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Tag 22 – Strandgut

Eigentlich sollte ich heute nur meine offizielle Aufenthaltsgenehmigung bei der Polizei abholen. Doch warum direkt wieder nach Hause zurücklaufen? Noch dazu an so einem schönen Herbsttag. Also habe ich mich entschieden, noch ein wenig weiter zu spazieren. Vom kleinen Hafen ging es zum großen Hafen. Dann hoch die Brücke und wieder runter zum Strand. Endlich hatte ich es einmal hierher geschafft!

Natürlich hatte ich schon von den Stränden Rijekas gehört, doch irgendwie bin ich bisher noch nie dort geladet. Etwas, das ich Zukunft unbedingt ändern will! Zwar sind Sablicevo und Glavanovo nicht besonders groß. Und man muss einige Treppen runter- bzw. hochsteigen. Doch dafür hat man die kleinen Buchten fast ganz für sich allein. Direkt neben dem Strand Glavanovo steht außerdem eine alte Betonplattform. Und oben drauf Gebäude, die lediglich von Stahlträgern davon abgehalten werden, wie Kartenhäuser in sich zusammenzufallen. Ein wenig erinnert mich das Ganze an die Geschützstellungen des Atlantikwalls. Aber ob das stimmt? Ich konnte es leider nicht herausfinden. Auf jeden Fall ist es ein wunderschöner Ort, um sich auf eine bröckelige Mauer zu setzen und den Blick übers Meer schweifen zu lassen. Und wem das zu philosophisch ist, der dreht den Kopf einfach nach rechts und schaut wie ich den Kränen beim Beladen eines Containerschiffs zu.

Irgendwann muss ich zurückkommen und mir hier den Sonnenuntergang anschauen. Denn heute hat mich mein schlechtes Gewissen und der Hunger schon vorher wieder nach Hause getrieben. Ein gutes Risotto braucht schließlich seine Zeit.

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Tag 21 – Ein Salutschuss

Sechs Monate geht mein Freiwilligendienst in Kroatien und sechs Monate* dauerte mein letztes Studienabenteuer: Die Masterarbeit. Heute, endlich, hat diese lange Reise ein erfolgreiches Ende gefunden. Ein neuer (imaginärer) Hut schmückt mein Haupt und ein weiterer, wohlklingender Titel meinen Namen. Also wenn das kein Grund zu feiern ist?! Salut! Oder wie man hier sagt: čestitam! Ein leckeres Abendessen mit meinen Mitbewohnerinnen, eine durchaus beachtliche Flasche Wein – was will man mehr? Nur gut, dass heute Ferien sind…

Und morgen? Morgen geht es dann weiter. Im nächsten Abenteuer stecke ich schließlich längst schon drin…

 

*Gerüchte besagen sogar zwölf. Und wie es mit Gerüchten nun mal so ist – etwas Wahres ist dran.

Tag 20 – Grüße aus der Kombüse II

Heute gibt es wieder kulinarische Grüße, diesmal allerdings mit zwei kroatischen Spezialitäten: Čokolino und Cedevita!

Čokolino ist eine Art Grießbrei. Einfach etwas warme Milch unter die Softflakes-Schokoladen-Mischung rühren und zack hat man „Das Lieblingsgericht von Kindern und Leuten, die sich jung fühlen.“ Oder etwas realistischer ausgedrückt: Eine süße, leckere, klebrige Pampe.

Das gleiche Prinzp funktioniert auch bei Cedevita. Nur dass diesmal Wasser fürs Lösen des Pulvers zum Einsatz kommt. Als Ergebnis bekommt man nicht nur eine kroatische Limonade, sondern die kroatische Limonade schlechthin. Geht man in einem Cafe, bestellt man Cedevita. Basta. Ok, vielleicht sagt man auch noch, welchen Geschmack man gerne hätte: Orange, Zitrone, Grapefruit, Limette oder Bombon – der Fantasie sind (fast) keine Grenzen gesetzt.

Ich für meinen Teil habe mich erst einmal für eine Packung Čokolino mit dunkler Schokolade und ein Tütchen Cedevita mit Zitronengeschmack entschieden. Und wenn ich bis dahin noch keinen Zuckerschock bekommen habe, dann schreibe ich auch morgen wieder.

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Tag 18 – Seeluft atmen

Dafür, dass ich gestern noch mit den Erasmus-Student*innen Rijekas durch die Bars gezogen bin, klingelt mein Wecker heute mit Abstand zu früh. Der Grund dafür: Ich bin mit Katharina, ihrem kleinen Sohn und unserer Kollegin Đosi zum Spazierengehen verabredet. Unser Ausgangspunkt ist dabei Volosko, ein kleines hübsches Hafenstädtchen westlich von Rijeka. Dort angekommen, laufen wir ein wenig am Pier entlang bevor wir uns in ein Cafe setzen. Die Sonne strahlt vom wolkenfreien Himmel und im warmen Herbstwetter lässt es sich wunderbar aushalten. Bei Cappuccino, Kakao und Zigaretten fachsimpeln wir über den Unterricht, tauschen uns über Corona aus und landen beim Thema des Tages: Halloween. Am Tisch nebenan sehe ich zwei Mädchen mit Spinnen- und Kürbishaarreifen und mich beschleicht das ungute Gefühl ich hätte lieber ein paar Süßigkeiten einkaufen sollen…

Zur Mittagszeit trennen sich schließlich unsere Wege. Denn während für Katharinas Sohn das Bettchen ruft, geht es für mich heute noch weiter die Küste entlang. Ich lasse also den bezaubernden kleinen Hafen von Volosko hinter mir und folge in aller Seelenruhe der berühmten Strandpromenade. Bucht um Bucht komme ich meinem Ziel näher. Allerdings nicht, ohne mich dabei immer wieder umzudrehen. Denn auch der Blick zurück Richtung Rijeka ist nicht zu verachten. Das Wasser ist kristallklar und wenn man genau hinschaut, kann man den ein oder anderen Fisch vorbeiflitzen sehen.

Keine halbe Stunde später erreiche ich Opatija. Durch einen kleinen Abstecher in den Park gelange ich zur Wall of Fame und entdecke ich ihn: Neben Albert Einstein und Sissis Gatten Kaiser Franz Joseph I. steht er direkt vor mir –  Andrija Mohorovičić. Endlich lerne ich ihn also persönlich kennen, den kroatischen Meterologen, Geophysiker und nicht zuetzt Namensgeber meiner Schule. Ein kurzes freundliches Nicken in seine Richtung, dann zieht es mich weiter. Denn wie es gute Seeluft eben mit sich bringt werde ich langsam hungrig. Also folge ich dem Tipp meiner Mitbewohnerin und gönne mir zur Abwechslung mal ein Mittagessen in einem schicken Restaurant. Und damit die Spaghetti Frutti di Mare nicht für immer auf meinen Hüften bleiben, wage ich mich anschließend ins kühle Nass. Wer weiß schon, wie oft man dieses Jahr noch die Möglichkeit hat, sich im Meer treiben zu lassen?

Ich schwimme ein wenig heraus und sehe Rijeka vor mir. Ein Segelboot kreuzt meinen Blick, dahinter die blauen Silhouetten der Inseln. Zurück an Land strecke ich meine Beine auf dem Handtuch aus und lasse mich von der Abendsonne trocknen. Als es dann langsam kühler wird, packe ich meine Sachen zusammen und laufe zum Abschluss noch einmal am „Mädchen mit der Möwe“ vorbei. Ein letzter, sehnsüchtiger Blick aufs Meer, dann sprinte ich zum Bus.

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Tag 17 – Flaschenpost

Es geht voran. Nächste Woche haben Katharina und ich ein Gespräch mit den Leuten von PASCH (alias Schulen Partner der Zukunft). Denn so wie es aussieht, wird mein kleiner aber feiner Podcast bald auch einen Platz auf der PASCH-Website finden. Das heißt, wenn alles klappt, könnte daraus eine internationale Sache werden! Ganz viele verschiedene Perspektiven aus und über Europa – das ist das Ziel.

Außerdem hat mich über meine Mitfreiwilligen ein Insta-Post von kulturweit erreicht (siehe oben). Zugegeben, da wird man schon ein wenig stolz. Und zwar nicht nur, auf das eigene Projekt, sondern natürlich auch auf das, was die anderen machen. Falls es euch während des anstehenden „Lockdown Light“ also ein wenig langweilig werden sollte, einfach mal auf Facebook oder Insta vorbeischauen. Oder wenn ihr noch nicht genug von blogs habt, dann besucht doch mal Hanna, Sarah und/oder Joris in Riga.

Eine Stadt, drei Perspektiven. Erinnert mich irgendwie an meinen Podcast 😉

Apropos – hier die nächsten zwei Folgen:

Intro/Outro-Musik: Hope (2015) – GEMA freie Musik von https://audiohub.de

Woche 2 – Što je novo?

.. und schon ist meine zweite Woche in Kroatien vorbei. Und das heißt: Es gibt neue Vokabeln fürs gemeine Volk!

Kako se zoveš? [sowetsch] – Wie heißt du?

Zovem se Sonja. – Ich heiße Sonja.

Odakle si? – Woher kommst du?

Ja sam iz Njemačke. [Njematschke] – Ich komme aus Deutschland.

Gdje živiš? [tschiwitsch] – Wo wohnst du?

Ja živim u Rijeci. [tschiwim] – Ich wohne in Rijeka.

Kako si? – Wie geht es dir?

Hvala, odlična. [odlitschna] – Wunderbar, danke.

Drago mi je! – Freut mich!

Što je novo? [Schto] – Was gibt’s Neues?

Ništa poselno. [Nischta] – Nichts Besonderes.

Vidimo se! – Bis bald!

Und für alle denen das zu viel Text war, hier eine kleine Übung zum Hören:

Die Possesivpronomen auf Kroatisch (bzw. Serbisch) – und zum Vergleich auf Deutsch 😉

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Tag 15 – Schot- und Mastbruch

Moj dan je užurban. Mein Tag ist ereignisreich.

Kennt ihr diese Tage, an denen man aufwacht und denkt: Heute wird ein ruhiger Tag? Genau dieses Gefühl hatte ich heute. Ich bin aufgestanden, habe gemütlich gefrühstückt und mich mit meinem Buch in die Sonne gesetzt. Doch dann fiel mir ein, dass ich heute ja wieder Sprachkurs habe. Als schnell zurück in die Wohnung, Laptop an und idemo! Noch mitten im Vokabelsalat schreibt mir Katharina: Heute Nachmittag darf ich bei beiden Stunden eine Gruppe übernehmen. Alle Aufgaben finde ich im Anhang der Mail. Alles klar. Also schnell die Kroatisch-Aufschriebe auf Vordermann bringen und dann den eigenen Unterricht vorbereiten. Länderkunde und Argumentieren stehen auf dem Stundenplan. Als ich fertig bin ist gerade noch genug Zeit die zwei neuen Podcast-Folgen aufzunehmen:

Intro/Outro-Musik: Hope (2015) – GEMA freie Musik von https://audiohub.de

Dann die Nachricht von Katharina: Sie kommen. „Wie geht es euch?“, frage ich meinen Laptop. „Gut“, antworten die Schüler*innen und so läuft dann auch der Unterricht. Obwohl es sich manchmal schon ein wenig seltsam anfühlt, so eine Unterhaltung mit nichts als ein paar schwarzen Bildschirmen.

Nach der ersten Stunde ruft Katahrina an. Welche Klasse ich gestern unterrichtet hätte, fragt sie mich. „Die Vierte“, antworte ich, „Warum?“ „Die ist seit heute in Quarantäne“, sagt sie und möchte wissen, ob wir in der WG ein Fieberthermometer haben. „Ich kann mal fragen“, sage ich. Dann erzähle ich ihr, dass meine eine Mitbewohnerin seit dieser Woche in Quarantäne ist und meine andere seit heute von zu Hause arbeitet. Bei ihr auf Arbeit gab es auch einen Corona-Fall. Wie es mir jetzt geht, fragt Katharina. „Gut“, antworte ich und wir verabschieden uns.

Später google ich das erste Mal die Zahlen für Kroatien: 1.413 Neuinfektionen waren es gestern. Klingt ja zunächst nach gar nicht so viel. Zumindest wenn man es mit den ca. 11.000 Neuinfektionen in Deutschland vergleicht. Allerdings leben in Kroatien auch keine 83 Millionen Menschen, sondern rund 4 Millionen…

Nun gut, denke ich und klappe den Laptop wieder zu. Hoffen wir mal, dass der Sturm an uns vorüberzieht.

Tag 14 – Zwischen Komandobrücke und Ruderbank

Predajem njemački i učim hrvatski. Ich lehre Deutsch und lerne Kroatisch.

So in etwa lässt sich auch mein heutiger Tag zusammenfassen: Erst eine Stunde Deutschunterricht, dann eineinhalb Stunden Kroatisch. Keine 15 Minuten nachdem ich meinen Unterricht beendet habe, drücke ich genauso die Schulbank wie die Jugendlichen in meiner Klasse. Nur, dass die Klasse bereits seit vier Jahren Deutsch lernt und ich erst seit letzter Woche Kroatisch. Die Jugendlichen sind mir also Lichtjahre voraus.

Nicht zuletzt aus dem Grund wächst auch mein Respekt vor ihnen. Nur wer selbst jeden Tag an den einfachsten Wörtern scheitert, versteht, wie schwer es ist, eine neue Sprache zu lernen. Und Kroatisch ist schwer. Verdammt schwer. Das fängt bereits beim Alphabet an: Es gibt drei verschiedene Arten von Cs und Ds, immerhin zwei verschiedene von L, N, S und Z. Man hat kein Wort für Großeltern, aber jeweils eigene Begriffe für die Frau meines Onkels mütterlicherseits und väterlicherseits. Und egal ob Substantiv oder Adjektiv – es gilt: Drei Fälle mit unterschiedlichen Endungen, gleiches Spiel für Singular und Plural und als wäre das nicht genug auch noch Ausnahmen und Sonderregeln. Kurz: Mir raucht der Kopf!

Aber es macht auch Spaß. Denn immerhin kann ich mittlerweile zwei Verben konjugieren und sagen, wenn ich mit einer Aufgabe fertig bin. Und ja, auch auf so etwas kann man stolz sein 😉 In diesem Sinne: Ja sam gotova!

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Tag 13 – Ein Tag auf der Insel

Rijeka – Das Tor zu den kroatischen Inseln.

Ein Satz, der in keinem Touristen-Prospekt über die Stadt fehlen darf. Und ein Versprechen, das nun auch für mich in Erfüllung geht. Denn heute nimmt Katharina mich mit auf die Insel ohne Vokale: Krk. Für alle, denen der Name nichts sagt: Lange Zeit galt Krk als größte Insel Kroatiens. Dann wurde nachgemessen. Doch wie man weiß, ist Größe nicht alles… Aber zurück zum Thema:

Nach einem gemeinsamen, sehr leckeren Mittagessen im früheren Bordell La Grotta fahren wir los. Erst die kurvenreiche Küstenstraße entlang, dann über die (mittlerweile kostenlose) Brücke, und weiter, im Schlepptau eines Kleinlasters bis ins gleichnamige Städtchen Krk. Dort angekommen trennen sich erstmal unsere Wege. Denn während Katharine zum Unterrichten in die Schuele geht, darf ich diese wegen Corona momentan nicht betreten. Nicht allzu schweren Herzens laufe ich daher hinunter zum Hafen. Erst schlendere ich die hübsche Promenade entlang. Dann tauche ich in das Wirrwarr aus kleinen, verwinkelten Gassen ein. Beim Kastell angelangt wage ich mich schließlich runter ans Wasser. Der Wind peitscht die Gischt auf und ich muss höllisch aufpassen, um nicht von Kopf bis Fuß durchnässt zu werden. Noch ein kurzer Schlenker zum nächsten Strand und schon nähert sich der Unterricht seinem Ende. Also nichts wie zurück zur Schule und mit Katharina weiter nach Rijeka.

Was soll man sagen, Montage müssen gar nicht so übel sein.