Tag 105 – Im Zwischendeck

Halbzeit – und das heißt: Zwischenseminar. Nur diesmal nicht mit den Balten sondern mit den Freiwilligen in Bulgarien. Immerhin kulturweit: Es wird wärmer! Gleichzeitig bedeutet das allerdings auch: Liebgewonnene Gesichter (und Menschen) erst einmal nicht wieder zu sehen. Auf der anderen Seite lernen wir etwas (alias einige jemands) Neues kennen. Und unsere baltischen Freunde*innen haben sowieso ihren festen Platz in unseren Herzen. Also: Passt schon.

Das Meeting beginnt – wie könnte es anders sein – mit technischen Problemen. Und mit meinen ganz eigenen. Ich habe nämlich – wie könnte es anders sein – verschlafen und bin pünktlich fünf Minuten vor Seminarsbeginn aufgewacht; nur um festzustellen, dass ich keinen Link bekommen habe. Aber wofür hat man Freunde. Und für einen Zoom-Call reichen fünf Minuten ja mehr als aus.

Doch zurück zum Thema des heutigen Tages: Wir. Das ist insofern spannend, als dass die Bulgaren natürlich etwas über Kroatien wissen wollen und wir über sie und ihr Einsatzland. Also quatschen wir über Friseurbesuche (mit Sektempfang), die schöne Aussicht von hässlichen Wolkenkratzern und schauen uns ein etwas verstörendes Musikvideo an. Zum Schluss gibt es eine Dia-Show Baujahr 2021. Und gleich muss ich tatsächlich noch einmal vor die Tür und ein bisschen Rijeka-Vibes einfangen. Zwischenfazit zum Zwischenseminar: Soweit so gut.

Bleibt nur zu hoffen, dass es auch die nächsten Tage (wenn es inhaltlich wird) so weitergeht. Nicht, dass es am Ende dann so aussieht:

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Tag 104 – Rettungsweste

Was macht man an einem grauen Tag? Richtig, ein bisschen Museumsluft schnuppern. Die Frage ist nur: Kunst, Computer, Kriegsgerät oder Stadtgeschichte? Ich entschied mich für letzteres und damit für eines der beeindruckensten Gebäude Rijekas: Den Gouvaneurspalast.

Einst imposanter Sitz des Stadtoberhaupts, ist im Gouvaneurspalast der Gegenwart das „Pomorski i poviesni muzej“ alias Meeres- und Geschichtsmuseum Rijekas untergebracht. Und ebendiese Geschichte beginnt früher als gedacht! Denn obwohl Rijeka im Gegensatz zu Pula kein Amphietheater vorzuweisen hat – Römer gab es hier trotzdem. Wer durch die Innenstadt läuft, kann bis heute ihre Spuren sehen. Und auch außerhalb der Stadt, landeinwärts, gibt es etwas zu bestaunen: Die drei Meter breiten Überreste der Außengrenze des römischen Reiches.

Ein Sprung in der Geschichte und nach einer schier endlosen Aneinanderreihung von Schiffsbildern haben wir die Industrialisierung erreicht. Und damit das Schmuckstück des ganzen Museums: Die europaweit einzige Rettungsweste des Unglücksschiffs Titanik. Denn wie es der Zufall will, führte die Route der Carpathia (die die Überlebenden der Titanik damals aus dem eiskalten Wasser fischte) von Rijeka nach New York bzw. vice versa. Und ein Kellner, der auf der Carpathia arbeitete, brachte dieses besondere Souvenir mit nach Hause.

Soweit zur Meeresgeschichte im zweiten Stock. Für die Stadtgeschichte ging es wieder hinunter, über die knarzenden Dielen in den Lichthof des Palasts. Zu dessen Rechten grenzt ein Salon am anderen: Der grüne Salon an den roten und der rote Salon an den weißen. Nimmt man alle drei Farben zusammen, so weiß man auch schon welchem historischen Abschnitt der Stadtgeschichte die Räume gewidmet sind: Der italienischen Besetzung Rijekas durch Gabrielle D’Annunzio.

Gabrielle D’Annunzio war ein Poet und berüchtigter Frauenheld. Doch das hielt ihn nicht davon ab nach dem ersten Weltkrieg das staatenlose Rijeka für sich zu reklamieren. Er marschierte ein, ließ dem habsburgischen Adler einen Kopf absägen und blieb. 16 Monate regierte er wie ein kleiner König die Stadt, dann wurde er von seinen eigenen Landsmännern abgeschossen (und zwar nicht nur metaphorisch).

Während ich noch darüber nachgrübelte, wie so einem seltsamen, glatzköpfigen Vogel die Frauen zu Füßen liegen konnten, lief ich die geschwungene Freitreppe hinab in die Eingangshalle. Beinahe wäre ich weiter (hinaus) gegangen und hätte die zwei Ausstellungen im Untergeschoß verpasst. Doch dann treibt mich die Neugier doch noch um’s Eck und damit in den Krieg. Der „Homeland War“ – auch hier in Rijeka kommt man nicht an ihm vorbei. Obwohl es in der Gespannschaft selbst keine direkten Kriegshandlungen gab, die Menschen waren doch direkt davon betroffen.

Ihr merkt: Viele Geschichten werden im Gouvaneurspalast erzählt – die eine unerwartet, die andere weltbekannt, die nächste bizarr und die letzte mindestens genauso unbegreiflich. Und das sind nur die, die ich euch erzähle. Wenn ihr mehr wissen wollt, müsst ihr schon selbst herkommen. Denn ich für meinen Teil gehe jetzt nach Hause…

Woche 14 – Kako vrijeme leti

Wie die Zeit vergeht! Über drei Monate bin ich schon in Kroatien – Zeit also, endlich deren Namen zu lernen. Aber gerade die fallen im Kroatischen ein wenig aus der Reihe:

siječanj [sijetschani] – Januar

veljača [veljatscha] – Februar

ožujak [otschujak] – März

travanj – April

svibanj – Mai –

lapanj – Juni

srpanj – Juli

kolovoz – August

rujan – September

listopad – Oktober

studeni – November

prosinac -Dezember

Die meisten davon haben sogar eine Bedeutung:

Quelle: https://www.kroatischlernen.eu/blog/kroatische-monatsnamen

Aber wem das dann doch zu kompliziert ist – man kann die Monate auch einfach durchnummerieren: Prvi, drugi…

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Tag 100 – Hundertwasser

100 Tage bin ich jetzt schon in meinem Heimathafen Rijeka (oder sagen wir lieber: in Kroatien). Das heißt: Jubiläum! Und was passt besser zur Feier des Tages, als das Gemälde von Hundertwasser? Auch wenn es eigentlich Tunis zeigt, es erinnert mich doch irgendwie an Rijeka (mit ein paar künstlerischen Freiheiten versteht sich).

100 Tage – als hätte es meine Kroatisch-Lehrerin Sandra geahnt, haben wir heute die Vergangenheitsform gelernt. Außerdem war ich bei Katharina, wo wir ein paar verspätete Weihnachtsgeschenke austauschten. Und als wäre das nicht schon genug, gab es noch ein kleines Geschenk an mich selbst: Eine Nachttischlampe (auch wenn ich gar keinen Nachttisch habe)! Home Office Next Level würde ich mal sagen 😉