Medizinische Versorgung – Einblicke

Hospital Tabea

Säuglingsstation des Hospital Tabea

An zwei Nachmittagen in der Woche darf ich im Hospital Tabea, dem kleinen Krankenhaus der Kolonie, hospitieren. In der Region gibt es keine vergleichbar ausgerüstete Einrichtung, weshalb es die erste Anlaufstelle für alle auftretenden Erkrankungen ist. Am eindringlichsten zeichnet sich dieser Umstand während der Visite ab: In einem Zimmer sitzt eine betagte Dame mit schwerer Blasenentzüng im Bett und häkelt; nebenan liegt ein fünfjähriger Junge, der sich ein Bein gebrochen hat; in einem anderen Zimmer ist ein Herr untergebracht, der sich im Hospital Tabea von einer Chemotherapie erholen soll und auf dem Flur wartet eine Hochschwangere mit ihrem Mann auf das Anamnesegespräch. Die Ärzte im Krankenhaus sind Allgemeinmediziner; bei Bedarf werden Spezialisten aus Asunción konsultiert.
Der Bau des Hospitals ist 2010 fertiggestellt worden – ein erstes Krankenhaus hat man 1947, zehn Jahre nach Gründung der Kolonie, errichtet. Für die nötigste Krankenversorgung sind ein Operationssaal, ein Labor, Röntgen- und Ultraschallgeräte, eine Apotheke, Krankenbetten und eine Notaufnahme vorhanden.
Im Krankenhausalltag machen sich die Grenzen des Gesundheitssystems immer wieder bemerkbar: Viele Patienten sind nicht versichert und die gesetzliche Versicherung deckt vergleichsweise wenig Leistungen ab. So werden beispielsweise keine prophylaktischen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder von der Krankenkasse übernommen. Oft mangelt es an Geld und es wird gespart – oft auf Kosten der Qualität der Versorgung. Patienten, die im Hospital Tabea nicht behandelt werden können, werden nach Asunción gebracht. Wenn bei einem Notfall wie einem Schlaganfall die Behandlung maximal 4,5 Stunden nach Auftreten der Symptome beginnen muss, gerät die medizinischen Versorgung jedoch meist an den Rand ihrer Möglichkeiten.

Hospital Mennonita km 81

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In der Nähe von Asunción haben die Mennoniten das Hospital Mennonita km 81 gegründet. Dorthin bin ich letzte Woche für einen Tag mitgefahren. Es ist ein ganz normales Krankenhaus, dessen Schwerpunkt jedoch auf der Behandlung von Leprapatienten liegt. Ein wichtiges Arbeitsfeld des Krankenhauses ist die Aufklärung. Lepra ist eine schwach ansteckende Krankheit und kann geheilt werden – das ist im Land wenig bekannt, weshalb Betroffene häufig auf den sozialen Druck hin ihr Zuhause verlassen müssen und in ärmlichsten Verhältnissen und in Einsamkeit leben müssen.
Vielerorts fehlt der Zugang zu medizinischer Versorgung. Deshalb werden vom Krankenhaus aus regelmäßig Fahrten ins Inland unternommen, um diese Erkrankten zu erreichen. Dabei wird auch versucht, zu missionieren.
Das Hospital befindet sich auf einem weitläufig angelegten Gelände zwischen gepflegten Grünanlagen. Außer dem Krankenhaus umfasst der Komplex landwirtschaftlich genutzte Flächen samt Äckern, Obstgärten und Vieh, eine Wäscherei, eine Fahrzeugwerkstadt, Wohnungen für die Angestellten und Freiwilligen sowie eine Werkstatt, in der in Handarbeit Lederschuhe für Lepragezeichnete Füße und Prothesen maßgefertigt werden. In Planung sind weitere Anbauten für Patientenzimmer, da die jetzigen Kapazitäten oftmals nicht ausreichen.