. So ging es also weiter: Erst hoch zur Werft „3. Mai“ (dem Tag der Befreiung Rijekas von der nationalsozialistischen Besetzung im 2. Weltkrieg) wo mir ein Schwung an Arbeitern entgegenkam (und das um 15 Uhr! Ob die wohl extra früh anfangen um extra früh Feierabend zu haben?), dann am Kantrida-Stadion runter Richtung Strand. Und obwohl Fußball meiner Meinung nach die am meisten überbewertete Sportart unserer Zeit ist – das Stadion ist ein echter Hingucker! Wie es sich in die Felswand schmiegt – der helle Wahnsinn! Da würde sogar ich mir ein Fußballspiel anschauen (bzw. das Meer im Hintergrund) nur wird dort seit 2015 nicht mehr gespielt. Stattdessen soll an der gleichen Stelle ein neues, größeres Stadion für den Heimatverein gebaut werden. Halt mit Betonung auf „soll“…

In der Zwischenzeit kann man sich das Meer allerdings auch ganz gut vom gleichnamigen Strand anschauen. Plus: Im Sommer lässt es sich hier super baden (sagt zumindest Branka). Die Rutsche fand ich auf jeden Fall schonmal der Hit. Hoffentlich ist es im März wieder warm genug, um ins Wasser zu gehen… oder zumindest, um länger draußen zu sein, ohne dass einem sämtliche Finger und Zehen abfrieren! Um genau das zu verhindern (und um doch noch ein klitzekleines bisschen Kroatisch zu lernen) ging es für mich schließlich zurück ins Warme. Nicht, dass es morgen so endet:

PS: Für alle, die wehmütig nach Kroatien schauen – auch hier wurden die Corona-Maßnahmen bis zum 31. Januar verlängert. Wie ich die Cafés vermisse!

Tag 88 – Holz

Ok, der Tag beginnt und er bekommt ein Thema. Und das Thema heute: Es heißt Holz!

Ein letztes Mal früh aufstehen, um Christian (und unser treues Auto) Richtung Pula zu verabschieden. So ganz wach war ich natürlich nicht – kein Wunder, wir hatten gestern bis in die Puppen mit Đosi gequatscht. Aber was muss das muss. Dann trotz übervollem Magen noch ein wenig mit Arne Frühstücken und schwupps war auch er unterwegs.

Also sturmfrei für mich und Đosi. Und hier kommt das Holz ins Spiel. Denn wie viele kroatische Familien heizt auch Đosi mit Holz. Viel Holz. Tja und das wurde gestern geliefert bzw. in einem großen Haufen hinter dem Haus abgeladen. Damit nun alles seine Ordnung hat, machten wir uns daran es zu stapeln. Jajaja jetzt wird wieder in die Hände gespuckt und so. Auf der einen Seite tat es echt gut mal wieder richtig anzupacken. Und dann auch noch bei feinstem Kaiserwetter. Auf der anderen Seite bekam ich gewaltigen Respekt vor Đosi, die mit ihrem kaputten Rücken die ganzen schweren Holzklötze in die Schubkarre wuchtete. Ich habe mich derweil an Tetris versucht und ich muss sagen: Sitzt, passt, wackelt und hat Luft!

Nach vollendeter Arbeit noch eine (nach Đosis Geschmack viel zu große) Tasse Kaffee und dann ging’s auch für mich nach Hause. Doch Auspacken, Waschen und Duschen mussten erst einmal warten, denn was wartete auf meinem Schreibtisch auf mich? Ein wunderhübscher kleiner Stapel an Weihnachtspost und -paketen! So macht Heimkommen doch gleich doppelt Spaß!