Die Pflicht des Freiwilligen

Die Pflicht des Freiwilligen

Unser Auftrag verlangt nicht wenig von uns. Es ist eine Verpflichtung, das eigene Leben für ein Jahr, oder ein halbes, ganz in den Dienst interkultureller Verständigung zu stellen. Dafür müssen wir bereit sein, bis zum äußersten zu gehen: Ins Fernsehen.

Wenn mich ein Freund um einen Gefallen bittet, dann muss ich ihm Folge leisten, schließlich kann ich der nächste sein, der bitten muss. Und ich werde auch meine anderen Freunde um Gefallen bitten, um den Gefallen des einen  zu erfüllen! So dachte wohl mein Musiklehrer, als er mich für eine Sendung im Regionalfernsehn namens: „Ausländer haben Talent“ rekrutierte. Es ging um Talent in den chinesischen Künsten. Das ich solches nicht besaß spielte weniger eine Rolle, vielmehr, dass ich Ausländer sei und Zeit für ein paar Drehs hatte. Um Ausreden verlegen, die markigen Worte (meine eigenen?) vom Vorbereitungsseminar im Kopf stimmte ich zu. Es war nicht das erste Mal, dass ich um eine öffentliche Stellungnahme als Ausländer gebeten worden war. Es war immer hektisch, schlecht vorbereitet und peinlich gewesen. Aber hinterher hat man immer ein gutes Gefühl. „Für die Sache!“

"....diese Tage kehren nie wieder..."

"Freunde gehn ein Leben lang zusammen..."

Da meine Erhu-Fähigkeiten zu beschränkt waren, sollte ich ein chinesisches Lied singen. Meine Wahl fiel auf Pengyou(朋友 „Freund“ von 周华健 ZhouHuaJian), das Lied mit dem ich angefangen habe Chinesisch zu lernen. Es ist wunderbar gefühlvoll und ich wollte es schon lange mal richtig lernen. Erfolgreich verhinderte ich, dass ich schon am selben Abend vorsingen musste und verschob den Dreh auf den nächsten Nachmittag. Ich hatte also noch einen Tag zum üben. Man stellte mich noch allen beteiligten Akteuren vor, Direktor, Kamerateam, Leiter der Kulturabteilung Taicang und die Programmdirektorinnen (beides Frauen). Es kristallisierte sich heraus, dass ich zur Abrundung des Programms noch Kongfu vorführen, Erhu spielen und Kalligraphie schreiben sollte. Talent spielte wieder eine untergeordnete Rolle. Es wurde mir angeraten vorher zu üben.

Die Last der Verantwortung bereitete mir einige Kopfschmerzen, aber die Drehs verliefen sehr glatt. Wie immer ist der Druck vorher viel größer, als während der Tat. Ich rate von daher allen in ähnlichen Lagen: Teilnehmen und an Erfahrungen (auch unangenehmen) reicher werden. So besuchte ich das kleine Taicang Musikmuseum, einen begnadeten Meister der Klassischen Künste (Kalligraphie, Malerei, Poesie, Geschichte, Guzheng (ein Zupfinstrument) und durfte zwei Tage den Schauspieler mimen. Besonderes Vergnügen bereitete mir der spontane Einfall des Fernsehteams, den Unterricht in meiner ungezogensten Klasse zu filmen, die daraufhin muksmäuschenstill bei meinem Spontanunterricht mitmachte. Die Schüler, die daraufhin an einem „zwanglosen Gespräch auf dem Gang sowie Basketballspiel“ teilnehmen mussten, taten mir allerdings etwas leid.

Neben der Erkenntnis über meine neuen „Talente“ konnte ich also als „Deutscher“ an einem öffentlichen Programm teilnehmen, Vorurteile aufräumen oder bestätigen und auch sonst meine Arbeit tun. Was tut man nicht alles. „Für Taicang, für 《kulturweit》, für den Weltfrieden!“

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