Ein paar Gedanken, die mir gerade so durch den Kopf gehen

Ich beobachte die aktuellen Ereignisse mit sehr gemischten Gefühlen. Noch hält er ein wenig an der Schock darüber, wie ein Virus die geamte Weltbevölkerung stilllegt, auch wenn sich nach zwei Wochen absoluter Ruhe in innerlicher Unruhe in meinem eigenen kleinen Kosmos langsam wieder alltagsartige Gefühle einstellen. Für manche aber muss sich das Leben, wie sie es kannten gerade in einen kompletten Albtraum verwandeln und das nimmt mir manchmal den Atem. Gleichzeitig erfüllt es mich auch mit einem besonderen Gefühl, wenn ich mitbekomme, wie mitfühlend sich ein Großteil unserer Mitmenschen in so einer neuartigen und verwirrend bedrohlichen Situation zeigt. Seien es die Menschen in Italien, die singend und gemeinsam musizierend auf ihrer Balkone treten, um einander Halt und Zuversicht zu geben, oder die Initiativen zur Versorgung älterer und gefärdeterer Menschen, welche überall zu beobachten sind. Sei es das ganz neue Maß an Wertschätzung, welches die Menschen in den Berufen, die sie gerade wahrhaftig zu „Helden des Alltags“ machen, erhalten oder die damit einhergehende Mahnung vieler Politiker und anderer Stimmen, über wunderschöne Gesten wie einen täglichen Applaus vom Balkon in Städten wie Köln hinaus, diesen Leuten zukünftig aber auch gehalttechnisch die Vergütung zu gewährleisten, die ihnen verdammt nochmal schon lange zusteht. Ich möchte um Gottes Willen kein einziges Menschenleben auf die Waage legen, noch den Verlust und das Leid welches viele gerade erfahren ignorieren, wenn ich sage, dass ich auch ein paar positive Nebenerscheinungen in der Krise zu erkennen glaube. Denn diese missliche Lage gerade zeigt doch, dass in vielen von uns noch sehr viel Empathiefähigkeit und Solidarität stecken, die jetzt ganz anders zum Vorschein kommen, wenn scheinbar sonst so erstrebenswerte Größen wie Konsum, Ehrgeiz oder Konkurrenzfähigkeit in unserer furchtbar schnellen Welt zerfallen und uns in dieser entschleunigten Verdutzheit mit uns selbst zurücklassen. Vielleicht, und mir ist bewusst, dass ich an dieser Stelle die Worte so manches anderen Zeitgenossen in den Mund nehme, birgt dieses erzwungene Umdenken und das sich Besinnen auf die wirklich notwendigen Handlungen im Sinne eines gemeinsamen Krisenmanagments, so manche Chance für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Sicherlich liegt vielen Leuten, die im Zuge der sich anbahnenden Wirtschaftskrise wirklich finanziell wie sozial oder gar existenziell gebeutelt sind, nichts ferner als jetzt einen Gedanken daran abzugeben, inwiefern unsere Art des Wirtschaftens von dieser unfreiwilligen Pause (oder möglicherweise einem RESET) vielleicht profitieren könnte, dennoch möchte ich aber doch zumindest mal aussprechen, dass unser Planet gerade seit langem mal wieder aufatmen kann, und dem auf einmal blauen Himmel über China oder den klaren Kanälen in Venedig doch auch ein gewisser “ Frieden“ oder perspektivisch eine Aussicht auf „gute Besserung“ innewohnen.

Ich weiß, dass wir sind wie wir sind. Es gibt nichts schwierigeres für uns, als uns in einer uns selbst scheinbar benachteiligenden oder einschränkenden Art und Weise zu verhalten, wenn die Umstände, welche uns angeblich zu solchen Maßnahmen zwingen so abstrakt und unnachvollziehbar sind, dass wir sie nicht selbst richtig zu spüren bekommen. Nicht umsonst gibt es nach wie vor so viele Gegner der fridays for future Bewegung und nicht umsonst ist es manchmal unverschämt einfach den Blick von dem Übel in der Welt abzuwenden und sich hinreichend befriedigt und unbekümmert dem eigenen, unbedrohten Dasein hinzugeben. Das ist menschlich und hat ja auch irgendwo etwas mit Selbstschutz zu tun, eigentlich sichert es uns unsere Lebensqualität. Deshalb wünsche ich auch niemandem, dass er die Folgen dieser Pandemie auch wirklich zu spüren bekommt. Genauso wenig, wie ich je einem von uns gewünscht habe, dass er von einer Umweltkatastrophe getroffen wird, die ihm den Klimawandel auch mal so richtig bewusst und die Notwendigkeit unseres dringenden Handelns begreifbar macht. Nun sind wir aber so einer Situation ausgesetzt, die jeder von uns in großem, wenn auch nicht dem gleichen Ausmaße zu spüren bekommt. Ich hoffe niemand versteht mich falsch, wenn ich an dieser Stelle gerne aussprechen möchte, dass dies vielleicht in der Theorie die einzige Möglichkeit ist, die jemals existieren wird, um uns Menschen alle zusammenzubringen: eine Krise, die alle in gleichem Maße betrifft. Mir missfällt die allgegenwärtige Kriegsmetapher, wenn ich ehrlich bin, da es sich hier weder um ein menschengemachtes Problem handelt, noch um eines, dass verschiedene Parteien und Interessengruppen mit sich bringt. Es sind auch keine Entscheidungen erforderlich die unser moralisches Bewusstsein in irgendeiner Weise beschmutzen. Denn sicherlich müssen Kompromisse gefunden werden, sicherlich gibt es keinen Königsweg mehr und sicherlich fürchtet momentan jeder Entscheidungsträger nichts mehr, als mit seinen Handlungen „dem größeren Teil“ der Menschen zu schaden, aber dennoch müssen wir uns doch eines vor Augen halten: seit langem geht es mal wieder um einen gemeinsamen Willen. Um den Wunsch, den jeder in gleichem Maße für sich hegt, gesund aus der Sache herauszukommen und der ihn dazu befähigt in gleicher Intensität für den Mitmenschen und sein Wohl solidarisch miteinzustehen. Wer in Tagen wie diesen tatsächlich noch Häme oder Hass gegenüber Flüchtlingen verspüren kann, fällt doch wirklich aus der Reihe und das macht mir irgendwie doch bewusst, zu welch großem Mitgefühl unsere Gesellschaft in der Lage ist, wenn Privilegien und „Klassenunterschiede“ bei der Formulierung unserer höchsten Prioritäten wegfallen. Du möchtest Gesundheit für dich und deine Liebsten? Das verstehe ich gut, denn das möchte ich auch. Während wir physisch erzwungener Maßen gerade ein wenig voneinander abrücken, kommen wir uns emotional vielleicht wieder näher.

Meine einzige Sorge ist auch jetzt, dass wir nicht ganz in der Lage sind die seifige Wand unserer Blase zu durchbrechen. Denn sind wir mal ehrlich. Wir alle fiebern mit Italien mit, fassungslos über die Krise, die das Land gerade durchlebt- weil wir es nicht erwartet hätten, weil sie uns wie ein Schlag ins eigene Gesicht trifft- es hättet auch ihr sein können- und weil wir ihr so nah sind. Was aber ist mit den Ländern des globalen Südens? Ländern, die auch sonst nicht unbedingt rekordverdächtig viel Screentime in unseren Nachrichten erhalten und von denen wir eigentlich ganz genau wissen, dass sie mit einem, wenn überhaupt existenten, mangelhaften Gesundheitssystem und dem Missstand an Hilfsmitteln und notwendigen Einrichtungen kaum eine Chance haben sich dem Virus zur Wehr zu setzen? Was ist mit Kriegsgebieten wie Syrien? Was ist mit ganzen Landstrichen in Afrika, die nicht im geringsten auf die Pandemie vorbereitet sind? Wir hören fast nichts von ihnen. Wir schlucken lediglich beklommen den Kloß im Hals runter, wenn doch mal einer ihrer Namen fällt. In stiller Resignation? Was mich in dieser Situation wirklich belastet ist unser Unwissen darüber, ja die Frage, die nie zu hundert Prozent oder nachweisbar ehrlich zu beantworten sein wird, ob wir, hätten wir nicht mit der Situation im eigenen Land in solch hohem Maße zu kämpfen gehabt, Solidarität gezeigt und in erforderlichem Maße Hilfe geleistet hätten. Ob wir aus der Abstraktheit und Unbegreifbarkeit der Gravität heraus, im hypothetischen Falle einer lokalen Katastrophe, nicht doch wieder nur schweigend den Blick abgewandt und genauso weitergemacht hätten. Solche Fragen mögen belastend und unschön sein, sie sind aber wichtig, denke ich, um uns ein Herz zu fassen, uns dankbar zu schätzen und die Chance, die sich uns jetzt aus dem Geschehen ergibt, zu erkennen und auch daran festzuhalten, wenn die Wogen sich glätten.

Děkuju moc à uvidíme se brzy!

Einen guten Abend aus Mainz,
in Deutschland
von zuhause
also zuhause zuhause, mit Familie meine ich
nicht Brünn,
hach Brünn

Noch immer ist der Abschied nicht so richtig verdaut. Die Enttäuschung ist groß, na klar, und von dem überrumpelten Gefühl des Abbruchs, der Perplexe beim Packen können sicher alle Freiwilligen gerade ein Lied singen. Viele wissen ja nicht einmal wie sie es in absehbarer Zeit zurück nachhause schaffen sollen. Insofern nein, ich bin nicht unglücklich hier zu sein, meine Gedanken sind zurzeit vorwiegend von großer Dankbarkeit gefüllt. Dafür, dass ich jetzt bei meiner Familie sein darf, dafür, wie gut und zügig unsere Reise aus Tschechien über lediglich EINE Grenze verlaufen ist und vor allem aber dafür, dass in meinem Umfeld noch alle gesund und wohlauf sind. Ich glaube, um das abrupte Ende unseres Freiwilligendienstes richtig zu begreifen, müssen sich erstmal die sich überschlagenden Ereignisse und Veränderungungen dieses skurrilen Moments etwas einstellen. Bisher lag mir nichts ferner, als mich hinzusetzen und mit dem Schreiben zu beginnen. Zu unruhig war ich innerlich, zu unbegreiflich, geschweigedenn schriftlich erfassbar schien mir diese Welle an Veränderungen, die uns da überrollt. Und sie überschlägt sich noch immer, deshalb glaube ich, habe ich unseren „Schiffbruch“ auch nach wie vor nicht so richtig realisiert. In diesem Gerade, in dem sich nichts wie ein Jetzt anfühlt, in dem man mal ausharren und sich besinnen könnte, wird es einem glücklicherweise unverschämt einfach gemacht „Absagen“ zu akzeptieren und die Dinge plötzlich und sehr schnell in ganz anderen Relationen zu sehen. Meine Gedanken sind zurzeit vor allem bei denen, die wirklich in Gefahr schweben, egal ob wegen des Virus selbst, oder wegen der Folgen, die sich aus den zu ergreifenden Maßnahmen ergeben. Sie sind bei den Menschen, die gerade funktionieren wie Superpowermaschinen und aus Ressourcen schöpfen, die sie zum Teil garnicht haben. Und sie sind natürlich bei meinen Freunden und anderen Menschen, die noch irgendwo anders in so mieser Ungewissheit ausharren müssen. Ein paar dahinschwindende Pläne, Ideen, Projekte erscheinen da auf einmal ganz und gar untragisch- nichtig. Und noch blieb irgendwie auch keine Ruhe um ihnen nachzutrauern. Wenn ich ehrlich bin lächle ich sogar manchmal darüber, weil sie mir noch bis vor wenigen Tagen in anhaltender Frequenz im Kopf aufploppten, um mit „ach nee, geht ja nicht“ liquidiert zu werden, und mir mein sonst so freiheitlich geprägtes Denken und die Privilegiertheit seiner Uneingeschränktheit einmal mehr bewusst machen. Ja, das ist es auch was ich sehr an kultuweit schätze. Dass man uns Jugendlichen stets die Rechtmäßigkeit dieser Freiheit und unserer zahlreichen Möglichkeiten suggeriert hat. Mit geradezu verklärtem Blick spreche ich von diesem Programm und der Organisation dahinter, wenn ich gefragt werde. Denn trotz der final notwendig gewordenen Beendung unseres Freiwilligendienstes haben wir in jeder besorgten Email, jeder Entscheidung bis zuletzt die Respektierung unserer Freiheit zu spüren bekommen, die es auch so schwer machte uns zuletzt doch zu unserer Heimreise aufzufordern. Die Reflektiertheit dieser Entscheidung, die Behutsamkeit und die Sensibilität mit welcher sie getroffen wurde, führte mir noch einmal vor Augen, was für eine großartige Chance es für mich war, mit kulturweit meine erste große Auslandserfahrung zu machen. Auch wenn in diesem Jahr alles ein bisschen anders kam, als wir gedacht hätten, habe ich mich bis zuletzt aufgefangen und unterstützt gefühlt und dafür möchte ich dieser ganzen großartigen Community einfach mal meine Bewunderung und Dankbarkeit aussprechen.

Gestern habe ich einenText gefunden, den ich ganz zu Anfang unseres Freiwilligendienstes geschrieben hatte, nachdem ich mit Julia ein bisschen durch die frühherbstliche Sonne spaziert war, beseelt von diesem ganz neuen Freiheitsgefühl. Seine Akkuratheit zu diesem Zeitpunkt ist fast schon von tragischer Schönheit..

Wir müssen irgendwie lustig aussehen, von da unten

Nun ist bereits ein wenig Zeit vergangen, seit wir jungen Menschen unser liebes Deutschland verlassen haben und uns in alle Himmelsrichtungen davon gemacht haben. Gerade wenn ich mich an meine ersten Tage zu erinnern versuche, fällt mir auf, dass ich mich wie in einer Art Trancezustand befunden haben muss, nicht in der Lage Erinnerungen zu schaffen, die ich jetzt in aller Klarheit wiedergeben könnte. Es war ein gutes Gefühl! Versteht mich nicht falsch. Auf einmal realisierte ich diese riesige Freiheit tun und lassen zu können, was ich wollte.. Wonach steht mir denn mein Gusto? Prag? Wien? Na dann los! Nichts würde mich stoppen.. Und dann unterhielt ich mich mit meiner Freundin hier in Brünn über dieses völlig absurde Freiheitsgefühl und wir begriffen, wie glücklich wir sind: Letzendlich fühlen wir uns vielleicht wie auf einer Slackline: Einerseits voller Adrenalin und diesem belebenden Gefühl in der Luft zu schweben, andererseits auch eingeschüchtert von dem Gefühl dort oben so allein gelassen zu sein. Dabei ist dort ein riesiges Netz zu unseren Füßen, was uns auffangen wird, wenn wir das Gleichgewicht verlieren und fallen sollten. Woraufhin ich dachte: Stimmt. Was ist es doch für ein behütetes Gefühl von allen Seiten unterstützt und wohlwollend in jeder neuen Erfahrung bestärkt zu werden. Nun denke ich doch wir müssen irgendwie lustig aussehen von da unten, wie wir so einen Fuß vor den anderen setzen, in dem Glauben als wahre Seilakrobaten unterwegs und so ganz auf uns allein gestellt zu sein.

Nur, dass da eben wirklich ein ganzes Team saß und uns schmunzelnd beobachtete – und im richtigen Moment das Sprungtuch ausbreitete.

Mit der offiziellen Nachricht, dass sich die Grenzen zumindest zu Tschechien aber bis zum Herbst schonmal sicher nicht mehr öffnen werden, macht sich doch so langsam das Bedürfnis in mir breit für eine längere Zeit Abschied von dem schönen Land, das ich mitsamt seinem „Spirit“ in den letzten Monaten so lieb gewonnen habe, zu nehmen und meine wunderbaren Erinnerungen der letzten Wochen mal festzuhalten und einfach ein bisschen dankbar dafür zu sein, was ich alles mitgenommen habe.

ICH WERDE EUCH VERMISSEN

Dich Otto, unsere schönen und hochinteressanten Gespräche und deine super Kartenspielskills natürlich (:

Dich Clara, unsere langen Kaffeemittagspausenplauschs in meiner Wohnung, unser gemeinsames Musik- Faible und unser 100 % have-your-back Gefühl

Dich Kája und die Tatsache, dass wir direkt auf einer Wave waren (egal ob bei einer Tasse Svařák auf dem Weihnachtsmarkt oder im Wake up Wellness Hostel, auch wenn es verflucht war)

Dich Igor und unsere gemeinsame Zeit, egal ob auf der Party oder so und natürlich unsere Chats, die mich regelmäßig vergessen lassen haben, dass du trotz deiner spitzen Deutschskills vielleicht doch keine deutschen Abkürzungen wie „vllt“ oder „bg“ verstehst 😀

You, Kuba, our good talks and your Craft Beer recommendations!!

Noch viel mehr tolle Leute, die ich jetzt nicht alle nennen kann, die aber sicher sein können, wieder von mir angesteuert zu werden, wenn ich back in the hood bin!

Und all die lieben und kreativen Klassen, die ich besuchen durfte. Das hat so viel Spaß gemacht mit euch und ich bin vielleicht ein kleines bisschen traurig, weil ich noch ein paar echt coole Ideen hatte, die mir mit euch wirklich viel Spaß gemacht hätten!!

Mein WUNDERBARES Kabinet und alle anderen lieben Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich zu tun hatte und alles mögliche teilen und bequatschen konnte. („Bis morgen macht ihr bitte die Aufgabe (..)“ – „Ale, pan Sturma je přísný. Máme moc prace..“ – „Ich bin AUCH streng!“)

Selbstgeschriebene Märchen

Wortneuschöpfungen wie den „Schweinsmann“ (Metzger)

Vokabelneuerrungenschaften wie „Schluckauf“

Und sogar Assoziationsketten wie „Haus“ … „FRAU“

Alles ist noch irgendwo behutsam in meinen Erinnerungen verwahrt und kommt manchmal wieder auf, wenn ich mit dem neunjährigen Anton Schule spiele. (Er liest und schreibt nicht SOOO gerne deutsch wie ihr 🙂 also falls ihr ein paar Motivations – Tipps habt…)

Hezký den,

Emma

 

In Brünn steigt ne Kultie-Rakete

Wir schreiben Februar den 12. im letzten Jahr dieses Jahrzehnts (- oder dem ersten des neuen- je nachdem wie man den Kalender jetzt verstehen mag. Naja, nevadí…)
Und damit sind genau fünf Tage seit dem Spektakel vergangen.
Die Meldung war schon gut einen Monat zuvor raus. In Brünn, der Stadt des Club Mate Biers und des Orlojs, der aussieht wie… eine Rakete war etwas Großes am kommen.
Ein Ereignis das internationales Publikum erfordern sollte.

Und am Samstag hob sie dann ab, die Rakete. Ganz nahe der Brünner Sternwarte, gut versteckt in verwunschenen Appartement- kaum auffälliger als das Quartier des tschechischen Geheimdienstes und mindestens genauso aufgeregt – in gefährlicher Nähe zur Alarmanlage des Gymnasiums Matyáše Lercha..

Juls und mir ist schon länger bekannt, dass sich an diesem Ort manchmal Geschehnisse äußerster Eigenartigkeit begeben, „Eine weitere kleine Eruption“- dachten wir uns also- „was solls?“
Und so kam es, dass sie an diesem Wochenende alle bei uns eintrudelten. Kulties aus Tschechien, Slowakei und Ungarn unter einem Dach, eine Tirolerin und zwei Brünner Locals – und zwei Emmas auf der selben Party- alle Voraussetzungen für eine zweitägige Fortsetzung good people, good time waren erfüllt! Wir verbrachten ein Wochenende voller netter Gespräche, Zuspruch und Lachen, (schon wieder) veganem Essen und gutem Bier (Subjektivität ist an dieser Stelle nicht auszuschließen) und unser liebes Brünn zeigte sich von seiner sonnigsten Seite. Selbst die Policie lief uns in unbedeutendem Zusammenhang ein paar mal über den Weg, einfach umsichtig finde ich, sodass wir auch mit Stolz sagen können es war eine RICHTIGE Party.

Liebe Kulties, es war so schön mit euch, so entspannt und lustig, geradezu energizing sich dem Winter so überlegen zu fühlen, ihr habt unserer Stadt an diesem Wochenende echt eine Menge gute Vibes eingeatmet und ich muss sagen, es ist irgendwie ein komisches Gefühl, dass die erste, und somit für einige ja auch schon letzte Hälfte dieser Zeit nun schon bald vorbei sein soll. *Melancholischer Seufzer*
Aber seid euch einfach sicher, dass wir euch im Fall der Fälle jederzeit wieder gerne an Bord haben würden! Wir sind sozusagen ne Crew. Und glücklicherweise bleibt´s ja auch in der Nachbarschaft:)), nur eben wieder links auf der Karte..

S pozdravem,
Emma

10 Tage on the road- good people good time

Gut zwei Monate ist es jetzt her, dass ich den irren Trip startete, der mir im Austausch gegen so einige Stunden Schlaf die volle Dröhnung Activity und liebe Menschen gebracht hat. Angefangen damit meine Familie und einige enge Freunde mal wieder zu sehen, anlässlich einer Bat Mitzwa im Schweizer Baden. Los gings am Donnerstagabend mit dem Bus über Prag und ein ziemlich verhackstückeltes „Abendbrot“ (ich schien so etwas wie eine Erinnerung auf zwei Beinen für viele Restaurantinhaber zu sein, ihre Öffnungszeiten auch ja nicht überzustrapazieren, denn überall wo ich auftauchte machte man kurzfristig zu, sodass es schließlich ein sehr kurzes meet and greet mit einem der Prager Freiwilligen im schnuckeligen Prager Busbahnhofburgerking gab) nach Karlsruhe, wo meine Familie mich aufgabelte und wir gemeinsam in den Schwarzwald fuhren. Nach einem schönen Raclette bei Oma und Opa, begleitet von ein paar wohligen Heimatgefühlen ^^ machten wir uns Samstagmorgen dann also zu besagter Bat Mitzwa auf. Als jüngere von zwei Schwestern kannte Sarah wie wir zwar bereits den Ablauf der Zeremonie, das tat unser aller excitement aber keinen Abbruch. Meine Familie und ich als Christen beobachteten das traditionelle Fest nochmal mit einer besonderen Faszination. So ganz und gar nicht vergleichbar mit meiner eigenen Konfirmation gestaltete sich die Aufnahme meiner kleinen Freundin in die jüdische Gemeinde, oder besser gesagt der offizielle Beginn ihrer religiösen Mündigkeit.. Während ich die eigenen Gottesdienste häufig mit der Stille in vielen Momenten verbinde, spürte ich hier wie die „Geselligkeit“ unter den Verwandten bereits während des Gottesdienstes einzutreten begann. Im Scherz sprachen wir auch von einem fröhlichen Marktplatz, auf dem jeder die Möglichkeit besitzt sich frei zu bewegen, umherzugehen und auch mal miteinander zu sprechen. Ein Großteil des Gottesdienstes wird auf hebräisch gehalten, häufig auch vom Rabbi gesungen- und von allen die sich der hebräischen Sprache ausreichend mächtig fühlen miteinzusteigen. Die Synagoge ist in zwei Räume geteilt: das Erdgeschoss mit der Bima (das Lesepult des Rabbis, traditioneller Weise in der Mitte des Raumes), wo sich die Männer zum Gebet aufhalten, sowie eine Art Empore, von welcher aus die Frauen den Gottesdienst beobachten können. Was soll ich sagen, das Judentum ist eine alte Religion. Der Gottesdienst war allerdings gerade für die Kinder, die- wer erinnert sich nicht selbst daran- wirklich wenig Sitzfleisch hatten, sehr entspannt. Die offzielle Aufnahmezeremonie gegen Ende des Gottesdienstes gefiel mir auch dieses Mal sehr gut. Gegen Ende begann der Rabbi damit auf schöne Charakterzüge von Sarah einzugehen und sie mit wichigen Werten des jüdischen Glaubens zu verknüpfen, was ich als sehr bestärkendes „Aufnahmeritual“ empfand. Anschließend durften wir alle Bonbons auf sie werfen, worauf auch der Rabbi vorbereitet war und sich kurz vor Ende der Ansprache mit einem Cowboyhut wappnete. Im Gegensatz zu der armen Sarah, die darüber hinaus auch noch sehr schnell von einer Kinderscharr umgeben war, die sich über die Bonbons hermachte. Nach der Kiddusch und einem gemeinsamen Tag sehr kurzer Stunden wurden abends noch alte Discoschlager und Lateinamerikanische Musik aufgelegt und wir tanzten bis spät in die Nacht.

Nach diesem kleinen „Push“, durch meine Liebsten und ihre Wärme machte ich mich mit einem KINDER- Adventskalender im Gepäck wieder auf nach Prag, von wo aus ich zusammen mit den Pragern den Zug nach Žarnovica in der Slowakei, zu unserem Zwischenseminar in einer kleinen Hütte in den Bergen nahm. Das war gegen Ende nicht ganz unspannend, denn wir hielten praktisch an jedem Milchkännchen und weil man das zu wissen schien, wirkte wohl auch die Bemühung, über jeden Halt oder die Ausstiegsrichtung zu informieren, überflüssig. Die Türen waren jederzeit zu öffnen und Bahnsteige gab es ab und an einfach nicht.

Google Maps war am Ende auf jeden Fall ein Segen. Ich weiß wirklich nicht, ob wir sonst den richtigen Ausstieg ermittelt hätten.

Erstmals konnte ich wirklich nachvollziehen wie die lustige Geschichte meiner Urgroßmutter zustande gekommen sein mag, die meiner Familie einmal einen ziemlichen Schrecken einjagte, weil sie vermeintlich verloren ging, beim Verlassen des Zuges auf der falschen Seite. Erst als der Zug weitergefahren war sah sie sich irritiert in der Mitte der Gleise stehen und muss ähnlich unbeholfen ausgesehen haben wie wir.

Um so größer war dafür das HALLO mit den anderen Freiwilligen, als man sich zwischen den Gleisen entdeckte.
Und was soll ich sagen? Es war großartig. Für mich wurden gleich mehrere Kindheitsträume war, als ich mein erstes Pferd ritt (Kinderponyreiten auf dem Weihnachtsmarkt jetzt mal ausgelassen) und wie Almöhi (nur ein bisschen weniger schlagkräftig fürchte ich) Holz für den Kamin hackte. Wir verbrachten echt ein paar super Tage dort oben in Horné Hamré, mit viel Natur, gutem Essen und natürlich Hüttengaudi.

 

Neben einem Tagestrip durch die schöne Landschaft des „Urpínska lesostep“ ins verwunschene Örtchen Banská Štiavnica (Ich übertreibe nicht. Das kleine Städtchen hätte die perfekte Filmkulisse für ein Märchen abgegeben. Regelmäßig wurde das Stadtbild des Hauptplatzes sogar über sicherlich sehr große, aber gut versteckte, Lautsprecher von volkstümlicher Musik untermalt und die Inszenierung schien perfekt!) Einen Ausflug auf den Kalvarienberg schafften wir leider nicht- der Anblick war aber wirklich toll. (https://www.banskastiavnica.travel/wp-content/uploads/2014/06/BS_kalvaria_Niznanska_small.jpg)


Außerdem bekamen wir auch spannende Besucher, die den Weg bis zu unserer kleinen Hütte in den Bergen auf sich nahmen.
Eines Nachmittags war das eine Beamtin der Deutschen Botschaft in der Slowakei, die uns detaillierte Einblicke in ihren eigenen Arbeitsalltag, darüber hinaus aber auch in die Arbeit im Auswärtigen Dienst im Allgemeinen gab. Sie sprach dabei auch über ganz pragmatische Faktoren, die es zu beachten gibt, persönliche Entscheidungen, die es zu treffen gilt und Strapazen für die Familie, die Sonnenseiten einer Arbeit sehr abwechslungsreicher Tätigkeitsbereiche und kleine Stolpersteine der Diplomatie, was uns die Arbeit glaube ich allen auf eine reizvolle und gleichzeitig authentische Art und Weise näher brachte.

Einen anderen Abend verbachten wir mit einem slowakischen Filmemacher, der gemeinsam mit seinem Team -ich möchte sagen großartige- Aufnahmen von der oberen Tatra gemacht hatte, die er in seinem Film „The Immortal Forest“ mit uns teilte. Ich konnte mich zuvor nie sonderlich für Dokumentationen dieser Art erwärmen, aber die Bilder die sich uns dort zeigten waren wirklich wunderschön und hochfaszinierend. Von der Beziehung einer Bärenmutter zu ihren Jungtieren, über die Kletteraktivitäten der Bären in den Baumwipfeln auf der Suche nach Nahrung hatten er und seine Kollegen es durch viel Geduld und monatelanges auf der Lauer liegen wirklich geschafft einzigartige Momente festzuhalten. Für mich war nicht nur der Begriff „Zierbelkiefer“ (bei jedem TABU-Spiel sicher der Hitter), sondern auch die Tatsache, dass ich bei der Begegnung mit einem Bären nicht mal auf einem Baum sicher wäre, neu. Unser Interesse hat er auf jeden Fall geweckt, und wer weiß, vielleicht werden einige von uns doch noch im Sommer ihren Schlafsack packen und für ein paar Tage selbst auf Erkundungstour in die obere (oder vielleicht auch untere) Tatra gehen..

 

Als mich meine Kollegin fragte, ob ich mich gut erholt hätte, konnte ich nur mit „mental“ antworten-positiv gemeint!-, was sie zum lachen brachte und ich fragte mich was für Klassenfahrtsfilme sich darauf wohl in ihrem Kopf abspielten.. Und so falsch hätte sie damit ja gar nicht mal gelegen!

Zwar bereuten Juls und ich unsere Entscheidung zu keinem Zeitpunkt noch ein Wochenende Wien vor unserer Rückreise nach Brno einzuschieben, aber dennoch haben wir uns Sonntagabend nach einem letzten Sprint zu unserem Bus nach Brünn, glaube ich auch beide wieder sehr auf unser (mittlerweile schön eingelebtes) Zuhause und unser Bett gefreut. Auch wenn das feine Bett, welches uns eine fröhliche Jungs-WG von Couchsurfern in Wien zur Verfügung stellte, tiptop war- wir wurden mit „Manner“ auf unseren Kopfkissen und veganem Curry empfangen:)
Die Jungs waren echt super. Wir gingen zusammen auf eine Jam-Session, wo einer von ihnen mit seiner Band auftrat und waren völlig hin und weg von diesem „Fancy Place“, wie Juls ihn betitelte, was die Wiener zum schmunzeln brachte.

Wir statteten Dürer und der Gang einen Besuch im Albertina Museum ab, entdeckten ein paar nette Läden, schlenderten über einen der ersten Weihnachtsmärkte auf dem Wiener Unicampus, tranken einen Kaffee bei „Dem Mann der verwöhnt“ (zugegeben keins der berüchtigten Kaffeehäuser Wiens sondern eine Bäckerei-Kette dort, aber Cappuccino konnten die auch) und kokettierten mit der Streetfashion, die uns auf den befüllten Straßen rundum Stephansplatz und Fußgängerzone begegnete. Sogar die sonst eher nervtötend frühe Dämmerung trug ihren guten Teil zu dem Tag bei. Die etlichen Laternen und Scheinwerfer rückten die Wiener Hofburg schon ins rechte Licht und gaben ein bisschen den k. und k. Flair der Stadt preis.

Ich denke ich werte es als ein gutes Zeichen, dass es kaum einen Ort auf unserer Reise gab, den ich nicht nochmal sehen möchte (das kleine Kuff, in das wir uns auf einem „kleinen“ Spaziergang durch die Landschaft von Horné Hámre verirrten, jetzt mal ausgenommen).

Ich grüße euch lieb aus einem verschneiten Brünn

Silvestr

Man sagt ja immer so wie du das Jahr beginnst, so wirst du es auch verbringen. Ich will nicht lügen: genaugenommen bin ich kein Fan davon, Silvester und dem Neujahrsbeginn zu viel Bedeutung zuzumessen. Oft habe ich das Gefühl es löst einen ungeheuerlichen Druck bei den Leuten aus und zudem ist es ja auch völlig unrealistisch zu denken man würde zusammen mit der Ziffer in der Datumsspalte am oberen Heftrand NEU. Wann genau soll dieser Transformation stattfinden? Während dem zweiten und dritten Glas Prosecco am Silvesterabend? Mit dem lauten Geböller, das um 11:53 irgendwo einsetzt? Der Funke, der unseren Freund vor zwei Jahren traf, löste jedenfalls keine solche Erleuchtung oder totale Neuorientierung im kommenden Jahr aus. Alles was sie hinterließ war eine kleine kahle Stelle in seinem Haar- ein gutes Jahr hatte er denke ich trotzdem.
Gut, mir ist bewusst, dass es hier um Bräuche und unseren Hang zur Romantisierung geht, von dem ich ja nun auch nicht ganz frei bin. Ich finde diese Vorstellung zunächst sogar schön, vorausgesetzt man erhält ein wenig Interpretationsspielraum was den „Anfang“ betrifft. Schließlich würde ich mein Jahr 2019 nicht unbedingt mit einer verkaterten Zugfahrt ins Oberjoch verbinden, dafür aber gerne mit den sehr wohltuenden Tagen die ich zusammen mit Lorenz dort verbracht habe. Gefüllt mit neuen Erfahrungen wie dem Gefühl sich auf zunächst wackeligen Beinen mit Skiern durch den Schnee zu bewegen: nennen wir es mal belebend gefährlich- und natürlich ganz viel Gemütlichkeit zurück am Kamin im Hotel. Gleichzeitig spreche ich sicher nicht für mich allein, wenn ich sage dass dieses Jahr sich keineswegs in einem genauSO fortzog, wie die Bahn, eines Schwimmers, der zielstrebig und innerlich „gesettled“ ohne einen Blick nach links oder rechts das Becken durchquert, straightforwards sozusagen. Es gab Hochs, Tiefs, aber auch das in völliger Unregelmäßigkeit. So würde ich mein Jahr vielleicht eher wie eine Art Kreis beschreiben, dessen Außenkanten nicht von jedem Punkt aus absehbar sind, was auch gut so ist. Ich finde den Gedanken schön, sich das Ende eines Jahres als kleinen Reminder zu nehmen, als Anlass die letzten Zeiten Revue passieren zu lassen und sich möglicherweise mal wieder ein bisschen mit sich selbst und seiner Umwelt zu befassen. Mal achtsam in sich zu horchen, wo man steht und abzuchecken, was stimmt und was nicht. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit sich eine To Do Liste mit – daran habe ich keinen Zweifel- guten Intentionen zu machen und diesen allen nachzukommen. Ein so durchmischtes Jahr, das so vielseitig und abwechlungsreich ist -und das ist es am Ende für jeden, der 365 Tage davon mitbekommt- ist einfach viel zu schade, um es am Ende mit hochgesteckten Zielen für das kommende Jahr so abzuwerten. Wozu muss man so einen harten Schlussstrich ziehen? Wenn ich jetzt so an Anfang Januar 2019 zurückdenke werde ich vielleicht sagen meine aktuelle Bahn verläuft in schöner Parallele zum letzten Jahr, in etwa so wie bei einem Schnirkelschneckenhäusschen. Auch ein Jahr später, nach vielen weiteren Eindrücken, Begebenheiten und neuen Bekanntschaften, einem Neustart hier in Tschechien, welches sich ähnlich wie die Skipiste im Oberjoch zunächst wie ein völlig neues Terrain anfühlte und sich schnell als sehr zugänglich entpuppte, habe ich ähnlich stolz wie zuvor meine Liebsten um mich und kann meine ersten Fortschritte hier mit ihnen teilen, auf sicheren Füßen und ganz ohne zu wackeln. Dieser Prozess stagniert nie, nicht erreichte Ziele sind mit dem Ende eines Kalenderjahres nicht vertan, geschweigedenn das Jahr selbst, ich möchte diesen Moment einfach mal nutzen, um zu sagen wie gut es mir geht, wie dankbar ich bin für alles was ich habe und wie sehr ich mich darüber freue, jeden Tag so viel Neues zu lernen oder auch nicht.

Unser Start ins neue Jahr begann tiefenentspannt würde ich sagen.
Zusammen mit Julia und Lorenz machten wir ein Raclette ertser Güte, hörten Boogie Wonderland, tranken einen edlen Tropfen Crémant zu unseren albert-Muffins und hatten einfach eine gute Zeit. Ehe wir uns versahen ging das Feuerwerk draußen los und wir beschauten den bunten Himmel von den Dachfenstern meiner Wohnung aus. (Mittlerweile mit Tee) stießen wir auf ein erfolgreiches 2019 und 2020 an: „Všechno nejlepší do nového roku!

Ahoj a šťastný nový rok!

Nach einigen Wochen der online-Stille im Austausch gegen ein sehr belebendes Dasein, Arbeiten, Spazierengehen,Feiern, Reisen und Quatschen wird es mal wieder Zeit ein paar Erinnerungen einzusammeln und festzuhalten. Seit meinem letzten Eintrag hatte sich Brünn in eine sehr winterlich romantische Stadt (und so langsam wieder zurück-)verwandelt, eingehüllt in den weihnachtlichen Glanz von ein bisschen Raureif (und zwei Mal auch ein minibisschen Schnee), den Duft von süßem Svařák von den gemütlichen Weihnachtsmärkten kommend und das Lichterzusammenspiel von Weihnachtsbäumen auf jedem Platz, der ein bisschen was auf sich hält und der vanocni Šalina, die mit Lichterketten und Sternen geschmückt, Passanten in die Innenstadt fuhr. Nicht, dass es sich für die Strecke gelohnt hätte, aber der weihnachtliche Flair schien einfach viele der Weihnachtstouristen zu locken und ich habe gehört, wenn man Glück hätte, könne man sogar in der Bahn einen Glühwein bekommen.

Natürlich haben auch Juls und ich viel von dem Geschehen aufgenommen. Gemeinsam besuchten wir die offizielle Eröffnung des Weihnachtsmarktes, bei der nach einigen Sekunden der Dunkelheit auf dem náměstí Svobody in einem feierlichen Akt alle Lichter, begonnen mit dem riesigen Weihnachtsbaum , nacheinander angingen, untermalt von Lichtinstallationen an den Hauswänden und Musik. Das schöne Städtchen war nicht wiederzuerkennen, kein Millimeter Fußboden zu sehen zwischen den zahllosen Zuschauern, die in die Stadt kamen. Wir standen einfach staunend und ein bisschen verdutzt da und Julia beugte sich zu mir und sagte: Wow Emma… Brünn IST eine Großstadt.

 

 

 

 

 

 

Von da an gingen sie dann los die etlichen Treffen auf dem Vánoční trh, zum Glühwein trinken, Schlittschuhlaufen oder einfach ein bisschen Livemusik hören. Meiner Familie, die mich zu einem sehr „studentischen“ Weihnachtsfest in meiner Wohnung hier besuchte war auch völlig begeistert. Und so verbrachten wir, wie so einige andere der entspannten Brünner auch den 24. Dezember noch bis in die frühen Abendstunden auf dem Weihnachtsmarkt und verließen ihn mit den letzten Standbesitzern zu einem kleinen aber feinen Heiligabend, welcher ruhig und unvermutet unter dem Dach des Gymnasiums Křenová stattfand. Eine außerdem typische Tradition zu dieser Zeit ist die Besichtigung der Weihnachtskrippen in den Kirchen, bei einem Spaziergang durch die Stadt, obgleich ein Großteil der Bevölkerung nicht religiös ist. Da ich meine Familie nicht für den traditionell tschechischen Karpfen zu Heiligabend begeistern konnte, machten wir also halt an der Jakobskirche im Brünner Stadtkern und besuchten zudem das Weihnachtskonzert in einer kleinen Passage, welches eine von vielen Brünnern sehr geschätzte Veranstaltung ist, um ein bisschen Brünner „Weihnachtskultur“ mitzuerleben.

Am ersten Weihnachtsfeiertag machten wir einen Kurztrip nach Prag, dessen Tourismus uns nach ruhigen Stunden im feiertags friedvoll verschlafenen Brünn fast erschlug. Dennoch war die Stadt natürlich schön wie eh und je und es war spannend sie mit meiner Mutter zu besuchen, deren letzte Eindrücke noch bis vor die Wende zurücklagen. Wir besuchten ein Theaterstück namens „The Garden“ in der Laterna Magika, mit vielen Lichtinstallationen und sehr impressiven Elementen, die jedweden Sprechpart charmant ersetzten und so auch ein internationales Publikum ansprechen könnten. Als ich mich zu meinem 9-jährigen Burder drehte, sah ich nur große Augen, die fasziniert das Schauspiel von Licht und Schatten, Papierfliegern, die in den Zuschauerraum flogen und den Tanz der Akteure beobachteten. Auch für mich war das Stück sehr inspirierend und von ästhetischem, für meine Mutter sicherlich von hohem nostalgischen Wert, denn die alten grünen Ledersitze waren bis auf wenige Flicken noch die Selben wie zu ihrer Jugendzeit. Abends gingen wir in einer typisch tschechischen, kann ich Spelunke sagen?, essen, die sich laut meiner Mama bis auf die exorbitant gestiegenen Besucherzahlen kaum verändert hatte. Sie heißt U Fleků und ich empfehle sie jedem der bei seinem Besuch in Prag wirklich ein bisschen in die tschechische Esskultur einsteigen will, laute Ziehharmonikamusik mag, oder sich vorstellen kann sie für ein Essen zu tolerieren, und nicht Vegetarier ist! Ansonsten war es nach meiner Zeit mit Lotta natürlich ein großer Spaß für mich unsere Tour ein bisschen zu guiden und meinen Liebsten meine liebsten Plätze zu zeigen:) Die Tage vergingen unheimlich schnell und ich muss sagen ich hatte meine Familie wirklich vermisst, wie sie so in meine Wohnung einfiel, im Gepäck gute Laune, Raclettekäse, Glitzer-Eyeliner und Crémant, den wir aus McDonalds Gläsern tranken (zum großen Bedauern meiner Tante, die es schließlich noch am 24. Dezember managte einem Glühweinhändler drei Weingläser abzukaufen- der Festlichkeit halber. Nochmal danke Gauki!!)

Krtek a malý kůrovec

Dobry den und einen fröhlichen Karnevalsbeginn ;P

In Köln geht heute vermutlich die Sause und in Křenova rödeln die Schüler wie die Wilden für die DSD-Prüfungen in gut zwei Wochen. Wieso ich an Köln und den Karneval denke?? Ich glaube das kam, als ich heute mit einigen Schülern über ihre Präsentationen für die Mündliche Kommunikationsprüfung des DSDs sprach und die Frage, ob auch in Deutschland die Altersgrenze für Alkohol bei 18 liegen sollte. Da lag die Mainzer „Fasenacht“ für mich als erfahrbares Kontra-Argument natürlich auf der Hand, wobei man hier mit dem Begriff weniger anfangen kann, weshalb ich auf den Karneval ausweichen musste- ich hoffe man verzeiht mir diesen Hochverrat an unserer Mainzer Kultur.. Insgesamt empfinde ich diese Phase aber als überaus spannend, wird man täglich mit neuen Fragen konfrontiert, die man sich möglicherweise noch nie gestellt hat. Letzte Woche erst hatte ich das Vergnügen mich vorbereitend auf eine Pilotprüfung (sprich eine Simulation der Mündlichen Kommunikationsprüfung mit insgesamt 60 zuschauenden und zwei freiwilligen Schülern, die sich als Prüflinge zur Verfügung stellten) intensiv mit dem Thema Desinfektionsmittel zu beschäftigen.- Es ist genauso steril wie es sich anhört, aber okay, das ist nicht der Punkt..
Die Veranstaltung war auf jeden Fall etwas Besonderes, und auch eine ziemlich spannende Situation für mich, wenn ich ehrlich bin. Zwar bin ich nach vielen DSD-Stunden mittlerweile einigermaßen vertraut mit dem Verlauf des schriftlichen Prüfungsteils, jedoch waren mir die Kriterien der Kommunikationsprüfung bisher völlig unbekannt. Als ich dann letzten Mittwoch vor der versammelten Schülerschaft stand und versuchte die Bewertungskriterien der Prüfung mittels eines Leitfadens, den ich mir am Vorabend zusammen mit einem Schokopudding reingepaukt hatte räsonabel zu erklären, fühlte ich mich doch ein wenig herausgefordert. Zum Glück habe ich aber mittlerweile einige sehr liebenswerte Schüler in meinem Umfeld, auf die auch in dieser Situation Verlass war.
Zusammen beobachteten wir die Prüfungssituation und machten uns Gedanken darüber, welche Stärken die Präsentationen aus unserer Sicht hatten, welche Tipps wir geben würden, und inwiefern die Schüler sich in Bezug auf ihre eigenen Prüfungen noch etwas Input holen konnten. Meine kommenden Abende werden sich nun mit der Recherche zu allerlei interessanten Themen füllen, sodass ich dann- ganz der Prüfer- die Schüler vorbereitend aufs DSD mit vielen gemeinen Fragen löchern kann… Aktuell steht der Borkenkäfer auf dem Programm

Die Arbeit mit den jüngeren Schülern wird auch zunehemnd spannender. Mangels der tschechischen Übersetzungen werde ich hier langsam zu einem Jongleur der Synonyme, Wortabstammungen und Definitionen von Wörtern, mit denen ich mich nie so recht außereinandergesetzt habe. Ja, es scheint, als ob ich beginne ein ganz neues Bewusstsein für meine Sprache zu entwickeln, wenn ich nach Verben, die die alltäglichsten Geräusche beschreiben, gefragt werde und mir NICHTS einfällt. Also sitze ich dann mitunter auch mal still-schweigend und hochkonzentriert im Unterricht, reibe zwei Blatt Papier aneinander und hege die Hoffnung ihre Onomatopoesie möge sich mir auf diese Weise offenbaren. (Es war by the way „rascheln“ glaube ich.. Falls euch ein Wort für das Geräusch von Nägelfeilen, oder dem Abstellen einer Tasse auf einem Tisch – Moment mal, irgendwie fühle ich mich in meiner Rolle als Muttersprachler im Unterricht hier gerade garnicht mehr so ernst genommen, ;P- einfällt, schreibt mir!) Neulich erfuhr ich, dass ich- stets von meinem Hochdeutsch überzeugt so manche österreichische Mundart spreche und die indirekte Rede nicht fehlerfrei beherrsche… Aber auch in die andere Richtung kann ich natürlich etwas lernen; Zwar ist das tschechische Alphabet etwas komplizierter als unseres, aber dennoch funktioniert es für mich in einer eigenen Lautschrift diktierte Vokabeltests mit den Schülern mitzuschreiben (Ř= rsch,Č= tsch, usw..). Wenn ich die Tests dann später mit Vorlage auf Rechtschreibung korrigiere, komme ich mir wie ein Schummler vor, weil ich selbst den Durchschnitt senke…
Die Idee einer lieben „Kollegin“ (meine Rolle hier muss ich selbst noch ein bisschen für mich definieren, denn ich sage es mal so: die Hälfte der Schüler die ich begleite ist so alt wie ich und geht auch gerne feiern..:) außerdem ist das mit der Autorität auch nicht so mein Ding- wobei ich wiederum das Privileg sehr genieße, in der Mensa an den Schlangen vorbeizuschlendern und mich ganz vorne einzureihen 🙂 ) mir ab jetzt einfach die „Quizlet“- Aufgaben, die sie ihren Schülern stellt, zuzuschicken, hat mich echt zum Schmunzeln gebracht. Ich sehe mich bald mit in der letzten Reihe hocken und im Unterricht Vokabelquizzes daddeln. Die Idee gefällt mir! Vermutlich werde ich mich neben František setzen, weil er definitv immer die besten Spielernamen hat (EmmasNachbar, sladký (=süßer), und oldsitznachbar, als ich dann einmal als Vertretung vorne am Pult saß) Die Arbeit mit den Schülern macht auf jeden Fall Spaß, nur bemerke ich, dass es manchmal eine große Herausforderung ist die notwendige Bestimmtheit an den Tag zu legen, die es braucht. Kürzlich erzählte ich einer Lehrerin von einer Stunde beginnend mit den Worten: „Also fragte ich die Schüler: Hättet ihr Lust..-“ und sie unterbrach mich mit dem Ausruf: „Den Satz musst du dir abgewöhnen Emma!“ und im nächsten Moment mussten wir beide lachen. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle sagen, dass ich den Deutschunterricht hier an der Schule wirklich als sehr schülerorientiert wahrnehme. Die Lehrer bemühen sich sehr um ein aktives und abwechslungsreiches Programm und bieten den Schülern viele Möglichkeiten zu sprechen. Aber sind wir mal ehrlich- in einem bestimmten Alter spielt das einfach keine Rolle. To cool for school und so.. Oder vielleicht einfach so:

„Entweder du willst, oder du willst nicht. Alles andere ist nur Schwachsinn.“

Zu guter Letzt möchte ich noch von einem Highlight der letzten Woche berichten: Dem JDI- Training, an welchem wir teilnehmen durften, um das Programm anschließend an der eigenen Schule mit interessierten Schülern zu beginnen. Jeder von uns notierte zwei „Soll-Fragen“ (Fragen die kontroverse Themen aufgreifen und die Intention irgendeiner Veränderung in Bezug auf die Gesellschaft oder Politik (oder aber auch humorvolle Vorschläge) implizieren, und die Möglichkeit einer multiperspektivischen Auseinandersetzung mit dem Thema eröffnen, um anschließend eine Debatte über das Für und Wieder führen zu können. Ob man Pro oder Kontra ist spielt zunächst keine Rolle, es geht vielmehr darum sich umfassend mit einem Thema zu beschäftigen). Anschließend verbrachten wir die beiden Seminartage damit Kurzdebatten und Übungen am Beispiel unserer Fragen durchzuspielen. Das Programm begeistert mich nach wie vor. Es ist aus meiner Sicht die beste Art eine Sprache zu lernen, indem man beginnt sich so intensiv mit einem Thema zu befassen, dass man irgendwann garnicht mehr anders kann, als sich darüber zu ereifern. In so einem Moment ist dann auch die Sprachbarriere schneller überwunden, als man glaubt. Zumindest war das mein erster Eindruck. Ich für meinen Teil hätte niemals geglaubt, dass ich mir jemals eine ansatzweise „dominante“ Meinung zum Thema Elfmeterschießen beim DFB-Pokal bilden könnte… Und das schöne ist auch, dass die Teilnehmer die Themengebiete der Debatten auch ein ganzes Stück weit selbst beeinflussen können. Ich bin gespannt und voller Vorfreude:)

Eine gute Nacht a sladké sny!

Krtek v Praze

LOVELY PRAG

Galerie

In Memoriam an meinen ersten Besuch (was für ein Glück ich doch hatte, dass du so schöne Fotos gemacht hast Lotta)

Der erste destinationslose Spaziergang führte Lotta and mich unverhofft an diesen verwunschenen Ort, dessen Namen ich leider nicht kenne

Eine Fritz Mate und eine Coke auf dem „Tanzenden Haus“, Aussicht inklusive
Ob die Bewohner der vermutlich teuersten Wohnungen Prags wohl wussten, dass man vom tanzenden Haus aus wunderbar mit Fernrohr in ihr Heim blicken kann?

Prager Kunstcreep

Sonnenbrille ab zwei Minuten Sonneneinstrahlung am Tag unbedingt dabeihaben! Einfach weils so lässig ist..

Kaffee beim ehemaligen Konditor des Wiener Königshauses und Erfinder des Karamelleises- BAM! Davon kann Willy Wonka nur träumen…

Schwer am denken- und nein, ich habe keine schlechte Laune, das ist immernoch mein neutraler Gesichtsausdruck
Auf dem „Fest der Freiheit“ in der Deutschen Botschaft. (Anlässlich des Jubiläums von 30 Jahren, die seit der Aufnahme vieler schutzsuchender Menschen aus der DDR damals vergangen sind)

 

  

Liebe Grüße an euch, Prager!

 

Krtek ve městě – Teil 1

Dobrý den, ihr Lieben!

Heute soll es mal ein bisschen Sightseeing geben. Křenová ist zwar nicht unbedingt in der schönsten area der Stadt, aber unheimlich nahe am Zentrum gelegen, was es mir ermöglicht viel spazieren zu gehen und schöne Spots ausfindig zu machen- no šalina* needed 🙂

Ich freue mich euch einige meiner ersten Impressionen der Stadt und auch einige meiner letzten Fotos zu zeigen. Weil es aber so viele feine Orte gibt, werde ich die Sightseeingtour wohl in zwei Teile splitten.

(*Der Ausdruck „šalina“ für Straßenbahn ist Teil des Dialektes „Hantec“, welcher als Überbleibsel der ehemaligen deutschen Bevölkerung hier in Mähren noch manchmal in den Wortschatz miteinfließt. Die „šalina“, die von der deutschen elektrischen „Linie“ abstammt, gibt es in ganz Tschechien also nur einmal, wie mir ein paar Schüler stolz erklärt haben. )

 

Der Pražák Palace, ein Standort der Moravská (sprich mährischen) Gallerie: Die Austellungen zu moderner Kunst dort heben Julia und ich uns für regnerische Tage auf..

 

Der Špilberk Park: ein wirklich schöner Park, der zur Špilberk Festung hinaufführt und dementsprechend eine ordentliche Steigung hat. An unserem ersten gemeinsamen Tag in Brünn  bot er Julia und mir eine Topaussicht. Seither habe ich ihn aber eher seltener erklommen.. Špilberk selbst wartet aber noch auf uns:)

 

Diese Aufnahme nahe des  Šilingrovo náměstí (Platz) komprimiert mein aktuelles Bild von Brünn vielleicht ganz gut. Das hübsche Haus im Hintergrund mit dem Namen měšťanský dům Modrá hvězda (laut Google Übersetzer: das Stadthaus „Blauer Stern“, heute also eine Folge Krtek a modrá hvězda:) erscheint mir recht typisch für die Bauweise vieler Gebäude hier. Kürzlich unterhielt ich mich mit meiner Freundin Clara, die selbst gerne Architektur studieren würde, „Wenn du hier in Brünn aufgewachsen bist“, erklärte sie mir, „ist das kein Wunder!“ Außerdem steht hier immer das Ausstellungsstück einer Kunstgalerie, lediglich die Tiere variieren von Zeit zu Zeit, glaube ich. Das ist, wie ich nun schon von Bewohnern jedes Alters gehört und auch selbst erlebt habe, ein wirklich schönes Attribut dieser Stadt: Ihr vielfältiges kulturelles Angebot. Bei meinen Spaziergängen durch die Stadt entdecke ich fast immer ein neues Event. Es scheint mir, als müsse man, um davon in Brünn nichts mitzubekommen, wirklich die Augen schließen. Meine Freundin Julia, eine sehr gute Fotografin wie ich finde, stellte zwar mit Recht fest, dass dieses Bild aus ästhetischer Sicht ein bisschen überladen ist, aber der kleine Kaffee-Truck im Hintergrund musste auch noch mit drauf, ist er doch an so gut wie jedem Platz zu finden. Er ist nicht nur putzig, sondern bildet darüber hinaus auch meinen überhöhten Kaffeekonsum, verbunden mit vielen neuen Bekanntschaften und netten Gesprächen der letzten Wochen ab.

 

Der Namestí Svobodý – Freiheitsplatz bildet als größter Platz und Location vieler Festchen, oder Märkte vielleicht das Herzstück der Stadt. Hier ist immer etwas los: Getummel, Straßenmusiker und immer wieder Mal ein neuer spannender Aufbau. In meiner ersten Woche hier fand ich mich auf einmal zwischen den Zelten einer Eishockey- Fantour wieder, einige Tage war man von allerlei guten Düften einer Art traditionellen (Food)markets umgeben, wo Händler ihre Baumstrizel, Palatcinky, oder Käse anboten und andere riesige Pfannen mit Kartoffeln und Fleisch schwenkten. Die traditionelle tschechische Küche ist eher deftig.. Es wurde aber auch laute fröhliche Musik gespielt, für die Menschen, die dicht an dicht auf Bierbänken in der Mitte des Platzes saßen, gemeinsam aßen und die Kinder zu der Musik tanzen ließen. „Wenn man sie hier alle sieht“, sagte Julia, „denkt man der Sommer würde niemals enden..“ Und irgendwie scheint sich das jemand zu Herzen genommen zu haben, denn seit einer Woche scheint die Sonne wieder als gäbe es kein Morgen und erwärmt Brünn nach winterlichen zwei Wochen nochmal auf mollige 20°C.

Ende September noch wurde hier an den warmen Tagen eine Bar aufgebaut mit Liegesesseln, wie man sie vom Strand kennt. Angesichts der urbanen Umgebung sehr chillig..

 

 

 

 

 

 

Was es mit dieser astronomischen Uhr auf sich hat ist für die meisten Brünner selbst ein Rätsel. Zwar gibt es eine winzige Infotafel, aber die Uhrzeit ablesen kann von ihr dann irgendwie doch keiner. Wird man danach gefragt, so erklärte mir mein Kumpel Igor, soll man nur leicht den Blickwinkel ändern und die Augen zusammenkneifen, um Auskunft geben zu können… (zweites Bild) Inspiriert ist der Brněnský (Brünner) Orloj wohl von dem Prager „Orloj“. Er hat aber auch seine eigene Bedeutung für Brünn: In Gedenken an den 30-jährigen Krieg und einen taktvollen Schachzug der Brünner Bevölkerung, um die schwedischen Gegner abzuwehren*, lässt die Maschine jeden Tag um 11:00 Uhr eine kleine Glaskugel im Inneren fallen, die man mit etwas Glück auffangen kann.

*Ein bisschen Geschiwissen to go: Im Wissen über die Pläne der Schweden um 12:00 Uhr mittags die Belagerung der Stadt aufzugeben ließ man damals die Mittagsglocken eine Stunde früher läuten und konnte die Gegner so täuschen.

Außerdem witzig war auf jeden Fall die Miniausstellung zu „Visual Reality“, die hier kürzlich stattfand. Das ist eher nicht mein Thema, aber ich beobachtete amüsiert ein kleines Mädchen dabei , wie es seiner Mutter eine Vorstellung erster Güte bot, als es sich mit der viel zu großen VR- Brille dramatisch schreiend auf den Boden warf. Richtig abgespaced wurde es aber, als letzte Woche auf einmal diese riesige schwarze Kugel auf dem Platz stand. Tatsächlich handelte es sich bei dieser dominant auftretenden Erscheinung dann um eine geschichtliche Informationsveranstaltung zum Thema Totalitarismus, inklusive zwei „Türvorstehern“ in Militäruniform..

no words needed…

 

Nimmt man eine kleine Treppe, die in Richtung dieses einladenden Gebäudes führt, so landet man im „Garten des Stadthalters“ (Místodržitelská zahrada) einem schönen Park mit Obelisk in der Mitte. Hier sitzt man an sonnigen Tagen sehr schön und hat eine gute Aussicht auf Staré Brno, den alten Teil Brünns.

Spaziert man ein wenig weiter durch den Denisovy sady (Dennisgarten), an der großen Backsteinmauer dort entlang, gelangt man zu dem kleinen „Musik Pavillon“ – hier steht ein Klavier und wartet darauf von einem bereitwilligen Virtuosen in aller Öffentlichkeit gespielt zu werden. Ich muss sagen in Begleitung würde mich das schon reizen…

Okay, ich beende dieses Eintrag mal mit der Botschaft jenes weisen Grafittikünstlers hier und grüße euch lieb, Emma

Krtek a zelená hvězda (und ein kleiner Flashback zum Werbellinsee)

Dobrý večer (nagut, dobrou noc),

Obwohl ich etwas später mit meinem Blog beginne, möchte ich versuchen ohne zu lange in Erinnerungen zu schwelgen ein wenig Berichterstattung nachzuholen, die mir am Herzen liegt. Und da das Vorbereitungsseminar ja offiziell die erste Woche unseres Freiwilligendienstes, und für mich eine sehr fruchtbare Zeit war, lohnt es sich vielleicht hier anzufangen. Ich wusste überhaupt nicht was mich erwartet und war wirklich baff, was diese vergleichsweise kurze (oder auch zeitweise lange, je nachdem:) aber bereits sehr intenisve Zeit mit mir gemacht hat. Ich lernte so viele neue interessierte und offene Menschen kennen (und erweiterte meinen Bekanntenkreis schon zu diesem Zeitpunkt um mal mindestens fünf neue Bundesländer -yeah, taking baby steps… ).
Was mir in Erinnerung bleiben wird ist dieser ganz eigene Vibe, scheinbar nie einkehrender Müdigkeit: Rund dreihundert Jugendliche in einer Jugendbegegnungsstätte, die am Werbellinsee schon eher idyllisch gelegen ist, und rund um die Uhr „Programm“. Und wenn es nur hieß sich mit einer Flasche Bier und einer Ukulele zusammenzusetzen und zu jammen, oder sich in irgendeine Gesprächsrunde mitreinzusetzen.
Wir hatten VIEL Zeit uns zu unterhalten, erhielten aber auch durch verschiedene Seminare und Workshops zum Teil neuen, zum Teil vielleicht bereits bekannten Input. Es gab Themen, die mich mal wieder in einem Maße zum Nachdenken anregten, dass ich so lange nicht hatte. Dabei geht es um Themen, die so wichtig sind, Themen, die mich und mein Gerechtigkeitsempfinden, würden sie mir täglich begegnen, regelmäßig an unsere Grenzen bringen würden. Das Seminar bot einen sehr vorurteilsfreien Raum, um sich über allgegenwärtige Themen wie Rassismus oder noch immer vorherrschende und höchst-problematische Geschlechterrolen seine eigenen Gedanken zu machen, aber auch auszutauschen. Es gab auf jeden Fall lockere Ansätze wie beispielsweise den Jungs doch einfach mal die Fingernägel zu lackieren, oder als Untergrundorganisation die Demontage unserer Demokratie in drei Schritten zu planen, aber nichtsdestotrotz gingen wir glaube ich alle nicht ganz unachtsam aus solchen Seminaren raus. Ich spüre, dass mich viele Gedanken, die mich anschließend plagten auch jetzt noch nicht so richtig loslassen, könnte aber nicht erleichterter darüber sein. Denn so lange sie immer mal ein bisschen an mir zehren, so hoffe ich doch, nehme ich sie auch bewusst in meine Handlungen mit auf und versuche mich zu bessern und nicht in möglichen Automatismen oder Gewohnheiten zu verharren. Kulturweit ist auf jeden Fall mehr als nur ein „Appetizer“ , das machen mir neu angestoßene Gedankengänge und auch meine zunehmende Lust Neues auszuprobieren, ja mich auf Unbekanntes einzulassen, bewusst:)

 

 

 

 

 

 

(Es wurde außerdem gebastelt, getüftelt- letztere Salvadore Dali anmutende Kreatur ist wohlbemerkt ein Pferd – und natürlich auch gefeiert)

Wir sprachen auch über persönliche Gefühle und Vorstellungen, wenn uns danach war. Gerade in meinem Umfeld merkte ich, dass wir viel über Nachhaltigkeit sprachen. Dass vieles noch nicht perfekt ist, weiß ich, aber statt darüber zu resignieren, wie ich das oft getan habe, bemerke ich zurzeit eine Tendenz bei mir auch die kleinen Schritte wertzuschätzen auf meinem Weg zu einem umweltfreundlicheren Dasein. (Ich besitze jetzt keine Gemüsesäckchen oder so, aber ich führe das Plastiktütenwiederverwendungserbe meines Vorgängers stolz weiter und habe stets ein paar knisternde Tütchen in meinem Rucksack) Und es freut mich mitzuerleben, dass das Thema hier auch sehr present und ernstgenommen ist. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine meiner „Kolleginnen“ in unserem Kabinett* mit den Worten: „Wir müssen doch Papier sparen“ mahnt doch bitte zunächst die bereits einseitig bedruckten Blätter zu nutzen – denn es gäbe regelmäßige Beschwerden aus der Klasse über verschwenderische Kopien – und das scherzhalber mit erhobenem Zeigefinger. (Es kommt also vor, dass ich beim Durchblättern meiner Unterlagen auch mal ein altes Zugticket finde, welches sich beim Wenden als Arbeitsblatt zum Thema Wetter entpuppt.)

Wenn ich schon davon spreche: Übermorgen ist es soweit: Ich erlebe meine erste Fridays for Future Demo hier in Brünn (Ich habe da eine Freistunde…). Ich habe mich echt gefreut, als ein Schüler auf mich zukam und mir davon erzählte. Und so werden wir da am Freitag von Křenka aus zusammen hingehen. Ich bin sehr gespannt auf die Demonstration, und auch darauf meine Schüler dort in Action zu sehen!

Liebe Grüße von einer Emma, die nicht schlafen kann:)
PS: Im nächsten Eintrag gibts Brünn-Bilder, versprochen!!

*Hier gibt es kein großes Lehrerzimmer, sondern Kabinette, die sich jeweils eine Gruppe von ungefähr vier Lehrern teilt- meines Achtens eine echt gute Idee, um irgendwie in Ruhe arbeiten zu können- was aber nicht heißt, dass hier nicht die Gaudi abgehen würde. Gerade mein Kabinett ist wirklich eine fröhliche Runde von Lehrern: Regelmäßig wird (mit Tee) angestoßen und alles wird geteilt – von Büroklammern, über Kaffee und Kuchen und kleine Anekdoten aus dem Unterricht bis hin zu den Korrekturarbeiten…