Worüber sprechen, wie darüber sprechen? Gedanken eines Dozenten
Gestern habe ich eine Vorlesung in der Schule gehalten, die mich tief berührt hat. Die heutigen Studenten scheinen wenig zu sagen, noch weniger als die Studenten zu unserer Zeit, ihre Gedanken scheinen simpel und durcheinander. All dies habe ich bei der Begegnung mit den Studenten gefühlt.
Tatsächlich habe ich die Vorlesung gestern noch sehr einfach gehalten, wegen der begrenzten Zeit. Ich habe fast gänzlich vage vorgetragen. Ich will sagen, zu der Chinesischen Kulturreform und den Zielen gibt es viele Fragen, praktische Fragen und theoretische Fragen. Zu all diesen Fragen habe ich Nachforschungen angestellt, manche sorgfältig, manche eher unsorgfältig. Aber alle sehr oberflächlich. China ist ein großes Land, noch dazu mit einer unendlichen Vergangenheit, eine Reform ist also nie eine einfache Angelegenheit. In Chinas heutiger Gesellschaft, einschliesslich der Intellektuellen, gibt es welche die eine Reform radikaler Art vertreten. Die Denkweise einiger Leute ist immer noch in Unordnung und ich bin davon auch teilweise betroffen. Aber wenn es mir erlaubt ist genauer zu werden, so kann es dadurch möglich werden sehr viele interessante Themen anzusprechen.
Das ist mir gestern nicht gelungen. Denn diese Studenten sind alle sehr jung. Ich mache also eigentlich eine Erläuterung zum Lauf der Geschichte. Ich nehme die Entwicklungen dieser Jahre und erläutere die Ereignisse sehr tiefgründig, um einen Überblick zu geben. Allerdings beschreibe ich alles mit sehr dicker Linie, damit es für die jungen Leute leichter wird einen Eindruck zu gewinnen.
Die anschließenden Gespräche der Studenten geben den Anschein, dass sie sehr mit ihrem zukünftigen Berufseinstieg beschäftigt sind und dem Problem dieser sehr realen Entscheidungen, die sie treffen müssen. Wenn es nun wirklich um so persönliche und praktische Fragen geht, kann ich auch etwas dazu sagen. Allerdings, so zu dozieren wäre einfach zu unakademisch. Im Klassenzimmer darüber zu reden scheint nicht sehr respektvoll.
Hmm, das ist anscheinend ein weit verbreitetes Phänomen. Ich habe in der Uni auch manches Mal das Gefühl – wohl auch durch die Art des Unterrichts – das es keinen Interessiert. Alle schreiben gefliessentlich ab, was an der Tafel oder auf dem Bildschirm steht, aber nachgedacht, das wird vielleicht über den Ausschnitt von dem Mädchen drei Reihen vor mir oder darüber ob XY in der letzten Reihe nun eine Freundin hat oder nicht. Viele scheinen wirklich mehr mit diesen oder anderen Fragen beschäftigt zu sein, als damit, was die Dozenten uns erzählen. Wir lernen ja natürlich alle später. Bei Fragen an das Publikum wird auch selten eine schnelle Antwort gegeben. Alle müssen erst einmal aus ihrem komatösen Studentenschlaf aufwachen, um dann die Frage zu realisieren. Manches Mal frage ich mich aber auch, warum die Dozenten uns für so dumm einstufen, dass sie zum Beispiel zum dritten Mal in einer Vorlesung fragen, was der sinus von pi ist. Halleluja! Wir sind zwar erst im ersten Semester, aber das sollte man nun mittlerweile wissen. Es ist schon ein bisschen traurig, dass die Studenten lieber zuhause für sich denken und dass die Dozenten sich dem dann anpassen und nur, weil irgendwer schlaues gesagt hat, dass man interaktiven Unterricht gestalten muss, die Leute etwas fragt. Ich komme mir manches Mal wirklich veralbert vor. Und manches Mal schäme ich mich für die Drömeligkeit meiner Kommilitonen.
Es ist ein schönes Zusammenspiel beider Seiten, bei uns jedenfalls.
Aber ich finde es stark, dass die Dozenten es wenigistens bei euch schon gemerkt haben, dass Bildungerlangen bei uns reichen Menschen leider kaum noch einen Wert hat. Es geht immer nur darum schlau zu sein, so zu tun und möglichst viel Cash zu machen.
Aber wie das zu ändern ist? Das weiß keiner, ob wir überhaupt bei uns etwas ändern können.
Hi Constanze,
danke fuer deinen Kommentar! Ich glaube es ist ganz normal, dass Studenten in diesem Alter und dieser Situation so denken. Es ist ja wie du sagst, Unterricht und Anforderderung spielen kaum zusammen. Es macht kaum eine Rolle, ob ich etwas verstanden habe, solange ich es in der Klausur wiedergeben kann (kai :). Vielleicht sollte man sich daher nicht so auf die Klausuren fixieren? Vielleicht sollte man ein Studium so konzipieren, dass es die Studenten von selber motiviert? Vielleicht sollte man den Lehrenden und Lernenden mehr Kontakt zumuten, dann wuerden vielleicht auch mehr zu den Vorlesungen kommen? Wenn nur 20 Leute kommen brauch man wirklich keine Vorlesung, dann kann man auch normalen Unterricht machen. Dein Wort in einer Bildungsministerin Ohr. 🙂
Zhuyixuan