Die schlafende Stadt

Es ist Anfang August. Die Schulen haben Sommerferien, die Temperaturen liegen täglich über 35°C und in der Stadt staut sich die Hitze. 

Von einem Tag auf den anderen erkenne ich Tirana kaum wieder. Die Straßen sind leer, meine Lieblingsrestaurants und Cafés haben geschlossen und der Verkehr ist deutlich ruhiger als gewohnt. Die Läden, die sonst eigentlich nur am 1. Januar geschlossen haben, waren nun seit mehreren Tagen nicht mehr geöffnet.

Es fühlt sich so an, als sei ganz Tirana in den Süden oder ans Meer gefahren, um die drückende Hitze der Stadt hinter sich zu lassen und die Sommerferien zu genießen.

Im Gegensatz dazu surren die (Strand-)Städte nur so vor Urlaubern. Zumindest die, die ich in letzter Zeit besucht habe. Und ich nehme an, dass es in den anderen auch so sein wird. Immerhin müssen die Einwohner Tiranas ja irgendwo sein. 

Fast nur noch Abends, ab 17 oder 18 Uhr, sieht man die Menschen auf den Straßen, wenn sie ihren traditionellen Abendspaziergang machen.

So bin ich jeden Abend aufs neue überrascht, wie voll die Straßen in den letzten Monaten den ganzen Tag lang waren.

Stay tuned! 

Die Stadt der 1000 Fenster

Eigentlich war eine Übernachtung geplant. Nach 15 Minuten im Hostel wurden es dann zwei.

Schon auf den ersten Blick hat mir Berat unglaublich gut gefallen. Es ist ruhig, ein breiter Fluss fließt durch die kleine Stadt und egal wohin ich schaue sehe ich Berge. Und dazu die schönen kleinen Häuser mit ihren vielen Fenstern, die sehr typisch für Berat sind.

Genau in einem dieser Häuser liegt auch das Hostel.
Mir öffnet ein ca. 80 Jahre alter albanischer Mann die Tür und begrüßt mich mit einem zahnlosen Lachen. Es gibt weder einen Empfangsbereich, noch eine Rezeption und ich stehe direkt in einem Innenhof, der mit Wein berankt ist und einen schönen Blick auf den Fluss offenbart.

Mir wird alles gezeigt, der Mann freut sich tierisch, dass ich ein bisschen Albanisch spreche, da er kein Englisch kann und noch mehr, als er erfährt, dass ich aus Deutschland komme. Von nun an bringt er immer mal wieder Deutsche Worte, an die er sich noch erinnern kann, in seinen Sätzen unter. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er mal als Deutschlehrer gearbeitet.
Und er freut sich wie ein Kind, als er mir am Abend, beim Verlassen des Hostels, auf Deutsch eine gute Nacht wünschen kann.

Morgens bereitet seine Frau für alle Gäste ein typisch albanisches Frühstück vor, während der Sohn, der das Hostel leitet und als einziger Englisch spricht, mir eine sehr ausführliche Auskunft über Aktivitäten in und um Berat gibt.
Als ich mich entscheide aus der Stadt raus nach Bogova zu fahren, um eine Wanderung zu einem Wasserfall zu unternehmen, bringt er mich sogar zur Bushaltestelle.
Die Freundlichkeit der Menschen überrascht mich immer wieder.

Gut gefallen hat mir auch der Blick von der Burg hinab in die Stadt und den Sonnenuntergang hinter den Bergen. Während die Sonne langsam unterging füllte sich die breite Fußgängerzone Berats mit Albanern, die ihren traditionellen Abendspaziergang gemacht haben. Viele haben sich zurecht gemacht und spazieren Hand in Hand über die Straße, essen Eis, Popcorn oder gegrillte Maiskolben von einem der Straßenverkäufer und genießen die angenehmen Temperaturen.
Ich habe das Gefühl die ganze Stadt sei auf den Beinen. Am Ende der Straße gibt es sogar einige Fahrgeschäfte und eine aufblasbare Rutsche für die Kinder.

Nach diesem Abend in der Stadt ist am nächsten Tag der Kontrast zu Bogova, einem Dorf in den Bergen sehr stark. Es sind kaum Menschen auf den Straßen, geschweige denn Touristen. Während der ganzen Wanderung zum Wasserfall treffe ich kaum Menschen und genieße mal richtig die Ruhe. Am Wasserfall angekommen ist es dann nicht mehr ganz so still, jedoch bin ich immer noch die einzige Person und kann den schönen Ausblick ganz in Ruhe genießen.

Meinen Aufenthalt in Berat lasse ich mir einem albanischen Bier und gefüllter Paprika nach traditioneller albanischer Art ausklingen.

Stay tuned!

Auf den Straßen Tiranas – WM

Ganz Tirana ist im Fußball-Fieber.
Gerade jetzt, wo Halbfinale und Finale anstehen, wirbt jedes Café oder Restaurant mit einem Livestream. Viele sind mit Girlanden geschmückt und die Bürgersteige vor den Cafés sind von der ein oder anderen Leinwand zugestellt.

Auch auf dem Skanderbergplatz, dem zentralen Platz in Tirana, gibt es zu jedem Spiel einen Livestream. Und nicht nur das. Drum herum ist eine große „Tirana Fan Zone“ aufgebaut worden, die zum Public Viewing einläd. Vor einer großen Leinwand stehen Bierbänke und -tische, Essenstände und Aktivitäten von Karusellfahrten bis zu Basketballplätzen.

Beworben wird das ganze mit dem Hashtag Fußball für Alle (#futbollpertegjithe) und ich war zunächst sehr begeistert von der Idee.
Denn natürlich hat nicht jeder einen Fernseher und somit die Möglichkeit die Spiele zu verfolgen zu Hause.

Jedoch habe ich schnell festgestellt, das man auch auf dem Platz für seinen Sitzplatz mit einem Getränk o.ä. aus den umliegenden Ständen bezahlen muss. So ist es dann doch nicht für alle so einfach und leistbar, die Spiele dort zu schauen und man kann genau so gut in ein Café gehen und dabei die lokalen Gastronomen unterstützen.

Aber egal ob auf dem Platz oder in einem Café – es gefällt mir gut, dass überall in der Stadt Leute die Spiele verfolgen und egal wo hin man geht ein kleines Public Viewing stattfindet. Ohne das Albanien selbst bei der WM mitspielt und mittlerweile auch ohne die meisten anderen Favoriten der Albaner kommt so eine sehr gute Stimmung auf und bei spannenden Spielen hallt der Jubel durch die Straßen.

Stay tuned!

Alltägliches

Nach dem Frühstück, bei dem ich gerne die ersten Sonnenstrahlen auf meinem Balkon genieße, mache ich mich auf den Weg zur Schule. Mittlerweile laufe ich die Stecke sehr automatisiert, schaue nicht mehr so viel nach links und rechts und rege mich immer weniger über die Autofahrer auf. Das kenne ich jetzt ja alles schon.

Der Tag meiner Ankunft kommt mir ewig her vor. Gleichzeitig kann ich mir nicht vorstellen, dass am Ende dieses Monats schon das Zwischenseminar und damit die Halbzeit meines Freiwilligendienstes ist.

Das Wetter wird immer besser, diese Woche waren es durchgängig 26°C oder mehr, und ich weiß noch nicht, wie ich die Sommermonate in den Klassenzimmern ohne Klimaanlage überleben werde. Das braucht sicherlich einiges an Gewöhnung.

Je wärmer es wird, desto mehr Menschen sind auch auf den Straßen und in den Parks. Alle Schattenplätze in den Cafés sind belegt und die Schlangen an den Eisständen lang. Das hält mich aber nicht davon ab mir auch eins zu holen. Für knapp einen Euro bekommt man hier 2 Kugeln wirklich gutes Eis.

Die meisten meiner freien Tage verbringe ich deshalb lesend im Park mit einem Eis in der Hand oder mit einem Spaziergang durch die Stadt, der oft in einem Café endet.

Leider laufen jetzt, wo das Wetter besser wird, auch immer mehr Straßenkinder umher und betteln. An die Bettler auf den Straßen habe ich mich mittlerweile gewöhnt, aber in diese traurigen, leeren Kinderaugen zu blicken und gleichzeitig zu wissen, dass ich ihnen nicht helfen kann, bricht mir das Herz.

Eigentlich müssten diese Kinder in der Schule sein, denn bis zum 16. Lebensjahr gibt es auch hier eine Schulpflicht. Stattdessen verbringen sie ihre Tage auf der Straße und erfahren nichts als Ablehnung.
Jede größere Stadt hat wohl Schattenseiten wie diese, aber der direkte Kontrast zwischen den Leuten in den Cafés und Restaurants zu den Kindern auf der Straße schockiert mich jedes Mal.
Zum Glück beobachte ich regelmäßig, wie sie Wasser oder etwas zu essen geschenkt bekommen.

Stay tuned!

Ein neuer Blickwinkel

Orthodoxe Ostern und das nächste lange Wochendene. Wie soll ich mich bei so vielen Feiertagen denn jemals an eine normale Woche gewöhnen? Aber worüber beschwere ich mich hier.

Das Wetter war das ganze Wochendene über wunderbar und das wird auch wohl in der Woche so bleiben. Mit 25-28°C ist der Sommer in Tirana angekommen. Und das im April.

In diesen 3 freien Tagen habe ich eine andere Seite von Tirana kennengelernt. Ich möchte das hier nicht bewerten, sondern euch auch an diesem Teil der Stadt teilhaben lassen.

Zum ersten Mal bin ich so richtig dem Tourismus begegnet. Klar, Postkarten kann man hier schon in einigen (wenigen) Läden kaufen und, da Osterferien sind, habe ich auch einige Leute mit Stadtplänen in der Hand gesehen. Aber eine so eindeutige Ausrichtung auf den Tourismus, wie ich sie am Wochenende kennengelernt habe, habe ich noch nicht erlebt.

Bei strahlendem Sonnenschein haben wir uns am Samstag auf den Weg gemacht und sind mit einer Seilbahn auf den Dajti, den Hausberg Tiranas, gefahren. Während der Fahrt hatten wir einen schönen Blick auf Tirana in der Ferne und das ländliche Leben unter uns. Am besten gefallen hat mit wohl die Aussicht auf einen Mann, welcher seine Kuh an einer Leine hielt und neben ihr auf der Wiese lag.
Die Aussicht war super, aber oben angekommen fühlte es sich an, als wären wir in einer anderen Welt gelandet.
Im Gegensatz zur ruhigen Gondelfahrt war es hier laut, ich sah kaum Freifläche und alles war irgendwie künstlich hergerichtet. Es gab Hüpfburgen und Ponyreiten für Kinder, ein Hotel und die Wege waren gepflastert.
Ich hatte mir das ganze anders vorgestellt, idyllischer, natürlicher und albanischer.

Wir hätten uns in jeder x-beliebigen Stadt befinden können.

Ein ähnliches Gefühl hatte ich am Sonntag, den wir in einem Einkaufszentrum am Rande der Stadt verbracht haben. Ich kannte viele Marken, die dort ihre Läden hatten und das Gebäude hätte genau so gut in Deutschland oder jedem anderen Land stehen können. Es passte überhaupt nicht ins Stadtbild.
Hinzu kommt, dass viele Sachen vergleichsweise so teuer waren, dass es sich mit Sicherheit nicht jeder leisten kann, dort einkaufen zu gehen.

Das fand ich sehr erschreckend, denn so hatte ich Tirana bisher nicht gesehen und es genossen, wie wenig touristisch es hier ist. Trotzdem war es spannend, die Stadt auch mal aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Stay tuned!

Zuckerwatte zum Frühstück

14.03. Dita e verës – Sommertag in Tirana

Mein 2. Tag in Tirana und ich habe frei. Es ist Sommertag. Eigentlich wollte ich nur zu Rossmann gehen, aber die Menschenmassen haben mich aus dem Konzept gebracht und so beschließe ich, einfach mal dem Strom zu folgen.

Letztenendes komme ich an der Pyramide von Tirana an. Ich habe das Gefühl, dass jeder auf der Straße ist und schon um halb 10 Uhr morgens ist die Stimmung toll. Die Sonne scheint, es läuft Musik und überall werden Ballokumja, Popcorn und Zuckerwatte verkauft. Kinder klettern auf der Pyramide herum und auf einer Bühne wird sich für einen Auftritt vorbereitet.

Das Gebäck habe ich am Vortag schon probiert, der ist mir zu süß. Aber ich kann dennoch nicht widerstehen und kaufe mir eine Zuckerwatte. Und obwohl es früh am Morgen ist könnte diese nicht besser schmecken.
Den Verkäufer habe ich bezahlt, indem ich ihm eine Handvoll Münzen entgegen gestreckt und darauf vertraut habe, dass er sich nur nimmt, was andere auch bezahlen würden. Ob das tatsächlich der Fall ist, weiß ich nicht, aber ich gehe davon aus.

Aber was ist hier eigentlich los?
Die Albaner feiern ein Freudenfest, der Frühling hat offiziell begonnen. Der Ursprung dieses, mittlerweile nationalen, Feiertages liegt in Elbasan. Seit der Einführung als nationaler Feiertag im Jahr 2004 wird es jedoch in den meisten Teilen des Landes gefeiert.

Als ich erstmal genug gesehen habe, mache ich mich dann doch auf den Weg zum Einkaufen und wieder nach Hause. Doch lange hält es mich nicht in der Wohnung und ich beschließe noch einmal los zu gehen und einfach mal der Masse hinterherzulaufen. So lande ich erst bei einer Bühne, auf der ein DJ auflegt und wenig später bei einer zweiten. Es hat sich angefühlt wie eine große Party, die auf die ganze Stadt verteilt stattfindet.

Fasziniert aber auch sehr müde mache ich mich auf den Rückweg, als es anfängt zu regnen.
Besser hätte mein 2. Tag in dieser wunderschönen Stadt nicht verlaufen können.