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Tag 160 – Treibholz

Wie beginnt man einen sonnigen Sonntag? Natürlich am besten mit Chocolate Chip Cookies. Dabei habe ich die nicht ohne Hintergedanken gebacken: Zum einen steht heute Abend ein WG-Essen an, zum anderen gilt es Merle zu begrüßen.

Da sich meine Nachfolgerin allerdings noch ein wenig Zeit lässt, beschließe ich den schönen Tag für einen Spaziergang zum Strand zu nutzen – das Ziel: Treibholz sammeln*.

Und Treibholz lautet dann auch das Motto des Tages – denn noch bevor ich meinen Lieblingsstrand erreiche, biege ich einem Impuls folgend Richtung Meer ab. Ein Weg ist es nicht, aber mit etwas Balance und viel kindlichem Spaß lässt sich auch über die  Hafenbefestigung das Wasser erreichen. Unbeschwert springe ich von Stein zu Stein und entdecke dabei einen wahren Schatz an angespülten Hölzern. Noch dazu eröffnet sich mir ein immer besserer Blick auf den Container-Hafen in den – was für ein Timing – gerade ein Schiff einfährt.

Ich bahne mir meinen Weg auf dem Steinwall bis ganz zur Spitze, dann biege ich nach rechts gen Hafen ab. Ein löchriger Zaun läd mich ein hindurchzutauchen und ich entdecke Reste bemalter und mit Mosaiken dekorierter Betonwände. Ein ausnahmsweise nicht-löchriger Zaun setzt meinem Entdeckerdrang am Hafengelände allerdings vorerst ein Ende. Auch sehe ich einen Wachmann in der Ferne auf mich zulaufen und beschließe besser umzukehren. Auf dem Rückweg sammel ich fleißig meine Hölzchen ein und lasse mich an einer windgeschützen Stelle nieder. Was für ein schönes Plätzchen, um ein Buch zu lesen…

Allzu lange kann ich jedoch nicht bleiben, denn der Kaffee ruft! Dosi holt mich Zuhause ab und zusammen sammeln wir Merle an ihrem neuen Domizil ein. Keine fünf Minuten später sind wir in Rijekas zweitem Einkaufszentrum, dem ZTC, wo Dosi uns auf eine verborgene Terrasse mit wunderschönem Ausblick auf Ucka oder den Hafen führt. Bei Kaffee und Cedevita lernen wir uns kennen – kroatischer geht es wohl nicht. Und damit Merle nicht nur von uns, sondern auch von ihrer zukünftigen Heimat einen (guten) ersten Eindruck erhält, nehmen wir uns im Anschluss noch Zeit für einen Spaziergang von der Schule über den Korzo zum Hafen.

Alles andere muss hingegen bis morgen warten, denn das Abendessen will vorbereitet werden: Rinderbraten mit Semmelknödeln, Pilzrahmsoße und Salat – all das braucht nicht nur Liebe, sondern auch etwas Zeit. Doch als alles endlich dampfend und duftend auf dem festlich gedeckten Tisch steht, bekomme ich einen Anruf von Merle: Ihr neuer Mitbewohner hat sie versehentlich eingeschlossen, sie können nicht hinaus. Tja, was kann man da tun? Wir fangen schon einmal an mit essen. Glücklicherweise werden Merle und ihr Kumpel John bald von der Mitbewohnerin befreit und stoßen zu unserem Festgelage dazu. Und den großzügigen Portionen sei dank, ist auch noch genug von allem übrig, sodass jede*r nicht nur satt wird, sondern kugelrund und glücklich in den Stühlen hängt. Um darüber hinaus auch den Abend noch schön abzurunden, verlagern wir unsere trägen Leiber auf die Couch und spielen ein paar Runden Karten. Wer hätte das gedacht: Da erlebe ich in meinen letzten Tagen doch noch eine Premiere!

 

*Wofür ich das Treibholz brauche? Lasst euch überraschen 😉

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Tag 156 – Die Ratten verlassen das sinkende Schiff

Nach der Prüfung ist vor der Prüfung: Heute steht der Gespannschaftswettbewerb auf dem Stundenplan. Unsere Kandidatin hat es eine Runde weiter geschafft und so haben wir das Vergnügen neben dem Leseverstehen heute auch ihr Hörverstehen zu prüfen. Damit dabei jedoch alles mit rechten Dingen zugeht, sitzen Dosi und ich im Raum mit den Prüflingen des Nachbargymnasiums und deren Lehrerinnen wiederum bei unserem Schützling.

So war zumindest der Plan. Denn wie viele unserer Schüler*innen (und nicht zu vergessen unsere Seele von einem Pförter Roberto) befindet sich auch einer der Kandidaten in Selbstisolation, das heißt er muss den Test von Zuhause aus schreiben. Und so sitzt mir statt eines Schülers nun seine Lehrerin gegenüber, die ihm die Unterlagen schickt und die Audios über den PC vorspielt. Was für ein Chaos.

Um die Prüfungszeit zu überbrücken, schaue ich mir die Aufgaben natürlich auch selbst einmal an. Auch bei diesem Test bin ich mir bei einigen Fragen nicht sicher. Interessant wird es allerdings vor allem in dem Moment, als die Texte zum Hörverstehen abgespielt werden: Die Stimmen kenne ich doch! Und tatsächlich, mein Verdacht bestätigt sich – Kroatien ist doch irgendwie ein kleines Land 😉

Während Corona in Rijeka also seine Tentakel weiter ausstreckt und ab Montag wohl alle Klassen wieder in den Online-Unterricht verschwinden, knüpfe ich auf meine letzten Tage doch noch neue Kontakte. Denn als ich gestern vor dem Klassenzimmer auf meinen Einsatz gewartet habe, hat mich die Putzfrau der Schule angesprochen. Ihre Tochter, so hatte sie mir bereits in einem anderen Flurgespräch erzählt, arbeitet in Österreich. Und nun wollte sie die Gelegenheit nutzen, uns miteinander bekannt zu machen. Nachdem ich das magische Wort „broj mobitel“ verstanden hatte (und somit auch den Sinn und Zweck des Gesprächs) tauschten wir unsere Nummern aus. Tja und was soll ich sagen – am Wochenende habe ich ein Blind-Date im Cafe!

Doch auch für heute habe ich noch etwas vor: Es geht nach Opatija, wo Dosi mit den anderen Deutschlehrerinnen die Gespannschafts-Tests korrigiert und ich – da wir wegen Corona nicht in die Schule hineindürfen – mit Katharina eine heiße Schokolade an der berühmten Promenade trinke. Es ist Katharinas erste heiße Schokolade in Kroatien – unglaublich, aber wahr.

Und auch den restlichen Nachmittag lassen wir es uns gutgehen: Auf Dosis Empfehlung fahren wir nach Mošćenice, einem kleinen Küstenörtchen 20 Minuten weiter Richtung Pula. Hoch oben thront es am Berghang und blickt auf einen unter Kroaten*innen ziemlich beliebten Strand hinunter. Nicht lange, dann tun wir es ihm gleich. Anschließend noch ein kleiner Spaziergang durch die hübschen verwinkelten Gassen (bei dem wir uns natürlich verlaufen und gleichzeitig Katzen an den unwahrscheinlichsten Orten entdecken), dann geht es nach Hause ins sonnenbeschienene Rijeka.

Auf der Rückfahrt passieren wir das Dörfchen „Kraj“ (witzig, da kroatisch für „Ende“) und halten noch in Lovran. Denn auch dort ist die Altstadt klein (und zwar so klein, dass wir sie erst einmal suchen müssen) aber fein.

Am Ende beeindrucke ich Katharina, indem ich uns durch die Gassen wieder zum Wagen zurückführe. Der Rest des Weges liegt dann aber wieder ganz in ihren Händen.

 

PS: Schaut mal, was ich gestern nach dem Duschen in der Badewanne gefunden habe:

Urgh – die kroatische Version einer Spinne

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Tag 155 – Große Haie, kleine Fische

Eine Prüfung liegt in der Luft, genauer gesagt die mündliche Prüfung für DSD1. Elf Schüler*innen der zweiten Klasse stellen sich dem persönlichen Gespräch und präsentieren uns einen Aspekt ihres täglichen Lebens.

Dabei sind es anfangs gar nicht die Schüler*innen, denen das Herz bis zum Hals schlägt: Mit kroatischer Pünktlichkeit stürmen Dosi und ich in die Schule, wo Katharina schon ungeduldig mit dem Fuß wippt. Auch der erste Schüler ist bereits in Startposition, das erste Thema: Krav Maga. Während Katharina und Dosi ihren Schäfchen Löcher in den Bauch fragen, lehne ich mich entspannt zurück. Einmal fungiere ich als Plakathalter (meine Arme sind so viel Körperspannung gar nicht mehr gewöhnt), ansonsten habe ich alle Zeit der Welt, diese Zeilen zu tippen.

Um 11 Uhr springe ich kurz für Dosi ein und übernehme den Unterricht. Wir üben kurze Reisedialoge als Sketche ein – etwas, das unerwartet viel Spaß macht. Tja, gerade jetzt, wo ich mich an die vielen Gesichter gewöhnt habe, heißt es schon wieder Abschied nehmen. Zum einen, weil mein Freiwilligendienst bald sein Ende erreicht. Und zum anderen, weil nach Ostern der Schulbetrieb in Kroatien wahrscheinlich erneut vollständig auf den Online-Betrieb umgestellt wird. Eine Aussicht, die Dosi nicht gerade fröhlich stimmt, mich aber zugegebenermaßen ziemlich kalt lässt (ja, ich weiß: shame! shame!).

Ok, vielleicht nicht ganz kalt: In der Schule, bei „Jugend debattiert“ und im Nachhilfeunterricht gebe ich immer noch 100 Prozent – oder vielleicht sogar 110. Denn auch wenn ich die Früchte meiner Arbeit wahrscheinlich nicht mehr mitbekommen werden, die Menschen sind mir einfach ans Herz gewachsen. Und allen voran natürlich Dosi.

Aus diesem Grund ist jedoch nicht nur in „beruflicher Hinsicht“ Endspurt angesagt. Gemäß dem Motto „work hard, play hard“ ist auch meine Freizeit gut ausgefüllt: Heute zum Beispiel geht es hoch auf Ucka. Schon viel zu lange hing mein Blick sehnsüchtig am elegant geschwungenem Bergrücken, jetzt endlich wird die Ameise zum Adler. Nach einem leckeren Mittagessen in Kastav (mit Aussicht auf Ucka) kurvt Dosi uns die Serpentinen nach oben – bis 10 km vor dem Ziel plötzlich ein „Durchfahrt verboten“-Schild auftaucht. Nachdem wir uns beim neuen, aber eigentlich noch nicht eröffneten Naturpark-Center versichert haben, dass dieses Schild eher als freundliche Empfehlung zu deuten ist, machen wir uns trotzdem auf dem Weg. Allerdings gut, dass Dosis Auto einen Allrad-Antrieb hat, denn ein bisschen Schnee und Eis gibt es immer noch auf der Straße.

Oben angekommen stelle ich fest, dass ein Kleidchen und Sneaker vielleicht nicht die optimale Bekleidung für 1.400 Höhenmeter sind. Aber im Schnee lässt es sich ganz gut laufen und trotz der exponierten Lage regt sich kaum ein Lüftchen. Der Ausblick ist atemberaubend – und das nicht trotz, sondern gerade wegen der dramatischen Wolkenkonstellationen: Weiße Schafswölkchen, graue Dunstschleier und drohende, dunkle Regenfronten – alles in Hülle und Fülle vorhanden. Auf Rijeka scheint natürlich die Sonne. Und verzückt entdecke ich, dass ich sogar das Meer hinter der istrischen Halbinsel als goldenen Schimmer sehen kann.

Lange halten wir es allerdings nicht auf dem historischen Türmchen aus. 1911 wurde er von österreichischen Bergsteigern erbaut, seit dem ersten Weltkrieg dient er als Beobachtungsposten (wenn auch heute, so möchte ich hoffen, zu weit friedlicheren Zwecken). Schnee und Wind treiben uns zurück ins Auto. Auf dem Weg dorthin entdecke ich noch eine Paragleiter-Rampe ins Nichts – Wahnsinn, die Idee, dort hinunter zu rennen! Also ich für meinen Teil bevorzuge da doch ein Auto mit Sitzheizung 😉

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Tag 152 – Lagune

Eigentlich bin ich ein Mensch mit Plan. Aber heute habe ich mich mal wieder so richtig sehenden Auges in die Scheiße geritten. Denn als ich am Donnerstag das Wetter für das Wochenende checkte und sah, dass der Samstag sonnig und warm werden würde, habe ich in einer Kurzschlussreaktion entschieden: Ich fahre nach Ozalj. Also Busticket nach Karlovac, Zugticket nach Ozalj und beides natürlich hin und zurück. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schlief ich ein.

Allerdings nur, um am nächsten Morgen mit einem gehörigen Schreck wieder aufzuwachen: Samstagabend habe ich doch ein seit langem geplantes Geburtstags-Online-Krimidinner mit den Kommilitonen! Mist. Schnell also Laptop aufgeklappt und gegoogelt: Züge, Busse – nichts. Nista. Nächster Versuch: blabla car, Uber. Wieder nix. Dann also Taxi… Autsch, das würde den Preis für den Tagesausflug direkt einmal verdoppeln. Aber wer stur sein will muss leiden.

Immerhin: Wenigstens das Wetter sollte ja gut werden. Und beim Frühaufstehen in Rijeka scheint tatsächlich die Sonne. Nur als wir gen Karlovac abdampfen wird es immer bewölkter und sogar neblig. Na klasse.

In Karlovac angekommen versuche ich mich daher mit einer Schokolade trösten. Doch leider gibt mir die Kellnerin zu wenig Wechselgeld und leider, leider bemerke ich es zu spät. Super Tag. Die Stunde bis mein Zug fährt, will ich mir das Stadtmuseum anschauen. Und typisch deutsch stehe ich schon davor, als die zwei Angestellten erst ankommen. Der Kassenlaptop braucht ewig bis das allseits bekannte düdödödü von Windows erklingt, aber die Kassiererin ist nett (und aus Rijeka was ja beinahe gleichbedeutend ist). Im Museum sind alle Texte nur auf Kroatisch, was allerdings nicht ganz so schlimm ist, da ich sowieso nur wenig Zeit habe.

Schon eine halbe Stunde später mache ich mich auf eiligen Sohlen auf den Weg zum Bahnhof. Ein Örtchen, das mir durchaus gefällt, ist der Bahnhof selbst (wenngleich in Betrieb) doch ein Lost Place: Brachliegende Gleise, leere Hallen und Flure. Auch die kleine Lok, die schließlich einfährt, hat ihre besten Zeiten bereits hinter sich. Im Schritttempo tuckern wir los. Trotz der gemächlichen Geschwindigkeit haben wir Karlovac bald hinter uns gelassen und kleine Bauernhöfe prägen das Bild. Auch die Bahnhöfe sind nur noch kleine Häuschen. Am dritten von ihnen steige ich aus: Ozalj.

Erste Lagesondierung: Kein Taxi weit und breit – was nicht gerade verwunderlich ist, bei dem Provinzbahnhof. Also weiter in die Stadt. Ein Konsum und zwei Cafes später habe ich das „Stadt“zentrum durchquert. Und eine Kurve später taucht der Grund meines Hierseins auf: Das Schloss. Wunderschön liegt es auf dem Felsen am Fluss. Doch noch bevor ich mich über die lange Zugbrücke wage, folge ich einem schmalen, matschigen Trampelpfad hinunter zu den Bahngleisen. Denn durch einen kleinen Tunnel unterhalb der Burg fährt die Eisenbahn. Als ich schließlich wieder oben bin, ist das triste Grau des Himmels aufgerissen und mit dem Sonnenschein kehrt auch meine gute Laune zurück. Ein älterer Herr post spaßeshalber für mich auf der Brücke. Ein paar Tagesausflügler sind unterwegs.

Nach kurzen Abwägen besuche ich nach den Befestigungsanlagen auch das Museum. Und dabei fällt mir mal wieder auf, wie schlecht die deutschen Übersetzungen doch sind. Aber immerhin nicht so schlecht wie mein Kroatisch. Denn als ich Schloss verlasse, rufe ich beim Taxiunternehmen an – und bin gottfroh, dass die Dame am Telefon gut Englisch spricht. Auch so haben wir ausreichend Verständingungsprobleme: Zuerst möchte sie mir wohl nicht glauben, dass ich aus Ozalj anrufe. Kein Wunder, normalerweise schicken sie keine Taxis aus Karlovac so weit raus. Ob ich denn keinen habe, der mich fahren kann? „Ich kenne hier niemand“, antworte ich etwas kläglich und die Frau hat Erbarmen: Sie frage gleich mal ihren Chef – und der sagt „ja“. Kroaten – ich liebe sie!

Meine restlichen zwei Stunden kann ich also ganz entspannt genießen (auch wenn ich mich frage, wie teuer der Spaß wohl werden wird). Neben dem Schloss hat Ozalj noch eine zweite Attraktion in petto: Das zweitälteste Wasserkraftwerk Kroatiens. Für den perfekten Blick darauf laufe ich hinunter zum Stadtfreibad – einer kleinen Lagune unterhalb des Wasserfalls. Und dort setze ich mich auf die Wiese und kaue genüsslich an meinem Käseburek und dem wirklich enormen Schokobrötchen (von dem Arne mir vorgeschwärmt hat) – beides für unschlagbare neun Kuna (ca. ein Euro) in der Ortsbäckerei erstanden. Die Sicht auf das alte Kraftwerk, den Wasserfall und die Burg im Hintergrund ist so schön, dass mir das ganze Chaos ganz egal wird. Zum Abschluss überquere ich die Brücke und erfreue mich dabei an dem Regenbogen stromabwärts genauso wie an der Idylle stromaufwärts.

Am gegenüberliegendem Ufer finde ich noch einen kleinen Hafen, dann ist es schon wieder Zeit aufzubrechen. Schließlich habe ich der netten Dame am Telefon hoch und heilig versprochen: 15 Uhr stehe ich vor dem Konsum. Ein bisschen surreal ist es dann natürlich schon, ganz selbstverständlich aus dem Supermarkt direkt ins Taxi einzusteigen. Zwei neue Verkehrsmittel an einem einzigen Tag, denke ich während das Taxometer vor meinen Augen langsam aber stetig nach oben klettert – Respekt! Und am Ende  wird es auch nicht ganz so teuer wie befürchtet. Zehnmal so viel wie das Zugticket – das tut zwar ein wenig weh, aber der Ausflug nach Ozalj ist es mir mehr als wert.

Mit einem eleganten U-Turn fahren wir in den Karlovac’schen Busbahnhof ein und unter den Blicken der dort Wartenden steige ich aus. Was für ein Auftritt. Der Rest des Tages verläuft dann weitaus weniger spektakulär (sofern ein Krimidinner eben unspektakulär sein kann). Aber wenn ich ganz ehrlich bin: Es war schließlich auch genug Drama fürs Erste.

Tag 147 – Dunkle Wogen

Die einen Vögel sind wieder ausgeflogen, die anderen kehren zurück:

Als ich im Oktober letzten Jahres in Rijeka ankam, haben große aufstobende Vogelschwärme den Himmel verdunkelt. Wie schwarze Wolken sind sie vorbeigewabert, immer neue Formen und Gestalten annehmend. Und nun, seit gestern, sind sie wieder da – nach den Blumen, den längeren und wärmeren Tagen die dritten Frühlingsboten.

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Tag 146 – Badenixe

Letzte Nacht musste ich nicht alleine schlafen, sondern wurde von Medo (alias Dosis schwarzer, wuscheliger Seele von einem Hund) bewacht. Und heute mit einem feuchten Hundekuss geweckt! Kaum hatte ich mich unter erwartungsvollen Blicken aus dem Bett gerollt, steht er schon schwanzwedelnd vor mir – bereit, die ganze Welt vom Balkon wenn schon nicht zu erobern, dann doch zumindest anzubellen. Ich selbst brauche hingegen erst einmal einen dreifachen Kaffee, um richtig in die Gänge zu kommen. Zusammen mit Dosis Mutter decke ich den Frühstückstisch für die nahenden, hungrigen Mäuler: Fünf Teller! Heute hat Dosi ein volles Haus.

Nachdem eine halbe Stunde später der letzte Krümmel Brot von ebendiesen Tellern verschwunden ist und schließlich auch Arne seinen Krempel zusammen hat, geht es hinunter in die Stadt. Am Kiosk (aka „Tisak“) kaufe ich mir stolz mein erstes Mehrfahrtenticket für den Bus (bisher habe ich aus purer Faulheit immer eines beim Fahrer gelöst). Ein kurzer Zwischenstopp bei mir, ein zweiter im Cafe und langsam kehren auch bei den Jungs die Lebensgeister zurück. Und auch wenn der anschließende Weg selbst Arne kaum ein Foto entlockt, mein Lieblingsplatz, die Torpedo-Abschussrampe, bekommt sie am Ende doch:

Eine Stunde haben wir, um die blaue Weite zu genießen. Und nachdem ich einen Finger ins Wasser gesteckt habe, nutze ich die Zeit für einen ganz neuen Blickwinkel: Die Meeresspiegel-Perspektive. Vierzehn Grad Außentemperatur, deutlich weniger im Wasser – aber selbst den kleinen Schnitt am Zeh ist das seidige Gefühl des Herumplanschens im salzigen Nass mehr als wert. Zurück an Land und in den Klamotten bleibt danach noch genug Zeit für einen Rundgang im winzigen Hafen, dann geht es mit einem ebenfalls kleinen Bus zurück in die Stadt.

Für Arne heißt es bald darauf „Vidimo se“. Doch zuvor muss noch ein Grundbedürfnis gestillt werden und so holen wir uns leckere Burger. Arne muss seinen leider schon im Bus verspeißen, für Christian und mich bietet der Hafen eine stilvolle Kulisse.

Da Christian erst am Abend abfahren muss, haben wir verbleibenen zwei den Nachmittag, um Rijekas Stränden einen Besuch abzustatten. Vorbei geht es also am mächtigen Container-Hafen, auf dem auch an einem Sonntag die Kräne nicht stillstehen. Wir passieren den Tunnel zur Autobahn und schwupps werden die Straßen ruhiger, die Häuser herrschaftlich.

Auch das berühmt-berüchtigte Hotel „Jadran“ liegt auf unserem Weg. Obwohl es mit den Jahren etwas von seinem ursprünglichen Glanz verloren hat – vom Hoteleigenen Badeturm würde ich auch heute noch gerne ins Wasser gleiten! Zum Glück ist man in Rijeka in puncto Bademöglichkeiten allerdings nicht auf die Hotels angewiesen – stattdessen liegen wir keine fünf Minuten später an meinem Lieblingsstrand „Sablicevo“. Und auch die daran anschließenden Stadtstrände „Glavanovo“ und „Pecine“ entlocken Christian ein paar wohlwollende Bemerkungen.

Mit dem Sonnenuntergang und der einsetzenden abendlichen Kühle geht es schließlich jedoch auch für uns zurück in die Stadt. Immerhin bleibt diesmal noch genug Zeit für ein stilvolles Abendessen mit Blick auf den Hafen und den Sonnenuntergang über Ucka. Doch dann heißt es auch für Christian ab in den Bus. Und nur ich bleibe – natürlich – in Rijeka 😉

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Tag 145 – Am rauschenden Bach

Wie sieht ein perfekter Tag in Rijeka aus? Natürlich, sonnig und in guter Gesellschaft.

Heute Morgen ist nach Arne auch Christian aus Pula in Rijeka eingetroffen. Pünklich um neun Uhr steht er am Bahnhof, der Arme musste heute früh aufstehen. Aber wer tut das nicht gern, mit der Aussicht, in die schönste Stadt Kroatiens zu fahren?

Vom Busbahnhof geht es direkt an den Hafen: Erste Kaffeepause im strahlenden Sonnenschein. Danach ein Spaziergang die endlos lange Mole entlang. Der Blick auf den Hafen und die Stadt weitet sich, Wind- und Wettergegerbte Fischer flicken ihre Netze. Am Ende des Piers, am kleinen grünen Leuchtturm, machen wir eine Pause. Der Wind ist kalt, die Sonne warm – solange man sich flach auf den Beton legt, ist alles wunderbar. Klar und deutlich zeichnet sich Ucka im Westen ab, die Inseln Cres und Krk über dem Blau des Meeres und die Bergkette des Velebit im Süden.

Mit Rückenwind geht es zurück in die Stadt. Wir durchqueren das Gewusel des Marktes und stillen unseren Frühstückshunger mit Berlinern und Schokocroissants. Die Kulisse dafür: Das Nationaltheater, vor dessen Eingang die Ankündigung von „La Traviata“ hängt (die Oper, die ich mir übernächste Woche einmal anschauen werde). Frisch gestärkt geht es erneut hinauf nach Trsat. Doch: Zwei Tage, zwei komplett unterschiedliche Aussichten. Heute strahlt Rijeka wie blank poliert. Dafür ist der obere Turm gesperrt und bei der heißen Schokolade wurde an der Sahne gespart. Nun, man kann eben nicht alles haben.

Außerdem ist unsere Zeit begrenzt, denn um 12:30 Uhr haben wir uns mit Dosi und Arne verabredet. Dosi hat uns auf einen Ausflug nach Istrien eingeladen und wer würde da schon „nein“ sagen? Ein bisschen später wird es am Ende doch (oder wie Arne zu den fast zwei Stunden sagen würde „samo malo“), aber was dann kommt, ist jedes Warten wert: Mit kroatischer Gute-Laune-Musik (die ich nach so vielen Fahrten in Dosis Auto schon auswendig mitsingen kann) düsen wir gen Westen. Zuerst entlang der Küstenstraße mit atemberaubendem Blick über die Bucht, dann durch den Ucka-Tunnel. Es ist meine erste Durchquerung des gewaltigen Bergmassivs und wirklich geheuer ist mir bei so viel Stein über dem Kopf nicht. Aber Dosi bringt uns sicher hindurch und so können wir auf der anderen Seite die Hügellandschaft Istriens bestaunen. Und nicht nur das: Die Straße, eine einzige Dauerbaustelle, ist gesäumt von Puppen in Bauarbeitermontur, die mechanisch Warnfähnchen schwenken. Witzig, wenn es nicht die Straße mit den meisten tödlichen Unfällen wäre. Denn wie Dosi uns erzählt: Die schlimmsten Autofahrer, keine Frage, dass sind die aus Pula (gell Christian 😉 ).

Ganz zurück in Christians kroatische Heimatstadt fahren wir allerdings nicht. Unser Ziel für heute ist Pazin, ein kleines, verschlafenes Örtchen mitten in der Pampa. Dort angekommen laufen wir durch leere Straßen. Viele der Läden (und sogar Cafes und Restaurants) haben geschlossen. Erst bei der Burg, der Haupt- (und wahrscheinlich einzigen) Attraktion des Städtchens treffen wir auf eine andere Gruppe. Direkt neben der Burg geht es steil bergab. Und auch wenn wir es – selbst durch das winterlich ausgedünnte Gestrüpp – nicht sehen können, dort unten rauscht ein Fluss und verschwindet unter den Felsen.

„Geht nicht nach Pazin“, hat meine Mitbewohnerin uns heute Mittag noch nachgerufen, „geht nach Motovun, da ist es schöner“. Auf dem Weg zurück zum Auto beginne ich, ihren Worten glauben zu schenken. Keine halbe Stunde später allerdings, sind alle Zweifel verflogen: Denn am Ende einer etwas abenteuerlichen Schotterstraße mitten im Nirgendwo (die seriöse Frauenstimme des Navis hatte uns schon mehrfach zum Wenden aufgefordert) landen wir in einer ländlichen Oase. Am Grunde eines halsbrecherischen Geröllwegs fließt ein breiter, flacher Bach. Zuerst einmal nichts Besonderes. Doch kommt man näher, erkennt man, dass das kühle (oder sagen wir besser eiskalte) Nass über einen unterhöhlten Felsrand ein, zwei Meter in die Tiefe stürzt. Im Sommer, so Dosi, kann man von hier ganz prima ins Wasser springen. Und es fehlt tatsächlich nicht viel, dass ich mich bis auf die Unterwäsche ausziehe und hineinhopse.

Stattdessen tapse ich zumindest auf nackten Füßen durch das Wasser, konzentriert darauf, nicht auf dem glitschigen Felsuntergrund auszurutschen. Wir quatschen, kraxeln und haben Spaß wie die Kinder. Staunend schauen wir einem Land Rover dabei zu, wie er zuerst durch die Böschung hinab zum Fluss und dann durch das Wasser fährt. Dann kehren schließlich auch wir diesem versteckten Kleinod den Rücken.

„Hunger“ meldet mein Bauch und bei Christian und Arne (der allerdings immer Hunger hat) sieht es nicht anders aus. Gut also, dass unser nächster und letzter Stopp eine gemütliche „Konoba“ alias Taverne darstellt. Auch die ist ein Geheimtipp unter Einheimischen und daher am Ende einer anderen Straße ins Nirgendwo versteckt. Das Essen dort ist dementsprechend ein wahres Fest, auch wenn uns der Abend noch einmal spüren lässt, das März einfach noch kein Sommermonat ist. Mit voll aufgedrehter Heizung düsen wir schließlich zurück gen Viskovo. Hinter uns ein farbenprächtiger Sonnenuntergang, vor uns die goldenen Lichter Rijekas.

Zu Hause noch ein Küsschen links und rechts, freudiges Schwanzwedeln und Niesen (ein sicheres Anzeichen dafür, dass Medo sich freut), ein Zoom-Gespräch mit den neuen Freiwilligen (das halb unter albernem Gekicher untergeht – tut uns echt Leid) und jetzt ein warmes Bettchen. Ich meine – was will man mehr?

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Tag 144 – Kurswechsel

Arne und Busfahren – das ist so eine Sache. Während ich brav (und überraschend pünktlich) an der verabredeten Haltestelle auf ihn warte, vibriert mein Handy: „Ich bin früher ausgestiegen. Ich laufe noch ein Stück. Nicht weit weg.“ Also übe ich mich noch ein wenig in Geduld – nicht gerade meine Stärke. Fünfzehn Minuten vergehen, dann steht Arne endlich vor mir: Allwetterjacke, Deuter-Rucksack mit seitlich daran baumelndem, knallrotem Erste-Hilfe-Päckchen und Spiegelreflex-Kamera – der geborene deutsche Tourist 😉

Ok, ganz unbemerkt hätten wir es sowieso nicht durch die Stadt geschafft, denn wir reden wie ein Wasserfall. Ein Thema jagd das andere. Auf der Suche nach einem guten Mittagstisch durchforsten wir die Straßen Rijekas und landen schließlich auf einer kleinen Terrasse. Natürlich kann der Besitzer Deutsch und demonstriert uns das dann auch ganz stolz, indem er uns die Speißekarte übersetzt. Ich entscheide mich für Calamari (also so richtig mit Tentakeln!), Arne für einen Salat. Eine Aufteilung, die die Kellnerin kurz perplex werden lässt. So richtig lustig wird es allerdings erst, als Arne die Rechnung bestellt: Getrennt – sowas gibt es in Kroatien normalerweise nicht.

Nachdem mein Lachanfall sich verflüchtigt hat, machen auch wir die Fliege und steuern den Trsat-Hügel an. Denn glücklicherweise hat sich die Wettervorhersage nicht ganz bewahrheitet – es ist trocken und der Himmel von blauen Stellen übersäht. Mit den 500 Stufen trainieren wir unser Mittagessen gleich wieder ab, sodass, erst einmal oben angekommen, wieder Platz für einen Kaffee ist.

Als zweiter Programmpunkt war eigentlich ein Ausflug ans andere Ende der Stadt geplant: Zur Torpedo-Abschussrampe. Mit dem Bus Nummer acht überhaupt kein Problem. Nur – wir hatten den Bus gerade verpasst. Busfahren in Rijeka – nicht nur für Arne so eine Sache!

Also Planänderung: Mit Blick auf den einfahrenden Bus 32 fällt die Entscheidung – Opatija it is. Zum stilvollen Aufs-Meer-gucken gibt es hier schließlich nicht nur einen guten Platz. Im nachtschwarzen Volosko steigen wir aus und machen uns durch die verwinkelten Gassen und vorbei am malerischen Hafen auf den Weg Richtung Opatija. Ein wenig bereue ich es – ganz undeutsch – kein Handtuch eingepackt zu haben. Zwar ist das Wasser eisig und jeder Atem ein kleines Dampfwölkchen, aber manchmal erscheinen die verrücktesten Ideen doch am besten. Ein andermal. Für heute begnügen wir uns damit, im gelblichen Schein der Laternen am still daliegenden Wasser entlangzulaufen.

In Opatija angekommen, werden wir von einer Flut an Lichterketten begrüßt: Die Säulen der Gebäude, sogar die Palmen sind fest damit umwickelt. Allzu lange bleiben wir jedoch nicht. Denn, wie der Blick auf den Fahrplan zeigt, der nächste Bus kommt bestimmt. Und – was in Kroatien ein noch stichhaltigeres Zeichen ist: Menschen an der Bushaltestelle. Viele Menschen, junge Menschen. Beinahe der gesamt Bus füllt sich schließlich mit Schüler*innen auf dem Weg in die Cafes (aka Bars).

In einem Affenzahn und mit passendem Gerumpel fahren wir also zurück – ich glaube nicht, das Arne jemals ein Bus-Fan werden wird. Aber immerhin: Nach kurzer Orientierungslosigkeit finden wir die Bushaltestelle nach Viskovo diesmal ohne Probleme. Ein Arne mit vor Lachen schmerzenden Wangenmuskeln steigt ein und ich mache mich beruhigt auf den Heimweg. Kaum zu Hause angelangt – eine Nachricht von Arne: „Mein Bus ist gerade liegen geblieben“.

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Tag 142 – Windstill

Ein weiterer sonniger Frühlingstag, ein weiterer Punkt auf meiner To-Do-Liste – beziehungsweise sogar zwei!

Heute Morgen habe ich mir ein Ticket für die Oper gekauft. Und heute Mittag, nach der Schule, bin ich durch die Parks bergauf gelaufen. Denn dort, in der Kurve einer Straße, hat man eine schöne Aussicht auf den Trsat-Hügel. Bisher bin ich nur einmal kurz vorbeigekommen; müde von einer langen Wanderung. Aber heute war es der perfekte Platz, um für ein paar kostbare Augenblicke die Sonnenstrahlen aufzusaugen und die Gedanken schweifen zu lassen.

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Tag 139 – Muscheln

Letzter Tag in Osijek – und was für einer! Eigentlich haben wir so gar keinen Plan, was wir heute noch machen wollen. Das Slawonien-Museum hat zu und ansonsten steht nichts mehr auf unserer Liste. Angesichts des schönen Wetters schwingen wir uns also (trotz immer noch schmerzender Pobacken) auf unsere Drahtesel und radeln am Fluss entlang. Das wage Ziel: Die Unterstadt (wie die Altstadt hier Korrekterweise heißt). Dort angekommen gehört die erste Bank uns. Eine Eidechse leistet uns beim Sonnenbaden Gesellschaft.

Um allerdings doch noch etwas zu unternehmen, umrunden wir die Mauern: Auf zum Muschel-Museum! Ein Muschel-Museum in Osijek (weiter weg vom Meer geht es in Kroatien eigentlich nicht) – ein Witz?* Wir sind gespannt. Im hintersten Eck eines Hofs werden wir fündig. Und dabei hatten wir schon gedacht, wir hätten uns verfahren. Mein Vorschlag „Vielleicht der Hai dort hinten?“ war eigentlich nur halb ernst gemeint.

Die Eingangstür steht offen, ist aber durch ein hüfthohes Brett versperrt. „Dobar dan!“, rufen wir in den Raum hinein und werden von einem älteren Mann begrüßt. Schon bei den ersten englischen Worten ruft er seine Frau zu Hilfe und zusammen nehmen sie uns herzlich in Empfang. Was dann folgt, lässt mich immer noch schmunzeln! Zuerst gibt uns seine Frau eine Privattour durch die Ausstellung – immerhin rund drei Millionen Muscheln (auch wenn von ihnen „nur“ sechs Prozent in den Glasvitrinen ausgebreitet liegen)! Und jede einzige Muschel scheint eine Geschichte zu haben. Erzählt werden sie uns in einem bunten Mix aus Englisch, Deutsch, Kroatisch, Händen und Füßen. Und auch für unsere Hände gibt es einiges zu tun, denn immer wieder werden die Glastüren beiseite geschoben und uns besonders schöne Exemplare in die vorsichtigen Hände gelegt.

Nach den Fundstücken aus der Region wenden wir uns den Briefmarken zu – selbstverständlich auch mit maritimen Motiven! Und schon ist es Zeit für einen Kaffee. So etwas gibt es auch nur in Kroatien! Wir setzen uns in den angrenzenden Ausstellungsraum und der Inhaber des Museums gesellt sich wieder zu uns. Schließlich hat auch er viel zu erzählen! Und obwohl unser gebrochenes Kroatisch zu vielen Rückfragen führt, lernen wir doch, dass er fast alle der Muscheln selbt gesammelt hat. Überall auf der Welt ist er ins Wasser gesprungen und von der Küste zwischen Pula und Rijeka kennt er jeden einzelnen Zentimeter. Hauptberuflich ist er Richter, in seiner Freizeit sammelt er – und zwar so ziemlich alles!

Keine zehn Minuten später stehen wir in seinem Büro und schauen uns die Planung seines nächsten Projekts an: Ein Hobby-Museum. Dort möchte er gerne all die Schätze ausstellen, die er neben den drei Millionen Muscheln noch so angehäuft hat: Barbiepuppen, Bierflaschen, Streichholzschachteln, Schlüsselanhänger, Pins, Feuerwehrausrüstungen, Postkarten, Fotoapparate – die Liste nimmt kein Ende.

Nach einiger Zeit kommt seine Frau dazu und lacht. Ob wir noch einmal zu den Muscheln zurückkehren wollen? Absolut, denn leider haben wir nicht mehr so viel Zeit – und dabei gibt es noch so viele Geschichten! Am Ende müssen wir hoch und heilig versprechen, bald wieder zu kommen. Unter zahlreichen „Vidimo se“ und „Hvala puno“ verabschieden wir uns schließlich – jedoch nicht, ohne einen Info-Zettel, eine Visitenkarte und eine Muschelhalskette zugesteckt zu bekommen. Noch ein schnelles Foto und einen Eintrag in das Gästebuch, dann ist es höchste Zeit wieder auf die Fahrräder zu steigen.

Im Eiltempo jagen wir die Uferpromenade zurück zum Appartment und packen unsere Sachen zusammen. Wieder zu Fuß geht es zum Busbahnhof. Wir decken uns mit etwas zu trinken und zu essen ein; sieben Stunden sind es für mich nach Rijeka. Zwei Busse stehen für uns bereit: Ein Doppeldecker und ein normaler Bus. Aber beide haben das gleiche Ziel: Es geht nach Hause.

 

*Natürlich haben wir auch gefragt: Warum ein Muschelmuseum in Osijek! Die Antwort: In lang vergangenen Zeiten war auch hier das Meer. Noch heute findet man deswegen Fossilien in dieser Gegend (ein paar davon gibt es selbstverständlich auch im Museum zu sehen). Ganz schön philosophisch, aber wo er Recht hat… Meine ganz persönliche Theorie ist allerdings: In Slawonien hat er einfach genug Platz für seine Sammlungen 😉