Zurückgekommen

Jetzt bin ich schon lange wieder in Deutschland. Am 20.02. bin ich zurückgeflogen und hatte dann noch 5 Tage Nachbereitungseminar. Eigentlich wollte ich schon lange wieder schreiben, aber irgendwie hat mir der Elan dazu gefehlt.

„Wie war es denn?“ „Hat es dir gefallen?“ „Was hast du da eigentlich gemacht“

Fragen die mir oft gestellt wurden. Fragen die auch gerecht fertigt sind. Fragen die aber auch nerven und die ich müde bin zu beantworten. Ich habe das Gefühl, dass die meisten nicht wirklich verstehen, wie es ist weggewesen zu sein. Natürlich waren auch einige weg, aber ich glaube, dass das für jeden anders ist. Trotzdem kann wohl kaum jemand 100%ig nachvollziehen, wie es war. Muss aber auch niemand. Es ist schließlich meine Erfahrung. Ich merke sogar immer wieder, dass ich selber gar keine Ahnung habe, was viele meiner Freunde machen oder was sie beschäftigt, was ich sehr schade finde. Nach dem Abitur ist man sowieso schon in einer Phase, wo sich jeder orientiert und wo auch viele Freundschaften auseinander gehen. Für mich ist es aber schwer herauszufinden, hatten wir nichts zu tun, weil ich weg war oder weil es jetzt so ist? Ich bereue, dass ich nicht noch mehr Kontakte gehalten habe.

Schon am Beginn des Freiwilligendienst war es mir bewusst, dass ich irgendwann das letzte Mal für lange Zeit durch die vertrauten Straßen gehen werde und meine vertrauten Plätze aufsuchen werde. Und irgendwann musste ich diesen Gang auch machen. Noch einmal alles genau ansehen, in sich aufsaugen und genießen und in sich fühlen. Gerade spaziere ich in meinen Gedanken nochmal diesen letzten Rundgang. Ich habe jedes Haus, jede Gasse, jeden Geruch klar vor meinem inneren Auge aber gleichzeitig verschwimmt es wieder. Natürlich weiß ich, dass ich wieder kehren werde. Aber ich weiß, dass diese Situation – dieses Lebensgefühl nie wieder kommen wird. Dieses unbeschwerte Leben, das ich selber so gestalten kann wie ich es will ohne auf jemanden Rücksicht zu nehmen.

Aber wie ist es zurück zukehren? In Athen habe ich immer gesagt, ich freue mich auf meinen Freund, meine Katze und mein Gewehr am meisten. Erstmal ist es wunderschön wieder im eigenem weichen Bett zu schlafen. Meine Katze hat mich erst nicht wieder erkannt und dann ignoriert. Mittlerweile verstehen wir uns aber wieder ganz gut. Wir haben unser Kaninchen, die übrigens schon 2016 von meiner Schwester „Athene“ getauft wurde, begraben. Jetzt sitze ich hier ohne Athene nicht in Athen. Ganz schöne dumme Ironie. Ich hab auch schon ein paar Wettkämpfe geschossen und eine Meisterschaft verkackt. Ich habe irgendwie damit gerechnet, dass ich bei mindesten dem Level einsteige, mit dem ich gegangen bin. Ich muss aber einsehen, dass man bei einem halben Jahr ohne Training schon aus der Übung kommt. Ich weiß auch gar nicht, wie das mit dem Schießen weiterlaufen soll, wenn ich aus Paderborn für das Studium weggehe. Aber das ist gerade im Moment ja ziemlich egal. Ich habe viele Freunde wiedergetroffen, was echt schön war. Ich habe gar nicht gemerkt, wie sehr viele mir gefehlt haben.

In dem halben Jahr hat sich so viel geändert, dass ich dachte hier hat sich auch viel geändert. Es ist aber ein bisschen so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Fast alles ist genau gleich. Die gleichen verrosteten Zahnräder greifen in einander und drehen sich träge weiter. Auf viele Dinge habe ich einen anderen Blick bekommen. Manches kommt mir so unwichtig oder lächerlich vor, was vorher für mich einen großen Wert hatte.

Auch die Möglichkeiten hier sind ganz anders. In Athen war zum Ende immer am Rand der Erschöpfung, weil ich so viel wie möglich sehen und erleben wollte, ohne etwas zu verpassen. Ich wollte überall nochmal essen, die letzten Museen machen und neue Wege entdecken. Und was kann ich hier machen? Es regnet die meiste Zeit, ist kalt und grau. Ich habe mir für zu Hause so viel vorgenommen und hab jetzt auf nichts davon Lust. Ich war zwar schon einmal im Museum in der Kaiserpfalz und das war auch interessant, aber es ist im Vergleich zu vielen Museen in Athen doch sehr langweilig. Ich weiß nicht, was ich hier gerne esse. In Athen habe ich viele Produkte sehr verpasst, aber jetzt verpasse ich das Essen aus Athen noch viel mehr. Ich traue mich nicht hier Griechisch essen zu gehen, weil ich damit rechne, dass schon die Konserven Gigantes (Riesen Bohnen) aus Athen 1000 mal besser als alles hier schmecken. In Athen wüsste ich rund um die Uhr, wo ich lecker und günstig essen kann, während hier sogar MCs um 2 Uhr nachts zu hat.

Apropos Essen ich habe heute Nacht geträumt, ich wäre mit meiner Oma in Athen und würde ihr erklären, wo man Pita essen kann und wieviel das kostet. Ich träume fast jede Nacht von Athen. Meistens bin ich da, kurz bevor ich zurück muss. Ich habe im Traum Angst vor der Heimkehr und bin froh, noch eine oder zwei Wochen dort zu verbringen und dann wache ich auf und bin schon wieder zurück. Ich träume auch oft von allen meinen Katzen dort mit denen ich mich angefreundet habe. Von vielen habe ich mich nicht richtig verabschiedet. Athen werde ich wiedersehen, aber sie? Ja gut, es sind nur Katzen, die mich wahrscheinlich sowieso schon vergessen haben, aber ich vermisse sie trotzdem! Ich träume auch ab und zu von meinem Mitbewohnern oder den anderen Freiwilligen dort oder von der Arbeit.

Ich weiß, dass ich das jetzt alles hinter mir lassen muss, mich darüber freuen soll, dass ich das erleben durfte und den Abschied nicht so dramatisieren sollte, aber das versuche ich ja auch. Oft denke ich, wenn ich jetzt in Athen wäre, wäre alles viel einfacher, alle meine Probleme wären gelöst. Aber ich muss einsehen, dass ich meine Situation so hinnehmen muss, wie sie ist.

καλή χρόνια in Athen

Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr (καλή χρόνια)!

Dieses Jahr bin ich Weihnachten in Athen geblieben und habe zum ersten mal ohne meine Familie gefeiert. Dafür ist aber mein Freund zu mir gekommen. Zwischen den Jahren sind wir zusammen nach Nafplio, eine der schönsten Städten in Griechenland, gefahren.

Am Heiligabend ist es in Griechenland üblich feiern zu gehen und Weihnachten wird zusammen mit der Familie und Freunden nur am 25. und 26. gefeiert. Wir sind trotzdem am 24. in die deutsch evangelische Kirche gegangen, die ganz in der Nähe von uns ist und mit deren Freiwilligen wir uns schon ein paar mal getroffen haben. Der Gottesdienst war wirklich sehr schön und auch eine Abwechslung zu der katholischen Christmette in die ich sonst gehe. Anschließend haben wir zusammen gekocht und Geschenke unter dem provisorischen Weihnachtsbaum, der eigentlich ein geschmückter Weihnachtsstern ist, ausgepackt.

An Silvester werden in Griechenland traditionell die Geschenke ausgetauscht und es wird eher mit der Familie gefeiert. Außerdem sind private Feuerwerke und Böller verboten. Selbst Wunderkerzen haben wir nirgendwo gefunden. Allerdings finde ich das gar nicht mal so verkehrt. Natürlich ist ein Feuerwerk schön und Böllern macht Spaß, aber einerseits gibt man nicht unnötig viel Geld aus und anderseits hat Athen schon so ein Problem mit Feinstaub. Allerdings gab es ein Feuerwerk über der Akropolis. Dazu sind wir auf den Areopag, meinen Lieblingsplatz, gestiegen und konnten von dort über die ganze Stadt blicken. Allerdings war es sehr windig und regnerisch, weshalb wir danach direkt wieder klitschnass nach Hause gegangen sind.

Jetzt ist 2018 zu Ende und 2019 beginnt. Dieses Jahr habe ich mir keine Vorsätze ausgedacht, die sowieso wieder in den Wind geschlagen werden. Stattdessen habe ich ein bisschen über 2018 nachgedacht. Für mich ist in diesem Jahr viel passiert. Um ein Jahr Revue passieren zu lassen finde ich es hilfreich Bildergalerien zu durchblättern, Storys aus verschiedenen sozialen Netzwerken zu durchblättern oder alte Playlist sich anzuhören.

Mein 2018 hat mit einer Silvesterparty bei einer Kompanie meines Schützenvereins begonnen. Wenn ich an den Abend denke, muss ich unwillkürlich lächeln. Dann habe ich im Januar meine Brille ausgesucht, die ich momentan aber so gut wie gar nicht mehr trage. Ich blättere durch meine Galerie und finde Bilder von Partys und Abende, wo ich erst überlegen muss, wo das war, aber plötzlich schießen mir 1000de kleine Geschichten dazu durch den Kopf. Ob es ein Geburtstag, ein Ball, ein Spaziergang mit unseren Kaninchen oder der Katze, eine Kritzelei in einem Schulheft oder ein verkrüppeltes Selfie ist, es ist wert sich daran zu erinnern. Ich vergesse zu schnell die kleinen Augenblicke, obwohl gerade sie so schön sind. 2018 hatten wir unsere Abiparty und ich war mit Freunden auf einem Kraftklubkonzert und habe dadurch eine neue Lieblingsband dazugewonnen. Im März war unsere Mottowoche und damit auch mein letzter richtiger Schultag. Kaum zu glauben, dass ich seit einem 3/4 Jahr nicht mehr im Unterricht war und trotzdem hab ich gestern noch geträumt, ich wäre in den Geschichtsunterricht ohne Lateinhausaufgaben gegangen.

Am 06. April habe ich von Kulturweit meine Zusage zum Freiwilligendienst bekommen und erfahren, dass ich nach Athen komme. Darüber habe ich mich extrem gefreut, weil ich ja schon im Herbst zuvor in Athen war. Auch das „Italien ist aber auch ein schönes Land“ meiner Oma konnte meine Vorfreunde nicht dämpfen. Ein paar Tage später bin ich volljährig geworden und habe am nächsten Tag meine Physik LK Abiturklausur geschrieben. Was bedeutet es volljährig zu sein? Man muss sich keine Gedanken mehr machen, wann man zu Hause sein muss oder ob man irgendwo kontrolliert wird, aber anderseits hat man auch die volle Verantwortung. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das bis jetzt ganz verstanden hab, was das für mich bedeutet. Ich denke daran zurück, wie es war zum ersten Mal ganz alleine Auto zu fahren. Bekomme ich das überhaupt hin, wenn ich wieder komme? Dann habe ich meinen Führerschein ein gutes Jahr und bin davon fast 6 Monate nicht selber gefahren.

Ich finde weiter Bilder von Essen, Partys, meinen Haustieren, Pferdchenkarusselln und dem Zeltlager, Schützenfesten. Ende Juni hatte ich dann endlich meine Abientlassung und meinen Abiball. Damit bin ich offiziell aus der Schule raus und habe mein Abitur. Habe ich nicht darauf 12 Jahre lang hingearbeitet? Trotzdem merkt man jetzt erst, wie viel ein Schulabschluss einem im Alltag bringt. Was bringt mir irgendwelche Quantentheorie, wenn ich mich einfach verlaufen habe 0der wenn ich eine Reise plane? Nicht viel. Außerdem merke ich, wie ich immer mehr vergesse. Nach unserem Schützenfest bin ich mit zwei meiner besten Freundinnen nach Irland geflogen. Diesen Urlaub haben wir zum Abi geschenkt bekommen. Wir waren in Dublin, Doolin und Galway und hatten wir eine wirklich tolle Zeit. Außerdem war das überhaupt mein erster Urlaub ohne meine Familie.

Im September bin ich dann zum Vorbereitungsseminar an den Werbelinsee gefahren. Davon habe ich ja schon in einem anderen Beitrag geschrieben, also lest den gerne durch, wenn ihr den noch nicht kennt. Zuvor habe ich mit den anderen, die nach Athen und die ans DAI gehen sollten, mich in Kontakt gesetzt und mir eine WG organisiert. Vom Abschiednehmen und Ankommen muss ich jetzt nicht viel schreiben, weil ich ja darüber diesen Blog führe. Trotzdem habe ich hier unglaublich viel gelernt. Ich kenne jetzt nicht nur den Unterschied zwischen einer Diskus- und einer Zeltlampe oder von Psi-, Phi- und Tau- Figurieren, sondern ich weiß jetzt auch, wie ich am besten meine Wäsche wasche, wie ich ohne Bügeleisen oder Wasserkocher auskomme. Ich musste lernen, dass wenn man nichts einkauft, der Kühlschrank leer bleibt. Ich habe überhaupt mein selbstverdientes Geld bekommen und habe halbwegs gelernt damit umzugehen. Ich habe eine fast fremde Stadt kennen und lieben gelernt. Ich weiß, was ich studieren möchte und wie mein zukünftiges Leben vielleicht verlaufen wird. Ich weiß, wie es ist mit Kakerlaken zu leben und Angst zu haben im Dunkeln einen Fuß auf den Boden zu setzen, aber ich habe auch gelernt, wie man sie halbwegs los wird und damit lernen kann. Ich habe gelernt, dass nicht jede Situation einfach ist, aber dass ich damit umgehen muss. Und nicht zu letzt habe ich Griechisch besser gelernt. Es ist noch lange nicht gut, aber immerhin verstehe ich einiges, wenn sich Leute auf der Straße unterhalten, ich angesprochen werde oder etwas kaufen möchte. Außerdem habe ich mein eigentlich verhasstes Altgriechisch wieder ein bisschen lieb gewonnen. Mir kommt es oft ein bisschen vor, wie nach Hause zu kommen. Etwas zu begegnen, wovon viele Leute weniger verstehen als man selber, etwas womit man Klugscheißen kann und was mir das Neugriechisch erleichtert. Ich habe viele neue Leute kennen gelernt und Freundschaften geschlossen, aber ich verliere auch den Kontakt zu manchen Freunden, was ich sehr traurig finde.

In diesem Jahr habe ich erst für die Schule gelernt, habe den Stoff dann wieder vergessen und lerne jetzt für mein Leben. Aber es gibt trotzdem noch so unendlich viel zu lernen. Am liebsten würde ich so viel mehr wissen. Ich möchte durch ein Museum gehen und alles begreifen, einordnen und behalten können. Ich möchte die Stadt richtig kennen lernen. Ich möchte richtig Griechisch sprechen können. Ich möchte alles archäologische begreifen. Ich möchte wissen, wie ich mich in Situationen richtig verhalte.

Werde ich das alles in 2019 lernen? Nein, sicher nicht. Aber ich kann weiter dazu lernen.

Wie stelle ich mir mein 2019 vor? Es wird sicher nicht so spektakulär wie das letzte Jahr. Ende Februar werde ich leider wieder nach Deutschland zurückkehren und dann im Herbst anfangen zu studieren. Aber wie schon gesagt: Die kleinen Augenblicke sind das, für was es sich zu Leben lohnt und die kann man nicht voraussehen. Aber ich bin mir sicher, dass sie schön werden!

Abendspaziergang

Es ist bereits reltiv dunkel. Ich stehe am Omonia Platz und überlege – überlege welchen Weg ich gehe. Meine Entscheidung  fällt auf den Unüblicheren, damit ich nicht immer das gleiche sehe. Als erstes bleibe ich am Schaufenster eines Waffenladens stehen. Ich bin ein bisschen enttäuscht, weil mich das meiste nicht interessiert.  Ich vermisse den Schießsport schon sehr, deshalb habe ich den Griechischen Schießsportverband angeschrieben und Kontaktdaten von zwei Vereinen bekommen, die ich noch unbedingt anschreiben muss. Aber im Schaufenster gibt es keine Sportwaffen.

Ich komme am Kotzia Platz vorbei. Er ist schon recht groß und von beleuchteten Häusern umsäumt. Viele Kinder aber auch Jugendliche oder junge Erwachsene treffen sich hier und spielen mit einander. Einige Meter weiter passiere ich den Fleisch und Fischmarkt. Jetzt sind die langen Markthallen leer, dennoch riecht es noch sehr deutlich nach den angebotenen Produkten. Gegenüber ist der Gemüsemarkt auf dem ich gestern eingekauft habe. Ich weiche einer großen Pfütze aus. Sie erinnert mich an den heftigen Regen vor 1 1/2 Wochen, als es vier Tage ohne Pause in Strömen geregnet hat.

Auf der linken Seite steht eine kleine Kapelle aus groben Stein. Sie scheint zwischen den Betonbauten ein bisschen fehl am Platz, strahlt aber gerade deshalb eine gewisse Schönheit aus. Unter dem kleinen Dach vor ihrer Tür schläft ein  Obdachloser. Obdachlose und Bettler gibt es in Athen unglaublich viele. Morgens und abends sind sie in ihre Decken gerollt und schlafen, aber einige liegen auch einfach so auf der Straße. In einigen Situationen hätte ich in Deutschland sicher Hilfe geholt oder wie soll man damit umgehen, wenn jemand mitten ausgebreitet auf dem Bürgersteig liegt und nicht erkennbar ist, ob er überhaupt lebt. Aber wie geht man hier mit diesem Thema um? Wegschauen? Helfen? Ich habe schon mitbekommen, wie Mütter ihre kleinen Kinder zum Betteln losschicken, während sie selber am Handy spielen. Muss man solche Leute gerade deshalb helfen oder unterstützt man dadurch die Ausbeutung der Kinder? Auf jeden Fall ist das kein leichtes Thema.

Auf der rechten Straßenseite sehe ich eine kleine Bäckerei, in der ich schon Brot gekauft habe. Nicht nur obdachlose Menschen gibt es hier reichlich, sondern auch sehr viele herrenlose Tiere. Die meisten Hunde streifen friedlich durch die Straßen und erhoffen sich den einen oder anderen Leckerbissen, doch es ist auch Vorsicht geboten. Ich habe schon von einigen Leuten gehört, dass sie oder andere angefallen wurden. Jetzt sehe ich den Falafelladen in dem ich heute mein Mittagessen gekauft habe. Als ich letztes Jahr hier war, ist er mir aufgefallen. Heute habe ich eine Mexikanische Falafel gegessen, die allerdings so scharf war, dass meine Augen getränt haben, aber es war trotzdem unglaublich lecker. Während an ich an meinem „Stammsupermarkt“ vorbei gehe, kann ich die angestrahlte Akropolis bewundern.

Auf dem vor mir liegendem Monastiraki Platz tümmeln sich viele Menschen. Ich wende mich jedoch nach links, um der Ermou, das ist die Einkaufstraße zwischen Monastiraki und Syntagma, zu folgen. Das erste, was mir auffällt, ist der Autostau, der sich auf der Straße gebildet hat. Aber es gibt auch viele Menschen-Trauben, die mir die Wege versperren. Aber, dass es so voll sein wird, war mir schon vorher klar. Ich mag diesen Trubel um mich herum manchmal schon ganz gerne. Auf der rechten Seite laufe ich an einem Pizza Imbiss vorbei, wo ich gestern ein Stück gekauft habe. Mein Fazit: Für zwischendurch mal ganz in Ordnung, aber es gibt deutlich bessere Pizzen! An zahllosen Läden komme ich vorbei. Ich kann meine Spiegelung in den erleuchteten Schaufenstern erkennen. Wenn ich Einkaufen gehe, sage ich immer Γειά σας (Hallo) und die Verkäufer sprechen mich dann normaler Weise auf Griechisch an. Die meisten sind dann ziemlich verwirrt, dass ich sie dann nicht verstehe, weil sie mich für Griechisch halten. Aber das finde ich eigentlich ganz gut, weil ich dann nicht auffalle. Viele besonders blonde Frauen, die direkt als Ausländer erkannt werden, haben hier es manchmal nicht ganz so leicht und normaler Weise werden auch eher Ausländer als Einheimische beklaut.

Das schützt mich jedoch nicht vor den aufdringlichen Parfumverkäufern, die einem unbedingt eine Probe andrehen wollen von dem – sagen wir oft sehr unansprechenden – Gerüchen andrehen. Generell musste ich hier bisher einige unangenehme Gerüche mehr erdulden. An mehreren Straßenecken spielen Straßenmusiker mehr oder weniger schöne Musik. Ein Mann verkauft an einem mobilen Stand geröstete Maiskolben und Maronen. Gut, dass ich schon gegessen habe, sonst hätte ich mir hier sicher etwas gekauft. Jetzt bin ich am Syntagma Platz angekommen. Tausende Lichter blenden mich grell. In diesem Lichtermeer fahren Skater über den Platz und machen Tricks. An den Seiten des Platzes ist Wasser bunt angesprüht. Vor dieser Kulisse führt ein Mann lautstark einen Videoanruf.

Ich verlasse den Platz und schlagartig wird es windiger. Unzählige Autos fahren an mir vorbei und es ist ungemütlich laut. In den teuren Hotels, an denen ich vorbei laufe, sitzen Leute bei Kerzenschein in Sälen mit Kronleuchtern, während vor ihren Fenstern Obdachlose ihr Nachtlager aufschlagen. Beim Vorbeigehen achte ich auf das numismatische Museum, die Akademia, Universität und die Nationalbibliothek. Im Hintergrund sieht man den angestrahlten Lycabettus Berg, der höher als die Akropolis ist. Ich werde langsam vom Laufen müde. Eine Werbeanzeige mit einem Granatapfel springt mir ins Auge. Heute durfte ich einen aus dem Kerameikos mitnehmen. Ich habe vorher noch nie darüber nachgedacht, wie sie wachsen, bis ich den Baum auf dem archäologischen Gelände gesehen habe. Und zufällig führt an dieser Stelle die Straße rechts hoch auch zum Institut.

Ich biege jedoch erste einige Meter später ab – in „mein“ Exarchia. Auf der rechten Seite liegt ein Cafe mit heißer Schokolade für 1,50€. Jeden Tag nehme ich mir eigentlich vor dort zu bestellen, aber bisher habe ich das irgendwie noch nicht gemacht. Aber jetzt hat es sowieso zu. Auf die runtergelassenen Rollläden einer Buchhandlung ist ein Graffiti gesprayt, was mir ins Auge sticht, obwohl hier ausnahmslos alles vollgesprayt ist. Übrigens hilft es mir total bei Heimweh oder schlechter Laune in einen Buchladen zu gehen. Auch wenn ich das meiste nicht verstehe ist es die Atmosphäre und der Geruch von Büchern, die mich total beruhigt.

An der letzten Kreuzung, die ich überqueren muss, ist eine Fußgängerampel zur falschen Seite gedreht, sodass ich am Anfang immer auf die falsche geguckt habe. Inzwischen laufe ich einfach immer dann über die Straße, wenn ich glaube, dass niemand kommt. Hier halten sich nämlich die wenigsten Fußgänger und Roller an Ampeln und auch viel Autos fahren über rot. Aus den Bars an den Straßenseiten dröhnt Musik und für einen Mittwochabend sitzen viele Leute davor und unterhalten sich. Immer wenn ich an einem Baum vorbei laufe habe ich diesen Geruch in der Nase: den Duft nach Urlaub. Ich habe keine Ahnung, welche Pflanze ich da rieche, aber ich verbinde das total mit Urlauben. Allerdings verfliegt der schnell, als ich zur unserer Haustür komme. Der gegenüberliegende Platz wird nämlich nicht nur als Parkplatz, sondern auch als öffentliche Toilette genutzt. Außerdem riecht es nach Gras, was wahrscheinlich von den Leuten kommt, die vor meiner Haustür sitzen. Zum Glück lassen sie mich ohne Probleme durch und erleichtert lasse ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen. Ich bin wieder „Zuhause“.

Zwischen Einbauschränken und Mamorsäulen

Wie ist es in Griechenland? Warm! Tagsüber wird es bisher immer mindestens 30°C und selbst jetzt um halb 11 abends hat es sicher gerade mal auf 24° abgekühlt. Ich bin echt froh, dass ich im Hochsommer nicht hier sein werde, weil man das nicht auszuhalten ist.

Am Samstag sind wir erstmal nach IKEA gefahren, weil unsere Wohnung nicht so gut ausgestattet ist und wir auch noch ein paar Sachen brauchten. Es kommt mir allein schon beim Schreiben echt komisch vor, an seinem ersten Tag nach IKEA zu fahren, was es doch überall gibt. Aber es war schon nötig. Naja, ich werde schon noch aus dieser Gewohnheitenblase rauskommen – hoffe ich zumindest!

Es sind übrigens außer mir noch 5 andere Kulturweit-Freiwillige in Athen. Mit zweien davon wohne ich zusammen hier in Exarchia. Als ich Freitagnacht vollgepackt zu meiner Wohnung geirrt bin, dachte ich nur so „Oh Gott, wo bin ich hier gelandet?“. Die Häuserfassaden sind fast ausnahmslos voll gesprayt, in manchen Ecken riecht es unangenehm und man begegnet vielen Obdachlosen. Ich wusste schon vorher, dass Exarchia ein bisschen anders ist, aber so völlig erschöpft und orientierungslos nach der langen Reise kam es mir schon sehr schlimm vor.
Ich glaube nicht, dass ich nach drei Tagen das Viertel richtig einschätzen kann, aber ich sehe es schon in einem bisschen anderem Licht. Hier gibt es sehr viele niedliche Bücherläden, Tavernen und Imbisse. Wo findet man sonst eine wirklich riesige Folienkartoffel mit verschiedenen Salaten und Soßen für 3€? Außerdem erkennt man immer wieder Gravitties von einem Künstler wieder. Trotzdem würde ich, als Frau, an einigen Orten nachts nicht alleine hergehen.

Sonntag bin ich mit meiner Mitbewohnerin zum Monastiraki Platz gelaufen, um ein bisschen was von der Stadt zu sehen. Wir haben die griechischen Agora von der Straße ausgesehen und haben uns zwischen den Touristen ein bisschen treiben lassen. Völlig ausgehungert haben wir günstige Falafeln gefunden. Dabei sind wir auch an dem Hotel vorbeigekommen in dem ich letzten Herbst während der Studienfahrt übernachtet habe. Alleine bin ich noch ein bisschen durch die Plaka (Altstadtviertel) geschlendert. Dabei habe ich die Akropolis schön sehen können und bin an der römischen Agora und der Hadrians Bibliothek vorbeigekommen.

Heute hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Meine Ansprechpartnerin hat mir das neoklassizistische Haus, dass in Heinrich Schliemanns Besitz war, des Deutschen Archäologischen Instituts und stellte mir die anwesenden Mitarbeiter vor. Alle waren ziemlich freundlich, hilfsbereit und haben mir direkt mit Ratschlägen zu unserem Kakerlaken-Problem helfen wollen. Nach einer Einführung zu allgemeinen Dingen durfte ich auch schon Feierabend machen. Ab morgen werde ich in Kerameikos für 1,5 Monate arbeiten. So genau weiß ich noch nicht, was auf mich zukommt, aber ich freue mich schon. Eben habe ich mich schon ein bisschen zu den Ausgrabungen dort eingelesen, um nicht total unvorbereitet zu sein.

Am Nachmittag bin ich zum Syntagma Platz vorbei an der National Bibliothek, der Universität und der Akademia gelaufen. Dort habe ich mir das Grabmal des unbekannten Soldaten am Parlamentsgebäude und den Wachwechsel davor angeschaut. Zurück bin ich durch die Einkaufsstraße zum Monastriaki gelaufen.

Jetzt sollte ich aber mal schnell schlafen gehen, weil ich morgen sehr früh aufstehen muss.

Vorbereitungsseminar

Die ersten 10 Tage des Freiwilligendienst bestanden aus dem Vorbereitungsseminar am Werbellinsee (ca. 60 km nördlich von Berlin). An diesem haben alle 330 Freiwillige, die jetzt für 6 oder 12 Monate ins Ausland gehen, und ein paar „In-Comerinnen“, die für 3 Monate in Deutschland sind, teilgenommen. Das Seminar bestand aus Homezones, Workshops, Infoveranstaltungen und den Partnertagen.

Die Homezones waren Kleingruppen, die nach den Einsatzländern geordnet waren. Beim Zwischenseminar werden wir (fast) alle aus dieser Gruppe wiedersehen. In meine Homezone waren Spanien, Italien, Mazedonien und Griechenland eingeteilt. Wir haben uns echt alle gut verstanden, worüber ich sehr froh bin! In der Zone haben wir verschiedenen Thematiken bearbeitet.

Die Workshops konnte man wählen und diese wurden dann zugeteilt. Es gab immer eine sehr große Bandbreite an Themen. Am Dienstag sind wir nach Berlin gefahren, um dort verschiedene Stadtführungen zu haben. Ich hätte die Beschreibung meines Projekts jedoch lieber vernünftig lesen sollen, denn ich war im einzigen Workshop, der keine Stadtführung war. Stattdessen saßen wir nur in einem kleinen, dunklen und stickigen Theater in Neukölln. Danach hatten wir noch einen Termin bei Politikern, der aber schon sehr interessant war.

Für uns drei Freiwillige, die im Deutschen Archäologischen Institut arbeiten werden, ist der erste Partnernachmittag ausgefallen und deshalb sind wir nach Berlin ins Pergamonmuseum gefahren, was echt sehr beeindruckend war.

Am Donnerstag ging es dann für uns drei wieder nach Berlin zur Zentrale des DAI. Dort haben wir erst einiges Allgemeines erfahren, bevor wir das ganze Institut gezeigt bekommen haben. Ich fand sowohl das Gebäude als auch den persönlichen und freundlichen Umgang sehr schön! Danach haben wurde uns noch die die wissenschaftlichen Labore gezeigt in denen Tier- und Menschenknochen und Botanik untersucht werden. Dieser Tag war mein absolutes Highlight!

Man hat auch sehr viele Leute kennen gelernt, wodurch sicher einige Freundschaften entstehen werden. Mir hat es auch sehr gefallen, dass die meisten sehr offen sind. Durch die viele gemeinsame Zeit hat man auch vergessen, dass man sich erst seit ein paar Tagen kennt.

Fazit: Ich fand das Seminar deutlich besser als erwartet, weil die Themen doch viel tiefgründiger waren und man noch einiges gelernt hat. Außerdem lernt man sehr viele neue Menschen kennen. Allerdings kann man auch nicht leugnen, dass es sehr anstrengend war

Vorbereitung

Übermorgen ist es soweit:

Mein Freiwilligendienst beginnt mit einem Vorbereitungsseminar.

Dafür werden alle Freiwillige, die durch Kulturweit entsendet werden, zum Werbelinsee fahren. Dieser liegt 60 km von Berlin entfernt. Ich habe mir schon mal Bilder von unserer Unterkunft im Internet angeschaut, weil ich neugierig war, was da auf mich und die anderen zukommt. Das Seminar wird 10 Tage dauern und ehrlich gesagt kann ich mir noch nicht so ganz vorstellen, was wir die ganze Zeit dort machen werden. Ich habe ein bisschen Angst davor, dass es für mich anstrengend wird. Dennoch freue ich mich auch meine Mit-Freiwilligen kennen zu lernen.

Am Dienstag wurde für mich eine Überraschungs-Abschiedsparty organisiert. Unter einem Vorwand hat mich eine gute Freundin zu unserem Schießstand „gelockt“, wo viele Freunde auf mich gewartet haben. Die Überraschung war sehr gelungen und wir hatten einen tollen Abend! Es ist schon echt traurig, sich von so vielen Freunden verabschieden zu müssen. Heute war ich mit drei guten Freundinnen noch ein letztes mal Eis essen, was sich bei uns in der Schulzeit zur Tradition entwickelt hat. Zwei von ihnen gehen auch für ein oder ein halbes Jahr weg, weshalb es ein Abschied für uns alle war.

Noch bin ich gar nicht so stark aufgeregt, was vielleicht daran liegt, dass ich nach dem Vorbereitungsseminar noch ein paar Tage nach Hause komme, bevor es dann richtig nach Athen losgeht. Trotzdem stellt sich die Frage, wie ich alle meine Sachen, die ich mitnehmen will, in meinen Koffer bekommen soll. Außerdem weiß ich nie so genau, ob ich nicht doch etwas zu organisieren vergessen habe.

Während ich eigentlich noch für mein Abitur hätte lernen sollen, habe ich schon angefangen mein Neugriechisch aufzufrischen. In der Schule hatte ich 4 Jahre lang Altgriechisch und habe mein Graecum dadurch. Vor unserer Studienfahrt nach Griechenland im letzten Herbst habe ich ein 3/4 Jahr an einer Neugriechisch AG teilgenommen und dabei ein bisschen was gelernt. Allerdings habe ich es nicht so ganz richtig anwenden können. In Athen muss ich auch einen Sprachkurs besuchen, allerdings dachte ich, es wäre nicht schlecht jetzt schon mal ein bisschen zu lernen. Mein absolutes Lieblingswort bzw. Phrase ist „ετσι κι ετσι“ (etsi ki etsi), was soviel wie „so lala“ bedeutet. Das Lesen und Schreiben fällt mir eigentlich relativ leicht, weil es zum Altgriechischen fast gleich ist, aber die Aussprache und das Textverständnis ist noch sehr ausbaufähig.

Also: Γεια σας und bis bald!

 

Herzlich Willkommen

Schön, dass du meinen Blog ließt! Ehrlich gesagt, habe ich keine richtige Ahnung, wie man einen Blog schreibt, aber ich werde es einfach versuchen.

Der Titel dieses Blog „Die Geschichte endet nicht mit uns“ ist ein Zitat, das Sokrates zugeordnet wurde. Ich fand es passend, da die Geschichte Athens nicht mit dem Tod dieses Philosophen endete, sondern immer weiter läuft, sodass ich jetzt auch für ein halbes Jahr diese Stadt erleben darf. Und es werden sicherlich auch in 2400 Jahren andere Menschen nach Athen reisen.

Ich werde im Deutschen Archäologischen Institut Athen arbeiten und freue mich darauf sehr. Seit der 7. Klasse möchte ich Archäologe werden und möchte durch den Freiwilligendienst entscheiden, ob ich Archäologie wirklich studieren soll.

Ich habe letzten Herbst auf einer Studienfahrt Athen kennen und lieben gelernt und habe mich deshalb besonders über meine Zuteilung gefreut.

Einerseits freue ich mich total auf dieses einmalige Erlebnis, darauf eine andere Kultur und Menschen kennen zu lernen, selbstständig zu werden und meine eigenen Entscheidungen zu fällen. Anderseits habe ich auch ein bisschen Angst, auf mich alleine gestellt zu sein. Immer steht die Frage im Raum, wenn ich mich mit Freunden treffe „Sehen wir uns nochmal bevor ich dann so lange weg bin?“. Es ist auch ein ziemlich schade so viele Einladungen und Veranstaltungen zu verpassen. 

Ich hoffe, dass ich diesen Blog regelmäßig führe und von interessanten Dingen berichten kann.