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Tag 124 – Ins kalte Wasser springen

Brrr – es ist kalt draußen: -1°C! Zuhause will mir das keiner glauben. Aber kein Wunder, bei dem strahlend blauen Himmel und dem Meer im Hintergrund.

Ehrlich gesagt bin ich heute auch bloß rausgegangen, weil ich es Merle versprochen hatte. Denn heute war WG-Besichtigung Nr. 2 an der Reihe. Diesmal zwar nur im zweiten Stock, aber mit beinahe ebenso guter Aussicht: Rechts Trsat, links die Altstadt mit Ucka (alias die Berge) am Horizont. Und nicht zu vergessen der Blick vom anderen Balkon in den Innenhof! Ganz anders, als die erste WG, aber genauso Kroatien.

Nach dem netten, wenn auch deutlich kürzeren Plausch mit dem Wohnungseigentümer, entschied ich mich, denn Tag noch ein wenig auszunutzen. Denn wenn man schon am Fuß des Trsat-Hügels steht, dann kann man auch gleich hochlaufen. Noch dazu an so einem schönen Tag. Diesmal ging es allerdings nicht die 500 Stufen hoch wie sonst, sondern andere 500 Stufen auf kleinen Schleichwegen.

Am meisten zu kämpfen hatte ich allerdings nicht mit den Treppen, sondern mit meinem Handy-Akku. Fast hätte er euch die wunderschönen Bilder nicht gegönnt. Zweimal musste ich ihn mit meiner Herzenswärme wiederbeleben. Aber ihr seht – es hat sich gelohnt.

Der Sonnenuntergang wurde schließlich pfirsichfarben (mit ein paar rosa Zuckerwatte-Wölkchen) und ich machte mich auf den Heimweg. Im Wirrwarr der Altstadtgassen entdeckte ich noch ein Büchertauschregal mit Winnetou, den Drei Musketieren und Robinson Crusoe auf Kroatisch. Aber obwohl es mich in den Fingern juckte, auf dem Level sind meine Kroatisch-Kenntnisse noch nicht ganz angekommen…

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Tag 116 – Mehr Meerblick

Das Highlight meines Tages? Nun, „high“ trifft es da schon ganz gut. Denn gerade habe ich für meine allerliebste Nachfolgerin Merle eine WG besichtigt. Und die befand sich in einem der „weißen Riesen“ (alias „neboder“ alias Hochhäuser) Rijekas.

Nachdem ich mit Hilfe der eventuellen Mitbewohnerin in spe die richtige Hausnummer gefunden hatte (und ja, man kann ein Hochhaus nicht finden), ging es im engen und etwas wackeligen Aufzug in die Höhe. Eine kurze Tour durch die kleine aber feine WG und dann das schon erwähnte Highlight: Meerblick!

Denn wie sehr ich meine eigene WG auch liebe (und zwar grenzenlos) – Meerblick haben wir leider nicht. Geschweige denn einen Balkon.

Allerdings war das nicht das einzige Plus: Wenn auch etwas klein und verwinkelt – die Wohnung hatte Charme. Genauer gesagt einen sehr ausgeprägten 80er-Jahre Charme. Um den ein wenig zu genießen, setzten wir uns bei einem liebevoll aufgebrühten Kaffee in die Küche. Unnötig zu erwähnen, dass auch die geblümten Tassen perfekt zur Einrichtung passten.

Wir quatschten über’s Studium, Rijeka und die Welt, Corona, Online-Klausuren (bzw. wie man dabei am besten schummeln kann), das einzig Interessante am Fußball (die Männer) und natürlich Rijeka. Wie schön, mal wieder ganz entspannt bei einem Kaffee über dies und das zu plaudern. Also mit jemand Fremden.

Mal schauen, wie sich Merle entscheidet. Fest steht: Falls sie hier einzieht, komm‘ ich auf jeden Fall mal vorbei – allein schon für den Meerblick und eine Tasse Kaffee 😉

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Tag 112 – Alle Flüsse fließen ins Meer

Montag – und das heißt natürlich zurück an die Arbeit, zurück nach Rijeka. Mit einem Traum in Blau hat sich der Risnjak Nationalpark heute Morgen von uns verabschiedet. Und natürlich ließ Danijel es sich nicht nehmen, uns persönlich nach Delnice zu bringen: Was für eine wunderschöne Fahrt durch die im Sonnenlicht glitzernde Winterlandschaft.

In Delnice trennten sich dann unsere Wege: Yvonne fuhr zurück nach Zagreb, Danijel einkaufen und ich nach Rijeka. Und ein paar Tunnel später war der Schnee verschwunden und das Meer tauchte wieder vor mir auf.

Beim Hereinfahren in die Stadt entdeckte ich die Ruinen der alten Mühle, begrüßte im Stillen den hoch aufragenden Schornstein der Hatera Fabrik und überlegte sogar, kurz noch einen Abstecher zum Hafen zu machen. Dann siegte jedoch das Bisschen, was von meinem Pflichtgefühl noch übrig ist und ich machte mich auf den Heimweg. Nur in die Kirche schaute ich noch rein – die Tür stand doch etwas zu verlockend offen.

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Tag 111 – Quelle

„Na, wie war dein Tag?“ – „Schwarz-weiß.“ So in etwa lässt sich Tag zwei im Risnjak beschreiben. Denn schon der morgentliche Blick aus dem Fenster zeigte uns vor allem eines: Schnee!

Da wegen des Nebels Touren in die Höhe eher wenig vielversprechend schienen, entschieden wir uns beim Frühstück (unter fachkundiger Beratung von Danijel), zur Kupa Quelle hinab zu wandern. Das einzige Problem: Pro Weg wären das elf Kilometer. Und das im Schnee. Doch wofür hat man so einen super Gastgeber – Danijel bot an, uns hinzufahren, und wir nahmen dankend an.

Tatsächlich wurde unsere Dankbarkeit auf der Fahrt immer größer, denn die elf Kilometer erwießen sich doch als ganz schön langwierig: In unzähligen Serpentinen schlängelte sich die Straße bergab, bis wir 30 Minuten später am Ausgangspunkt der Wanderung standen. Dort verabschiedeten wir uns von Danijel – nicht ohne ihm wiederholt zu versichern, dass wir seine Nummer hätten und ihn ganz bestimmt anrufen würden, wenn wir abgeholt werden möchten.

Danijel hatte uns einen Rundweg empfohlen: Zuerst runter zur Quelle, dann über zwei Brücken und zurück, hoch auf die Straße. Nun, runter kamen wir. Doch am Bächlein angelangt war Ende Gelände. Etwas verwirrt schauten wir nach rechts und links und konnten doch kein Ufer finden, geschweige denn einen Weg. Alles was an Schlucht verfügbar war, wurde durch das Wasser ausgefüllt. Um die Hoffnung nicht gleich zu begraben, zogen wir schließlich unsere Schuhe und Socken aus und wateten durch das eiskalte Rinnsal. Doch auch auf der anderen Seite ging es nicht weiter. Am Ende entdeckten wir die Wanderwegmarkierungen an den Felswänden flussabwärts: Doch nichts zu machen, das Wasser stand zu breit (zu hoch kann man jetzt echt nicht sagen).

Also erneut den gleichen Weg zurück. Und während wir die steilen Wurzelstufen hinaufstiegen, begann es zu schneien. Immer größer wurden die Flocken und als wir schließlich wieder oben ankamen war die Straße schneebedeckt. Auf ebendieser Straße ging es nun für uns zurück – ihr erinnert euch: Elf Kilometer. Zweimal wurden wir von Autos überholt und wieder freuten wir uns über die Spuren. Denn durch den unablässigen Schnee wurden nicht nur die Bäume in eine weiße Pracht getaucht, sondern selbst Straßen immer schwerer passierbar. Zwei Stunden liefen wir so vor uns hin, bald selbst nur noch zwei wandelnde Schneeberge.

Doch dann, als wir fast nicht mehr daran glaubten, erreichten wir die Abzweigung zur Landstraße und bald darauf das Nachbardörfchen Crni Lugs: Malo Selo. Zurück in der Zivilisation war der Weg nicht mehr allzu weit. Und nach rund sechs Stunden kämpften wir uns schließlich die verschneite Einfahrt zu unserer Hütte hoch.

Wieder im Warmen wurden wir erstmal kollektiv abgeklopft und ausgezogen. Und das nicht ohne eine gewisse Herausforderung, denn von den Schnürsenkeln bis zu den Haarspitzen war alles gefroren. Trotzdem taute es mit der Zeit wieder auf: Die Schuhe am Kaminfeuer, wir im gemütlichen Wohnzimmer, eingeladen zu einem sehr leckeren Abendessen (inklusive Schokokuchen!).

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Tag 110 – Eisbrecher

Wo auf der Welt kann man an einem Tag Skifahren und ins Meer hüpfen? In Rijeka natürlich!

Denn keine Stunde Autofahrt von der Stadt ins Landesinnere entfernt, liegt das Risnjak Gebirge – und dort zieht es mich dieses Wochenende hin. Also nichts wie die neuen Bluetooth-Kopfhörer über die Mütze gezogen und rein in den Bus! Dichte Nebelschleier hängen über den Bergen und bald schon kollabiert meine Internetverbindung. Dafür wird die Landschaft vor dem Fenster immer weißer: Schnee!

Keine Stunde später erreichen wir Delnice, wo ich umsteigen muss. Der Busfahrer zeigt mir den Kleinbus, mit dem es für mich weitergeht und stellt mir auch gleich dessen Busfahrer vor. „Kao taksi“ lacht meine einzige Mitfahrerin und weiter geht’s. Nach fünfzehn Minuten werde ich in Crni Lug „centar“ herausgelassen (da die 200-Seelen Ortschaft nur eine Straße hat, ist das auch gar nicht so schwer). Ein kurzer Blick auf mein Navi und ich trotte die Straße entlang. Gehwege gibt es in Kroatien nur in Großstädten – und selbst wenn es hier einen gäbe, unter dem Schnee würde ich ihn gar nicht sehen. Brauche ich aber auch nicht, denn schon nach fünf Minuten stehe ich vor unserem Domizil für das Wochenende: Einer Berghütte wie aus dem Bilderbuch!

Noch bevor ich klingeln kann begrüßt mich „Kandza“ (Klaue), ein rauhaardackliges Wollknäul mit einem unersättlichen Bedarf an Streicheleinheiten und dem dazugehörigen, treuherzigen Hundeblick. Dicht auf ihren Pfoten kommt Danijel, der Inhaber und seine gesamte Familie (bis zu den neugierigen Nasen der Enkelkinder). Mit viel „Hallo“ und „Willkommen“ werde ich ins Wohnzimmer bugsiert, auf eine Bank gesetzt und mit Tee, Keksen und selbstgebranntem Heidelbeerschnaps versorgt (40 Promille!). „Warum ich denn nicht angerufen habe? Sie hätten mich doch abgeholt!“, werde ich gefragt, und ob ich irgendetwas brauche. Tatsächlich brauche ich etwas, denn Yvonne, meine Wanderpartnerin, kommt erst später in Delnice an und da fährt kein Bus mehr. Aber natürlich ist auch das kein Problem, denn Danijel will fahren – selbstverständlich!

Die Zeit, bis es soweit ist, verbringe ich damit das urige Wohnzimmer zu bestaunen. Links an der Wand hängt – als wäre es das Normalste der Welt – ein Luchs („Ris“) nach dem der Nationalpark benannt ist, ein Rotwild und ein Bär. Sogar letzterer ist selbstgeschossen, wie mir Danijel – als wär es das Normalste der Welt – erzählt. Übrigens nur einer von vieren. Dagegen fallen sogar die etwa 50 hochglanzpolierten Pokale über der Bar noch vergleichsweise normal aus – alles Trophäen seines Sohnes, einem Rallye-Fahrer.

Auch während der Fahrt nach Delnice und zurück geht uns der Gesprächsstoff nicht aus. Und als Yvonne und ich abends in unser Bettchen fallen, schlafen wir glücklich und zufrieden ein, fest davon überzeugt, den perfekten Ausgangspunkt für unser Wochenende gefunden zu haben.

Wie zur Bestätigung strahlt am nächsten Morgen der Himmel, genauso wie unsere Gesichter beim Anblick des Frühstück-Buffets. Besonders angetan hat es mir der selbstgemachte Brennesselsaft – lecker!

Und doch sind wir nicht zum Faulenzen hier. Dick eingepackt und mit heißem Tee versorgt machen wir uns daher auf den Weg: Erst runter ins Tal zum Eingang des Nationalparks, dann hoch Richtung Gipfel. Der anfangs breite und mit Blättern bedeckte Weg wird erst weiß, dann schmal. Immer tiefer liegt der Schnee, nur von ein paar Fußstapfen durchbrochen. Und doch sind wir für ebendiese Fußstapfen sehr dankbar: Denn zum einen zeigen sie uns, dass wir nicht die einzigen sind, die so verrückt sind im Schnee auf den Risnjak zu steigen. Und zum anderen machen sie das Vorankommen um einiges leichter.

Aber langsam sind wir trotzdem. Und obwohl wir nur eine kurze Pause zum Wippen auf einem Baumstamm einlegen (fragt nicht), wird es immer später und der Weg nicht viel kürzer. Ab und zu hören wir Stimmen vor uns und immer wieder durchbricht ein „Huch!“ die Stille, wenn eine von uns mit dem Fuß abrutscht und wild mit den Armen rudernd das Gleichgewicht wiederherzustellen versucht. Nach etwa drei Stunden holen wir unsere „Vorgänger“ schließlich ein. Wie sie überlegen wir, langsam umzukehren und laufen dann aber doch weiter – den Blick fest auf den Gipfel des Risnjak vor uns geheftet.

Doch keine 15 Minuten später gibt es das erste Mal Gegenverkehr und mit ihm das Eingeständnis: Heute wird das nichts mehr. Schade Marmelade, aber im Dunkeln auf einem schneebedeckten Berg von 1.528 Metern festsitzen klingt dann doch nicht so verlockend.

Und als wollte der Risnjak uns die Entscheidung erleichtern, zieht dichter Nebel auf und hüllt den Wald und die verpasste, sicher atemberaubende Aussicht in eine undurchdringbare Wand aus Grau. Mit müden Füßen geht es also zurück des Weges. Und der Name des Ortes („Crni Lug“ – schwarzer Hain) wird Wirklichkeit.

Um doch noch etwas Neues zu sehen, wenden wir uns auf dem breiten Pfad nach rechts und stapfen durch den dort liegenden Tiefschnee. Dabei entdecken wir auch Tierspuren, die uns ein wenig schneller laufen lassen (auch wenn es, wie Danijel uns später erklärt, eher Luchsspuren als Bärenspuren sind).

Unten angekommen ist die Landschaft in tiefes Blau getaucht. Mit dem letzten Sonnenlicht erreichen wir zuerst die Straße und im Schein der Straßenlaternen schließlich auch die Hütte. Auf nassen Socken tapsen wir auf unser Zimmer und eine heiße Dusche, eine Jogginghose und ein reichhaltiges Abendessen später fühlen wir uns fast wieder wie Menschen. Gut so, denn morgen soll es richtig schneien!

Tag 109 – Friesennerz

Hoch die Hände: Wochenende!

Der letzte Tag des Seminars ist vorbei und damit auch die Zeit vor dem Laptop. Denn für die kommenden Tage zieht es mich hinaus – in die graue, kalte Nässe. Brr!

Wohin es genau geht und was ich in diesem Sauwetter eigentlich will? Schreib‘ ich euch am Montag. Also falls ich in der Zwischenzeit weder eingeschneit, erfroren, verhungert oder vom Luchs gefressen wurde… (und ja, das letzte war ein versteckter Hinweis)

Tag 107 – Auslaufen

Tag drei des Zwischenseminars und das Ganze zeigt Wirkung: Heute bin ich schon eine halbe Stunde vorher aufgewacht! Gut so, denn heute Vormittag stand ein Gespräch mit der Deutschen Botschaft in Zagreb auf der Agenda. Genauer gesagt mit Kathrin Kovacic von der Kulturabteilung. Wir schnackten über das ganz besondere Verhältnis von Kroatien und Deutschland (zwei Millionen deutsche Touristen jedes Jahr!), Deutsch als zweite Fremdsprache und wie sich der Stellenwert diesbezüglich aktuell wandelt. Außerdem gab es ein paar spannende Einblicke in den Botschaftsalltag und die Aufgabe als „Mittler der Vermittler“. Wer hätte gedacht, dass man eineinhalb Stunden so locker-flockig verquatschen kann?

Auch der Nachmittag verging wie im Fluge, denn heute war zur Abwechslung mal „Out of Home Office“ angesagt. Konkret bedeutete das: Raus in die Stadt und ab und zu ein Telefongespräch mit dem (oder der) ein oder anderen Mitfreiwilligen oder ein Bildchen knipsen. In meinem Fall nutzte ich die Zeit, um mir die kleine Markthalle in meinem Block anzuschauen, den Weg zum Torpedo-Musem (dem nächsten Punkt auf meiner Museums-Liste) auszukundschaften und am Hafen mein Gesicht in die Sonne zu halten.

Dort schaute ich auch in ein großes Zelt hinein und entdeckte eine Eishalle. Auf’s Eis wagte ich mich allerdings nicht… zu viele schlechte Erinnerungen. Dann weiter zum Theaterplatz und über den angrenzenden Markt. Leider war ich spät dran und bei den einzelnen Ständen wurde schon zusammengepackt. Die charmante Fischhalle muss also erst einmal warten.

Für den restlichen Tag hatte ich mir eigentlich vorgenommen die Treppen zum Trsat zu erklimmen. Da sich jedoch gestern meine Handy-Kopfhörerbuchse endgültig verabschiedet hatte, stieg ich stattdessen in den Bus und tauchte in die Untiefen des Tower Einkaufscenters ein (denn ironischerweise ist das Einkaufscenter unter dem eigentlichen Tower in den Boden hineingebaut…). Wie gerne hätte ich jetzt einen Media Markt oder Saturn gehabt – nur, die gibt es in Kroatien leider nicht. Aber am Ende wurde ich (mit Elias fachkundiger Telefonberatung alias: „Nimm‘ einfach was du willst“) fündig – und war dann doch ganz froh, dass die Bluetooth-Köpfhörer meiner Wahl 200 Kuna und nicht Euro kosteten…

Außerdem konnte ich im Elektronik-Laden auch gleich meine Foto-Aufgabe erfüllen. Zurück an der Erdoberfläche und der frischen Luft ging es zum nahegelegenen Strand. Kein schlechter Ort zum Telefonieren. Und schließlich, mit ein paar schönen Bildern am Wegesrand, war auch Tag drei des Seminars passé.

 

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Tag 96 – Beidrehen

Samstag und Sonnenschein – kurz: Wandertag. Und wer gestern gut aufgepasst hat, der weiß auch schon wohin es ging: Ganz klar in den Kastaver Wald!

„Kastav“ bedeutet für mich dabei in erster Linie eines: Warten auf den Bus. Heute dauerte es allerdings gar nicht so lange – zumindest bis der Bus kam. Bei der Autobahnabfahrt standn wir dann allerdings in meinem ersten Stau. Ob das wegen des Ferienendes war? Egal, denn pünktlich um 13 Uhr erreichte ich den Ausgangspunkt meiner heutigen Wanderung: Die hübsche Aussichtsterrasse von Kastav. Entspannt den Blick über die Kvarner Bucht gleiten lassen, ein kleiner Spaziergang durch die verwinkelten Gassen der Altstadt, schon war der Asphalt unter meinen Füßen Geschichte und mit federnden Schritten betrat ich den Waldweg.

Auf dem breiten Hauptweg war einiges los und anfangs kam ich aus dem „Bok“ und „Dober dan“ gar nicht mehr heraus. Doch dann bog ich auf einen kleinen Trampelpfad ab und es wurde ruhiger. Zu ruhig. Nach einiger Zeit überprüfte ich meinen Standort und stellte fest, dass ich wortwörtlich auf dem Holzweg war. Also Korrektur nach links und ein, zwei falsche Abzweigungen später war ich zurück auf Kurs. Nicht lange, dann erreichte ich eine große Weggabelung und setzte mich auf ein sonniges Bänkchen. Ein Kätzchen verirrte sich zu mir und ließ sich von mir streicheln und auch den zwei Pferden im nahen Schuppen sagte ich „Hallo“.

Etwa 45 Minuten war ich schon unterwegs, noch 1,5 Stunden vor mir (wenn man den Wegweisern glauben schenken mag). Hoch und runter, links und rechts – der Weg zog sich. Also entschied ich mich gegen die ganz große Runde („Reh“) und für die mittlere Distanz („Hase“). Als deren Hauptattraktion gilt der Stanic-Hügel, von dem ich eine traumhafte Aussicht hatte. Teilen musste ich sie nur mit zwei Jungs, die extra ihre Mountainbikes hochgeschleppt hatten. Respekt!

Wieder unten machte ich mich schließlich auf den Rückweg. Fast hätte ich mich dabei noch ein zweites Mal verlaufen (da hatte jemand doch tatsächlich die Wegweiser geklaut), dann stolperte ich über zwei Überraschungen:

Die erste war ein alter Grenzposten. Denn wer mit der Geschichte Rijekas vertraut ist, der weiß, dass die Stadt ein umkämpftes Fleckchen Erde war. Für kurze Zeit gehörte Rijeka dabei sogar zu Italien – und die Italiener wussten ihre Grenze zu verteidigen: „Alle porte della patria non si dorme“ steht bis heute an der Wand des kleinen Häuschens: „An den Pforten des Heimatlandes schläft man nicht“.

Keine 100 Meter weiter dann die nächste Entdeckung: Versteckt am Ende eines kleinen Pfades liegt ein altes, verlassenes Dorf. Bis 1943 wohnten in „Selo Cari“ noch Menschen (genauer gesagt ein Mann names Ivan), heute wird es vom Efeu verschlungen.

So wie die Sonne langsam aber sicher hinter den Bäumen verschwand (während mein Atem mittlerweile zu kleinen Dampfwölkchen kondensierte), dachte auch ich mehr und mehr ans Verschwinden. Doch schon bald hatte ich den Rand des Waldes erreicht und wurde mit einem atemberaubenden Sonnenuntergang belohnt. Zurück in Kastav (und damit am Aussichts- alias Ausgangspunkt) studierte ich noch schnell die Karte (sollte man wohl besser davor machen), dann ging es bergab Richtung Bus und Bettchen.

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Tag 95 – Stadt, Berg, Fluss

Beinahe hätte ich es mir heute auf dem Sofa gemütlich gemacht. Schließlich blickte ich beim Aufwachen nicht wie versprochen in einen makellosen blauen Himmel, sondern wurde hämisch von einer Wolke angegrinst. Dann zückte ich aber doch meine Barfußschuhe und machte mich auf den Weg.

Zwei Wanderungen hatte ich mir für die nächsten Sonnentage herausgesucht: Die eine dem Flusslauf des Rječina folgend, die andere durch den Kastaver Wald. Kurze Denkpause, dann marschierte ich los Richtung Tal.

Der erste Teil des Weges war einfach: Schließlich bin ich im Herbst schon einmal bis zur Papierfarbrik Hartera gelaufen. Allerdings hatte ich damals auf dem Rückweg noch eine andere verfallene Fabrik entdeckt, sie mir aber erst einmal aufgespart. Bis heute. Ein kurzer Blick die Straße rauf und runter – dann nichts wie durch den Zaun. Verstohlen streifte ich durch die leeren Hallen. Eine hatte es mir besonders angetan. Aber zum Verweilen lud das Dach nicht gerade ein. Außerdem hatte ich heute ja noch Einiges vor. Also weiter.

Mit leichtem Bedauern ging ich an der Papierfabrik vorbei und bog schließlich auf den Wanderweg ab. Zuerst ging es steil nach oben, danach wieder bergab zu einem kleinen Wasserfall. Eine Biegung, dann waren auch die letzten Hochhäuser Rijekas verschwunden und die Schlucht sog mich in sich auf. Kaum hatte ich den sanft dahinplätschernden Fluss überquert, stand ich schon vor dem Grund, warum ich ausgerechnet diese Wanderung machen wollte: Einer majestätischen, Efeu-behangenen Ruine. Der Wanderweg führte mitten hindurch und begeistert folgte ich ihm, weiter dem Flusslauf entgegen. Wenig später kam eine zweite Ruine in Sicht, diesmal die der Matešićev mlin – einer alten Mühle. Und nun musste ich mich entscheiden: Zurück oder weiter dem Fluss (bzw. dem ausgetrockneten Flussbett) entlang?

Eine leichte Wahl, bedenkt man wie sehr ich es hasse, einen Weg zurückzugehen. Also bergauf. Der Wald lüftete sich, das Tal öffnete sich und die Sonne schien auf den Weg. Dann die nächste Kreuzung: Weiter hinauf oder lieber am Flüsschen bleiben? Das eine wäre einfach, das andere aber sinnvoller, schließlich wartete hinter dem Berg Rijeka auf mich. Also weiter bergauf durch den Wald. Im Zickzack schlängelte sich der Weg bis ich die Bergkuppe erreichte. Und mit ihr die wärmenden Sonnenstrahlen. Als Bonus gab es außerdem eine schöne Aussicht: Zur einen Seite die Berge, zur anderen das Meer. Am Ziel war ich allerdings noch lange nicht. Denn jetzt wo ich schon einmal oben war, wollte ich natürlich ganz nach oben: Sprich zum Velih Vrh.

Glücklicherweise hatte ich den Löwenanteil der 425 Höhenmeter schon geschafft. So ging es erst einmal auf dem Grat entlang. Ich schreckte ein Reh auf (oder es mich?) und genoß den malerische Blick auf die schneebedeckten Hügel am Horizont. Ein weiterer kleiner Aufstieg, dann ragte plötzlich ein großer Bunker vor mir auf. Schon glaubte ich, den Gipfel des Berges erreicht zu haben. Da allerdings mein Standort auf der Wander-App trotz mehrfachen Rejustierens hartnäckig daneben blieb, machte es irgendwann „klick“ und ich dackelte brav weiter. Und nicht mehr lange, dann stand ich schließlich am Ende des Weges und damit auch ganz oben auf dem Berg. Noch ein letztes Beweisfoto von der Kapelle, dann gab mein Handy-Akku den Geist auf. Und jetzt?

Tja „runter kommt man immer“ heißt es so schön. Und tatsächlich: Nach einer Stunde immer der Straße nach, entdeckte ich äußert dankbar die einprägsame Fassade meiner Schule vor mir. Müden Fußes trottete ich die letzten Meter bis nach Hause – erschlagen von den ganzen Eindrücken des Tages und der bisher ungeahnten Größe meiner Stadt.

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Tag 93 – Dümpeln

Was für eine seltsame Zeit: Noch Schulferien, aber eigentlich viel zu tun. Januar, aber strahlender Sonnenschein. Lust etwas zu unternehmen, aber keine Motivation. Das Resultat: Kroatisch gelernt von der Couch aus und ein ausgedehnter Sonnenuntergangsspaziergang zum Hafen. Immerhin – besser als nichts.