Ein Film für China
Jugendschutz für alle!Bald ist das harte Schuljahr vorbei und ich muss gehen… Zeit ein paar schöner Erinnerungen zu schaffen und das tun, was sich in meiner Schulzeit immer bewährt hat: Filme zeigen. Was für eine bessere Gelegenheit, die deutsche Sprache mit schönen Bildern zu verknüpfen?
So einfach die Sache klang war sie dann doch nicht. Dabei ist deutsches Kino so besonders! So sehenswert! Es fing damit an, dass ich einen Film aussuchen wollte, der dem Charakter der Kinder entspricht. Da ich bereits einmal einen Film gezeigt hatte, „Till Eulenspiegel“ DEFA 1975, hatte ich einige Anhaltspunkte.
Erstens, alte Filme sind nicht so der Renner (unmodern). Zweitens, trotz der kaumverhüllten Gewalt, der zugegeben blutlosen Morde im chinesischen Fernsehen, sind die Jugendlichen (ca. 17 Jahre) zimperlich. Allerdings in Bezug auf den menschlichen Körper. Zugegeben verlagert sich die diesbezügliche Entwicklung bei chinesischen Jugendlichen etwas weiter nach hinten durch die große Rolle, die Lernen in ihrem ganzen Leben gespielt hat, aber das fande ich schon recht stark. Filme, die wegen ihrer Massenschießereien in Deutschland als 18+ verkauft werden, laufen unentgehbar mit voller Lautstärke in öffentlichen Zügen (neben Säuglingen und Kleinkindern, die durch die Flure tollen), aber eine kleidungslose Person versetzt sie in Angst und Schrecken. Körperliche Gewalt gegen Frauen und Kinder entlockt niemandem das schamhafte Zucken eines Auges, aber bei freiem Oberkörper wenden sanfte Schülerinnen den Blick ab. Das ist bemerkenswert anzusehen, aber welchen Film jetzt zeigen? (Die Schulleitung hat darauf auch ein wachsames Auge.)
Auf er Suche nach etwas unschuldigem verfiel ich auf Erich Kästner Verfilmungen. Allerdings waren die mit chinesischen Untertiteln unmöglich zu finden. Dann wandte ich mich dem groszen Talent meiner Heimat Hamburg zu, Fatih Akin. Hier waren allerdings wieder Drogen und Kriminalität im Spiel. Sicher ein modernes, aber nicht das „positive Deutschlandbild“, das zu zeigen meine Aufgabe ist. Soul Kitchen, also! Auch nicht ganz ohne, aber witzig. Wieder habe ich kein Erfolg, bin am Verzweifeln, bis mir meine Kollegin aus der Patsche hilft. Sie kennt sich gut aus, wie man an deutsche Filme mit chinesischen Untertiteln kommt und hat auch eine Empfehlung: Barfuss mit Till Schweiger. Nicht mein Favorit, aber hey, sie weiß besser was Chinesen gefällt.
Die Praxis: Nach dem Unterricht bleiben nur vier Schülerinnen aus der Büroklasse zum Filmschauen, der Rest will ihn sich „bestimmt zuhause“ ansehen. Wir sehen Goodbye Lenin (für mich zum 4ten Mal), ein Film der jedesmal besser wird und auch hier seine Wirkung nicht verfehlt. Für die sanfte Schülerin gibt es allerdings spätestens beim ersten „Westausflug“ des jungen Hauptdarstellers reichlich Grund zum Verdecken der Augen. Aber auch sonst, jedesmal wenn es danach aussieht werden die Augen bedeckt! Was für eine feinfühlige Kultur es doch ist.
Ich muss hinzufügen, dass Taicang ein Dorf und nicht vergleichbar mit Shanghai ist, wo die Jugend schon reichlich besser informiert und weniger zurückhaltend sein dürfte. Wie lange dieser Unterschied wohl noch bestehen bleibt?
Weitere Filmtipps (positives Deutschlandbild) an mich!
Vielen Dank fürs Lesen,
Zhuyixuan