Aller Anfang ist hier staubig

Normalerweise würde ich jetzt wahrscheinlich einen Witz über Deutsche machen, die am 01.09. gen Osten aufbrechen, aber das erspare ich euch.

So lustig war das alles auch gar nicht, sich für ein ganzes Jahres von allem, was man kennt, zu verabschieden. Während der gesamten Zeit im Flugzeug habe ich auf die Aufregung und die Vorfreude gewartet, aber sie blieb vorerst aus.
Dann, 10 Minuten vor der Landung am Dschingis-Khan-Flughafen in Ulaanbaatar warf ich einen Blick aus dem Fenster und war völlig überwältigt. Am Horizont ging eine blutrote Sonne auf, die sich in dem Fluß spiegelte, dessen Namen ich eine halbe Stunde später gesagt bekommen sollte.
Die drei dicken Türme des Kohlekraftwerkes atmeten aus. Die ganze Stadt war in rotes Licht getaucht und präsentierte sich in ihrem gesamten Ausmaß unter mir. Jeh näher wir kamen, desto mehr konnte man erkennen, woraus sie bestand. Im inneren ragten Hochhäuser und Plattenbauten in die Luft, am Stadtrand standen Jurten in kleinen Siedlungen zusammen. Und da kam sie dann, die Aufregung mit der Neugier im Schlepptau. Diese Stadt will ich in einem Jahr mit dem Gefühl verlassen, dass ich sie kenne und dass sie für mich ein zu Hause geworden ist.
Ulaanbaatar erscheint wie aus dem nichts, denn wenn man aus Richtung Moskau dorthin fliegt, sieht man eigentlich erst einmal nur das karge Sibirien unter sich und dann Berge und Steppe.
Noch leicht benommen von diesem spektakulären Anblick am frühen Morgen verließ ich dann gemeinsam mit Tsetsegmee (meiner Betreuerin) und ihrem Mann den Flughafen. Das nächste Abenteuer war wohl die sehr holprige Autofahrt in die Stadt, die uns durch das Industriegebiet und tausend Schlaglöcher führte. Auf dem Weg zu meiner Wohnung versuchte ich alles zu sehen, woran wir vorbeifuhren. Wahrscheinlich sollte ich jetzt sagen, dass alles schön und toll war, aber das wäre gelogen. Viele Häuser sind zerfallen, arme Leute sitzen auf der Straße und versuchen Dinge zu verkaufen. Dazu erzählt mir Tsetsegmee, dass immer mehr Betriebe privatisiert werden sollen, also keine Besserung in Sicht ist. Die Straßen sind eigentlich überall marode, aber es würde sich auch nicht lohnen, sie zu sanieren, da der harte Winter sie alle aufs neue zerstören würde. Das wirklich beeindruckende an der Mongolei ist und bleibt hoffentlich die Natur.
Nach einer guten halben Stunde im Auto kamen wir zu meiner Wohnung. Ich habe ein Zimmer in einer 3 Raum Wohnung bekommen, die ich mir mit der Vermieterin, ihren beiden Kindern und einer Praktikantin aus Berlin teile.
Der Versuch, mich wach zu halten, scheiterte und ich ging für 3 Stunden in mein Bett. Mein Bett ist klein, hart, hat kein Kissen und dass mich die Decke vor den kommenden -30° schützt, wage ich noch zu bezweifeln. Aber ich habe auch einen eigenen Schrank und nachdem ich alle meine Klamotten dort hinein geräumt habe, fühle ich mich schon ein kleines bisschen heimisch.
Mit einer Stunde Verspätung wurde ich dann wieder abgeholt und wir, also alle 3 PAD-Freiwilligen, trafen uns mit unserem ZfA-Fachberater in einer „coolen Location“, einem Restaurant namens „Great Mongolia“. Nachdem wir dann alles formelle zum Thema Visum und so weiter geklärt hatten, machten wir eine kleine Tour durch das Zentrum der Stadt. Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, welche Umstände uns unser Visum noch bereiten sollte.
Der Kern von Ulaanbaatar ist an sich nicht groß, von unserer Wohnung bis zum Sukhbaatar-Platz, wo das Parlament steht, brauche ich eine halbe Stunde. Das, was die Stadt eigentlich so groß macht, sind die Jurtensiedlungen am Rand. Besonders im Winter werden dort umheimlich viele Abgase produziert, wer es sich leisten kann, zieht deshalb genau auf die andere Seite der Stadt.
Auf dem Heimweg gingen wir „mongolisches Fastfood“ essen. McDonalds gibt es dort nicht, dafür aber die typischen mit Rindfleisch gefüllten Teigtaschen, genannt „buuz“. Dazu gab es Eier- oder Kartoffelsalat, von dem ich mich auf dem Vorbereitungsseminar eigentlich schon für ein Jahr verabschiedet hatte.
Ebenfalls nicht missen müssen wir „gut&günstig“-Produkte, Schauma-Shampoo oder Hochland-Käse. Wird nämlich alles aus Deutschland importiert und wenn man so durch den Supermarkt schlendert merkt man erst an der Kasse wieder, dass man im Ausland ist. Auch warum die Mongolen Deutsch lernen ist uns jetzt klar, denn die Anleitungen zur Backmischung von Dr. Oetker wurden nicht übersetzt.
Zur Krönung des Tages gab es dann den besagten mongolischen Tee mit Milch und Salz. Naja, nicht so mein Fall, kommt aber vielleicht noch. Dazu gab es feinste Hakenkreuz-Kekse aus Quark, was mich erst kurz erschreckte, aber mir dann wieder einfiel, dass das Hakenkreuz im Buddhismus ja ein Glückssymbol ist, also kein Grund zur Panik.
Ein Jetlag habe ich jetzt eigentlich noch nicht, jedenfalls merke ich davon nichts, aber vielleicht kommt das ja noch.

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Eine Antwort zu Aller Anfang ist hier staubig

  1. Markus sagt:

    Danke für diese klare Entlarvung der heimtückischen Bedeutung von Dr.Oetker für die imperiale Verbreitung der deutschen Sprache bis wohin auch immer! Ich hoffe auf weitere solch detailgenaue Beobachtungen;-)

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