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Tag 40 – Frische Brise

Eigentlich bin ich kein besonders großer Fan davon, wenn es bergauf geht. Außer natürlich, man lehnt sich dabei bequem in einem Polstersitz zurück. Und genau das haben wir heute gemacht. Denn für die Häfte der Strecke hoch zum Baška-Platteau nutzen wir den Bus. Keine große Leistung, mag der ein oder andere von euch jetzt denken. Und doch war es gar nicht so einfach, unseren Busfahrer davon zu überzeugen, uns mitten auf der Strecke hinaushüpfen zu lassen. Zumindest für uns steht daher fest: Wir hatten es verdient!

Und anstrengend genug sollte es trotzdem werden: Denn obwohl die Windwarnung am Morgen vom Handydisplay verschwunden war, bließ es uns doch eisig entgegen. Also schnell den Kragen der Allwetterjacke hochklappen, Mütze tief über die Ohren ziehen und stoisch einen Schritt vor den anderen setzen. Doch auch das war gar nicht mal so einfach: Schließlich waren die kleinen rot-weißen Markierungen in der von Steinen übersähten Ebene kaum zu sehen. Wie die Erdmännchen spähten wir in die Landschaft, schwärmten ab und zu aus und bahnten uns so unseren Weg. Am Anfang ging es noch etwas einfacher: Einfach irgendwie den Berg hoch. Doch als wir den höchsten Gipfel und damit auch die beste Aussicht erreicht und hinter uns gelassen hatten, wurde es komplizierter. So hieß es schließlich auch am zweiten Tag unserer Wanderung: Ab über die Mauer und durchs Gestrüpp. Aber statt eines Zeichens entdeckten wir zuerst nur ein paar Knochen. „Ein Schafsgerippe“, dachten wir* und suchten weiter. Und siehe da: Nach einer Weile fanden wir den Weg wieder und wagten den Abstieg. Fast wären wir noch von einer Mountain-Bike-Gruppe überradelt worden, doch letztendlich erreichten wir Punat. Und damit (geneigte Leser*innen haben es kommen sehen) unseren mehr als überfälligen Kaffee-Stopp.

Doch damit nicht genug der Annehmlichkeiten: Für die Nacht hatten wir uns einen Black-Friday Deal für ein 4-Sterne Hotel gesichert. Und das lag – wie könnte es anders sein – direkt am Yachthafen. Durch den spazierten wir dann auch zu unserem Abendessen: Ein schnuckeliges kleines Lokal mit einem knisternden Kamin, einer guten Seele von einem Besitzer und den besten selbstgemachten Nudeln mit Scampis auf der ganzen Welt!

*also zumindest bis mein Tiermedizin-studierender Mitbewohner via Foto-Analyse Zweifel daran äußerte. Vielleicht also auch ein verirrter Wanderer? Gut, wenn man so etwas erst im warmen Hotelbett erfährt…

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Tag 39 – Im Schlepptau

Schon die ganze Woche hatte ich mir überlegt, was ich am Wochenende machen könnte: Die Grenzen dicht, das Wochenende kurz – was also tun? Ich war ratlos. Doch dann trudelte eine Nachricht von Yvonne aus dem Goethe Institut ein: Ob ich Lust hätte, mit ihr auf Krk wandern zu gehen? Ein ganz klares „Ja!“.

Und so weckte mich am Samstag mein Wecker (viel zu früh), ich lief auf den Bus und los ging es, über die Brücke nach Krk. Auch Yvonne war extra früh aufgestanden (sogar noch viel früher als ich!), um mich an der Bushaltestelle abzuholen. Aus dem kleinen Örtchen Sveti Anton machten wir uns gemeinsam auf den Weg Richtung Krk. Vorbei an Schafen und etwas verloren wirkenden Erklärtafeln zu Uhus, Stacheligeln und Co schlängelte sich der Pfad durch den Wald. Auf einer kleinen Lichtung frühstückten wir: Käse, Schinken, Oliven und etwas Weißbrot. Dann erreichten wir das nächste Örtchen. Und damit ein wichtiges Etappenziel: Ein Cafe!

So gestärkt erklommen wir den Hügel. Und siehe da: Meer in Sicht! Doch der Überblick war bald schon wieder pasé: Denn zwei Pferde, ein Esel und eine andere Wandertruppe später hatten wir uns gründlich verlaufen. Also querfeldein durchs Gebüsch und über zwei Mauern. Wäre ja sonst auch zu langweilig. Zurück auf dem Weg ging es hinunter an die Küste. Und während die goldene Abendsonne immer tiefer sank, näherten wir uns Krk. Noch ein kleiner Spaziergang durch die Gassen des kleinen Städtchens und schon waren wir am Ziel des Tages: Unserer Unterkunft. Nach einigem Suchen fanden wir den hinterlegten Schlüssel, dann konnten wir den Sonnenuntergang von unserem Balkon genießen.

Klimaanlage an, Schuhe aus, Füße hoch. Herrlich! Doch einmal mussten wir noch vor die Tür: Schließlich wartete im gefühlt einzigen offenen Restaurant unser wohlverdientes Abendessen auf uns! Und dann gab es da noch diesen Wein aus Krk… mit wohlgemerkt 11 Prozent Alkohol. Kurz: Ein lustiger Abend 😉

Tag 38 – Vom Winde verweht

Rijeka ist nicht nur für ihr regnerisches Wetter bekannt, sondern auch für die kräftigen Winde, die hier um die Häuserecken pfeifen. Genau aus diesem Grund haben viele in der Stadt auch Angst vor Zugluft. „Propuh!“ alias Zugluft gilt hier als ein geflügeltes Wort. Ältere Frauen rufen es panisch, wenn jemand im Bus ein Fenster kippen möchte.

Was eigentlich eine ganz nette Marotte ist, wird in Zeiten von Corona allerdings zu einem Problem. So wurden heute auch in Kroatien die Regeln noch einmal verschäft: Zwar bleiben Restaurants, Bars und andere Vergnügungsstätten auch weiterhin geöffnet, allerdings beginnt die neue Sperrstunde ab nächster Woche schon um 22 Uhr (statt wie bisher um 24 Uhr).

Besonders einschränken muss ich mich deswegen aber nicht. Denn auch dieses Wochenende werde ich wohl viel an der frischen Luft unterwegs sein. Wohin mich die Winde (ver)wehen, das erzähle ich euch dann am Sonntag (oder Montag – mal sehen).

Woche 5 – Sanduhr

Wie die Zeit vergeht!

vrijeme – Zeit

drugi – Sekunde

minuta – Minute

sat – Stunde

dan – Tag

tjedan – Woche

mjesec – Monat

godina – Jahr

 

jutro – Morgen

podne – Mittag

popodne – Nachmittag

večer [vetscher] – Abend

noć [notsch] – Nacht

 

In dem Sinne: Laku noć!

Tag 36 – Luken dicht

Heute ist Feiertag und meine Mitbewohnerinnen und ich haben es ruhig angehen lassen: Branka hat eine Biskuitrolle gebacken, ich habe einen Schal gestrickt und zusammen haben wir ein paar Weihnachtssterne gebastelt.

odmor – Feiertag

ponedjeljak – Montag

utorak – Dienstag

srijeda – Mittwoch

četvrtak [tschetvrtak] – Donnerstag

petak – Freitag

subota – Samstag

nedjelja – Sonntag

 

Und mein Lieblingswort:

vikend – Wochenende

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Tag 34 – Land unter

Es regnet, es regnet, die Erde wird nass! Und wie es heute regnet. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es wagen soll, meine Nase heute noch aus der Haustür rauszustecken. Aber immerhin: Graue Tage sind die besten Arbeitstage. Nachdem ich schon fleißig meine Kroatisch-Aufschriebe auf Vordermann gebracht habe, bin ich ein wenig kreativ geworden. Denn gestern bei einem Kaffee ist mir die Idee gekommen, wie man das Thema Debatte spielerisch gestalten könnte: Ganz einfach am Beispiel von „Among Us“! Ein bisschen Google-Bildersuche und schwupps ist die Präsi fertig. Darf ich vorstellen: Debattieren Lernen mit „Among Us“.

Woche 4 – Blau blau blau sind alle meine Farben

Kroatien ist ein Land der unglaublichsten Farben. Zum Beispiel dieses Blau! Höchste Zeit also, einmal ein paar Worte über Farben zu verlieren…

boja – Farbe

žuta [tschuta] – gelb

naranča [narantscha] – orange

crvena – rot

ružičaste [rutschitschaste] – rosa

ljubičaste [ljubitschaste] – lila

plava – blau (oder blond)

zelena – grün

smeđa [smetscha] – braun

… und auch wenn es strenggenommen keine Farben sind:

bijla – weiß

crno – schwarz

siva – grau

Heute ist es übrigens ausnahmsweise mal nicht „plava“ hier – sondern „siva“.

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Tag 33 – See-/Erdbeben

Heute Nacht gab es zwei kleine Erdbeben. Ihr Epizentrum war Kastav, ein kleines Städtchen westlich von Rijaka. Das Beben hatte eine Stärke von 2,1. Gemerkt habe ich davon nichts. Aber Katharina, die ich heute dort besuche, erzählt, ihre Fensterscheiben hätten gewackelt.
Um nach Kastav zu kommen nehme ich den Bus. Und der lässt sich einiges an Zeit. Ich genieße also die mittäglichen Sonnenstrahlen. In Kastav angekommen werde ich von Katharina und ihrem kleinen Sohn im Garten begrüßt. Erst gibt es lecker Mittagessen, danach frische ich meine Kroatisch-Kentnisse mit den herumliegenden Kinderbüchern auf. Noch schnell den frisch-verlegten Rasen mähen, dann geht es hoch zum Aussichtspunkt. Eine dicke, graue Wolkendecke hängt über der Bucht. Kurz: Die Aussicht ist wunderschön. Wir trinken Tee und essen selbstgebackene Plätzchen. Als es schließlich dunkel wird, laufen wir noch ein wenig durch die verwinkelten Gassen des Örtchens. Wir entdecken die Ruinen einer Kirche. Und daneben Überreste einer kleinen Festung. Schön spazieren gehen kann man hier, erzählt mir Katharina. Und das nehme ich mir auch fest vor. Nur leider ist es dafür heute schon zu spät. Ein andermal also.

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Tag 32 – Im Lagerraum

Für alle, die es noch nicht wissen (oder es schon wieder vergessen haben): Rijeka ist eine der zwei europäischen Kulturhauptstädte 2020. Und das bedeutet: Wenn das Kulturangebot der Stadt nicht schon vorher bemerkenswert war, dann ist es das spätestens jetzt. Ein Beispiel dafür: Die Ausstellung „Fiume Fantastika“.

„Fiume Fantastika“ ist eine Homage an Rijeka (alias Fiume). Und aus diesem Grund gibt es für die Ausstellung auch nur einen denkbaren Ort: Den Hafen. Doch dort hinein zu kommen ist gar nicht mal so einfach. Schließlich gilt: Das Hafengeläde untersteht der Hafenverwaltung – nicht der Stadt. Betreten ist daher normalerweise verboten. Normalerweise. Denn wer könnte einer Kulturhauptstadt schon etwas abschlagen? Und so sind die blauen Tore der ehemaligen Holzlagerhalle „Export Drvo“ ausnahmsweise für Kulturbegeisterte geöffnet.

Wer – wie ich an diesem grauen Samstagnachmittag – die Ausstellung betritt, der befindet sich allerdings nicht nur mitten im Herzen der Stadt, sondern auch in mitten ihrer Geschichte. Schließlich besteht „Fiume Fantastika“ aus zehn Pavillons, die jeweils einem ganz bestimmten Aspekt Rijekas gewidmet sind: Dem Hafen und der Bahn, der Grenze, den Netzwerken, dem Kino, dem Tourismus, den Palästen, dem Öffentlichen Raum, der Stadt, den Monumenten und dem Fantastischen an allem. Und dann gibt es da noch eine Timeline. Doch eines nach dem anderen. Beginnen wir ganz vorne:

Im ersten Pavillon lerne ich, dass Rijeka einst der fünftgrößte Hafen Europas war. Und dass es im 18. Jahrhundert fertige Bausätze für Bahnhöfe und Brücken gab. „Wie Lego“, sagt die Museumsangestellte.“Wie Ikea“, denke ich.

Im zweiten Pavillon geht es um die Grenze, die die Stadt früher einmal in zwei Länder teilte.

Im dritten um Titos „Möwe“ und den Hafen als Sprungbrett nach Amerika. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Rijeka die meisten Auswanderer*innen nach Amerika verschickte?

Direkt daneben ist ein Sandkasten aufgebaut. Und wer sich – wenn auch nicht zum Umziehen – in die kleinen Umkleidekabinen wagt, der findet sich in Opatija oder auf Krk wieder. Auf einem Bild entdecke ich sogar das Luxushotel des „Lost Places“-Beitrags wieder!

Nicht minder erfreulich geht es auf der anderen Seite weiter: Ein Kino und hübsche Paläste.

Dann, im Pavillon zu den Öffentlichen Räumen, die Erkenntnis: Vieles, was heute Ufer ist, wurde künstlich aufgeschüttet. Denn wenn Rijeka eines nicht hat, dann ist es Platz.

Ein Raum weiter noch ein Computerspiel und schließlich ein Monument für die Monumente. „Der arme Doppeladler“, denke ich mit einem Blick auf das entsprechende Foto. Da wollten die italienischen Besatzer doch lieber einen „römischen“ Vogel als das österreichische Wappentier. Erst seit diesem Jahr schauen wieder zwei Köpfe auf den Korzo hinunter.

Am Ende noch ein Blick hinter die Kulissen, Slalom durch die Timeline und hoch in die Comic-Ausstellung. Ein paar Souvernis (man lebt schließlich nicht alle Tage in der Kulturhauptstadt Europas!) – dann ist mein Kopf voll und mein Geldbeutel leer. Also nichts wie raus aus der zugigen Halle und zurück in die Gegenwart!

 

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Tag 31 – Stromaufwärts

Rijeka ist das kroatische Wort für Fluss. Und heute geht es genau diesen Fluss entlang. Denn etwa 15 Minuten stromaufwärts von der Stadt befindet sich die Papierfabrik „Hartera“ – oder was davon noch übrig ist.

Betritt man wie ich das baufällige Gebäude, knirscht Glas unter den Schuhen. Aber nicht nur deswegen sollte man gut hinschauen, wo genau man hintritt. Sondern auch wegen der vielen Löcher. Einige stammen von den Maschinen, die früher hier standen. Andere sind eher jüngeren Datums. So zum Beispiel das in der Decke. Trotz des blauen Himmels – nicht gerade vertrauenserweckend, dieser Ausblick… Doch wenigsten die Treppen sehen stabil aus. Zumindest so stabil, dass ich es wage, ein wenig durch die alte Fabrik zu wandern. Ich verliebe mich in den schwarz-weiß gefliesten Fußboden und die bunten Türrahmen. Außerdem freue ich mich wie ein Kind über zurückgelassene Stromkästen und Maschinen. Und das kann ich auch ohne Scham, denn außer mir und einem Obdachlosen ist das Gebäude menschenleer. Nur die Natur holt es sich langsam zurück. Und ein paar Sprayer haben ihre Spuren hinterlassen.

Nachdem ich die Ruine von oben bis unten durchforstet habe, zieht es mich wieder zurück an die frische Luft. Doch auf meinem Weg in Richtung des Clubs „Hartera“ muss ich die wärmenden Sonnenstrahlen erneut hinter mir lassen. Stattdessen legt sich die Kühle des Tals über mich. Ich durchschreite mehrere Torbögen, dann liegt die alte Lagerhalle vor mir. Und auch sie ist verlassen. Dort wo sonst dröhnende Techno-Beats Wände und Körper zum Beben bringen, herrscht gähnende Leere. Nur ein paar zusammengeklappte Bänke und ein einsamer Kühlschrank stehen im Raum.

Ich fröstel und mache mich auf den Rückweg: Zurück zur Papierfabrik, über eine kleine Brücke und weiter Richtung Stadt. Doch kurz bevor ich meinen Ausgangspunkt erreiche, sehe ich eine zweite verlassene Anlage. Ein kleines Loch im Zaun lädt mich zum Erkunden ein, doch mein Handy-Akku protestiert und gibt den Geist auf. Da ich außerdem heute Nachmittag noch eine Konferenzschalte habe, entscheide ich mich, diesen zweiten Schatz noch etwas ruhen zu lassen. Verlassene Gemäuer laufen schließlich nicht weg.