Alfajores – eine Studie

Ok, gelogen. Der Titel ist falsch. Zumindest halb. Wenn man etwas studiert, dann befasst man sich intensiv damit, man setzt sich mit einem Thema auseinander, beleuchtet es von verschiedenen Seiten, denkt darüber nach, lernt es im Optimalfall sowohl in der Theorie als auch in der Praxis kennen.

Das hier ist eher ein persönlicher Eindruck, eine nicht ganz neutrale Bewertung. Meine traumatischen ersten Geschmackserlebnisse und die daraus resultierende Abneigung gegen Alfajores führen zu einem nur kümmerlich ausgeprägten Erfahrungsschatz: Um größere Übel abzuwenden wurde die praktische Experimentierphase, in der exakt drei Alfajores degustiert wurden, vorzeitig abgebrochen…

Zum Mitschreiben: Ganz am Anfang wurde mir ein Alfajor geschenkt. Er war als Spezialität angepriesen worden. Nicht ganz ohne Vorahnung (er war doch verdächtig klebrig) biss ich, die doch sogar bei der ansonsten absolut tadellosen, Eins-A-Bilderbuch-Weincreme-Torte von meiner Oma die Zuckerglasur abkratzt, in das runde Ding hinein… Ein Biss war genug Zucker für die folgenden zwei Wochen.

Mein Alfajor Nummer zwei folgte lange später, irgendwann Mitte Mai: Auf dem Zwischenseminar in Villa General Belgrano. Eines Morgens standen auf unserem Frühstückstisch mehrere Körbe mit Alfajores aus dem Ort – mind. einer für jeden Freiwilligen. Eine nette Geste unserer Gastgeber. Eigentlich wollte ich meinen Alfajor nach Moreno mitnehmen und verschenken. Aber irgendwann hab ich dringend was Süßes gebraucht und es war nix da. Außerdem war ich zugegebenermaßen auch ein bisschen neugierig auf den Geschmack. Die meisten meiner Mit-Freiwilligen waren hin und weg von Alfajores… Vielleicht hatte ich ganz am Anfang einfach einen sehr schlechten probiert… Ja, den VGB-Alfajor hab ich sogar aufgegessen. Ich muss sagen, er war auf jeden Fall viel besser als mein erster (ganz weich der Biskuit und mit Quittenmarmelade statt dulce de leche), aber auch ein Zuckerschock.

Wie so ziemlich überall in ARG, gab es auch in VGB Schaufenster voller Alfajores.

Dann bin ich natürlich übermütig geworden. Wie man das in Argentinien so macht, wenn man unterwegs ist, hatte ich in Córdoba Alfajores gekauft, um meiner Vermieterin auch was vom Zwischenseminar mitzubringen. Jede Gegend macht die Dinger ja ein bisschen anders und es ist einfach so üblich, dass man, wenn man unterwegs ist, den Daheimgebliebenen eine Kostprobe der örtlichen Alfajores mitbringt. Von den Córdoba-Alfajores musste ich dann auch einen probieren. Aber der war so bäh, dass ich beschlossen hab, mich fortan ausschließlich in der Theorie mit diesen süßen Verirrungen zu beschäftigen.

In den meisten Internetquellen hab ich gelesen, dass der Aljfajor ursprünglich von den Arabern nach Spanien gebracht wurde. Fand ich logisch, heißt ja auch AL- fajor.  Es hieß, in vielen Teilen Spaniens, vor allem in Andalusien seien Alfajores nach wie vor sehr beliebt. Das, was in Spanien als Alfajor galt und gilt, besteht u. a. aus Mandeln und Honig und hat vom Aussehen nicht so wirklich was mit dem argentinischen Alfajor zu tun – außer, dass es süß ist und evtl. zwischen zwei Lagen eine Füllung hat (teils Oblate in der spanischen, immer Keks/Biskuit in der argentinischen Version.)

Das ist wahrscheinlich wie mit dem Käse: Parmesan und Mozzarella gibt es ja auch nur einen. Eigentlich. Und trotzdem werden auf der ganzen Welt zig Käse, die absolut nichts mit dem Original zu tun haben, unter dem gleichen Namen verkauft. Mit der Nachfrage, der geographischen Entfernung, dem Einfallsreichtum der Verkäufer und den jeweils vorhandenen Rohstoffen und Techniken wurde da halt scheinbar immer was erfunden, was sich mehr oder weniger gut verkauft. Anders kann ich es mir nicht erklären.

Wie, wann, wo und von wem der argentinische Aljafor jetzt genau erfunden wurde – kein Plan. Das hier soll ja keine Doktorarbeit werden, sondern einfach ein bisschen was über den Alfajor – dieses faszinierende, runde Ding – erzählen. Die Vergangenheit ist eben eins… Die Gegenwart ist aber auf jeden Fall wichtiger: In den Texten, die im www kursieren, hab ich so liebevolle Formulierungen gelesen, wie „wir Argentinier haben den Alfajor adoptiert.“ Oder „der Alfajor hat auf jeden Fall einen kreolischen DNI.“

Ein typischer Süßigkeiten-Laden. Links vorne/Mitte: verschiedene Alfajores (mit Zucker- oder Schokoglasur, ohne Überzug)

Der Alfajor spielt tagtäglich eine überragende Rolle im Leben abertausender Argentinier – als Frühstück, Zwischenmahlzeit, Mittagessen, Dessert, Nachmittagssnack oder Abendessen, wenn nichts anderes da ist (wobei man da schon drei oder so essen muss). 2004 hat eine Statistik angeblich gezeigt, dass in Argentinien 6 Millionen Alfajores pro Tag gegessen werden.

Jorgelín. Nur eine von gefühlt tausend Marken.

Neben den industriellen gibt es natürlich auch die selbstgemachten Alfajores… in jeder Bäckerei/Konditorei, die was auf sich hält.

Mini-Aljajores aus Maismehl.

Was ich unglaublich witzig find: Im argentinischen Nahrungs-Kodex (Artikel 132 oder doch 761???) ist halt echt geregelt, was ein Alfajor ist! Nämlich: „Ein Produkt, das aus zwei oder mehreren Kekschen, Keksen oder  gebackenen Teigschichten, die voneinander mit Füllungen wie Marmelade, Gelee oder anderen Süßigkeiten getrennt sind, besteht, wobei es eine Glasur haben kann.“  Alfajores werden generell in simples (zwei Kekse, eine Füllung) und triples (drei Keksen, zwei Füllungen) aufgeteilt.

Wie ES heißt, weiß ich nicht. Von der Definition her könnte es allerdings auch ein Aljafor sein: zwei KeKsChEn und ein bisschen Füllung. Der Größe nach, dem geschätzten Zucker- und Kaloriengehalt nach könnte es wohl auch als ganze Torte durchgehen…

Was dr Baur ned kennt,…

Ja, lang ist‘ s her, aber man verzeihe mir die lange Sendepause: kulturweit-Zwischenseminar hat mir keine Freizeit gelassen 😉 und irgendwie hab ich mich letzte Woche schlecht organisiert und es kam wieder kein Eintrag hier zu stande…

Jetzad abba hat‘ s klabbt, gell!

Dieses Mal ein kleiner Ausflug in die Welt des Essens. Das Ganze wird wohl nicht gaaaanz so objektiv ausfallen, aber ich versuche, mich zu zügeln… 😉

Über Geschmäcker lässt sich bekanntlich streiten. Als ich in zwei Klassen von unserem Weißwurstfrühstück mit Brezen und süßem Senf erzählt hab, war die Reaktion eindeutig, nämlich: „Bäh“! Ich sehe das ein bisschen anders…

Und gestern hab ich mal wieder versucht, die Begisterung für Leberkäse, Wurstsalat, Bierschinken und Co. zu wecken. Leider nicht sonderlich erfolgreich… =( Das Ende vom Lied (der Kommentar zu Wurstsalat) war: „Ay, qué asco, profe.“. Frei übersetzt, sag ich jetzt hier mal, der Schüler kann sich mindestens ein leckereres Essen als Wurstsalat vorstellen. Wer will, kann den genauen Wortlaut ja gerne im Wörterbuch nachschlagen =) Ja, mei, ich hab das mal nicht als persönliche Beleidigung verstanden. Ich kann ja auch nicht alle hiesigen Vorlieben nachvollziehen… Hier eine kleine Liste über kulinarische argentinische Eigenheiten (und kleine Lobeshymnen an das ein oder andere heimische Produkt):

  • Es ist mir völlig schleierhaft, wie quasi ein ganzes Land verrückt nach diesem klebrigen Zeug von Dulce de Leche sein kann. Dulce de Leche ist so hellbraun, schaut aus wie Karamell und es ist zum Streichen, quasi wie Marmelade oder Honig. Wie hoch der Milchanteil (LECHE!!!) ist – Kein Plan. Aber der Zuckeranteil liegt bei in etwa 80 Prozent, so grob… Das schmeckt NICHT gut, weder im Kuchen, noch auf dem Brot, noch pur, noch im Pfannkuchen, noch im Eis oder im Jogurt oder sonst wo. PUNKT. Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich jedes Mal, wenn ich das hier laut ausspreche, einige Punkte auf der Beliebtheitsskala verliere, aber was will man machen! Ich muss unbedingt mal noch Fotos von dem Zeug machen. In einer durchschnittlischen Eisdiele gibt es halt einfach mal eine GANZE Spalte NUR mit verschiedenen Sorten mit Dulce de Leche. Da gibt es dann zum Beispiel eine Spalte Fruchteis, eine Spalte Milcheis und in der dritten stehen lauter Sorten mit Dulce de Leche. (Ach, nur zur Info: Die meisten meiner Mit-Freiwilligen sind von dem Zeug übrigens AUCH hellauf begeitert. Ich bin halt ein komischer Vogel, ich find ja auch Mars und so Karamellzeug daheim ekelig.)
  • Alfajores fallen in die gleiche Kategorie. Das ist was, was man eigentlich zu jeder Tageszeit, zum Frühstück als Zwischenmahlzeit oder Dessert essen kann. Die Begeisterung für diese keksähnlichen Zuckerschocks kann ich nicht teilen. Alfajores sind aber DIE Spezialität. Das Prinzip ist immer: eine paar Schichten (meist zwei oder drei) Biskuit bzw. Keks und dazwischen irgendwas mit ein bisschen seeeeeeeeeeeeeeehr viel Zucker, im Zweifel Dulce de Leche =). Und außendrum dann wahlweise Schokolade oder Zuckerguss. In jeder Region schmecken die Alfajores scheinbar ein bisschen anders. Kann ich nicht beurteilen, ich hab bisher ganze drei Stück probiert und jedes Mal sind mir fast die Zähne zusammengeklebt.
  • MIT ZUCKER

    Außerdem verstehe ich nicht, was an Mate so toll und an Kaffee ohne Zucker so furchtbar sein soll, dass man ihn oft nur mit bereits zehn Prozent Zuckeranteil im Kaffeepulver kaufen kann.  Und, nein, ich spreche hier nicht von Instantkaffee, sondern von ganz normalen gemahlenen Kaffeebohnen! (Natürlich habe ich auch schon Argentinier kennengelernt, die Kaffe trinken. Wenn auch nicht viele absolut begeistert davon sind. Ein einziger Mann (Lehrer an der Schule) hat bisher zu mir gesagt, ihm schmeckt kein Mate.) Mittlerweile mag ich Mate schon. Die ersten paar Male, als ich ihn getrunken habe, fand ich den Geschmack sehr aufdringlich, aber man muss sich wohl daran gewöhnen und das Schöne am Mate-Trinken ist für mich eh nicht das Getränk an sich, sondern das Zusammensein und gemeinsam Trinken. Vom Geschmack her bleibt bei mir auf jeden Fall Kaffee immer die Nummer eins!

  • Wieso haben die italienischen Einwanderer ihre Café-Philosophie und die dazugehörigen „tre C“ daheim gelassen? O-Ton Paulina (La Di Vaira, Molise, Italia): „Un buon café deve essere caldo, corto e cremoso.“ Ja, ich finde auch, dass ein guter Kaffee wenig (also, keine Brühe in einer Tasse von einem halben Liter), heiß und cremig sein muss. In meinem Reiseführer steht alle paar Zeilen was von der tollen Kaffeekultur in Buenos Aires. Ich bin doch ständig auf der Suche… War ich bislang tatsächlich IMMER in den falschen Cafés? Bisher würde ich auf einer Skala von eins bis zehn einmal fünf Punkte und ansonsten immer irgendwas zwischen null und drei Punkten für den Kaffee vergeben.

A Humba Espresso. CORTO war er nicht, aber der beste seit Langem: Mein 5 Punkte-Kaffee. Und das in einer Kette... Schande über mich!

Mittlerweile klappt das Kaffeemachen daheim mit der Cafetera, die ich mir geleistet hab, ganz gut, wenngleich wir auch unsere Anlaufschwierigkeiten hatten… Die erste Cafetera war scheinbar Ausschuss: Es wollte einfach kein Café hochkommen. Das wollte ich nicht wahrhaben und hab immer gewartet. Irgendwann hat´s dann krach gemacht und der Plastikhenkel ist abgefallen: Weggeschmolzen.

Qualitativ hochwertige Verarbeitung

Es war kein Tropfen Kaffee hochgesprudelt, unten war auch das komplette Wasser verdampft. Gut, die hab ich dann zurückgetragen. Beim zweiten Versuch hat´s dann auf Anhieb geklappt =). Aber weiter im Text:

  • Das Fleisch liegt in solchen Mengen in den Vitrinen, dass es einem, ähm sorry, MIR schwindelig wird. So wenig Appetit auf Fleisch wie hier hatte ich paradoxerweise eigentlich noch nie. Ich bin quasi zum Vegetarier geworden. Also, wenn es irgendwo asado gibt, ess ich das schon und es schmeckt auch, aber ich habe mir noch NIE selbst Fleisch gekauft.
  • Wieso gibt es in diesem riesigen Supermarkt namens Carrefour ein riesiges Regal mit Produkten, die „cereales“ (Getreide) heißen, aber eigentlich nur ein Pansch aus Farbstoffen, Zucker und ein paar anderen Inhaltsstoffen sind, kein einziges MÜSLI? Also, mit Haferflocken, getrockneten Früchten, Nüssen usw. Das normale halt. Und auch keine leeren, ganzen Haferflocken ohne gar nix? Ich muss mir jetzt mit den kleingemahlenen Haferflocken (Instantzeug, das man eigentlich in warmer Milch einweicht) behelfen. Mein Müsli ist dann immer ein matschiger Brei, der sich bestens für Zahnlose eignen würde. Ich war auch schon in so nem Reformhaus. Da gibt es offene Haferflocken. Hab ich mir welche geleistet. Die schmecken aber leider, wie wenn ich einmal an einer modrigen Kellerwand lecken würde: Vermodert. Naja, dann doch lieber kleingemahlen =)
  • Viele andere kulinarische Fragen, vor allem hinsichtlich Milchprodukte, beschäftigen mich: Wenn ihr doch so viele Kühe habt, wieso gibt es hier einfach keinen leckeren Jogurt?  Oder hab ich ihn noch nicht gefunden? (Gropper finissimo, ich liebe dich!)
  • UND: Brezen vom Bergheimer Bäck und Dinkelbrot vom Salzmann, ich träum von euch!

Aber es ist auch nicht alles schlecht. Ein anderes Mal erzähl ich dann, was ich hier schon alles GENIALES gegessen habe. Aber für heute reicht‘ s mal 😉